Sonntag, September 30, 2007

Elokim

B"H

Nicht nur einmal kam ein christlicher Missionar auf mich zu und verkuendete stolz sein angebliches Wissen ueber die juedische Religion. Sich bruestend wollte er die fuer ihn richtige Interpretationen in der Thora erkannt haben.

Hier nur zwei Beispiele, die auch auf die dieswoechige Thoraparasha Bereshit (Genesis) zutreffen.

Was bedeutet es, wenn die Thora sagt, dass G - tt den Menschen in Seinem Ebenbild erschuf ?

Der Rambam im Moreh Nevuchim (Guide of the Perplexed), Rabbi Chaim von Volozhin (Nefesh Chaim) und viele andere geben darueber in bemerkenswerter Weise Auskunft.
Zu unrecht stellen wir Menschen uns einen menschlichen G - tt vor, denn unser begrenzter Verstand ist nur in der Lage, Dinge gedanklich zu erfassen und zu begreifen, die menschlich vorstellbar sind. Leider haben viele Leute Probleme mit dem eigentlichen G - tt, der keinerlei menschliche Eigenschaften oder Form besitzt und unendlich ist.

"In Seinem Ebenbild heisst", dass G - tt uns mit einem Verstand, Intellekt und Gewissen ausgestattet hat. Es heisst keinesfalls, dass G - tt menschlich ist und wir genauso ausschauen wie er.

Nur wir Menschen allein haben die Eigenschaft, dass wir Ihm naeher kommen koennen und Seine Mitzwot (Gesetze) erfuellen.


Eine andere Fehlinterpretation ist einer der Namen G - ttes: ELOKIM

Die Fehlinterpretation liegt darin, dass Leute meinen, ELOKIM sei in der Mehrzahl geschrieben und folglich gibt es mehrere G - tter. Christliche Missionare sehen sich das in ihrer Behauptung bestaerkt, dass J., G - tt und der so genannte Heilige Geist ein und dieselbe Person seien.

Falsch, denn ELOKIM ist tatsaechlich im Plural geschrieben, bezieht sich jedoch nur auf den einen unendlichen G - tt, der alles erschuf.

Woran sehen wir das ?

Zuerst einmal scheinen Missionare oder andere, die diese Missinformation unterstuetzen, keinerlei Hebraeischkenntnisse zu besitzen, sonst wuerden sie sehen, dass nach ELOKIM das folgende Verb IMMER im Singular steht.

Beispiel:

ELOKIM tut etwas, ELOKIM erschuf die Welt und Er schuf die Menschen.
Wer den Satz zuende liest, der weiss, dass es sich im hebrae. Original um den Singular handelt.

Warum steht ELOKIM also ueberhaupt im Plural ?

Laut den Kommentatoren Ibn Ezra, Ohr HaChaim, Rabbi Chaim von Volozhin, Rabbeinu Bachya und vielen vielen anderen bezieht sich die Mehrzahl auf die unterschiedlichen Kraefte G - ttes. Jene Kraefte fuehrt uns die Kabbalah als die sogenannten Sefirot vor Augen.

Beispiel:

Wie reagiert G - tt ? Mit Guete oder mit einem strengen Gericht ?
Wie erschafft Er etwas ? Mit Weisheit und Verstehen ?

Die Kraefte (Sefirot) G - ttes sind teilweise in der Thora erwaehnt, werden jedoch ausfuehrlich im Talmud erklaert, was aber nicht heisst, dass G - tt auf jene zehn Kraefte limitiert ist. Keineswegs, denn als unendliches Wesen ohne Form besitzt Er viele zusaetzliche Kraefte, die wir mit unserem menschlichen Verstand nicht definieren koennen.

Samstag, September 29, 2007

"Zuviele" Feiern

B"H

Als ich noch in Deutschland wohnte, pflegte ich mich an den Feiertagen ueber fehlende Aktivitaeten zu beschweren. In Jerusalem dagegen bin ich schon nach wenigen Tagen von Sukkot vollkommen fertig.

Allein das Essen in der Sukkah (Laubhuette) von Rabbi Mordechai Machlis macht jede Diaet zunichte. Ich will gar nicht erst aufzaehlen, was heute alles aufgetischt wurde. Zusaetzlich schmeisst er am Montag Abend gegen 19.30 Uhr eine grosse Sukkot - Party.

An fast jeder Ecke in Jerusalem finden irgendwelche Festivals statt und zur Stunde feienr mehrere Hundert Menschen vor der Sukkah der Stadtverwaltung, welche in diesem Jahr von einem Schokoladenhersteller gesponsort wurde. In der Sukkah selbst gibt es dann kein Entkommen mehr vor jeglichen Kalorien, denn die Waende haengen voll Schokolade und wer nicht alles abreisst, bekommt Schoko - Pakete geschenkt.

Freitag, September 28, 2007

Rabbi Avraham Shapira verstorben

B"H

Der beruehmte Jerusalemer Rabbiner und Leiter der nationalreligioesen Yeshiva Merkaz HaRav, Rabbi Avraham Shapira, verstarb am ersten Sukkot - Feiertag im Alter von 94 Jahren.

In den Jahren 1983 - 1993 hatte Rabbi Shapira als aschkenazischer Oberrabbiner Israels gedient. Er war bekannt fuer seine strikte Ablehnung den Palaestinenser jegliches Land zurueckzugeben und war zugleich eine grosse halachische Persoenlichkeit.

Die Beerdigung findet heute um 10.30 Uhr Ortszeit auf dem Oelberg statt.

Nachfolger wird sein Sohn Rabbi Shlomo Shapira.


Rabbi Avraham Shapira



Photo Arutz 7

Eine andere Welt

B"H

Sukkot in Jerusalem ist eine Welt für sich und dies trifft besonders auf die Feierlichkeiten des Laubhüttenfestes im ultra - orthod. Stadtteil Mea Shearim zu. Allein schon bei unseren allwöchentlichen Tischbesuchen der chassidischen Rebbes tauchen wir in eine andere Welt ab. Alles ist faszinierend und interessant zugleich.

Was wir jedoch heute Abend erlebten, stellt fast bisher alles Dagewesene in den Schatten. Da ist, zum Beispiel, zuerst das grosse Chabad Konzert zum Simchat Beit HaShoeva. Simchat Beit HaShoeva ist eine alte Tradition aus dem Ersten und Zweiten Tempel, in der Wasser aus dem Shiloach, in den heutigen Ruinen der Stadt König Davids unterhalb des Ölberges, hinauf in den Tempel getragen wurde. Diese Zeremonie wurde vor mehr als 2000 Jahren begeistert gefeiert und die Tradition hat sich bis heute aufrecht erhalten. Leider haben wir derzeit keinen Tempel, doch finden heutzutage die Simchat Beit HaShoeva - Zeremonien mit riesigen Konzerten und Tänzen statt.

Nachmittags erfuhren wir, dass die chassidische Gruppe Chabad ein grosses Simchat Beit HaShoeva in der Channah - Street feiern will. Das Fest sollte um 21.00 Uhr beginnen und war höchst umstritten. In der Tat hingen in ganz Mea Shearim Plakate aus, die zu einer Demonstration gegen die Chabad - Feierlichkeiten aufriefen. Die Agudat - Israel (Gruppen wie Gur, Belz oder Vishnitz) protestierte und führende Rabbiner, deren Namen jedoch unerwähnt blieben, riefen zur Demo auf.
Meine Freundin und ich wollten uns das Chabad - Ereignis sowie die Demo anschauen. Als Grund für die Demo wurde angegeben, dass es beim Chabad - Konzert nicht anständig genug zugehen täte. Man hörte hinter vorgehaltener Hand, dass Frauen und Männer gemeinsam tanzen würden.

Die Channah Strasse ist ein kleine Strassen zwischen Eli HaCohen Street und der grossen Bar Ilan Street. Pünktlich trafen wir ein und es hatten sich schon mehrere Hundert Leute versammelt. Vor einer Chabad Yeshiva (relig. Schule) war eine Bühne aufgestellt worden und wenige Meter im Hintergrund sah man das grosse Gebäude der Chassidut Kaliv.

Alles ging soweit äusserst anständig zu, denn Männer und Frauen waren absolut voneinander getrennt. Uns war nicht klar, warum demonstriert werden sollte. Als einzigen Grund konnte ich mir nur vorstellen, dass die tanzenden Frauen (welche man jedoch so gut wie gar nicht sah) von den Balkonen der umliegenden Wohnblöcken einsehen konnte. In der ultra - orthod. Welt ziemt es sich für Männer nicht, Frauen beim Tanz zuzuschauen. Bei der Veranstaltung waren die Frauen wie auf dem Präsentierteller einzusehen. Getanzt wurde aber kaum, doch dafür tanzten die Männer vor der Bühne um so wilder.

Chabad hatte sich das Event einiges kosten lassen. So gab es drei grosse Feuerwerke, eine Band und drei riesige Leinwände. Allzu viel los war jedoch nicht und nach einer Stunde beschlossen wir zu gehen.
In der Channah Street hatten windige Verkäufer flugs zu dem Event Popcorn - bzw. Süssigkeitsstände aufgebaut und alles fand reissenden Absatz. Am oberen Teil der Strasse, Kreuzung Eli HaCohen, angekommen, gab es eine Polizeiabsperrung. Etwa Hundert Chassidim, meistens Vishnitz und Satmar, demonstrierten gegen die Chabad - Veranstaltung. Die Polizei sperrte ab und kurz darauf flogen Feuerwerkskörper in die Menge.

Was man absolut versäumt hatte war, die Eli HaCohen für den Verkehr zu sperren und so gab es ein Chaos. Die Polizei wurde der Lage nicht Herr und der Verkehr wurde von den Haredim total blockiert. Beim ersten Feuerwerkskracher schrien die umstehenden Mädels sofort los, aber zum Glück kam es nicht zu einer Massenpanik. Unten bei Chabad merkte man offensichtlich nichts von den Vorgängen weiter oben in der Strasse.

Alles war nur ein einziges Chaos und plötzlich flog ein Kracher mitten in die Polizeiabsperrung. Der Täter wurde schnell ausgemacht und zu einem Armeejeep der Grenzpolizei geschleppt. Ein ca. 17 Jahre alter junger Haredi wurde in den Jeep geworfen. Hinter dem Jeep standen unter anderem Vishnitzer Chassidim, welche die Polizei gnadenlos beschimpften. Die Polizisten waren dadurch abgelenkt und inmitten des Gewühl entschlüpfte der Verhaftete aus dem Jeep. Dann knallte es erst so richtig. Die Polizei rannte hinter dem Entflohenen hinterher und die Chassidim schlugen von hinten auf die Polizisten ein. Am Ende wurde der Flüchtling wieder gefasst und weitere Polizisten rannten hinter einem weiteren Haredi her. Eine Verhaftungswelle lief an und die Haredim schmissen aus Protest die grossen grünen Mülltonnen auf die Strasse.

Man höre und staune, aber kurz darauf war bei Chabad Schluss und die Polizei blies zum Rückzug. Man packte zusammen und die zwei Verhafteten wurden, von wilden Protestrufen der Haredim begleitet, mitgenommen. Bleibt anzumerken, dass weder die Gruppen Belz noch Gur an der Demo gegen Chabad teilgenommen haben.

Auch wir machten uns kurz darauf den Heimweg und durchquerten Mea Shearim. Wer gemeint hat, dass nur Chabad feiern kann, der irrte gewaltig. Schon von weitem hörten wir aus der Synagoge der chassidischen Gruppe Karlin laute Gesänge und Besucher gingen ein und aus.

In der Hauptstrasse Mea Shearims, der Mea Shearim Street angekommen, war diesesmal die Trennung zwischen Männlein und Weiblein in Kraft. Extra eingestelltes Security - Personal in knallgelben Westen passte auf, dass kein Unbefugter eintrat und, dass Männer und Frauen sich auf verschiedenen Gehwegen fortbewegen. Rechts die Frauen, links die Männer.

Nächster Tatort war die Synagoge der Chassidut Toldot Aharon. Hunderte, wenn nicht Tausende stürmten unaufhörlich hinein und hinaus. Sämtliche Strassen waren nur so mit Menschen gefüllt und Tausende kamen zu Besuch nach Mea Shearim. Das Security - Personal hatte anscheinend Anweisung, keine verdächtigen christl. Missionare oder dergleichen einzulassen, denn es wurde scharf kontrolliert.

Wir entschlossen uns, bei Toldot Aharon vorbeizuschauen und Chabadnikkim, lasst Euch gesagt sein, Toldot Aharon ist die absolute Nummer Eins im Feiern und wilde anti - Demos gibt es bei ihnen nicht. Auf der Frauenempore war es so voll, dass wir trotz aller Anstrengungen nichts sahen, obwohl die alte Mechitza wieder hergerichtet war. Durch riesige Fensterscheiben kann man hinunter zu den Männern schauen, aber wir hatten keine Chance, die Fenster überhaupt nur einzusehen.
Wir gaben auf und suchten den Ausgang. Im Inneren der Synagoge gab es weibliches Security - Personal und es herrschte ein reges Treiben in den Treppenhäusern. Toldot Aharon ist grossartig, doch gesehen haben wir nur sich an die Fenster quetschende Frauen.

Nächste Anlaufstation war die Splittergruppe Toldot Aharons, Toldot Avraham Yitzchak im Markt von Mea Shearim. Dorthin zu gelangen glich einem Unterfangen, denn wir mussten zuerst herausfinden, wo und auf welchen Gehwegen wir erwünscht waren. Männer und Frauen waren ja nach Strassen und Gehwegen getrennt und so waren wir gezwungen, durch einen entlegenen Markteingang zur Avraham Yitzchak Synagoge zu laufen.
Dort angekommen, bot sich das gleiche Bild wie schon bei Toldot Aharon, doch hatten wir etwas mehr Glück und sahen die Chassidim unten im Erdgeschoss tanzen. Ein unbeschreiblicher Anblick. Und überhaupt, wer sagt, dass nur Chabad musizieren könne ? Avraham Yitzchak haben ihre hauseigene Band: Saxophonspieler, Klarinette sowie Keyboard. Es war mächtig etwas geboten.

Die Nacht war unbeschreiblich, allerdings verstand ich nicht, warum Chabad trotz Proteste unbedingt ihr Konzert abhalten wollten. Es wäre sicher sinnvoller gewesen, das Konzert in den Innenräumen der Yeshiva zu verlegen und nicht draussen auf offener Strasse alle Leute zu provozieren.

Donnerstag, September 27, 2007

Die Anstandsstrasse

B"H

Die Mehrheit sucht an den Sukkot - Feiertagen (Laubhüttenfest) jegliche Attraktionen im jüdischen Teil der Jerusalemer Altstadt, ohne allerdings zu ahnen, dass die wahren Feierlichkeiten ausschliesslich nur an einem Ort stattfinden: im ultra - orthod. Mea Shearim. Fast alle Rebbes sämtlicher chassidischer Gruppen sind anwesend und überall gibt es Feste in den Synagogen.

Gleich gestern Abend, kurz nach Beginn von Sukkot, machten wir uns schon auf den Weg dorthin. Vor der berühmten Synagoge der Karliner Chassidim mussten wir jedoch erst einmal herausfinden, wo genau sich der Fraueneingang in die Synagoge befindet. Eine Frau nahm uns direkt mit in die Synagoge und ich muss zugeben, dass wir ohne ihre Hilfe den Eingang niemals allein gefunden hätten.

Über zwei Nebenstrassen erreichten wir eine unscheinbare Treppe, die uns hinauf zur Frauenempore führte. Die Männerseite im Erdgeschoss war mit mehreren Hundert Chassidim aller möglichen Gruppen restlos überfüllt. Eine Kindergruppe der Karliner (nur Jungen) hatten sich vor dem Thoraschrein versammelt und sang lauthals mit den anwesenden Chassidim.

Ausser uns nahmen nur noch zwei weitere Frauen am Abendgebet Maariv teil. Nach Beendigung des Gebetes wurden unten an die Kinder Süssigkeiten verteilt und oben kam ich kurz mit einer der Frauen ins Gespräch. Ich sprach ein Gemisch aus Yiddish und Hebräisch, was aber gut anzukommen schien. Es hat uns sehr gut bei Karlin gefallen und wir werden demnächst wieder vorbeischauen.
Danach wanderten wir einige Zeit durch Mea Shearim, um später am Abendessen bei Rabbi Mordecha Machlis in dessen Sukkah (Laubhütte) teilzunehmen.

Die Strassen Mea Shearims waren menschenüberfüllt, denn viele Leute genossen in der warmen Spätsommernacht ihren Abendspaziergang. Die Hauptstrasse, Mea Shearim Street, war zugehängt mit Plakaten und im Synagogenbereich der chassidischen Gruppen Toldot Aharon, Avraham Yitzchak und Breslov waren Absperrgitter mit Plastikplanen zugedeckt aufgestellt. Wir begannen uns zu fragen, was das alles für eine Bedeutung haben soll und ich las ein paar Plakate (Fakshivilim).

Während der Sukkot - Feiertage wird die Mea Shearim Street allabendlich inoffiziell für Frauen gesperrt. Die vielen Schilder wiesen darauf hin, dass zu den Synagogenaktivitäten bei Toldot Aharon sowie Avraham Yitzchak Männer und Frauen auf getrennten Wegen in die Synagoge kommen müssen. Zwei getrennte Eingangstüren scheinen nicht mehr auszureichen.

Wer aus Richtung Kikar Shabbat die Mea Shearim Street in Richtung Shivtei Israel (grosse Breslov Synagoge) hinuntergeht, der kann NUR als Mann die gesamte Strasse entlanggehen. Frauen machen stattdessen eine Abbiegung nach links in die Shomrei Emunim Street und gelangen über den Toldot Aharon Hinterhof in die Synagoge. Bei Toldot Avraham Yitzchak läuft das Gleiche ab.

Die Warnschilder sind allgegenwärtig und mit ihren knallig grünen und orangen Farben nicht zu übersehen. Ich hörte, dass dieser Tage alles sehr streng gehandhabt wird und nebenbei sieht man viele Warnschilder gegen christliche Missionare an den Wänden hängen. Auch in Mea Shearim werden die Bewohner vor jeglicher Teilnahme am Marsch der Christen durch Jerusalem am 2. Oktober gewarnt.

Trotz Feiertagsstimmung hing eine seltsame Atmosphäre in der Luft und ich würde dieser Tage keinem Christen einen Besuch in Mea Shearim empfehlen. Anscheinend ist die Stimmung aufgrund von idiotischen Missionierungsversuchen dermassen gestört, dass alle anderen Christen darunter leider müssen und schief angesehen werden.

Ich muss zugeben, dass mich die Trennung der Hauptstrasse nach Geschlechtern sehr geschockt hat. Wir werden uns in den kommenden Tagen fast täglich in dem Stadtteil aufhalten und daher werde ich noch einiges zu dem Thema zu berichten haben. Ausserdem erzählte uns jemand, dass die Trennung strikt eingehalten werden wird, denn es wurde eigens zu diesem Zweck ein privates Wachunternehmen engagiert.

Kritische Stimmen hörte ich von anderen Haredim (Ultra - Orthod.). Das sei ja alles total übertrieben und ausserhalb jeglicher Logik. Dennoch werden sich alle Einwohner und Besucher wie wir an diese Bestimmungen halten müssen, wenn wir nicht rausfliegen wollen.

Einen Hinweis, wer hinter der ganzen Aktion steckt, ersahen wir aus den Plakaten nicht. Dort stand lediglich der Name eines selbsternannten "Kommittees zur Reinheit". Ob dieses Kommittee Teil der anti - zionistischen Edah HaCharedit ist, konnte niemand sagen.

Neu ist die Idee nicht, denn immer mehr extreme Haredim verlangen aus Anstandsgründen getrennte Strassenseiten für Frauen und Männer. Derlei Forderungen gab es schon in Bnei Brak und Beit Shemesh.

Ich habe viel darüber gelesen und dachte jedesmal, das kann doch nicht sein. Deshalb war ich gestern ziemlich geschockt als ich die Aufrufe sah und jetzt erlebe ich das alles auch noch life mit .

Die Trennung endet nach Sukkot und ich frage mich, ob die Stadtverwaltung von den Vorgängen weiss.

Mittwoch, September 26, 2007

חג שמח

B"H

Allen Lesern wuensche ich tolle Sukkot - Feiertage !!! חג שמח - Chag Sameach

Mit Freunden werde ich viele Trips im ultra - orthod. Mea Shearim unternehmen und ueber die Feierlichkeiten dort berichten.

Schon heute Abend geht es los, denn wir planen zu einem Synagogenservice bei der Chassidut Karlin oder Toldot Avraham Yitzchak zu gehen.


Vorab ein paar weitere Termine

Sonntag, 30. September:

ca. 8.30 Uhr: Der Segen der Cohanim (Tempelpriester) an der Klagemauer.

ca. 10.30 Uhr: Der ehemalige sephardische Oberrabbiner, Rabbi Mordechai Eliyahu, wird auf dem Square in der Jued. Altstadt eine Rede halten.

20.oo Uhr: Simchat Beit HaShoeva - Feiern im Cardo in der Altstadt. Ein Chabad organisiertes Konzert.

Dienstag, September 25, 2007

Sukkot - Das Laubhüttenfest

B"H

Sukkot ist neben Pessach und Shavuot der dritte Feiertag, an dem Juden die Mitzwa (Gebot) haben, nach Jerusalem zu pilgern und ein Opfer im Tempel darzubringen. Auch zu unserer Zeit, in der es momentan keinen Tempel gibt, fahren Juden aus aller Welt nach Jerusalem, um an den berühmten Sukkot - Feierlichkeiten teilzunehmen.

Sukkot beginnt in diesem Jahr am Mittwoch Abend (26. September) und wird bis zum 4. Oktober gefeiert.
Bei meinen Zeitangaben ist zu beachten, dass diese NUR für ISRAEL gelten, denn ausserhalb Israels wird neun Tage gefeiert und nicht nur acht.


In der jüdischen Mystik sowie in der Chassidut (Chassidismus) heisst es, dass die Spiritualität in Israel aufgrund G - ttes allgegenwärtiger Shechinah (Presenz) höher ist als im Ausland und damit die Juden in der Diaspora auch ein wenig davon abbekommen, müssen sie noch einen zusätzlichen neunten Tag anhängen.

Dem jüdischen Kalender zufolge beginnt Sukkot am 15. Tischrei. Das Fest ist ein biblisch verankerter Feiertag, an dem wir verpflichtet sind, sieben Tage lang ausserhalb unseres Hauses in Laubhütten (den Sukkot) zu wohnen (siehe Leviticus - Vayikra 23:34, 23:42 + Deuteronomy - Devarim 16:13). G - tt will uns mit diesem Gebot immer vor Augen halten, wie unsere Vorfahren nach dem Auszug aus Ägypten in der Wüste gelebt haben.

Aber warum lässt Er uns ausgerechnet im herbstlichen Monat Tischrei in den Sukkot leben und nicht im frühlingshaften Nissan (April) ?
Im Monat Tischrei ist der nahende Winter schon zu spüren und vor allem im Ausland ist die Mitzwa für sieben bzw. acht Tage in der Laubhütte (der Sukkah) zu leben aufgrund der Wetterlage nicht immer einfach. Zweck ist es, dass wir die Mitzwa aus der Liebe zu G - tt erfüllen und nicht, weil es vielleicht im April wegen des frühlingshaften Wetters ein grösseres Vergnügen zu sein scheint.

In Gebieten, in denen kaum Juden leben, sieht man sie seltener: die Sukkah. Meistens eine kleine Hütte mit Wänden aus Holz oder Plastikplane und einem Stroh - bzw. Palmenzweigdach.
Wer dagegen nach Israel kommt oder Sukkot im Londoner Golders Green oder Hampstead geschweige denn im New Yorker Boro Park, Monsey, Williamsburgh oder Crown Heights verbringt, dem bietet sich ein immenses Schauspiel. Ein Schauspiel, welches sogar die israel. Presse beeindruckt, denn heute werden in fast allen Tageszeitungen Bilder aus dem Jerusalemer Stadtteil Mea Shearim gezeigt. Dort reiht sich Sukkah an Sukkah. Auf den Dächern, in Höfen oder auf Balkons, keine Fläche bleibt ungenutzt.

Für den Bau einer Sukkah sind gewisse Halachot (Gesetze) zu beachten, welche im Talmud Traktat Sukkah sowie im Shulchan Aruch (Code of Jewish Law) verankert sind. Kurz gesagt darf eine Laubhütte nicht zu niedrige oder nicht zu hohe Wände haben, durch das Dach, dem so genannten S' chach müssen die Sterne am Himmel sichtbar sein und es müssen mindestens drei Wände vorhanden sein.

Die erste Nacht an Sukkot ist das Sitzen, Essen und Trinken in der Sukkah ein uneingeschränktes MUSS. Ausserdem wird ein bestimmter Segen sowie der "Sche Hechiyanu - Segen" gesagt.

Es besteht ein halachisches Gebot in der Sukkah zu schlafen. Gewöhnlich befolgen das die Männer, wohingegen es bei Frauen nicht zu verbreitet ist. Aber natürlich können Frauen genauso in der Sukkah übernachten, keine Frage.

Bei der chassidischen Gruppe Chabad bestehen diesbezüglich andere Regeln, denn Chabad richtet sich hier keineswegs nach dem Shulchan Aruch. Im hauseigenen Chabad - Shulchan Aruch wird erklärt, warum Chabadnikkim NUR in einer Sukkah essen und trinken, jedoch nicht in ihr schlafen.

"In der Sukkah strahlt das Licht G - ttes mit solch eines Kraft, dass es unmöglich ist, in ihr zu schlafen".
Heisst in anderen Worten, dass die g - ttliche Spiritualität dermassen hoch ist, dass wir keinesfalls an solch einem Ort schlafen können".

Wer bei Chabad eingeladen sein sollte, der mache sich darauf gefasst, dass Chabadnikkim selbst den kleinsten Schluck Wasser nur in einer Sukkah zu sich nehmen.

Die Sukkah symbolisiert G - ttes uneingeschränkte Herrlichkeit, welche die Israeliten bei der Wanderung in der Wüste beschützte. Seine Shechinah lag über ihnen und bis heute liegt Seine Presenz über unseren Sukkot.

Der wichtigste Bestandteil der Sukkah ist das S' chach, das Dach. Das S' chach wird meistens nur auf die Wände aufgelegt und nicht befestigt. Im kabbalistischen Buch "Shushan Sodot" heisst es dazu, dass das S' chach die Obere Welt repräsentiert und daher nicht an die Untere Welt, dem Rest der Sukkah, befestigt ist.
Wer es ganz kabbalistisch mag, dem sei hier das Beispiel gegeben, dass am Tempelberg (Har HaBait) in Jerusalem Himmel und Erde aufeinandertreffen.

Die Sukkotfeierlichkeiten in Jerusalem sind jedes Jahr etwas ganz Besonderes. Im Jüdischen Teil der Altstadt gibt es unzählige Attraktionen und ausserdem findet an den Zwischenfeiertagen (Chol HaMoed) der Segen der Cohanim (Tempelpriester) beim Morgengebet Shacharit an der Kotel (Klagemauer) statt. Dies geschieht gegen ca. 8.30 Uhr Ortszeit. Tausende von Menschen werden sich zu diesem Ereignis an der Kotel versammeln, einige wenige Fanatiker werden aufs Neue versuchen, den Tempelberg zu stürmen und die Shops vermelden einen riesen Umsatz.

Nach dem Birkat HaCohanim - dem Segen der Cohanim - hält der ehemalige sephardische Oberrabbiner, Rabbi Mordechai Eliyahu, auf dem Square im Jüdischen Viertel seine traditionelle Rede. Wer will, der kann sich hinterher von ihm segnen lassen.

Die Altstadt riecht nach Zuckerwatte (Searot Savta) und sämtliche Fressalien gehen über die Ladentische. Ein kleiner Tip sei angebracht: Bringt Euch Euer Essen und Trinken selbst mit, denn die Preise werden zu unverschämt sein.

Attraktionen sind Besuche in der Ir David - der Stadt König Davids, innerhalb des arab. Dorfes Silwan ausserhalb des Tempelberges oder der Besuch im Jerusalemer Archäologischen Park gleich neben der Klagemauer.

Die Ir David ist eintrittsfrei, doch wer an den Tunnelführungen teilnehmen will, muss mit einem Unkostenbeitrag von ca. 25 Shekeln rechnen. Der Eintritt in den Archäologischen Park bewegt sich um die 20 Shekel, plus oder minus. Richtig teuer wird es am Jaffa Tor, wenn Ihr plant den "Tower of King David" zu besichtigen. Hier sind mind. 40 Shekel zu zahlen.

Allabendlich sprechen wir in der Sukkah einen besonderen Segen über die Ushpizin. Das Wort "Ushpizin" kommt aus dem Aramäischen und bedeutet "Gäste". Mit den Gästen sind Avraham, Yitzchak, Yaakov, Moshe, Aharon, Yosef und König David gemeint, die unsere Sukkot besuchen. Sephardische Juden plazieren sogar einen extra Stuhl für einen der Gäste in ihre Sukkah.

Eine besonders wichtige Mitzwa an Sukkot ist der Lulav, ein Palmenzweig, Myrtelzweige, Weidenzweige und die gelbe Zitrusfrucht, der Etrog. Die Mitzwa stammt aus der Thora und allmorgentlich schütteln wir den Lulav während des Morgengebetes Shacharit in alle sechs Himmelsrichtungen, was ausdrückt, dass G - tt überall present ist.

Chabad wird mehrere Lulavstände bereithalten, damit auch wirklich alle Juden diese Mitzwa ausführen können. Zwei der Stände werde in der Altstadt am Cardo sowie am Zions Square in der Stadtmitte sein. Auch Frauen schütteln den Lulav und nicht nur Männer !!!

In Israel laufen die Uhren etwas anders und wir feiern gegenüber dem Ausland nur den ersten und letzten Feiertag an Sukkot. In Israel sind dies der kommende Donnerstag und der 4. Oktober (Simchat Thora).

Am Abend des 2. Oktobers finden die berühmten Simchat Beit HaShoeva - Feierlichkeiten statt. Zu Tempelzeiten wurde Wasser aus dem Shiloach hinauf in den Tempel gebracht. Eine besonders festliches Event von dem es im Talmud Sukkah 51b heisst: "Wer niemals das Simchat Beit HaShoeva sah, hat noch niemals richtige Freude in seinem Leben empfunden".
Zu Simchat Beit HaShoeva finden in der Altstadt viele Feierlichkeiten statt. Unter anderem ein Chabad - Konzert im Cardo. Wer es dagegen richtig aufregend haben will, der gehe nach Mea Shearim zu den chassidischen Gruppen. Wer dort teilnimmt, der wird wirkliche Freude in seinem Leben empfinden. Bei den Gruppen Toldot Aharon sowie Avraham Yitzchak wird mächtig gefeiert werden und ich werde fast mein gesamtes Sukkot mit diesen Gruppen verbringen.

Am Morgen des 3. Oktober findet an der Kotel ein für Aussenstehende seltsames Schauspiel statt und es empfiehlt sich, frühmorgens gegen 5.00 Uhr dort zu sein. Nach dem Morgengebet Shacharit werden die Hoshanot - Weidenzweige auf den Fussboden geschlagen.
Dieser Tag, Hoshana Rabbah, ist der allerletzte Tag, an dem G - tt uns doch noch in das Buch des Lebens einschreiben kann. Chassidim sowie Kabbalisten wiederum sagen, dass die absolut endgültige Entscheidung erst an Chanukkah fällt.

Hoshana Rabbah ist einer meiner liebsten Feiertage, obwohl ich nicht immer die Hoshanot auf den Boden schlage, um so symbolisch meine Sünden loszuwerden. Dennoch, die Atmosphäre ist einzigartig und ich kann jedem nur raten, der Zeremonie an der Klagemauer beizuwohnen.

Am Abend von Hoshana Rabbah feiern wir Simchat Thora (Shemini Atzeret). In Israel sitzen wir sieben Tage in der Sukkah, im Ausland dagegen acht. Am achten Tag, also an Simchat Thora, tun wir dies in Israel schon nicht mehr.

Shimini Atzeret ist ein biblischer eigenständiger Feiertag, den G - tt, laut Kommentatoren, hinzufügte, weil Er noch einen weiteren Tag mit uns feiern wollte.

In Israel fallen Shemini Atzeret und Simchat Thora auf ein und denselben Tag, an dem wir die die Thora zuende lesen und gleich darauf aufs Neue mit den Lesungen beginnen (mit Genesis - Bereshit). Wir feiern, die Beendigung der Thora und gleichzeitig den Neubeginn.

In allen Synagogen wird Simchat Thora ausgiebig und feuchtfröhlich gefeiert, jedoch nirgends so enthusiastisch wie in Mea Shearim. Der Alkohol fliesst in Strömen und überall tanzen die Leute in den Strassen. In den Synagogen sind die Hakafot, das Tanzen mit den Thorarollen, sehenswert.

Ebenso ist Sukkot dafür berühmt, dass auch Nichtjuden nach Jerusalem kommen. Leider sind deren Feierlichkeiten heutzutage leider fast nur zur Judenmission ausgeartet. Sicher gibt es viele aufrichtige Christen, die kommen, aber wie schon erwähnt, machen sich auch viele Schwarze Schafe breit und meinen, sie müssen sich auf Juden stürzen, um sie zu missionieren. Wir sind immer alle wieder froh, wenn solche Leute ihre sieben Sachen packen und abreisen.

Anmerkung: Die Thoraparasha gibt es erst wieder am 5. Oktober mit der Parashat Bereshit - Genesis !!!

Trotzdem wünsche ich allen schöne Feiertage, Chag Sameach und für die Zwischentage an Sukkot ein Herzliches Moadim Le' Simcha aus Jerusalem.


Sukkot in Mea Shearim







Eine koschere Sukkah in Auschwitz

An jedem Sukkot (Laubhuettenfest) erzaehlt Rabbi Mordechai Machlis regelmaessig dieselbe Story von der koscheren Sukka (Laubhuette) in Auschwitz. Dies tut er fuer seine Familie sowohl als auch fuer seine vielen vielen Gaeste.
Die Story handelt von seinem Freund und Lehrer Rabbi Yitzchak Traube. Rabbi Machlis schliesst immer mit den Worten, dass er nicht wisse, ob ein aehnliches Ereignis jemals stattgefunden hat und ob Rabbi Traube das ihm Wiederfahrene je veroeffentlichte. Die Zuhoerer sind jedesmal aufs Neue erschuettert. Ich moechte die Story hier erzaehlen, auch im Gedenken an Rabbi Yitzchak Traube.

Rabbi Yitzchak Traube war einige Jahre im Vernichtungslager Auschwitz inhaftiert. Jeden Morgen wurden er und seine Mithaeftlinge gezwungen zur Arbeit zu gehen. Dazu mussten sie eine bestimmte Lagerstrasse entlang marschieren.
Sukkot stand kurz bevor und als Rabbi Traube die Strasse entlang ging, sah er zuefaellig kleine Zweige am Wegrand liegen. Er schaute zur Seite und sah dort ein ehemaliges Gebaeude, doch jetzt nur noch eine Ruine. Nur ein paar Waende ohne dach waren noch vorhanden.
Mit dem Fuss trat er kleine Zweige weiter an die Seite. Er musste dabei sehr vorsichtig vorgehen, denn die Bewacher koennten aufmerksam werden.

Am Abend von Sukkot verliess er unbemerkt seine Baracke und lief an die Stelle, an der sich die Zweige und die Ruine befanden. Er begab sich dadurch in hoechste Lebensgefahr, denn seine Entdeckung haette die sofortige Hinrichtung bedeutet.
Er legte die Zweige ueber die Mauern und baute so eine koschere Sukka. Ausserdem hatte er etwas Brot zusammen gespart, welches er ass.

Im Angesicht des Todes mitten in Auschwitz erfuellte er das Gebot, in der ersten Nacht von Sukkot in der Sukka zu sitzen, den Segen zu sprechen und zu essen.

Bericht von einem Aussteiger

B"H


Kleiner Erfahrungsbericht ueber einen Aussteiger aus der chassidischen Welt.

http://chassidut.wordpress.com/2007/09/24/das-doppelleben/

Montag, September 24, 2007

Lulav - Markt in Jerusalem

B"H

Hier ein kleiner Einblick in das Treiben auf den Lulav Maerkten vor dem Laubhuettenfest Sukkot.










Der Etrog







Die Bobover Chassidim bitten zur Wahl

B"H

Zum (fast) ersten Mal seit dem Bestehen chassidischer Gruppen wird ein Rebbe demokratisch gewählt.

Bis zum Jahre 2000 wurde die berühmte chassidische Gruppe Bobov von Rebbe Shlomo Halberstam geleitet. Bobov ist ansässig im New Yorker Stadtteil Boro Park und hat im Holocaust viele seiner Mitglieder verloren. Nach dem Zweiten Weltkrieg führte Rebbe Shlomo Halberstam die Gruppe von Osteuropa nach New York, wo Bobov wieder aufblühte.

Nach dem Tode Rabbi Shlomo Halberstams übernahm sein Sohn Rabbi Naftali Halberstam kurzzeitig das Amt des Rebben. Nachdem auch er im Jahre 2005 verstarb, blieb die Führung Bobovs ungewiss, denn zwei Verwandte streiten um die Nachfolge und brachten die Gruppe fast bis zur Spaltung.

Nun sollen die Mitglieder auf demokratischem Wege entscheiden, wer von den beiden Kandidaten der neue Bobover Rebbe wird. Zur Wahl stellen sich Rabbi Ben Zion Halberstam (ein Sohn Shlomo Halberstams) sowie Rabbi Mordechai David Unger (der Schwiegersohn von Naftali Halberstam).

Eine Wahl ist eine positive Entscheidung, verhindert sie hoffentlich die komplette Spaltung der Gruppe. Die Presse betrachtet die Wahl bei Bobov als einzigartig, dennoch, das allererste Mal ist es nicht, dass ein Rebbe von den Gruppenmitgleider gewählt wird.

Entschied man sich doch bei Toldot Aharon schon im Jahre 1947 nicht für den Sohn des vorherigen Rebben Aharon Roth, sondern für den Schwiegersohn Rabbi Avraham Yitzchak Kahn. Der Sohn, Rabbi Avraham Chaim Roth, ging damals leer aus und gründete seine eigene chassidische Gruppe unter dem Namen Shomrei Emunim.

Nach dem Tode des Rebben Avraham Yitzchak Kahn kam es bei Toldot Aharon im Jahre 1996 zur erneuten Spaltung, da zwei Söhne um die Nachfolge stritten. Wieder entschieden die Chassidim demokratisch und einigten sich auf den jüngeren der beiden Brüder Rabbi David Kahn. Der ältere Bruder, Rabbi Shmuel Yaakov Kahn, gründete seine eigene Gruppe unter dem Namen Toldot Avraham Yitzchak.

Streit um die Position des Rebben gibt es nach wie vor bei den Gruppen Vishnitz (in Bnei Brak) und Satmar (New York). Dort ist bisher keine Einigung in Sicht.

Die zwei Kandidaten

Rechts im Bild Rabbi Mordechai David Unger




Rabbi Ben Zion Halberstam

Sonntag, September 23, 2007

Frauen ist der Zutritt verboten !

B"H

Am Mittwoch Abend beginnt das Laubhüttenfest Sukkot, welches in Israel acht Tage und in der Diaspora neun Tage lang gefeiert wird. Für Sukkot benötigt man nicht nur die obligatorische Laubhütte (die Sukkah), sondern auch einen Lulav, den es während des Festes zu Schütteln gilt. Der Lulav ist ein biblisches Gebot und setzt sich aus einem Palmenzweig, Myrtlezweige sowie Weidenzweige zusammen. All die Zweige werden zusammengebunden und ergeben den Lulav. Dazu gehören tut selbstverständlich auch der gelbe Etrog, eine Zitrusfrucht. Den Etrog hält man allerdings separat in der Hand.

Der Lulav wird an allen Tagen des Sukkot - Festes, ausser am Shabbat, in alle sechs Himmelrichtungen geschüttelt, was zugleich G - ttes Präsenz symbolisiert. Kommentatoren räumen dem Lulav unterschiedliche Bedeutungen ein und insbesondere in der Kabbalah spielt er eine immense Rolle.

Noch am selben Abend des Yom Kippur Ausgangs ist es Tradition, den Bau der Sukkah (Laubhütte) zu beginnen. Es ist jedesmal ein grossartiges Erlebnis, in eine Sukkah zu gehen. Der eine hat es gerne traditionell und hängt Bilder von Jerusalem oder berühmten Rabbis in der Sukkah auf und der andere besteht auf Luxus. Ganz nach Belieben. Bunte Girlanden sind heutzutage schon fast ein Muss und sie werden überall angeboten. Teure, billige, was das Herz begehrt. Am besten gefallen mir immer noch jene Selbstgebastelten der Kinder.

Überall wird gehämmert und gewerkelt. Der Sukkahbau wird bis ins kleinste Detail geplant, muss doch eine Laubhütte auch koscher sein. Eine bestimmte Höhe, eine bestimmte Anzahl von Wänden, etc. Bis Mittwoch werden Tausende israelische Haushalte ihre Wohnungseinrichtung in die Sukkah tragen und sie stolz den Besuchern präsentieren. Wer keinen eigenen Balkon hat, auf den er die Sukkah plazieren kann, der baut sie draussen im Hof vor oder hinter dem Haus auf. Nicht jeder besitzt sein eigenes Haus und so wird im Gemeinschaftshof zusammengerückt. Sukkah neben Sukkah und es leben die Nachbarn, die jegliche Gespräche in der Sukkah nebenan absichtlich oder unabsichtlich mit anhören.

Einer ganz besonderen Bedeutung kommt der Lulav zu. In Jerusalem gibt es momentan fast an jeder Ecke Lulav - Märkte, wo für jeden Geldbeutel etwas dabei ist. Auch hier muessen ein Lulav und der dazugehörige Etrog koscher sein. Und damit man nur das Beste für sein Geld bekommt, wird schon einmal mit der mitgebrachten Lupe nach Rissen in den Blättern gesucht. Besonders berühmt sind die Lulav - Märkte im ultra - orthod. Mea Shearim. Vom grossen Supnik - Platz vor der Knabenschule der chassidischen Gruppe Toldot Aharon bis hin zu einem Platz an der Bar Ilan Strasse liegen die Märkte verstreut. Emsig suchen die Haredim (ultra - orthod. Juden) mit Lupen die Blätter und den Etrog (Zitrus) ab. Ein ganz besonderes Schauspiel, bei dem Frauen nicht zugelassen sind. Jedenfalls nicht auf den Märkten der Ultra - Orthodoxen. Sogar Verbotsschilder hängen aus, welche Frauen den Zutritt ausdrücklich untersagen.

Ich frage mich jedesmal, wer vor wem warnt. Einmal sarkastisch ausgedrückt: Könnte es vielleicht sein, dass die Herren in Gefahr geraten, mit ihren Lupen andere Dinge zu inspizieren als den Lulav ? Ich glaube kaum. Aber Anstand soll nun einmal Anstand bleiben und da sind Frauen fehl am Platze, denn sonst kommen die Männer auf dumme Gedanken.

Übrigens darf eine Frau den Lulav an Sukkot genauso schütteln und hierbei gibt es keinerlei Beschränkungen. Nur kaufen darf sie ihn nicht, jedenfalls nicht auf Haredi - Märkten.

Einmal bei solch einem Markt angekommen, schaue ich dem Treiben gern aus der Ferne zu. Es wird inspiziert, gefeilscht und diskutiert. Nur keinen unkoscheren Lulav kaufen, denn sonst ist die Mitzwa (Ausführung des Thoragebotes) dahin. Um den allerbesten Etrog zu bekommen, kommt es nicht selten vor das schon einmal mehrere Hundert Dollar über den Ladentisch gehen.

Wer also an Sukkot Männer mit seltsamen langen durchsichtigen Plastiktaschen durch die Wohnviertel laufen sieht, der braucht sich nicht zu wundern. Damit der Lulav an den Feiertagen nicht beschädigt wird, wird er nach dem Schüttel während des Morgengebetes Shacharit in eben jene Plastikhüllen gesteckt. Für den Etrog (Zitrus) gibt es eine extra Schachtel. Wenn der Mann einmal unpässlich sein sollte, darf auch eine Frau das Lulav - Täschchen halten. Sogar bei den ultra - orthod. Haredim.


Der Lulav

Warum werden gute Menschen immer wieder von Schicksalsschlägen heimgesucht ?

B"H

Ein jeder von uns kann getrost zugeben, sich diese Frage schon mehrere Male gestellt zu haben. Da haben offensichtlich die schlimmsten Menschen ein immer anhaltendes Glück und können unbekümmert mit ihren Umtrieben fortfahren. Andere hingegen, die als aufrichtige gute Menschen einzustufen sind, werden von Schicksalsschlägen eingeholt. Seien es nun Todesfälle in der Familie, Krankheiten, Pleiten, etc.

Das orthodoxe Judentum ist sich dieser Frage bewusst und hat seine eigene philosophische Antwort darauf. In der Tat fällt es uns schwer zu verstehen, warum ein allmächtiger G - tt soetwas tut. Häufig machen wir den Fehler emotional zu reagieren und suchen Antworten aus unseren Emotionen heraus. Dabei vergessen wir nicht selten jegliche Art von Logik und sind demzufolge nur eingeschränkt fähig, logische Schlussfolgerungen zu ziehen. Wie aber sollen wir diese auch ziehen, hat G - tt doch Seine eigenen Gründe und wir können nur Vermutungen anstellen.

Schicksalsschläge rufen bei nicht wenigen katastrophale Antworten hervor. Da schrieb vor mehreren Jahren der jüdisch konservative Rabbi Harold Kushner ein Buch, in dem er zu der Schlussfolgerung kam, dass G - tt nur über eine eingeschränkte Macht verfügt. Ein katastrophaler Fehler Kushners selbst wenn er den schrecklichen qualvollen Tod seines Sohnes zu beklagen hat, der an einer seltenen Erkrankung verstarb. Harold Kushners Sohn starb als uralter Mann, der erst im Teenageralter war, denn er erkrankte an jener Krankheit, welche junge Leute vorzeitig altern lässt.

Der Standpunkt im orthodoxen Judentum ist, dass G - tt allmächtig ist und Er Seine Gründe für alles hat, was in unserer Welt geschieht. Er sieht das Gesamtbild und wir nicht. Das einzige, was wir sehen, ist der Teil eines Ganzen und ziehen somit ziehen wir falsche Schlüsse. Hätten wir dagegen den gesamten Überblick, so wäre eine nur emotionale Schlussfolgerung ausgeschlossen.

Die Yeshiva (relig. Schule) Aish HaTorah hat eine Liste aufgestellt, warum gute Menschen unter Schicksalsschlägen zu leiden haben. Vielleicht geben diese Punkte dem ein oder anderen einen besseren Einblick in die Materie.

Wenn G - tt gut ist, dann würde Er gewiss verhindern, dass guten Menschen Negatives wiederfährt. Aus diesem Grund wundern wir uns darüber, warum guten Menschen Schlechtes wiederfährt und ob G - tt wirklich allmächtig ist oder ob Er überhaupt existiert.

Mögliche Erklärungen

- Es ist uns allen klar, dass intelligentere Wesen als wir es sind oftmals Dinge tun, die wir mit unserem eigenen Intellekt nicht begreifen können.

G - tt verfügt über einen Intellekt, den wir mit unserem begrenzten Denkvermögen nicht in der Lage sind zu begreifen.


- Das Leid muss nicht immer durch Böses verursacht worden sein, sondern eher aufgrund eines diversen Umstandes, auf den eine Person irrational reagiert.

- Bei dem Umstand muss es sich nicht automatisch um eine Bestrafung handeln, sondern eher um eine Gelegenheit, die einem die Möglichkeit bietet, zu wachsen. Ein Test so zusagen.

- Die Probleme könnten nur dazu bestimmt sein, uns zu einem positiven Umstand weiterzuleiten.

Zuerst sehen wir nur die negativen Umstände ohne an die Zukunft zu denken, die aufgrund dieser Erlebnisse nur Gutes für uns bereit hält.


- In vielen Fällen glauben wir, dass G - tt uns die Probleme zukommen lassen hat, und wir übersehen nur allzu leicht, dass es eigentlich die Menschen waren, die etwas auslösten.

- Es könnte durchaus sein, dass wir nicht den Wert einer guten Tat oder die Ernsthaftigkeit von Gewalt zu schätzen wissen.

In vielen Fällen übersehen wir G - ttes Güte oder Seine Art von Bestrafung und müssen die Konsequenzen tragen.


- Da wir eine faire Belohnung nur durch unsere individuellen Bemühungen erreichen, könnte G - tt uns diverse Hindernisse in den Weg legen und dadurch unsere Bemühungen maximieren denen folglich eine höhere Belohnung folgt.

Viele Ziele können wir nur aufgrund von Anstrengungen erreichen und sobald wir erst einmal beginnen, wird G - tt uns helfen. Ein jüdischer Aspekt ist hierbei, dass sollten unsere Bemühungen nicht zum Ziel führen, wir dennoch von G - tt belohnt werden. Eine begonnene Mitzwa (Thoragebot), die nicht bis zum Ende ausgeführt wurde, wird trotzdem anerkannt.
Bespiel: Wir wollen jemandem Geld spenden, haben aber selbst kaum Geld. G - tt sieht unseren ehrlichen Gedanken als eine tatsächlich durchgeführte Spende, selbst wenn wir aktiv nicht in der Lage ware sie auszuführen.

- Manchmal wirken sich Probleme für eine Person positiv aus, denn so erhält die Person Gelegenheit, seine Pläne bzw. Verhalten zu überdenken. Eine Art Aha - Erlebnis.

- Reinkarnation (Gilgul)


Wir können diese Punkte annehmen oder auch nicht. Eines aber ist sicher, eine perfekte Lösung haben wir Menschen in dieser Welt nicht.

Samstag, September 22, 2007

Yom Kippur ist vorbei, Sukkot kann kommen

B"H

Um 18.13 Uhr Ortszeit war es soweit: Das Schofar wurde geblasen. Yom Kippur war vorüber und es durfte gegessen und getrunken werden.

Alles in allem verging der Fastentag recht schnell. Mit Freunden nahm ich am üblichen Programm der Yeshiva Aish HaTorah in der Jüdischen Altstadt teil. Sehr religiös, aber irgendwie hat sich das bei uns so eingefahren. Schon seit zehn Jahren bin ich jedes Jahr dabei.

Das Beste an dem Programm sind die Vorträge während des G - ttesdienstes, denn so kommt etwas Abwechselung auf. Nach dem gestrigen Abendgebet waren wir bei einem mehrstündigen Vortrag bei Rabbi Yaakov Marcus, der alle Vortraege hielt. Das Publikum war bunt gemischt, bestand aber groesstenteils aus jungen jued. Amerikanern. Rabbi Marcus wurden viele Fragen gestellt. Fragen, die sehr gut waren und der Rabbi war busy, meisterte die Antworten jedoch bravourös.

Morgen werde ich in einem extra Beitrag auf einige interessante Punkte eingehen.
Zum Beispiel wurde gefragt, warum gute Menschen oft leiden müssen oder worin der Unterschied zwischen einer Mitzwa (Ausführung eines Gebotes) und einer guten Tat besteht.

Den heutigen Tag verbrachte ich fast ausschließlich in der restlos ueberfuellten Aish HaTorah Synagoge nahe der Klagemauer (Kotel). Übrigens zogen es Hunderte von Menschen vor, an der Kotel zu übernachten und brachten sich Decken und Matratzen mit. Jetzt zum Ausgang des Yom Kippur war dort eine riesen Stimmung und die ersten abfahrenden Egged - Busse waren alle umsonst.

Nun bereiten wir uns auf das Laubhuettenfest Sukkot vor, welches am Mittwoch Abend beginnt. Ein populärer Brauch ist, gleich nach dem Ausgang des Yom Kippur mit dem Bau der Laubhütte (Sukka) zu beginnen, und besonders im ultra - orthod. Mea Shearim wird man schon auf den Beinen sein.

Freitag, September 21, 2007

Yom Kippur in Jerusalem

B"H

In wenigen Stunden ist es soweit und man kann die kommende Atmosphäre schon spüren. Um spätestens 14.00 Uhr schließen alle Geschäfte und der Busverkehr wird eingestellt.

Yom Kippur, der höchste jüdische Feiertag, steht an und ab 17.02 Uhr steht jegliches öffentliche Leben still. Keine Politik, keine Arbeit, rein gar nichts außer dem Fasten und den Synagogeng - ttesdienstendiensten.
Zu erwähnen bleibt, dass die Armee besonders alarmiert ist, denn niemand kann mit Gewissheit sagen, dass wir einen friedlichen Yom Kippur haben werden. Die Grenzuebergaenge zu den palaest. Autonomiegebieten werden ganz geschlossen.

Gestern Nacht war ich nochmals an der Kotel (Klagemauer), wo sich beeindruckende Szenen abspielten. Tausende von Menschen waren die Nacht ueber auf den Beinen und es herrschte ein reges Kommen und Gehen. Die Warteschlange vor der Sicherheitsabsperrung zur Klagemauer zog sich die Treppen hinauf bis zur Yeshivat HaKotel. Schon bei der Ankunft gab ich auf, mich überhaupt dort anzustellen.

Vor Yom Kippur bitten Juden G - tt für ihre Untaten um Vergebung und die ganze Woche über war fast das ganze Land auf den Beinen. Die Kotel war hoffnungslos überlaufen und die Geschäfte in der jüdischen Altstadt waren die Nacht über geöffnet.

Der Nachteil war, dass die Preise ins Unermessliche stiegen. Fuer ein einfaches Wassereis zahlte ich glatt 5 Shekel (1 Euro). Ich mochte nicht wissen, was die Leute im Café in der Altstadt zahlten.

Außerdem gab es meiner Meinung nach viel zu viele Menschen, die für den so genannten "Guten Zweck" Geld sammelten. Und so wurde für Hochzeiten, Kranke, sozial schwache Familien, relig. Schulen und so weiter, gesammelt. Überall wurde einem aus dem Nichts ein Klingelbeutel entgegengehalten, in den man doch bitte etwas werfen soll. Möglichst natürlich Scheine und keine Münzen.

Mir wurde das alles zuviel und ich machte mich nach einer Stunde auf den Heimweg.

Morgen steht das Land still und es wird gefastet.

Ein leichtes Fasten und Gmar veChatimah Tovah an alle.


Tausende Menschen beten an der Klagemauer (Kotel)




Leere Strassen am Yom Kippur

Bann über die Missionare

B"H

Manchmal wünschte ich, Positiveres vermelden zu können, aber ausgerechnet heute, ein paar Stunden vor Yom Kippur, las ich einen denkwürdigen Artikel in einer Haredizeitung (ultra - orthod.).

Am 2. Oktober findet der Marsch der Christen durch die Jerusalemer Innenstadt statt. Hier hatte ich zu diesem Thema schon ausführlich berichtet.

Des Weiteren halten die angereisten Christen aus aller Welt im Jerusalemer Messezentrum Binyanei HaUma einen grossen Kongress ab, an dem auch unzählige christl. Missionare teilnehmen und das Event für ihre Zwecke nutzen werden. Die israel. Anti - Missionsorganisation Yad Le'Achim sowie weitere relig. Institutionen warnten schon im Vorfeld gegen die Veranstaltungen.

Brisant wird das ganze aber erst durch die Teilnahme des nationalreligiösen Sängers Dudu Fischer. Trotz Protesten von Yad LeAchim und führenden orthodoxen Rabbiner ist Fischer nicht bereit, seinen Auftritt im Binyanei HaUma abzusagen.

Es geht uns orthodoxen Juden nicht darum, alle Christen zu verunglimpflichen, aber leider ist es wie fast überall, dass gutgemeinte Veranstaltungen durch fragwuerdige Gestalten wie Missionare ins Zwielicht geraten.

Nun müssen alle Teilnehmer des christl. Marsches durch Jerusalem buessen, denn das Oberrabbinat hat zum Boykott aufgerufen.

Donnerstag, September 20, 2007

Demo gegen Kapparot

B"H

Zur Stunde findet neben dem Machane Yehudah Markt eine Tierschuetzer - Demo gegen die Kapparot statt. Etwa 25 Tierschuetzer demonstrieren auf einer Verkehrsinsel gegenueber dem Eingang zum Kapparot - Platz, auf dem Tausende von Huehner geschaechtet werden. Die Polizei ist schon vor Ort und haelt die Demonstranten auf Distanz.

Die Tierschuetzer lehnen nicht den Brauch der Kapparot an sich ab, sondern wollen verhindern, dass fuer den Brauch Huehner verwendet werden. Ihrer Meinung nach sollen die Kapparot nur anhand von Geld stattfinden.

Wer will, der kann bis morgen Mittag noch an den Kapparot teilnehmen.







Die Tierschuetzer



Photos Ynet

Eindruecke vom Yom Kippur

B"H

Ab Morgen frueh beginnt der Yom Kippur - Stress. Saemtliche Telefonleitungen werden belegt sein, denn alle Leute wollen sich noch schnell bei anderen fuer diverse Fehltritte entschuldigen. In manchen Jahren gibt das staatliche Telefonunternehmen Bezek am Yom Kippur alle Leitungen kostenlos frei.

Fuer Entschuldigungen bei anderen Leute gilt folgende Halacha:

Man muss sich einmal entschuldigen.
Fuer den Fall, dass die andere Partei die Entschuldigung beim ersten Mal nicht annimmt, muss man sich noch weitere zweimal entschuldigen.
Wenn unsere Entschuldigung nach dem dritten Mal immer noch nicht angenommen wird, gilt der halachische Fall, dass es vor G - tt akzeptiert wird (siehe Shulchan Aruch - Hilchot Yom Kippur).


Hier ein paar Eindruecke vom letzten Yom Kippur in Jerusalem. An der Klagemauer kurz nach dem Ende des Fastens und die Essensausgabe.

"Wie die Engel" - Die Bedeutung des höchsten jüdischen Feiertages Yom Kippur

B"H

Die zehn Tage zwischen dem Neujahrsfest Rosh HaShana und dem Versöhnungstag Yom Kippur sind jedesmal sehr emotional. An Rosh HaShana werden wir für das Neue Jahr gerichtet und am Yom Kippur unterschreibt G - tt Sein Urteil (um es einmal bildlich darzustellen).

Für die zehn Tage zwischen den beiden Feiertagen gilt allgemein die Regel, dass wir uns mit jeglichen Vergehen etwas zurückhalten sollten. Schliesslich kann es ja durchaus sein, dass G - tt unser individuelles Schicksal noch nicht entschieden hat und so wollen wir Ihm dieser Tage zeigen, dass wir doch eigentlich gar nicht so schlecht sind. Demzufolge könnte Er bis Yom Kippur Seine Meinung über uns ändern und uns für ein positives Jahr ins Buch des Lebens eintragen.

Auch beten wir innerhalb dieser zehn Tage weiter die Selichot - Gebete, um G - tt um Verzeihung zu bitten.
Gestern Abend war ich an der Kotel (Klagemauer) und es war überwältgend, was sich dort tat. Die ganze Nacht hindurch kamen Tausende Menschen an die Kotel. Aus allen Landesteilen und von sämtlicher Herkunft: religiös oder nicht, Ashkenazim, Sepharden, Kleinkinder und sogar ganze Soldateneinheiten waren dort. Auf dem Vorplatz der Klagemauer war kaum noch ein Sitzplatz zu finden und Hunderte Menschen hatten sich auf dem Fussboden plaziert. Was für ein Schauspiel.

Den Feiertag Yom Kippur begehen wir jedes Jahr am 10. des jüdischen Monat Tischrei. Der 10. Tischrei war der Tag, an dem Moshe mit dem zweiten Paar Gesetzestafeln vom Berg Sinai in das israelitische Lager zurückkehrte. G - tt hatte ihnen nach dem Vorfall mit dem Goldenen Kalb verziehen und Moshe, nachdem er die ersten Gesetzestafeln zerbrach, ein zweites Paar gegeben.

In den Thoraparashot (Thoralesungen) "Acharei Mot" sowie in "Pinchas" trägt G - tt uns auf, diesem Tag auch weiterhin zu gedenken und ihn zu feiern. Somit ist der Yom Kippur ein biblisch - vorgeschriebener Feiertag.

Während an Rosh HaShana Juden und Nichtjuden gerichtet werden, betrifft der Yom Kippur einzig und allein nur für das jüdische Volk.
Für die meisten von uns ist es ein sehr emotionaler und ernster Feiertag. Dies gilt selbst für diejenigen, die sich ansonsten nicht gerade als religiös bezeichnen würden. Aller Gegensätze zum Trotz, an Yom Kippur wird allgemein gefastet, denn unter anderem heisst es zusaetzlich in der Thora, dass wer den Yom Kippur nicht einhält, derjenige nicht Teil des jüdischen Volkes ist.

Bevor ich auf den eigentlich Feiertag eingehe, möchte ich einen Minhag (Brauch) beschreiben, der in den Tagen vor Yom Kippur von wesentlicher Bedeutung ist und der von jeher von Nichtjuden als antisemitische Hetze gegen Juden verwendet wurde. Vielleicht versteht ja nach dem Lesen des Artikels der ein oder andere den Minhag etwas besser.

Beim dem Minhag handelt es sich um die "Kapparot". Nicht, dass mir jetzt sämtliche Tierschützer aufs Dach steigen und mir Tierquälerei vorwerfen, denn bei den Kapparot geht es vorwiegend um die rituelle Schlachtung eines Huhnes. Überall in jüdischen Wohngegenden sieht man in dieser Woche folgendes Schauspiel:
Juden gehen zu Ständen, an denen die Kapparot angeboten werden. Man zahlt einen Unkostenbeitrag, ein Religiöser nimmt ein Huhn und zirkelt dies 3 oder 7 Mal über unsere Köpfe hinweg. Die Anzahl von drei oder sieben kommt ganz auf den Brauch der jeweiligen Person an.
Die Person spricht ein kurzes Gebet und danach wird das Huhn rituell geschächtet, heisst, es wird ihm mit einem kleinen Schächtmesser die Kehle durchgeschnitten. Es ist üblich für eine Frau eine Henne und für den Mann einen Hahn zu verwenden (siehe Kitzur Shulchan Aruch - Dinei Yom Kippur) .

Der Brauch der Kapparot findet weder in der Thora noch im Talmud Erwähnung. Allerdings ist der Minhag schon sehr alt, denn schon im 9. Jahrhundert wurde er von Kommentatoren erwähnt. Hintergrund des Brauches ist die Symbolisierung des sogenannten Sündenbockes (Azalzel), ein Ritual, bei welchem der Hohepriester (Cohen HaGadol) in einer Tempelzeremonie einen Ziegenbock in die Wüste sandte.

Symbolisch betrachtet transferieren wir unsere Sünden in das Huhn, welches für uns stirbt. Diese Meinung ist ausdrücklich nur Symbolik, und das eigentliche Ziel der Kapparot ist es, uns auf den Yom Kippur vorzubereiten, an dem wir G - tt um Verzeihung bitten.

Nicht immer finden die Kapparot anhand eines Huhnes statt. Leute, die nicht unbedingt wollen, dass ein Huhn für sie stirbt, können sich darauf beschränken, nur einen bestimmten Unkostenbeitrag zu geben und bekommen dann ein kleines Zertifikat ausgestellt. Wieder andere geben nur Geld, aber zusätzlich wird ein Huhn über ihren Kopf gedreht, welches hinterher nicht geschächtet wird.

Im Mittelalter lehnten so berühmte Rabbiner wie der Ramban und Rabbi Yosef Karo diese Zeremonie grundsaetzlich ab. Das sei alles dumm und erinnere an götzendienerische Rituale. Der grosse Kabbalist, Rabbi Yitzchak Luria, hingegen sah in den Kapparot eine immense kabbalistische Bedeutung.

Wie dem auch sei, jeder kann für sich entscheiden, ob er Kapparot macht oder nicht. Ich selbst habe mich noch nicht richtig entscheiden können und handhabe es so, dass ich ein Jahr gehe und dann eventuell wieder nicht.

Den Kapparot in Jerusalem zu entkommen, ist unmöglich, denn in der ganzen Stadt stehen Stände. In Mea Shearim und neben dem Machane Yehuda Markt werden vor dem Feiertag täglich Tausende von Hühnern geschächtet und Geldstände sich ebenso zur Genüge vorhanden.

Und was passiert eigentlich danach mit all den toten Hühnern ?
Hierzu gibt es unterschiedliche Bräuche. Manche nehmen das Huhn mit heim und essen es und wieder andere geben es als Spende an arme Leute.

In Jerusalem ist schon gegen Mittag Yom Kippur Stimmung. Die Geschäfte machen früh dicht und jeder eilt nach Hause, um sich nicht übermässig anzustrengen und noch auszuruhen.
Der Yom Kippur beginnt in diesem Jahr am kommenden Freitag (morgen) Abend gegen 17.00 Uhr und endet am Samstag Abend gegen 18.15 Uhr. Meine Zeitangaben beziehen sich nur auf Israel !!!

Grundsätzlich gelten fuer diese 25 Feiertagsstunden fünf feste Regeln:

1. Nichts essen, denn an dem Tag sind wir wie die Engel, welcher keiner Nahrung beduerfen.
Diese Regel trifft nicht auf jene Menschen zu, die ernsthafte gesundheitliche Probleme haben. Auch Kleinkinder und schwangere Frauen sind von der Regel befreit.

2. Nichts trinken

3. Keinen Sex

4. Keine Lederschuhe tragen, denn die sind ein Zeichen für Bequemlichkeit.

5. Sich nicht duschen, waschen oder Deos bzw. Cremes verwenden.

Am Yom Kippur sollen auf alle weltlichen Bequemlichkeiten verzichtet werden und wir widmen uns G - tt, Der uns richtet. Neben diesen fünf Regeln gelten natürlich zusätzlich sämtliche Halachot wie für den Shabbat auch (kein Feuer anzünden, etc).

Vor dem Fastenbeginn essen wir nochmals ausreichend bei einer speziellen Mahlzeit, die Se'udat Mafseket genannt wird. Diese Mahlzeit ist eine Mitzwa, auf die keinesfalls verzichtet werden sollte.

Morgen werden alle israel. Tageszeitungen ihre alljährlichen Empfehlungen für die Mahlzeiten ablassen. Was isst man am besten, wenn man danach 25 Stunden fastet ? Fleisch macht durstig und vegetarisch wäre besser. Sind Früchte und Obst angebracht ?
Mein persönlicher Geheimtipp lautet immer Weintrauben und viel Wasser trinken.

Nach dem Kerzenanzünden gehen wir in die Synagogen. Wer für verstorbene Angehörige eine Kerze (Ner Zikaron) zünden will, der sollte das vor den Kerzen für den Yom Kippur tun.

Der Synagogenservice beginnt mit dem Kol Nidrei und danach gehen wir über zum Abendgebet Maariv.

Der Tag darauf wird von nonstop Synagogendiensten bestimmt. Im Morgengebet Shacharit lesen wir bei der Thoralesung aus dem Buch Vayikra (Leviticus) 16:1 - 34 (Parashat Acharei Mot). Der Maftir wird aus Numeri (Sefer BaMidbar) 29:7 - 11 gelesen und die Haftarah (Lesung aus den Propheten) erfolgt aus Jesaja (Yeshayahu) 57 - 14, welche von der Umkehr zu G - tt handelt.

Zum Nachmittagsgebt Mincha erfolgt die Thoralesung aus Vayikra (Leviticus) 18:1 - 30, in der es um verbotene sexuelle Beziehungen geht. Der Grund für diese Lesung ist, dass gerade aufgrund dieser Vergehen das jüdische Volk immer wieder aufs Neue ins Verderben fiel.

Die Haftarah (Lesung aus den Propheten) ist das Buch Jonah.
Ein jeder von uns kennt die Geschichte Jonah's, der vor G - tt flüchtete als ihm aufgetragen wurde, nach Ninveh zu gehen und die Stadt vor G - ttes Zorn zu warnen. Letzendlich landete Jonah im Bauch eines Fisches, bat G - tt um Verzeihung, wurde aus dem Fisch befreit und er ging nach Ninveh.

Wir lesen das Buch Jonah am Yom Kippur, da das gesamte Buch natürlich mit Umkehr zu G - tt (Teshuva) zu tun hat.
Ich war immer der Meinung, dass es reicht, einmal das Buch Jonah zu lesen und dann habe ich meine Message auf ewig. Dann fand ich zufällig den Kommentar des Vilna Gaon zum Buch Jonah und seitdem habe ich einen wesentlich anderen Zugang zum Buch.

Der Vilna Gaon sieht die ganze Story nur als Metapher. Seiner Meinung nach ist die Person Jonahs nur ein Symbol fuer unsere eigene Seele, die im Paradies sitzt und von G - tt auf die Erde gesagt wird. Die Seele weigert sich natürlich, denn sie will nicht in einen irdischen Körper. Daher sagt der Vilna Gaon das der Körper hier von dem Schiff symbolisiert wird, auf das Jonah flüchtete. Der Körper kann alles andere als spirituell sein und geht gewöhnlich seinen weltlichen Verlangen nach.
Der Fisch ist sozusagen das Grab und die Seele einer Person steigt auf (das trockene Land, auf welches Jonah gespiehen wurde).

Nach dem Mincha - Gebet gehen wir über in das Ne'ilah - Gebet, welches recht kurz ist. Mittlerweile schauen schon alle auf die Uhr, wann das Fasten denn endlich vorbei ist. Das Ne' ilah ist die letzte Chance bevor die Himmelstore geschlossen werden und daher wird es im Englischen "Closing the Gates" genannt.

Gleich anschliessend ertönt das Schofar und es darf nach Herzenslust gegessen und getrunken werden. Besonders emotional ist der Yom Kippur - Ausgang an der Klagemauer, wo Abertausende von Menschen versammelt sein werden. Damit nicht alle hungrig heimgehen, werden Gebäck und Getränke ausgeteilt.

Die Yeshiva Aish HaTorah veranstaltet zusammen mit Jeff Seidel's Jewish Student Information Center sowie dem kostenlosen relig. Hostel Heritage House ein Yom Kippur Programm. Zum Abschluss des Fastens findet ein Break - Fast bei Jeff Seidel statt. Dort gibt es Unmengen von Getränken, Beigels, Käse und Obst. Niemand bleibt ungesättigt und wir alle haben jedesmal das ganz besondere Gefühl, dass wir es tatsächlich durchgehalten haben und frei von jeder Sünde sind. Jedenfalls für kurze Zeit.

Bleibt noch zu erwähnen, dass zu Tempelzeiten ganz spezielle Yom Kippur - Riten im Tempel stattfanden. Es war der einzige Tag im Jahr, an dem der Hohepriester (Cohen HaGadol) das Allerheiligste (Kodesh HaKedoshim) betreten durfte. Er rief G - ttes richtigen Namen aus und bat fuer das jüdische Volk um Vergebung. Auch fand die berühmte Verlosung der zwei Ziegenböcke statt, von denen einer G - tt geopfert wurde und der andere dem sogenannten Azalzel, der schlechten Seite.

Im Judentum haben wir eine absolut unterschiedliche Vorstellung von der schlechte Seite bzw. dem Satan. Der Satan ist keine Person, sondern unsere eigene schlechte Seite, die uns zum Sündigen veranlasst. Der "jüdische Satan", wenn ich das einmal so formulieren darf, wurde von G - tt selbst erschaffen. Er wollte, dass wir eine freie Wahl im Leben haben und dies wäre ohne negative Aspekte unmöglich. Im Talmud Bava Batra heisst es, dass G - tt nach der Ankunft des Meschiach die schlechten Veranlagungen in uns abschafft und wir nur noch Gutes tun werden.

Bleibt zu hoffen, dass dies bald der Fall sein wird und ich will diesen langen Beitrag mit den Worten beenden, die dem Ne'ilah Service folgen:

BeShana HaBah Be' Yerushalaim - Im nächsten Jahr in Jerusalem - Nach der Ankunft des Meschiach.

Zom Kal und Gmar veChatimah Tova an alle Leser.

Ein leichtes Fasten und ein gnädiges G - ttesurteil an alle Leser.

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Mittwoch, September 19, 2007

Religiöse Frauenliteratur im Trend

B"H

Nicht alle orthodoxen Frauen identifizieren sich mit den Romanheldinnen der amerik. - israel. Autorin Naomi Ragen, welche in ihren Büchern über die Benachteiligung der Frau in der jüdischen Orthodoxie aufklärt. Und nicht alle Frauen sehen sich als unterdrückte Sklavinnen in einer unbarmherzigen Männerwelt. Ganz im Gegenteil, die orthodoxen Frauen schlagen seit neuestem zurueck.

Laut dem israelischen Magazin "The Jerusalem Report" vermelden spirituelle Bücher weiblicher Autoren Umsatzrekorde. Diese neue Art von religiöser Literatur wird insbesondere von amerikanischen Neueinwanderinnen verfasst. Die Handlungen sind keineswegs negativ, sondern positiv. Wie glücklich diese Frauen in der Orthodoxie seien und wie toll es ist, eine intakte Familie zu haben. Natuerlich kommt in den Büchern die Spiritualität nicht zu kurz und es wird oft ein wenig nach Hippieart formuliert und auch gelebt.

Amerikaner sind dafür bekannt, dass sie für jegliche Themen und Lebenssituationen einen Ratgeber benötigen und aufgrunddessen stossen die spirituellen Autorinnen mit Büchern wie "The Seven Secrets of Motherhood" oder "Die Kopfbedeckung der orthodoxen Frau" geradezu in eine Marktlücke. Viele "noch nicht" religiöse Frauen dürsten danach, Erfahrungsberichte von Gesinnungsgenossinnen zu lesen. Wie meistern andere die taeglichen Lebenssituationen in der Orthodoxie und was kann ich daraus lernen ? Solche Themen stehen im Vordergrund.

Positiv zu bewerten ist, dass sich auf dem weiblich orthodoxen Literatursektor endlich einmal etwas bewegt. Das Internet macht schliesslich alles möglich. Die bisherige Männerdomäne in der religiösen Literatur beginnt zu bröckeln. Selbst amerikanische Yeshivot (relig. Schulen) wie Aish HaTorah scheuen nicht mehr davor zurück, Bücher oder Artikel weiblicher Autoren zu veröffentlichen. Anscheinend kommt die neue Literatur auch bei den Männern gut an.

Hoffentlich hält der Trend an, denn so erfahren wir mehr aus einer ansonsten vielen nach wie vor unbekannten Welt.

Trauer bei den Chassidim von Karlin - Stolin

B"H

Der ultra - orthodoxe jüdische Stadtteil Boro Park in New York trauert um den angesehenen Rabbiner der chassidischen Gruppe Karlin - Stolin.

Der 74 - jährige Rabbi Chaim Vintrob (ז"ל) kam gestern bei einem Brand seines Hauses ums Leben. Ursache des Brandes war ein Kurzschluss.

Das langersehnte Verbot des Oberrabbinates

B"H

Das israelische Oberrabbinat (Rabbanut) hat allen Juden die Teilnahme am Marsch der Christen durch die Jerusalemer Innenstadt verboten.

Wie jedes Jahr ziehen auch an diesem Sukkot (Laubhüttenfest) wieder Tausende Christen durch die Jerusalemer Innenstadt. Schon zu Tempelzeiten war es üblich, dass Nichtjuden am Sukkot nach Jerusalem kamen, um im Tempel Opfer darzubringen. Halachisch sind Nichtjuden berechtigt, den Tempel zu betreten und Opfer zu bringen. Allerdings ist anzumerken, dass der Tempel nur in vorgeschriebenen Sektionen betreten werden darf.

Bis heute kommen Tausende Christen nach Jerusalem, um an einem von der Christian Embassy (Christliche Botschaft) organisierten Marsch teilzunehmen. Tanzend uns singend laufen sie vom Sacher Park über Bezalel hin bis zur Jaffa Road.

Soweit alles schön und gut und es sind bestimmt aufrichtige Christen dabei, die Israel ihre Freundschaft bezeugen wollen. Dennoch sind auch leider viele schwarze Schafe bei dem Marsch unterwegs und es bleibt nicht immer beim harmlosen Singen und Ttanzen.

Immer mehr christliche Missionare nutzen den Marsch für ihre eigenen Zwecke und schrecken nicht davor zurück, Gesetze zu brechen. So ist das Verteilen von Flugblättern mit missionarischem Inhalt verboten, was aber die rücksichtslosen Missionare keineswegs stört. Selbst ich bekam schon solch ein Flugblatt in die Hand und es war supergünstig, dass ich mich nicht weit von einer Mülltonne befand. So konnte die Entsorgung des Flugblattes gleich stattfinden.
Beim Marsch im vergangenen Jahr sichtete ich eine Frau, die ein riesen Plakat mit der Aufschrift "J. liebt Euch alle" vor sich hertrug.

Es wurde allerhöchste Zeit, dass das Rabbanut oder eine andere relig. Institution endlich einmal Massnahmen ergreift, um die von der Stadtverwaltung unbeabsichtigte staatlich subventionierte Mission zu stoppen. Allgemein stösst der Marsch eh auf Desinteresse der Jerusalemer und die Mehrheit der Zuschauerränge bleibt leer.
Wahrscheinlich fühlen wir uns einfach von der seltsamen Liebe derjenigen erdrückt, die aus dem Marsch herauspreschen und sich begeistert auf Juden stürzen um sie zu umarmen.

Kritische Stimmen zur Entscheidung des Rabbanuts gibt es natürlich auch. Das Knessetmitglied der Nationalreligiösen Partei Benny Elon hält selbst an einer Zusammenarbeit mit fanatischen Christen, den Evangelisten, fest. Schliesslich heisse es in der Prophezeihung des Zechariah, dass alle Völker nach Jerusalem kommen werden.

Richtig, aber nicht um zu missionieren und Juden für ihre eigenen Zwecke zu benutzen.

Montag, September 17, 2007

Kol Nidre - das missverstandene Gebet

B"H

Kurz nach Beginn des hoechsten juedischen Feiertages Yom Kippur wird weltweit in den Synagogen das KOL NIDRE gesprochen. Bei dem Kol Nidre handelt es sich um kein Gebet, sondern ein Zitat mit einer jahrhunderte alten herzzerreissenden Melodie. In der Regel wird es vor dem Sonnenuntergang und somit vor dem Abendgebet Maariv gesagt.

Der Kol Nidre Service leitet den langen Yom Kippur G – ttesdienst ein und ist einer der Hoehepunkte an diesem Feiertag. Der Thoraschrein (Aron HaKodesh) wird geoeffnet und drei Thorarollen werden herausgenommen und auf die Bimah, den Tisch vor dem Thoraschrein, gelegt. Der sogenannte Shaliach Zibur nimmt eine der Rollen in seinen Arm und die zwei weiteren Rollen bekommt je ein geachtetes Gemeindemitglied. Es ist Brauch, dass die Maenner einen Tallit (Gebetsmantel) bei dieser Zeremonie tragen. Der Shaliach Zibur ist in der heutigen Zeit meistens ein Rabbiner dessen Aufgabe darin besteht, das Kol Nidre vor dem offenen Thoraschrein dreimal vorzutragen.

Die Geschichte des Kol Nidre ist bis hin in die "Responsa der Geonim" (ca. 800 – 1000 nach Beginn der Zeitrechnung) zurueckzuverfolgen. Der Inhalt des Kol Nidre besteht aus einer Annullierung von Schwueren und Versprechen, welche man im folgenden Jahr (bis zum naechsten Neujahrsfest Rosh HaShana) eingehen koennte.

Der beruehmte Jerusalemer Chabad – Rabbiner, Rabbi Adin Steinsaltz, schreibt dazu in seinem Buch "A Guide to Jewish Prayer", dass diese Zeremonie eine emotionale Befreiung fuer einen jeden Anwesenden darstellt. Das Kol Nidre hat eine tiefe emotionale Bedeutung anhanddessen wir unsere Seele auf einen hoeheren Level bewegen und einen inneren Frieden fuer den Yom Kippur selbst herstellen.

Bei meinen Recherchen zu dem Thema musste ich einmal wieder umso mehr feststellen, dass es schon zu fruehester Zeit christlichen Widerstand gegen das Kol Nidre gab. Nicht zum ersten Mal hatte man ein juedisches Ritual voellig missinterpraetiert. Uebrigens sind auch heute noch diverse christliche Hetzsites im Internet zu lesen, wo es heisst, dass Christen die besseren Geschaeftspartner und ueberhaupt verlaesslicher seien. Schliesslich wuerden die Juden nur oberflaechlich Versprechungen eingehen und waeren danach in keinster Weise verpflichtet, diese einzuhalten, denn sie haetten ja das Kol Nidre. Mit diesen Worten begann schon der Hasszug im Mittelalter und hat sich bis heute aufrechterhalten.

Warum sagen wir das Kol Nidre ?
Besonders veraergerte Menschen sagen oft Dinge, die sie hinterher bereuen oder sie nach dem Zornesausbruch sofort vergessen. G – tt allerdings vergisst keine solcher Schwuere, auch wenn sie einem bloss unabsichtlich ueber die Lippen kamen (Beispiel: "Wenn Du nicht das und das machst, dann rede ich nicht mehr mit Dir).
Aus dem Grund annullieren wir von vornherein all unsere faelschlich ausgesprochenen Versprechungen und G – tt kann in einem Urteilsfalle nichts gegen uns verwenden. Mit Geschaeftsgebaren etc. hat das Kol Nidre nichts zu tun.

Das Kol Nidre ist kein Einzelfall, denn ebenso kam es im Mittelalter von christlicher Seite aus schon zur Hetze gegen das juedische Aleinu – Gebet, worauf ich spaeter eingehen werde.


Avraham Fried singt KOL NIDRE.

Hollywood - Liebe unerwuenscht

B"H

Am ersten Feiertag von Rosh HaShana, am vergangenen Donnerstag, nahm ich an einem relig. Programm in der Jerusalemer Altstadt teil. Ziel der Organisatoren (u.a. die amerik. Yeshiva Aish HaTorah und das kostenlose Hostel Heritage House) ist es, nichtreligioese Juden fuer das orthodoxe Judentum zu begeistern. Nicht, das es sich hierbei nur um reine Gehirnwaesche handele, sondern vielmehr darum, Einblicke in die Thora und das relig. Leben zu vermitteln.

All das sind sehr gute Ansatzpunkte, doch schlaegt die Uebermittlung oft fehl, denn es fehlt an qualifiziertem Personal. Nicht jeder laesst sich von einem Neureligioesen und dessen Stories begeistern und fuehlt sich nur allzu oft ueberrumpelt. Religioes werden ist ein Prozess und kann nicht immer gutgehen, wenn ich morgen in der Yeshiva sitze und naechste Woche einen Haredi (Ultra - Orthod.) heirate.

Was mir persoenlich am Programm gefaellt, obwohl ich kein Neuankoemmling mehr bin, sind die Pausen und Erklaerungen waehrend des Synagogendienstes. Es ist eine gute Idee etwas relig. Abwechselung in den G - ttesdienst zu bringen und nicht nur alle starr vor sich hinbeten zu lassen. Jedem Teilnehmer ist freigestellt, weiter in der Synagoge zu sitzen oder an einem Shiur (Vortrag) teilzunehmen.
Das Programm wird gemaess haredisch - litvisher Tradition gefuehrt.

Einer der Rabbiner erwaehnte bei einem seiner Vortraege einen Punkt im orthodoxen Judentum, dem ich persoenlich absolut nichts abgewinnen kann. Man mag mit mir uebereinstimmen oder nicht, aber solche Ansichten lassen es mich jedesmal grausen. Nicht nur dieser eine Rabbiner gab sein Statement dazu ab, nein, ich hoerte die Aussage schon von unzaehligen anderen.

Es geht um das Thema Liebe, Ehe und Beziehungen im orthodoxen Judentum und so, wie es der Rabbiner waehrend des Programmes an sein Publikum uebermittelte, schreckte es gewiss viele Leute ab.
Hollywood - Liebe sei oberflaechlich und keine Basis fuer eine ernsthafte Beziehung von Dauer. Man verknallt sich aufgrund von Schoenheit oder zeitweiliger gegenseitiger Attraktivitaet und nach wenigen Wochen, Monaten oder Jahren laesst die Attraktion nach und daraus folgt automatisch das AUS der Beziehung.
Im orthodoxen Judentum machen wir alles anders, so der Rabbi. Wir schauen nicht auf die Aeusserlichkeiten einer Person, sondern untersuchen, ob seine Lebenseinstellung und seine Lebensziele mit den meinen zu verbinden sind.

Hierzu muss ich einiges etwas naeher erklaeren, was der Rabbi bei den Newcomern leider unerwaehnt liess.
In religioesen Kreisen wie bei den Nationalreligioesen sowie auch bei den Haredim (Ultra - Orthod.) ist es unueblich, wenn nicht unmoeglich, seinen Partner irgendwo auf der Strasse kennen zulernen. Man sitzt nicht im Bus und nimmt Augenkontakt auf oder spricht einfach so jemanden an. Stattdessen wird zu diversen Ehevermittlern, Shadchanim genannt, gegangen. Der Shadchan schaut in seiner Kartei nach und wenn er meint, dass jemand zu mir passt, ruft er denjenigen an und derjenige ruft dann wiederum die Frau an. Niemals ruft die Frau einen ihr fremden Mann an.

Am Telefon also beginnt der allererste Kontakt und grundsaetzlich geht es in dem Gespraech nur um ein mehr als oberflaechliches Kennenlernen. Wer bist du und was machst du….., so in der Art. In den meisten Faellen wird ein persoenliches Treffen an einem oeffentlichen Ort vereinbart, vorausgesetzt das Telefongespraech verlief positiv. Persoenliche Orte sind Parkbaenke und insbesondere natuerlich Hotellobbies und Restaurants.

Wichtig ist zu beachten, dass diese Treffen bei Nationalreligioesen oft anders gehandhabt werden als bei Haredim. Bei litvishen Haredim wieder anders als bei Chassidim. Bei Nationalreligioesen kann es wesentlich offener zugehen, bei Chassidim dagegen werden viele Partnerschaften von den Eltern vereinbart und die Treffen finden in deren Wohnzimmer statt. Unter der Aufsicht aller.
Aber ich will hier vorerst nur auf den Regelfall eingehen und nicht auf kompliziertere Ausnahmen.

Ich habe viele viele Freunde, die bei solchen Treffen mit einem Shidduch (potentieller Ehepartner) waren und hoerte immer wieder, dass jedes Treffen ungeschriebene feste Spielregeln hat.
Beim ersten Treffen geht es ganz formell zu, denn man muss ja erst einmal schauen, wer da so kommt. Wenn sich getroffen wird, dann wird ein Kaffee etc. getrunken und niemals etwas zu Essen bestellt. Ueblich ist, dass der maennliche Part zahlt, es sei denn, die Frau besteht ausdruecklich auf eine getrennte Rechnung.
Gesprochen werden ueber die jeweiligen Lebensziele und was der Mann so lernt und wo. Das Gespraech dauert in der Regel ca. eine Stunde oder weniger. Findet man aneinander Gefallen, wird ein weiteres Gespraech vereinbart, falls nicht, wars das.

Normalerweise trifft man sich vier bis fuenf Mal und faellt dann eine Entscheidung. Manchmal mehr, manchmal weniger. Das kommt auf jedes Paar selber an.
Natuerlich sind bei solchen Treffen die Kinder ein Thema. Will eine Partei zehn Kinder und die andere nur drei, dann gibt es ein Problem.
Eines sei hier gesagt, die Gespraeche verlaufen nicht gemaess der Romantik. Nein, es wird Tacheles geredet. Wo siehst du dich in zehn Jahren und wo stehe ich. Es ist ein Business und kein romatisches Kerzenbeisammensein. Auch Geld spielt eine Rolle, eine sehr wichtige Rolle sogar, denn Hochzeit, Wohnung und Moebel muessen erst einmal bezahlt sein. Ein gemeinsames Lebensziel lautet das Motto und nicht der Traumpartner aus dem BRAVO - Heft.
Tausendmal hoerte ich schon, dass Liebe spaeter komme. Liebe vor der Ehe sei nie gut und nie von Dauer. Nach der Hochzeit folgt der unerbittliche Alltag und da verfliegen jede romantischen Gefuehle.

Nicht, dass ich unbedingt der dahinschmelzende Hollywood - Typ bin, aber persoenlich koennte ich mir eine solche Zweckgemeinschaft nicht vorstellen. Immerhin handelt es sich um Individuen und keine Handelsware, die man eben mal so hin und herschiebt.
Die Romanautorin Naomi Ragen, welche in ihrem neuesten Buch die Missstaende in der nationalrelig. Gesellschaft anprangert, schreibt, dass in der relig. Gesellschaft der Mann die Frau wie ein Elektrogeraet benutzt. Braucht er es nicht mehr, schaltet er es einfach ab. Die Ansicht halte ich fuer uebertrieben und wenn, dann trifft dies sicherlich nicht nur auf Religioese zu.

Heiraten ganz ohne Liebe kann ich mir jedenfalls nicht vorstellen, denn eine Ehe sollte noch etwas mehr beinhalten als eine gegenseitige Vertragserfuellung. Wer dagegen mit dieser Form der Eheanbahnung zufrieden ist, dem wuensche ich alles Gute und viel Erfolg.

Sonntag, September 16, 2007

Nur eine isolierte Gesellschaft ?

B"H

Kuerzlich stellte ich in meiner Umfrage die Frage, was denn wohl der Grund fuer die Unbeliebtheit der Haredim (Ultra - Orthod.) sei. Viele stimmten dafuer, dass die Haredim eine isolierte Gesellschaft sind und sie anscheinend grossen Wert darauf legen, sich abzuschirmen.

Wie aber wuerde ein Haredi selbst diese von mir gestellte Frage beantworten ? Immerhin gibt es zu jedem Thema mehrere Ansichtspunkte und ich wage zu bezweifeln, dass sich Haredim so sehr in ihre eigene Welt abkapseln. Hierbei kommt es auch auf jeden einzelnen Haredi oder jede chassidische Gruppe an, inwieweit sie sich nach aussen hin oeffnet oder fuer einen Aussenstehenden zugaenglich sein wollen.

Interessierte, ganz gleich ob religioes oder nicht, bekommen fast immer Antworten auf ihre an Haredim gestellten Fragen. Es kommt selten vor, dass eine ernstgemeinte Frage mit boshaften Reaktionen beantwortet wird.

In Deutschland oder in anderen Teilen Europas sieht man sie eher selten und wenn man sie dann einmal in New York, London oder Antwerpen erblickt, reagiert der "Unwissende" mit Skepsis und Erstaunen. Wie kann man als Mann immer nur mit einem weissen Hemd und einer schwarzen Hose herumlaufen, ganz zu schweigen von den Kaftanen (langen Maenteln der Chassidim) ? Ob Sommer oder Winter, haredische Maenner tragen immer das gleiche Outfit.
Und die "armen" Frauen erst. Haben immer ihre Peruecken auf dem Kopf und lange Kleider an.

Es beginnt meistens bei der Kleidung, die schon von Weitem Vorurteile aufkommen laesst. Darf man die Leute denn ueberhaupt ansprechen und wenn ja, wie ?
Nichtreligioese oder Nichtjuden zeigen mehrheitlich ein krampfhafteres Verhalten gegenueber den Haredim als die Haredim selbst. Okay, es ist ein heisser Sommer, was jedoch kein Grund ist, die traditionelle haredische Kleidung zu aendern. Du schwitzt und ich schwitze eben ein bisschen mehr, so die haredische Reaktion.
Nur weil mir im Sommer heiss ist, muss ich noch lange nicht mein Unverstaendnis ueber andere Leute lauthals verkuenden, die vielleicht nicht bereit sind, so spaerlich bekleidet herumlaufen zu wollen wie ich.

Andererseits findet schon eine notwendige Abschottung vom Rest der Gesellschaft statt. Haredim lernen auf ihren Yeshivot (relig. Schulen) und Ziel des haredischen Lebens ist es natuerlich, einen so religioesen wie eben nur moeglichen Lifestyle zu fuehren. Dieser Lifestyle beinhaltet, dass ich auf gewisse weltliche Dinge zu verzichten bereit bin. Natuerlich haben zu diesem Punkt unterschiedliche Haredim ganz unterschiedliche Gesichtspunkte.
Auf was muss ich verzichten und worauf wieder nicht ? Hierbei kommt es vorwiegend auf die Yeshiva und das Individuum an.
Wie weit will ich wirklich gehen ?
Was beeinflusst mich positiv oder negativ ?

Der Freundeskreis wird ueberwiegend in den eigenen Reihen gesucht. Erstens macht es keinen guten Eindruck, wenn man oeffentlich mit Unreligioesen gesehen wird und zweitens will man alles, nur sich nicht deren Ansichten anhoeren. Nicht, dass mich die Ansichten Aussenstehender stoeren, aber andererseits faellt es schwer, sich ewig mit Rechtfertigungen zu belasten.

Je mehr ich in der haredischen Gesellschaft lebe, desto besser bin ich anerkannt. Taucht ein Nichtreligioeser vor meiner Tuer auf, verursacht dies unnoetiges Gerede bei den Nachbarn.
Haredi sein, bedeutet auch, Gruppenzwang ausgesetzt zu sein und eben jenem Gruppenzwang koennen viele Mitglieder schlechter gegenuebertreten als andere. Vor allem dann, wenn man neu in der Gesellschaft ist, will man alles nur nicht durch Fehlverhalten auffallen.

Meiner Erfahrung nach haben Aussenstehende mehr Probleme mit der haredischen Gesellschaft als diese mit den Aussenstehenden hat. Nicht nur Nichtjuden glorifizieren oftmals die Welt der Ultra – Orthodoxen und dabei vergessen sie vor lauter Anhimmelei, dass wir alle nur Menschen sind. Menschen ausgestattet mit Staerken und Schwaechen.

Ein Gesetz allerdings gilt fuer alle und wer es missachtet, muss die Konsequenzen tragen: In der haredischen Welt sprechen Maenner nur Maenner an und Frauen nur Frauen. Ausnahmen gibt es kaum, es sei denn, man hat vielleicht eine ganz spezifische Frage oder weiss, mit demjenigen Chassid so umzugehen, dass er sich nicht beleidigt fuehlt. Das gleiche gilt fuer den gegengesetzten Fall.

Und was ist mit der vielgespriesenen "Achdut" – der "Bruederlichkeit" ?
Nicht wenige Israelis fuehlen sich von den Haredim regiert ohne das jene auf die Beduerfnisse der nichtrelig. Bevoelkerung eingehen.
In der haredischen Gesellschaft gibt es bestimmte Verhaltenscodes und gerade diese Gesellschaft will sich selbst vor aeusseren Einfluessen schuetzen. Nicht immer gelingt dies, was negative Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft haben kann.

Ich weiss nicht, wo die Achdut beginnt und endet.
Haredim werden keinesfalls auf ihre Codes und die Thora verzichten und Nichtreligioese reagieren genauso mit ihren Vorstellungen und Regeln. Ein besseres gegenseitiges Kennenlernen waere sicher hilfreich, doch hapert es weitgehend schon bei diesem Punkt. Es existiert zuviel Misstrauen auf beiden Seiten und das einzige, was ich empfehlen kann ist, individuell die Menschen kennen zulernen und nicht auf eine kollektive Achdut – Welle zu warten.

Samstag, September 15, 2007

Sechs chassidische Tische

B"H

Die Feiertage habe ich, wider Erwarten, recht familiaer verbracht. Dennoch war ich natuerlich mit Freunden einige Male bei Rabbi Mordechai Machlis zum Essen, wo dermassen viel aufgetischt wurde, dass viele bei der naechsten Mahlzeit aussetzen mussten.

Synagoge, Essen, Synagoge, Essen, so vergingen die Feiertage.
Am ersten Tag von Rosh HaShana ging ich die ganze Sache etwas kraftlos an und in der Synagoge fand ich Null Konzentration. Ich befuerchtete schon, dass das Neujahr einfach so an mir vorbeifliesst und sprach sogar gestern frueh mit einer Freundin darueber. Sie meinte, dass ich nicht die einzige sei, denn sie haette die Meinung auch schon anderweitig vernommen.

Allerdigs kam gestern frueh gleichzeitig der grosse Umbruch und Rosh HaShana wurde doch noch sehr spirituell. Vielleicht brauchte ich ganz einfach nur einen Anlauf.
Was wir alle nicht oder weniger bedacht hatten war, nach dem ersten Feiertag voellig ausgebrannt zu sein. Schnell stellte sich die Muedigkeit ein.
Wundersamer Weise wendete sich das Blatt und die Energien kamen zurueck. Energien, die wir alle gut gebrauchen konnten, denn am gestrigen Freitag Abend war vor allem in Mea Shearim (ultra - orthod. Stadtteil) regelrechtes High Life. Fast alle chassidischen Rebbes sind noch bis Ende des anstehenden Laubhuettenfestes Sukkot anwesend und dieses Angebot muss man natuerlich nutzen, keine Frage.

Schon als wir zu den Machlises kamen, rannte ein Slonimer - Chassid auf mich zu: "Heute gibt es ueberall Tische".
Diese Ankuendigung machte eine junge haredische Frau auf mich aufmerksam. Sie kam auf mich zu und erzaehlte mir von saemtlichen Tischen. Selbst in ihrem Stadtteil Sanhedria (nahe Bar Ilan Street) solle es ein Konzert mit einem bekannten Saenger der Vishnitzer Chassidim geben.

Die Auswahl fiel schwer und wir entschlossen uns, die Chassidut Dushinsky auszulassen und stattdessen zu Karlin zu gehen. Es war eine warme Sommernacht und kurz nach Mitternacht. Hunderte von Menschen waren in den engen Strassen und Gassen Mea Shearims unterwegs.




Als wir schliesslich bei der chassidischen Gruppe Karlin ankamen, mussten wir zu unserem Bedauern feststellen, dass der Tisch schon vorueber war. Leider, leider...

Lange mussten wir jedoch nicht ueberlegen, denn wir konnten aus dem Vollen schoepfen.
Die Chassidut Toldot Avraham Yitzchak stand als naechstes auf dem Plan.

Seit Wochen wird an dem Gebaeude von Avraham Yitzchak gebaut; die gesamte Frauenempore im ersten Stock wird komplett erneuert und wer gedacht haette, dass bis Rosh HaShana alles fertig gestellt sei, wurde eines Besseren belehrt.
Das Gebaeude befindet sich im Markt von Mea Shearim und die Schwierigkeiten begannen gleich nach unserer Ankunft. Der Fraueneingang befindet sich nun auf der anderen Seite des Gebaeudes.
Eingang ? Was heisst Eingang ? Wir kletterten ein paar nagelneue Stufen hinauf. Schlecht befestigt, Wasser tropfte von oben und alles roch nach frischem Beton. In anderen Worten, das ganze Gebaeude gleicht einer Baustelle.

Oben angekommen draengten sich ueber Hundert Frauen an die Fensterscheiben und verfolgten das Geschehen im Erdgeschoss. Bei den Maennern samt Rebbe ging es hoch her, denn Rebbe Yaakov Shmuel Kahn war in perfekter Stimmung. Es wurden maechtig Lieder angestimmt und die Stimmung war phaenomenal.

Danach ging es weiter zu Abspaltung, der Chassidut Toldot Aharon. Das erste, was wir dort sahen, waren hinausstuermende Frauen. Israelinnen, die der Gruppe einen Besuch abstatten wollten. Ich fragte, was denn los sei und jemand meinte, dass wir das schon sehen werden.

"Sehen" war das Stichwort. Wir sahen NICHTS. Toldot Aharon hat eine neue Mechitza eingebaut und man kann durch diese vergitterte Trennwand die Maenner und den Rebben im Erdgeschoss kaum sehen. Das kann ja heiter werden am Laubhuettenfest Sukkot, denn wir planen, das Fest bei den Chassidim zu verbringen. Toldot Aharon wird nachgesagt, die besten Sukkotfeiern zu haben, die weltweit existieren.
Enttaeuscht blieben wir nur kurz. Auf der Strasse sprach ich mit einigen Mitgliedern von Toldot Aharon und sie meinten, dass die neue Mechitza nur befristet angeschraubt worden sei. Dadurch, dass an den G - ttesdiensten alle Lichter brennen, koennen die Maenner durch die regulaere Glasmechitza zu den Frauen hinaufschauen. Daher die neue Trennwand.

Des Weiteren habe ich schon einige Male zuvor erwaehnt, dass die Gruppen Avraham Yitzchak und Toldot Aharon seit ihrer Spaltung im Jahre 1996 nicht besonders gute Freundschaften pflegen. Vielerlei Leute aus Mea Shearim hatten mir das sozusagen "gesteckt".
Gestern nun fragte ich bei den draussen stehenden Mitglieder nach, da sich ein sehr gutes Gespraech entwickelt hatte. Nein, bestaetigte man mir, dass sei nicht unbedingt der Fall und man sei durchaus befreundet. Es gebe sogar Ehen, wo der Mann Mitglied bei Avraham Yitzchak und seine Ehefrau Mitglied bei Toldot Aharon sei.
Ich hatte mit mehreren weiblichen Mitgliedern ein sehr gutes Gespraech, was wir fortsetzen wollen.

Nach Toldot Aharon ging es zur Chassidut Slonim. Wir stiegen die Treppe hinauf, sahen die Menschenmasse an der Mechitza kleben und fluechteten. Es war ein Ding der Unmoeglichkeit etwas zu sehen.

Weiter zur Chassidut Shomrei Emunim. Wieder stiegen wir die wackelige Treppe im Hinterhof hinauf. Doch auch dort teilte man uns mit, dass der Tisch schon vorueber sei.

Kein Problem, denn fuer alle Faelle gibt es immer Kretchnif. Auf zu Kretchnif nahe der Karliner Gruppe.
Bei Kretchnif ist man voll und ganz in Feiertagsstimmung und war in einen anderen Raum umgezogen. Der Tisch des Rebben ging dem Ende zu, aber irgendwie konnte sich der Rebbe nicht so ganz von seinen Chassidim trennen und wurde nicht muede, immer neue Lieder anzustimmen.

http://video.google.com/videoplay?docid=-4967758554062247749

Danach gingen wir nochmals zurueck zur Gruppe Avraham Yitzchak. Ich kann nur sagen, dass es bei denen gestern unbeschreiblich zuging. Wow, was fuer eine Atmosphaere.

Heute traf ich unverhofft auf jene Toldot Aharon Mitglieder von gestern Abend. Ob ich auch an Sukkot ja vorbeischaue.
Ich fragte nach Yom Kippur und fuer alle, die es interessiert: Der Yom Kippur - G - ttesdienst bei Toldot Aharon wird nicht oeffentlich sein !!!
Man musste Sitzplatzkarten im voraus bestellen und es ist alles restlos ausgebucht.

An Sukkot darf jeder wieder kommen, aber es wird hoffnungslos ueberfuellt sein. Ganz zu schweigen von der undurchdringbaren Mechitza.

Jedenfalls hatten wir eine tolle Tisch - Nacht !!!