Seiten

Sonntag, Mai 20, 2007

Die innere Bedeutung von Shavuot

B"H

Dienstag Abend beginnt Shavuot, welches wir in Israel einen Tag lang feiern (bis Mittwoch Abend). Im Ausland dagegen werden zwei Tage eingehalten.

Am 6. des juedischen Monats Sivan bekamen die Israeliten am Berg Sinai von G - tt die Thora. In der Thora werden wir von G - tt mehrere Male darauf hingewiesen, dass sie fuer alle Ewigkeiten gueltig sein und durch nichts anderes ersetzt werden wird. Fuer G - tt und die Thora gibt es keine Zeit (Bnei Yissachar). Beide sind zeitlos und unabhaenging von ihr, im Gegensatz zu uns. Nach dem Vorfall mit Eva und Adam im Paradies (Gan Eden) aenderte G - tt den menschlichen DNA und machte uns zeitabhaengig und somit sterblich.

Was ist aber mit uns heute, die nicht beim Empfang der Thora am Berg Sinai dabei waren ? Wie verhalten wir uns an jenem Feiertag ?
Zuerst einmal gibt es im Judentum das Konzept, dass alle juedischen Seelen, die jemals erschaffen wurden und erschaffen werden am Berg Sinai anwesend waren. Wir alle haben dort die Thora empfangen, auch die Konvertiten zum Judentum.

Bevor die Thora an das juedische Volk gegeben wurde, fragte G - tt alle anderen Voelker, ob sie nicht die Thora haben wollen, doch die Voelker lehnten ab, denn lt. Thora ist es verboten zu morden, zu stehlen, die Ehe zu brechen etc. Jene Angewohnheiten wollten die Voelker nicht aufgeben. Nur die Juden (Israeliten) sagten: Na'aseh ve Nishma - Wir werden tun und hoeren. Die Juden waren von Anfang an bereit, die Thora einzuhalten ohne die genauen Bedingungen zu kennen (Midrash).

Der Vilna Gaon kommentiert, dass G - tt nur die Oberhaeupter der anderen Voelker befragte und diese ablehnten. Innerhalb der Voelker gab es dennoch einfache Leute, welche die Thora gerne empfangen haetten. Laut dem Vilna Gaon sind diese Seelen die heutigen Konvertiten zum Judentum.

Wie bereiten wir uns am besten auf Shavuot vor ? Zuerst einmal sollten wir die Thora verinnerlichen und nicht davon ausgehen, dass es sich um irgendein Buch aus der Antik handelt, welches mir heutzutage nichts mehr zu sagen hat. Rabbi Meir Weiner sagte bei einem Shiur (Vortrag), dass jeder einzelne die Thora so sehen muss als ob sie zu ihm spreche. Nur zu ihm selbst. Diese Auffassung macht es uns vielleicht leichter die Bedeutung des Shavuot in unserer Zeit zu verstehen.
Jeder sollte sich spirituell auf Shavuot vorbereiten, denn es handelt sich um einen Feiertag, an dem wir sehr hohe spirituelle Level erreichen koennen. Weiterhin stellt Shavuot einen Chizuk, eine seelische Staerkung, fuer alle Generationen dar (Kuntres Dibrot Kodesh von Toldot Avraham Yitzchak).

Fuer alle nachfolgenden Generationen (nach Moshe) besteht auf alle Ewigkeiten die Mitzwa des Thorastudiums (Bnei Yissachar). Im Judentum haben wir unterschiedliche Konzepte darueber, wie wir die Thora lernen. Angefangen vom Peshat, welches ein oberflaechliches Lernen ohne tiefere Ergruendung darstellt. Aber die Thora ist viel mehr als wir aus dem eigentlichen Text herauslesen. Unsere Aufgabe ist die tiefe Ergruendung der Thora einschliesslich ihrer Halachot (halachische Gesetze).

Waehrend des Morgengebetes (Shacharit) werden drei zusaetzliche Lesungen eingefuegt: Die Zehn Gebote, die wir stehend hoeren, das beruehmte Gebet AKDAMOT von Rabbi Meir ben Yitzchak (11. Jahrh.) und die Megillat Ruth, das Buch Ruth.
Bei "Akdamot" handelt es sich um eine liturgische Poesie, die uns von G - ttes Erschaffung der Erde bis hin zur kommenden Welt (Olam HaBah) fuehrt. Die Verse sind alphabetisch geordnet (nach dem hebrae. Alphabet) und geantwortet wird nach dem Satz mit dem Wort TA, welches aus den Buchstaben Tav und Aleph besteht. Aleph ist der erste und das Tav der letzte Buchstabe des hebraeischen Alphabetes. Das Wort TA beinhaltet demnach die gesamte Thora mit all ihren Buchstaben und zeigt uns auf, dass das Thorastudium unendlich ist.
Das Buch Ruth wurde vom Propheten Samuel verfasst (Talmud Bava Batra 14b sowie Rashi). Warum lesen wir ausgerechnet das Buch Ruth (Megillat Ruth) an Shavuot ?
Ruth war eine Vorfahrin Koenig Davids und dieser wurde an Shavuot geboren und er verstarb an Shavuot. Es heisst, dass nur Zaddikim (Gerechte) an ihrem Geburtstag sterben. Da wir mit Ruth eine der wichtigsten Konvertitinen zum Judentum haben, ist Shavuot gleichzeitig ein Tag der Konvertiten.
Zeit seines Lebens wurde Koenig David von vielen Leuten ausgelacht und verspottet, war er doch ein Nachfahre einer Moabiterin und keiner geborenen Juedin.

Wir erinnern uns: Die Moabiter und die Ammoniter (heute Jordanien) gehen aus der fatalen Beziehung mit Lot und seinen beiden Toechtern hervor. Nach der Zerstoerung Sodom und Gomorrhas fluechtete Lot mit seinen Toechtern, Lot betrank sich und hatte ein Verhaeltnis mit seinen Toechtern. Jede von ihnen bekam einen Sohn, von denen der eine Ammon und der andere Mo Av hiess.
Unserer muendlichen Gesetzesueberlieferung (der Mishna im Talmud) zufolge, duerfen Juden keine maennlichen Nachfahren der Ammoniter bzw. der Moabiter heiraten. Weibliche Nachfahren dagegen sind erlaubt (Talmud Yevamot 76b). Demzufolge gab es fuer die Juden keinen Grund Koenig David als Bastard zu bezeichnen, denn fuer seinen Vorfahren Boaz war es gesetzlich in Ordnung, Ruth zu ehelichen.
Dennoch litt Koenig David Zeit seines Lebens unter dem Spott kein richtiger Jude zu sein und wuerde er heutzutage zum Rabbanut (Oberrabbinat) gehen, koennte es ihm durchaus passieren, hinausgeschmissen zu werden.
Aber eben aus jeder Beziehung von Ruth der Moabiterin und Boaz sehen wir, dass beide die Vorfahren des Meschiach sind. Haetten wir nicht eher angenommen, dass der Meschiach aus einer perfekten Verbindung kommen sollte ?

Aber nicht nur Koenig David starb an Shavuot, sondern auch der Begruender des Chassidismus, der grosse Baal Shem Tov. Dieser starb in der Nacht an Shavuot und viele chassidische Gemeinden feiern seine Yahrzeit (Todestag) mit speziellen Events.
In der Chassidut ueberhaupt wird in der Nacht an Shavuot sehr grosser Wert auf Tikkunim gelegt, Gebete, mit denen wir unsere Seelen (Neshamot) auf hoehere Level bringen.

Weltweit werden Tausende von Juden die Nacht durchlernen. Vor allem in Jerusalem ist es ein beliebter Brauch, von Vortrag zu Vortrag zu gehen. Fast alle Synagogen oder relig. Programme bieten Vortraege aller Art an. Ueberwiegend mit dem Thema des Empfangs der Thora am Sinai und dessen heutige Bedeutung. Seitenweise veroeffentlichen die Tageszeitungen Listen mit Adressen, bei denen man lernen kann. Die Vortraege sind kostenlos und es werden Erfrischungen gereicht. Morgens gegen 4.00 Uhr machen sich die meisten Jerusalemer auf den Weg zur Klagemauer (Kotel). Es ist jedes Jahr ein herrliches Schauspiel wenn mitten im Morgengebet die glutrote Sonne ueber dem Tempelberg aufgeht.

Chag Sameach - einen schoenen Feiertage bzw. den Nichtisraelis zwei schoene Feiertage.

1 Kommentar:

  1. Anonym1:04 AM

    liebe miriam,

    herzlichen dank - wieder mal - fuer deine wunderbaren texte !

    chag sameach, liebe gruesse,
    grenzgaenger

    p.s. arutz sheva spielt gerade die passende musik. ein lob auf das internetradio ;-)

    AntwortenLöschen