Mittwoch, Juli 16, 2008

Die Kirche und der Talmud

B"H

Großen jüdischen Gelehrten zufolge war es das "mündliche Gesetz" bzw. die "mündliche Gesetzesüberlieferung", welche das jüdische Volk einzigartig machte. In einer Midrasch heißt es sogar, dass in der Zukunft einmal viele Nationen behaupten werden, Juden zu sein. Eine Behauptung, die ich vielerseits in Jerusalem real erfuhr. Unzählige christliche Touristen kamen nach Israel und schon am nächsten Tag behaupteten sie, Juden zu sein. Normalerweise wissen wir in Israel, dass es sich bei 99 % dieser Leute um Spinner handelt. Wer in Jerusalem lebt, der bekommt eh ein Gespür für die Durchgeknallten dieser Erde, welche in die Stadt kommen.

Aber zurück zur richtig vorhersagenden Midrasch:

Und dann wird G - tt sagen: "Derjenige, der mein Geheimnis in den Händen hält, ist wahrlich Israel".

Und was ist das Geheimnis ?

Es ist die Mischna (mündliche Gesetzesüberlieferung im Talmud).



Der Talmud wurde von den Gelehrten sozusagen als "Bollwerk" des wahren Judentums verstanden. Diese Ansicht blieb auch der christlichen Welt nicht verborgen und schon im 7. und 8. Jahrhundert kamen von christlicher Seite die ersten Versuche auf, das Talmudstudium zu verbieten. Jene Versuche scheiterten jedoch.

Insbesondere die katholische Kirche war es, die sich schon frühzeitig ausgiebiger mit dem Talmud beschäftigte. Jüdische Konvertiten zum Christentum versuchten wiederholt jüdische Talmudgelehrte mit ihrem "Wissen" zu übertrumpfen um die Überflüssigkeit bzw. Untauglichkeit des Talmud zu beweisen. Aber auch diese pseudo - christlichen Versuche scheiterten. Die bekannteste öffentliche Talmuddiskussion fand im Jahre 1263 in Barcelona statt. Der zum Christentum konvertierte Jude Pablo Christiani forderte den Ramban (Nachmanides) heraus und wollte den Talmud bloßstellen. Doch wer den Ramban kennt, der weiß genau, dass solch ein lächerlicher Versuch nur scheitern kann. Wer ist schon fähig, den Ramban mit seinem Talmudwissen übertrumpfen ? Übrigens machten bei solchen Haßtiraden schon frühzeitig diverse kath. Orden wie die Dominikaner auf sich aufmerksam. Judenhaß pur.

Im Laufe der folgenden Jahre jedoch wurde der Kirche immer klarer, welchen Wert der Talmud für das Judentum darstellt und so entschied man schnell, die Schriften irgendwie auszuschalten. Ein weiterer wichtiger Punkt des ablehnenden Verhaltens der Kirche dem Talmud gegenüber war die christliche Auffassung, der Talmud enthalte anti - christliche Elemente und verbreite somit Haß gegen Nichtjuden. Und hier waren es, unter anderem, wieder die Dominikaner, die dafür sorgten, dass ganze Verse aus dem Talmud genommen werden. Dies geschah aufgrund der besagten Überzeugung, der Talmud enthalte antichristliche Inhalte.

Im Jahre 1240 dann ordnete Papst Gregor IX. in Paris eine Talmudverbrennung an. Ähnliche Anordnungen gab es auch im Laufe des 13. Jahrhundert. Zum Beispiel als Papst Clement IV. im Jahre 1264 eine Verbrennung Tausender Talmudkopien anordnete. Bis zu dem Zeitpunkt gab es selten oder gar keine umfassenden gedruckten Talmudbände, sondern nur vereinzelte Kopien verschiedener Traktate.
Die Juden reagierten auf die Verbrennungen mit Entsetzen und betrachteten die antisemitischen Ausfälle als "nationale Katastrophe". Rabbi Me'ir von Rothenburg entwarf daraufhin sogar spezielle Kinot (Trauergebete), welche bis heute immer noch am Tisha Be' Av (Trauergedenktag zur Erinnerung an die Zerstörung beider Jerusalemer Tempel) gebetet werden.

Aber nicht überall in Europa kam es gleich zu Verbrennungen. Auf der Iberischen Halbinsel, z.B., wurden lediglich für die Kirche anrüchige Passagen aus dem Talmud genommen. Im Jahre 1431 bekräftigte die Baseler Kirchensynode den Bann gegen den Talmud. Einige Jahre später, im Jahre 1509, gab es den berühmten Schrei nach Talmudverbrennung des zum Christentum konvertierten Juden Johannes Pfefferkorn. Pfefferkorn hatte sich den Dominikanern verschrieben. Ein gewisser Johann Reuchlin agierte damals als "Anwalt" für die Juden. Obwohl danach tatsächlich einige Talmudverbrennungen stattfanden, so hatten Reuchlins pro - talmudische Argumente dennoch Gehör gefunden. Im Jahre 1520 erlaubte Papst Leo X. den Druck des Talmud und somit erschienen mehrere Ausgaben innerhalb der kommenden Jahrzehnte. Doch schon Papst Julius III. ordnete im Jahre 1553 eine erneute Talmudverbrennung an. Papst Pius IV. entschärfte diesen Erlaß etwas. Auf einer Kirchensynode im Jahre 1564 gab er bekannt, dass verschiedene Talmudtraktate in den Umlauf gebracht werden dürfen. Natürlich nur unter der Bedingung, dass jene Passagen, welche für die Kirche beleidigend sind, herausgenommen werden. Somit wurde der Talmud in Basel unter der Aufsicht katholischer Mönche gedruckt.

Man stelle sich einmal diese Absurdität vor.
Aber andererseits brachte dies wohl der Lauf der Geschichte mit sich und man machte den inneren Kompromiß "lieber etwas als gar nichts".


Doch schon im Jahre 1592 sah alles wieder ganz anders aus. Da nämlich sprach Papst Clement II. einen erneuten Talmudbann aus. Sein Bann wurde nicht in ganz Europa eingehalten, aber immerhin überall in Italien. Ansonsten gab man sich mit der Herausnahme jener Passagen zufrieden, welche der Kirche unliebsam waren. Die Oberaufsicht des Talmuddruckes in Basel hatte der Mönch Marco Marino. Dieser ließ zuerst das verbotene Wort "Talmud" durch die Wörter "Gemara" oder "Shass" ersetzen. Wann immer es im Talmudinhalt "Min - Ketzer" hieß, so mußte dies in Sadduzäer umgewandelt werden. "Min - Ketzer" wurde im Talmud ausschließlich für diverse Sekten benutzt, doch nur sehr selten für das Christentum. Weiterhin wurde das Wort "Rom" in "Aram - Mesopotamiem" oder in "Paras - Persien" umgeändert. Die Stadt Rom fand aufgrund der römischen Besatzung und ihres Götzendienstes häufig im Talmud Erwähnung. Siehe den Traktat "Avodah Zarah - Götzendienst". Fälschlicherweise jedoch fühlte sich der Vatikan damit angesprochen. Vielleicht zu recht, könnte man heute sagen. Jedenfalls aus jüdischer Sicht.

Ein heikeles Unterfangen stellte natürlich das Wort "Goy" dar. Für einige Zeit wurde "Goy" in "Akum" umgeändert. In der hebräischen Sprache bedeutet "Goy" übersetzt "Volk" und nicht immer nur Nichtjude. In der Thora wird sogar das jüdische Volk "Goy" genannt. "Goy Kadosch - Heiliges Volk".

"Akum" ist eine talmudische Abkürzung und steht für "Oved Kochavim – Götzendiener". Jemand, der Planeten, Sterne oder anderer Himmelskörper anbetet. Allerdings informierte ein zum Christentum konvertierter Jude die Kirche, dass "Akum" ebenso eine negative Bezeichnung für die Kirche darstellt. Somit wurde das Wort "Goy" durch "Kuti - Samariter" ersetzt. In der Baseler Talmudausgabe wurde "Goy" hingegen durch "Kuschi – Afrikaner" ersetzt.

"Akum" spielt heutzutage in der Kaschrut (Koschergesetzte) eine Rolle, denn dort bedeutet es, dass das Essen keinem hohen Koscherlevel entspricht, da ein Nichtjude beim Kochprozeß mitgewirkt haben könnte. Aber hierzu sind die Halachot wieder etwas komplizierter.

Wo immer die Kirche einen versteckten Hinweis auf J. oder das Christentum im allgemeinen vermutete, mußte die jeweilige Passage komplett herausgenommen werden. Selbst, wenn es sich um keine negativen Inhalte diesbezüglich handelte. Zusätzlich liessen die Baseler Mönche noch weitere Stellen, die ihnen nicht paßten, aus dem Talmud nehmen. So steht im Talmud, dass der Mensch OHNE Sünde auf die Welt kommt. Dies ist ein jüdisches Konzept und wird heute nach wie vor vertreten. Wieso auch nicht ?

Die Kirche hingegen sah hier ihre Theologie angekratzt und ließ die Stelle entfernen. Des Weiteren heißt es im Talmud, dass ein Mann, der keine Frau hat, nicht Mann genannt werden kann. Das Judentum basiert auf Familie und somit Ehe. Und dann darf jetzt einmal geraten werden, was die Kirche dazu zu sagen hatte. Genau, die Passage mußte ebenso aus dem Talmud enfernt werden. Oder ist der Papst verheiratet ?

Aber nicht nur die Kirche mischte sich munter in jüdische Angelegenheiten oder sagen wir "G – ttes Angelegenheiten" ein; auch die russischen Regierungsbehörden pochten auf die Herausnahme bestimmter Talmudinhalte. So durften die Griechen nicht erwähnt werden, da die russische Kultur einem immensen griechischen Einfluß unterlag. Und auch bei den Russen wurde das Wort "Goy" geändert; nämlich in Ischmael.

Obwohl die Juden herausgeschnittene Inhalte immer wieder heimlich einfügten, ist es jedoch erst in unserer Zeit wieder die Regel, die verlorenen Inhalte voll und ganz in den Talmud zu stellen. Die Frage, die sich mir bei den historischen Talmudereignissen immer wieder stellt ist, warum oder wovor die Kirche solche Angst hatte / hat ? Wenn ich nichts zu verbergen habe und mich im Recht glaube, wieso setze ich dann alles daran, andere unglaubwürdig zu machen, Dokumente und sogar die Thora zu fälschen bzw. umzuschreiben wie es mir paßt oder jüdische Tempelreliquien verberge. Wenn ich denn so im Recht bin, wieso sollte ich dann befürchten, dass mich meine Schäfchen verlassen könnten, sobald sie die jüdische Lehren hören ? Die wahren Lehren.

Die Wahrheit kommt immer eines Tages ans Licht und wenn ich einmal eine weitere "verbotene" Stelle aus dem Talmud Avodah Zarah zitieren darf:
"Es kommt der Tag, an dem G – tt die Völker für ihre Taten den Juden gegenüber zur Verantwortung ziehen wird".


___________________________

Quellenhinweis:

"The Essential Talmud" von Rabbi Adin Steinsaltz

Dienstag, Juli 15, 2008

Talmud ? Was ist das eigentlich ?

B"H

Immer wieder nenne ich Quellen aus dem Talmud. Was aber ist das eigentlich, der Talmud ?
Für Juden handelt es sich meistens um ein riesiges dickes Gesetzbuch. Kompliziert und nur nach längerem Studium einigermassen verständlich. Nichtjuden dagegen betrachten den Talmud vielerseits als irgendein mystisches Werk. Mystisch oder auch hetzend gegen die nichtjüdische Welt. Im Internet gibt es genügend aus dem Zusammenhang herausgerissene Talmudzitate, die falsche Inhalte wiedergeben und wiedergeben sollen. Jedenfalls nach Meinung der nichtjüdischen Verfasser, deren Absicht darin besteht, die Glaubwürdigkeit des Talmuds in den Schmutz zu ziehen.

Einfach zu verstehen ist der Talmud in der Tat nicht. Ein professionelles Studium wird benötigt und niemand sollte sich allein daran begeben und wahllos zitieren. Zu sehr wird fehlinterpretiert, denn man kennt die Metaphern nicht; ganz zu schweigen von den notwendigen Kommentaren und Kommentatoren. Hinzu kommt, dass die meisten Übersetzungen in andere Sprachen (außer der englischen Steinsaltz - Edition) oftmals katastrophal sind. Die Mischna des Talmuds ist in der hebräischen Sprache und die nachfolgende Gemara fast ausschließlich im Aramäischen verfasst. Besondere Wortspiele innerhalb der Gemara, welche sich an der hebräischen sowie der aramäischen Sprache orientieren, gehen in Übersetzungen gänzlich verloren. Das bekannteste Wortspiel dieser Art dürfte wohl jenes auf der ersten Seite (2a) im Talmud Avodah Zarah (Götzendienst) sein. Ohne das talmudische Original vor sich zu haben, geht dann nichts mehr.

Zum Talmud gibt es unzählige professionelle Lektüre und ich möchte an in diesem Artikel einige hervorragende Erklärungen des Chabad - Rabbiners Adin Steinsaltz (aus Jerusalem) zitieren. Sein Buch, das auch in englischer Sprache erschien, heißt: "The Essential Talmud".

Zuerst einmal muß etwas ganz Grundsätzliches verstanden werden. Der Talmud ist nicht irgendein komischer Zusatz zur Thora, sondern vielmehr ist es unmöglich, die Thora ohne den Talmud zu verstehen bzw. die Thoragesetze (Mitzwot) einzuhalten bzw. auszuführen. Zusammen mit der Thora ist der Talmud der Grundstein des Judentums. Der Talmud ist damit ein "Guide - Gebrauchsanleitung" zum praktischen Judentum.

Kaum eine weitere jüdische Schrift löste im Verlauf der jüdischen Geschichte soviele Kontroversen und soviel Blutvergiessen aus. Und das aufgrund von Fehlinterpretationen und Mißdeutungen. Die Kirche haßt den Talmud und im Laufe der Geschichte, insbesondere im Mittelalter, kam es zu unzähligen öffentlichen Talmudverbrennungen. Zu anderen Zeiten war das Talmudstudium den Juden ganz verboten, denn dann, so hoffte man, würden die Juden ihre Religion vergessen und, z.B., zum Christentum konvertieren.

Die formale Definition des Talmuds ist "eine Zusammenfassung der mündlichen Gesetze", welche im Laufe der Jahrhunderte von Gelehrten in Israel (Palästina) und im Babylon vor fast 2000 Jahren zusammengetragen wurden. Grundsätzlich besteht der Talmud aus zwei Einheiten: der Mischna und der Gemara. Beide zusammen bilden den Talmud. Wie schon zuvor erwähnt ist die Mischna in hebräischer Sprache verfasst und bei ihr handelt es sich ausschließlich um Gesetze. Die darauffolgende Gemara ist auf aramäisch und es handelt sich hierbei um die rabbinische Auslegung der Mischna - Gesetze.

Diese Art der Erklärung ist jedoch vielmals zu oberflächlich, denn bei dem Talmud handelt es sich um mehr. Er ist eine Zusammenfassung der jüdischen Weisheit von mehreren Tausend Jahren. Er besteht aus einer Mischung von Gesetzen, Legenden und Philosophie verpackt mit einer einzigartigen Logik und einem außergewöhnlichem Pragmatismus; weitere Inhalte sind Geschichte, Wissenschaft, Anekdoten und sogar Humor. Der Talmud ist eine Sammlung von Paradoxen: ein geordneter und logischer Rahmen und jedes Wort ist sorgfältig gewählt und zu interpretieren.
Wer in den rabbinischen Diskussionen eine absolute Antwort sucht, der wird enttäuscht. Über 90 % der angebotenen halachischen Lösungen sind "Machloket – offen zu unterschiedlichen Interpretationen und Streitpunkten". Der berühmteste talmudische Disput ist jener der zwei Häuser Hillel und Shammai, welcher sich über ein ganzes Jahrhundert hinwegzog. Am Ende einigte man sich auf folgenden Kompromiß: "Beide, Hillel und Shammai, sprechen G – ttes Wort". Allein die Tatsache, dass eine Methode der anderen vorgezogen wird (heutzutage sind die Entscheidungen Hillels bindender als die des Shammai (1)) sei noch lange kein Grund zu sagen, die zweite Methode besitze keine halachische Gültigkeit.

Der Talmud setzt sich aus vielen unterschiedlichen Traktaten zusammen und ist keineswegs das Werk eines einzelnen Autoren. Die Autoren stammen aus vielen Jahrhunderten und jeder fügte neue Einblicke hinzu. Andere Probleme und der Austausch unterschiedlicher Ansichten im Wandel der Geschichte und jeglicher Umstände. Von daher gibt es keinen klaren Trend oder eine spezifische Objektive. Jede Debatte in der Gemara ist einzigartig und jedes Thema wird aus dem Blickwinkel der jeweiligen Zeitepoche beleuchtet. Der gesamte Talmud ist ein Hin und Her von Fragen und Antworten. Eine antike Methode des Talmudstudiums war es, die Antworten so zu durchleuchten, dass man auf die Fragen kommt, welche nicht immer klar aus dem eigentlichen Inhalt hervorgehen. Nachdem ein Basisverstehen erreicht worden ist, sollte der Talmudstudent in der Lage sein, sich selber sowie anderen Fragen zu stellen und Zweifel anzumelden. Der Talmud ist kein Werk, bei dem man zu allem JA und AMEN sagen soll. Nein, der Talmud verlangt und erlaubt Zweifel. Wahre Antworten erhält der Fragende nur aufgrund von spiritueller Kommunikation, sprich der intellektuellen und emotionalen Debatte .

Über mehrere Generationen hinweg, insbesondere in den Tagen der "Richter" sowie der Zeit des Ersten Tempels (ca. 950 – 586 vor Beginn der Zeitrechnung) wurden die Gesetze nicht immer so eingehalten wie verlangt. Doch niemals war die Nichteinhaltung vollkommen überspannt und gewöhnlich riefen die Propheten die Juden irgendwann wieder zur Umkehr auf. Jüdische Gelehrte waren frühzeitig gezwungen zuzugeben, dass gewissen Bezeichnungen aus dem Talmud (z.B. für Tiere oder Pflanzen) schon zu ihrer Zeit unbekannt waren und man diese Tiere nicht mehr identifizieren konnte. Außerdem mußten viele andere Wörter und Konzepte aus der Thora erst gedeutet werden. So zum Beispiel die "Totafot" – das Wort aus dem biblischen Inhalt des Schema Israel – Gebetes, woraus man die Tefillin (Gebetsriemen am Kopf und der Hand) ableitet. Im Laufe der Geschichte veränderten sich Werte und Bräuche und somit kamen neue ungeahnte Probleme auf. Rabbi Adin Steinsaltz führt an dieser Stelle den Schabbat als Beispiel auf. In der Thora heißt es, dass man sechs Tage lang arbeiten und am siebten Tage ruhen solle. Jedoch hat jede neue Generation ein anderes Verständnis davon, was es bedeutet zu ruhen und nicht zu arbeiten. Wofür steht die "Arbeit" in jeder neuen Generation ? Solche zeitgenössischen Problemstellungen verlangten nach Definition. Andererseits können viele Thorastellen insgesamt erst durch die Interpretation des Talmud verstanden werden. Bekanntes Beispiel hierfür sind die Tieropferungen (Korbanot). Oder wenn die Thora festlegt, dass eine Ehescheidung einer Urkunde des Mannes bedarf; wie soll dann diese Urkunde (Get) genau ausschauen ? All dies erklärt uns der Talmud.

Mit jeder Generation wächst der Bedarf nach Interpretation. Die Israeliten in der Wüste kannten noch sämtliche Thorainterpretationen ohne groß nachdenken zu müssen. Wenig später lernten die Jungen von den Älteren, und im Verlauf der Geschichte kam immer mehr das Thema "Thorabildung" auf. Die Thora sollte also studiert werden.
Die "Ansche'i Knesset HaGedolah – Men of the Great Assembly", sammelten Heilige Schriften und entschieden, welche davon in das Buch der Propheten kamen. Sie gaben der Thora ihren Stil, indem sie die Verse unterteilten, sowie wie wir sie heute a la Thoralesung vom Schabbat kennen. Was wird an welchem Schabbat gelesen ? Welche Parasha und von wo bis wo ? Weiterhin wurde von ihnen die jüdische Synagogenliturgie bestimmt – unter anderem das "Schemonah Esrei (Amidah) – Gebet".

____________________________

(1) Shammai:

Es gibt Kommentare, aus denen hervorgeht, dass in der Zeit nach der Ankunft des Meschiach (Messias) nur noch die halachischen Interpretationen des Shammai gelten werden.

___________________________



Und wie schaut eigentlich das Talmudstudium in einer Yeshiva (relig. Schule aus ?

Auszüge aus dem Buch "The World of Yeshiva" von William B. Helmreich.

In einer Yeshiva soll der Intellekt eines jeden entwickelt werden, was anhand des Talmudstudiums geschieht. Das Basiselement einer Yeshiva ist die Erfüllung der Mitzwah (für Männer) des Thorastudiums.

Der Talmud selber basiert ausschließlich auf der Thora und jeder, der mit dem Talmudstudium beginnt, sollte eine Ahnung von der Thora haben. Darüber hinaus sollte der Talmudstudent (Studentin) mit den Regeln der Logik sowie den Studienmethoden vertraut sein. Gleich voll und ganz einzusteigen ohne jegliche Ahnung zu haben ist wie wenn jemand versucht zu laufen, bevor er das Krabbeln erlernt.

Ich selber lernte das Talmudstudium einige Jahre professionell (auf einer Jerusalemer Yeshiva) und kann sagen, dass die Vorbereitung auf das eigentliche Studium schon sehr langwierig und ausgiebig sein kann. Insbesondere der Fachwörterschatz, den man sich aneigenen muß. Hinzu kommen Basiskenntnisse im Aramäischen sowie die Bedeutung der Satzstellungen in der Gemara (rabbinische Diskussionen). Zum Beispiel sieht man anhand der Worte des Satzbeginn oftmals die innere Bedeutung: Um was handelt es sich hier ? Ist es eine Frage ? Eine Frage, die auf andere Zitate zurückgeht ? Ist es ein Statement ? Wenn ja, worauf basiert es ? Gibt es interne Talmudvergleiche zu anderen Versen ?
Schon allein diese Art zu denken erfordert eine gewisse Zeit, aber irgendwann geht alles wie von allein und man fühlt sich sicherer.

Ziel des unterrichtenden Rabbiners sollte es sein, den Talmudschüler zu neuen Ideen zu ermutigen. Der Talmud selber besteht aus unterschiedlichen Leveln. Der Anfänger sollte lernen, um welchen Disput es in der Gemara geht. Was ist hier der Streitpunkt und worum geht es ?

Der Fortgeschrittene sollte auf vielen Gebieten des Judentums bewandert sein, denn der Talmud ist kein systematischer Gesetzescode, sondern eine Reihe von unabhängigen Regeln und Fallbeispielen. Daher sollte der fortgeschrittene Student mit ähnlichen Fallbeispielen aus dem Talmud vertraut sein, was ihm bei der Argumentation zugute kommt. Bei jeder Diskussion in der Yeshiva müssen Argumente gebracht und Verse zitiert werden. Wo gibt es ähnliche halachische Entscheidungen und was war der Ausschlag dafür ?

Den eigenen Fortschritt beim Studium erkennt man an der wachsenden Fähigkeit zur Argumentation. Um zu diesem Ziel erst einmal zu gelangen, geht jeder durch viele Frustphasen, denn glaubt man ein hieb – und stichfestes Argument gefunden zu haben und dann kommt ein anderer daher und zerstört es mit einem Gegenargument und dann ist das individuelle innere Gejammer oft groß. Enttäuschung macht sich breit, aber gleichzeitig bringt die Situation neue Anregung zum Weitermachen.

Was leider in den Yeshivot nicht angesprochen, geschweige denn diskutiert wird, ist die Zeitepoche aus der die talmudische Quelle stammt. Weder die Historie, Kultur noch die äußeren Lebensumstände kommen zur Sprache, sondern einzig und allein der Text und die jeweilige Diskussion auf dem Papier. Viele, mich selbst eingeschlossen, kritisieren die Yeshivot für diese Art der Lernmethode. Doch Letztere argumentieren, dass sie den Talmud nicht aus griechischen Augen betrachtet haben wollen, denn dies täte sich negativ auf das innere Gefühl auswirken, dass es sich hier schließlich um g – ttliche Gesetze handelt.

Montag, Juli 14, 2008

Der Vatikan und der Schutz der Antisemiten

B"H

Es ist wer weiß nichts Neues, dass der Vatikan bis heute seine antisemitischen Traditionen pflegt. Um den eigenen Katholizismus zu propagandieren und damit die eigene Machtstellung auszubauen, ist alles recht. Auch dann, wenn es an der Wahrheit fehlt und hier und dort schon einmal jüdische Reliquien aus dem Zweiten Tempel mitgehen gelassen wurden. So werden die Tempelmenorah und viele weitere Gegenstände im Besitz des Vatikans vermutet. Bis heute verweigert der Vatikan jeden Zutritt und streitet jeglichen Raub jüdischen Besitzes nach der Zweiten Tempelzerstörung ab. Zuerst die Römer, dann der Vatikan. Als ob dies ein Unterschied wäre. Beiden ging bzw. geht es um Macht sowie vor allem die Machterhaltung. Egal wie, Hauptsache die Juden und ihre Thora sind erst einmal ausgeschaltet.

In jedem Jahrhundert kommt seitens irgendeiner Kirche eine neue Erfindung hinzu, welche die Juden endlich dazu bewegen soll, an Mr. J. C. zu glauben. Und seit dem Aufkommen des Christentums schlagen die meisten Versuche fehl. Zugegeben, dass Judentum verlor im Laufe der Geschichte unendliche viele Mitglieder, doch lesen wir schon in der Thora, dass die Juden immer existieren werden. Und ohne Juden könnte diese Welt nicht mehr bestehen, so unsere Gelehrten.

Auch in unserem Jahrhundert fuhr insbesondere die katholische Kirche damit fort, die Juden doch noch irgendwie zu Fall zu bringen. Würde dann nicht endlich J.C. als Meschiach wiederkommen ?
Moment, Meschiach oder G – tt, oder was ?
Schauen wir nur allein die Reaktion des Vatikan im Dritten Reich. Weitere Worte sind hierzu überflüssig, denn ein jeder ist sich, wenn auch manchmal wider Willen, dieser Tatsache bewußt. Wäre der Jude J. C. auch vom Papst Pius XII. auf einen der Transporte in die Vernichtungslager zugelassen worden ?

Aber schauen wir ins Mittelalter zurück, wo es noch wilder zuging und der Vatikan es bis heute nicht schaffte, menschenverachtende Selig – oder Heiligsprechungen rückgängig zu machen. Ist Isabella von Castille eigentlich schon heiliggesprochen worden ? Isabella war spanische Königin im 15. Jahrhundert und sie war es, welche die Inquisition anordnete. Bisher nennt der Vatikan Isabella "eine Dienerin G – ttes". Wo bleibt eigentlich der Aufschrei der Welt, dass der Vatikan eine Heiligsprechung Isabellas plant ?

Schon im 15. Jahrhundert sprach der Vatikan Vincent Ferrer selig.
Kennt hier jemand Vincent Ferrer ?
Nein ?
Gut, denn das ist ein Zeichen, dass sein Name an Bedeutung verliert.

Im Jahre 1391 fanden in Spanien die ersten großen Judenpogrome statt. Bis zu dem Zeitpunkt hätte in Spanien kein Jude daran gedacht, dass es einmal so weit kommen wird. Juden lebten seit vielen Hundert Jahren im multikulturellen Spanien.
Im Jahre 1392 wurde eine traurige Bilanz gezogen:
100.000 Juden waren vom von Vincent Ferrer angestachelten Mob ermordet worden. Weitere 100.000 Juden waren aufgrund von Drohungen zum Christentum konvertiert und weitere 100.000 Juden flüchteten in moslemische Länder und liessen sich dort nieder. Bis heute tragen katholische Schulen in aller Herren Länder den Namen Vincent Ferrers; eines Mannes, der die Masse mit antisemitischer Hetze zu Judenpogromen aufhetzte.

Und bis heute fährt die Kirche damit fort. Wann wird eigentlich der "gute Katholik" Adolf Hitler seliggesprochen ? Oder vielleicht doch eher "heilig" ?

Sonntag, Juli 13, 2008

"Beauty ist IN"

B"H

Die Rolle der Frau im orthodoxen Judentum ist zwar halachisch mehr oder weniger definiert, doch schauen die Realitäten dermaßen unterschiedlich aus, dass die Rolle der Frau niemals aus stereotypem Blickwinkel betrachtet werden darf. Noch dazu, wo die betroffenen Frauen selber verschiedene Ansichten über ihre Rolle sowohl als auch ihr Dasein pflegen. Selbst wenn eine Frau strengen Gruppenregeln (wie bei der Chassidut Satmar oder den Toldot Aharon) unterliegt, so bedeutet dies noch lange nicht, dass sie sich jetzt da furchtbar unwohl fühlt und nach Hilfe schreit.

Eines jedoch ist geschichtlich erwiesen:
Die Rolle der Frau im Judentum unterlief im Laufe der Jahrtausende einen gravierenden Wandel. Bestimmt waren Sarah oder Leah nicht immer so hausmütterlich mit ihren Gatten Avraham und Yaakov, wie sich dies heute viele ultra - orthod. Männer gerne wünschen. Und, wie ich schon mehrmals aufführte, gab es auch zu talmudischer Zeit große jüdische Frauen und vorher sogar Prophetinnen. Selbst Rivka (Rebekka) und Miriam waren bekannte Prophetinnen.

Später kamen dann Raschis drei Töchter hinzu, die den Talmud lernten, da ihr Vater keinen Sohn zeugte. Und so entschloß sich Raschi, eben seinen Töchtern höhere jüdische Studien zu lehren. Gracia Mendes (geb. 1505) war so mit die letzte Frau, welche das Judentum bzw. die jüdische Geschichte gravierend mit beeinflußte. War es doch gerade ihr zu verdanken, dass Juden der Inquisition entkamen und sich in Israel ansiedelten. Die erste Zionistin ?

Danach trat auf fraulicher Ebene Ruhe ein und schon zur Zeit des Chassidismus spielte die Frau nur noch eine untergeordnete Rolle. Außer Adel, der Tochter des Baal Shem Tov. Es wird uns zwar in chassidischen Stories immer soviel über ehemalige und zeitgenössische Zadkaniot (großartige gerechte Frauen) berichtet, nur sollte man sich den genauen Inhalt vor Augen führen, der da im Wesentichen lautet: eine gute Hausfrau.

Neulich sprach ich das Thema "Geschlechtertrennung in öffentlichen Bussen" an und schon laufen viele auf meinem engl. Blog Sturm. Ob das denn in Israel tatsächlich so chaotisch sei ?

Persönlich mache ich immer wieder die Erfahrung, dass es darauf ankommt, mit wem eine Frau spricht. In der nationalrelig. Szene stellt man sich alles so völlig emanzipiert vor, was nicht immer den Tatsachen entspricht. Ich erlebte schon viele solcher Paare, bei denen es konservativer zuging als in jeder haredischen (ultra - orthod.) Gesellschaft.

Zweites Beispiel: Die Haredim (Ultra - Orthod.).
Gerade ihnen wird immer vorgeworfen, ihre Frauen wie Putzlappen zu behandeln. Man schaue sich nur den Stundenplan der Mädchenschulen an. Was gebe es denn da schon groß zum lernen.

Das ist alles richtig und mit dem Lehrplan für Mädchen, selbst bei den Nationalrelig., stimme ich nicht unbedingt überein. Aber wie es so ist im Laufe der Jahrzehnte; Gesellschaften, egal welche, unterliegen veränderungen. So auch die ultra - orthod. bzw. orthod. Gesellschaft. In der regulären israel. sowie amerikanischen Gesellschaft taten sich innerhalb des letzten Jahrzehnts große Wandel auf. Die Frau lernt mehr und ist auch schon einmal Akademikerin. Insbesondere Amerikanerinnen, aber auch genügend Israelinnen. Im nationalrelig. Bereich mehr als anderswo. Doch die litvisch - haredischen Amerikanerinnen haben aufgeholt und viele sind heutzutage Anwältinnen, Psychologinnen und dergleichen. Auf israelischer Seite hapert es diesbezüglich, denn hier lernen weibliche Harediot fast ausschließlich auf den Beit Yaakov - Schulen, welche in Israel einem schwachem bildungsmäßigem Standard unterliegen.

Aber nicht nur die Bildung macht es aus. Auch auf die Beziehung des Ehepaares kommt es an und im Alltag sind Frauen stärker im Kommen. Keine noch so geschlossene Gesellschaft kann sich Erneuerungen verschliessen, selbst nicht bei extremen chassidischen Gruppen in Mea Shearim oder Bnei Brak. Und so sind derzeit Beauty - Salons ganz oben auf. Natürlich stehen sie nicht für jedermann ersichtlich in der haredischen Fußgängerzone und ggf. mit allem Schnickschnack im Fenster. Nein, in der Ultra - Orthodoxie geht man solche Verwöhnungen wie Pediküre, Manuküre oder Schminke behutsam an. Kein Aufheben machen, es sei denn, man führt seine Erneuerungen bei den Freundinnen zur Schau.

Mehr oder weniger immer zufällig fiel mein Blick auf kleine mit Gardinen verborgene Lädchen, die Schminke anbieten. Perückengeschäfte hingegen sind weitaus auffälliger, doch nicht jeder kann einfach so hineingehen und sich bedienen. Die Geschäfte in Bnei Brak wollen schon auf Nummer Sicher gehen, dass da niemand einkauft, der nicht unbedingt in die haredische Gesellschaft gehört.

Auch in den Beauty - Salons muß die Schminke so aufgetragen werden, dass die Frau hinterher nicht als geschminkt zu erkennen ist. Die Frauen selber haben sich daraus eine Mode gemacht und viele haredische Männer scheinen dies zu akzeptieren. Ausnahmen, wie einige Rabbis, bestätigen die Regel.

Es gibt haredische weibliche Mode, wobei die meisten Frauen natürlich ihren eigenen Stil entwickeln, da es an Modellvorbildern fehlt. Schmuck und Schminke, dies sind schon seit geraumer Zeit der Renner in der israel. haredischen Gesellschaft. Zaghaft, aber doch sichtbar.

Hoffentlich halten die kleinen Umschwünge an.

Der RAMCHAL über die drei Tempel

B"H

Der berühmte Rabbi Moshe Chaim Luzzatto (geboren in Padua / Italien im Jahre 1707 - verstorben in Israel im Jahre 1746) ist aus dem Judentum nicht mehr wegzudenken. Er schrieb Mussar (Ethik) - Bücher (The Path of the Just, Derech HaShem - The Way of G - d) genauso wie Kabbalistisches (Adir BaMarom). In keiner Yeshiva gibt es einen Vorlesungsplan ohne den Ramchal.

In einer seiner bekannten Schriften setzt er sich eingehend mit den drei Jerusalemer Tempeln auseinander. Hier ein kleiner Auszug mit Erläuterungen:

Unter anderem schrieb der Rambam (Maimonides), dass der Dritte Tempel einmal völlig fertiggestellt vom Himmel herabkommt (siehe auch Exodus 15:17). Aber nicht nur der Rambam ist dieser Ansicht, sondern Raschi kommentiert genau das Gleiche.

Was aber ist die Bedeutung der Aussage, dass der Dritte Tempel schon fertiggebaut im Himmel steht und nur noch auf Meschiach wartet, der ihn wieder voll und ganz auf Erden einführen wird ?

Rabbi Moshe Chaim Luzzatto gibt uns hierzu seine Interpretation:
In der Kabbalah bzw. der Chassidut hat jeder materielle Gegenstand und auch wir seinen spirituellen Gegensatz im Himmel bzw. in den oberen spirituellen Welten. Zum Beispiel sind wir auf Erden eben jene Person mit Stärken und Schwächen, aber in den oberen spirituellen Welten befindet sich metaphorisch oder spirituell gesehen unser Gegenpart. Ein ICH, welches absolut perfekt ist. Dieses eigene ICH bildet die Perfektheit, die ich auf Erden hätte erreichen können, ich jedoch an meinen eigenen Unzulänglichkeiten scheiterte. Nach meinem Tode wird mir mein perfektes ICH vor Augen geführt.

Ebenso verhält es sich mit dem "oberen spirituellen Jerusalem" oder dem "oberen spirituellen Tempel". In den höheren Welten sind diese perfekte Einheiten, aber materiell auf Erden sind sie nicht immer das, was man gerade perfekt nennen würde.

Die Bedeutung ist nicht, dass da jetzt ein fix und fertiggebauter Dritter Tempel im Himmel steht. Vielmehr wird die materielle Struktur hier auf Erden gebaut werden. Und zwar vom Meschiach.
Die spirituelle Struktur jedoch kommt aus den oberen perfekten spirituellen Welten, sprich das perfekte Gebäude, welches von perfekten Menschen geführt wird.

Wir erinnern uns:
Nach dem Kommen des Meschiach befinden wir uns auf einem extrem hohen Seelenlevel, der uns gar nicht mehr an irgendwelche Vergehen denken läßt. Demnach wird es im Dritten Tempel keine Korruption, keinen Neid und alles Negative mehr geben, denn wir Menschen sind anders. Somit verbindet sich die oberen perfekte spirituelle Welt mit unserer unteren materiellen.

Weiterhin stellt Rabbi Moshe Chaim Luzzatto die Frage, warum Yechezkel in seiner Vision den Dritten Tempel und nicht den Zweiten Tempel sah. Zur Zeit Yechezkels war gerade erst der Erste Tempel zerstört und der Zweite noch gar nicht gebaut worden.

Yechezkel erreichte in seiner Prophezeihung den Level der kabbalistischen BINA, des vollständigen Verstehens, welches ihm gleichzeitig zu einer Sichtweise außerhalb von Zeit und Raum verhalf. Und somit sah er über die Zeit des Zweiten Tempels hinaus, welcher da erst 56 Jahre später erbaut werden sollte. Yechezkel sah einzig und allein die Vision eines einen alles überragenden ewiglichen Tempel und damit war keinesfalls der Zweite Tempel gemeint, sondern der Dritte ewigliche.

Freitag, Juli 11, 2008

Juden brauchen kein Medium

B"H

Die bekannten griechischen Philosophen Aristoteles sowie Plato machten sich ausführliche Gedanken über G – tt, das Schicksal der Welt oder die Erschaffung bzw. Existenz überhaupt. Platos Theorie war es, dass es einen sogenannten "dritten Mann" gebe müsse, der zwischen G – tt und Seiner Erschaffung, sprich den Menschen, eine Verbindung herstelle. G – tt allein könne nicht mit den Menschen direkt kommunizieren und umgekehrt. Die späteren jüdischen Philosophen Philo und Shlomo Ibn Gvirol nahmen Platos Theorie auf und führten sie weiter aus. Zum Beispiel betrachtete Ibn Gvirol den g – ttlichen Willen als eine Art "Medium" zwischen G – tt und den Menschen. Die Juden zur Zeit Philos und auch Ibn Gvirols erkannten diese Theorien jedoch nicht an. Genauso wenig übrigens wie heutzutage.

Warum ?
Eine der existentiellen Grundlagen des Judentums ist es, dass wir keinerlei Medium benötigen, um mit G – tt zu kommunizieren. G – tt und wir Menschen besitzen die Möglichkeit, direkt eine Verbindung miteinander einzugehen. Ohne Medium und ohne irgendeinen Hokuspokus dazwischen. Die christliche Welt jedoch pocht auf Medien / vermenschlichte Götter und stimmte den Theorien Philos und Ibn Gvirol eifrig zu. Wohlweislich, denn deren Konzepte unterstützen unbeabsichtigt christliche Glaubensphilosophien. Ganz im Gegensatz zum Judentum, denn dort sind wir gezwungen, unseren menschlichen Intellekt zu benutzen. Jeder von uns wurde erschaffen, um eine direkte Verbindung mit G – tt einzugehen, was wir anhand der Thoramitzwot in der Lage sind zu tun. In der Thora gab G – tt Seinen Willen preis und wir können diesem folgen oder auch nicht. Einer Zwischenstation hingegen bedürfen wir nicht. Und dieses ist gerade das Einzigartige und Grandiose am Judentum.

Allerdings führt uns die "Direktheit" auch zu der Erkenntnis, dass wir individuell sowie auch kollegial für unsere negativen Taten zur Verantwortung gezogen werden. Im Judentum ist nicht nur die Rede von der individuellen Bestrafung, sondern auch von der kollegialen, welche das gesamte jüdische Volk betrifft. Beispiel: Wir verhalten uns nicht gemäß der Thora und somit wird das Land Israel bestraft. Unsere Feinde triumphieren; jedenfalls solange, bis wir Jude uns eines Besseren besinnen.
Aber ein Medium oder überhaupt einen menschlichen G – tt ?
Um Himmels Willen, NEIN.

Nun kann man bei dieser ganzen Argumentation zwei Themen einwerfen.

1. Die Rolle des Zaddik (Gerechten) im Chassidismus.
Wird dem Zaddik nicht nachgesagt, er verfüge über spezielle Kräfte und vermittele oder baue eine Verbindung zwischen G – tt und seinen Chassidim auf ? Allein der Zaddik habe im Chassidismus die Macht, die Welt gen G – tt emporzuheben ?

2. Warum rennen viele Juden ständig zu den Gräbern großer jüdischer Gelehrter (Rambam, Rabbi Akivah, Rabbi Yitzchak Luria, etc.) sowie unserer Vorfahren (Avraham, Rachel und allen weiteren) ? Es vergeht kaum ein Tag, an dem in relig. israel. Kreisen nicht für die Fahrt zu irgendeinem der Gräber geworben wird.
Einmal kam ich zum Grabe des Rambam (Maimonides) in Tiberias am See Genezareth und was sah ich ? Besonders sephardische Juden stürzten sich auf die Grabplatte und begannen wie wild zu beten. Beten zum Rambam oder zu wem hier ? Den Rambam benutzen, um bei G – tt für uns einzutreten ?

Zu beiden Punkten hätte ich eine Menge zu sagen, doch ich fasse mich kurz.
Zuerst einmal stimme ich mit dem absoluten "Zaddik – Konzept" des Chassidismus nicht überein. Wir sind alle nur Menschen und jeder von uns hat folglich seine Stärken und Schwächen. Auch der Zaddik, der noch so Gerechte.
Des Weiteren gibt es auch im Chassidismus selber Streitpunkte um die Rolle des Zaddik. Rabbi Yaakov Yitzchak Horowitz (der Seher von Lublin), 1745 – 1815, sowie dessen Lehrer, Rabbi Elimelch von Lejansk, bauten die Rolle des Zaddiks meines Erachtens nach zu weit aus. Aber nicht nur meines Erachtens nach, denn der einstige Schüler des Sehers von Lublin, Rabbi Yaakov Yitzchak Rabinowicz von Przysucha (Jiddisch: Peschis'cha) ,1765 – 1814, lehnte sich seinerzeit gegen die für ihn überzogenen Zaddik – Theorien seines Lehrers auf und gründete sein eigenes Movement, das Peschis'cha – Movement aus dem so bekannte chassidische Gruppen hervorgehen wie Gur, Biale, Rimanov, Kosnitz oder Sassov. Nicht jeder also stimmt mit dem uneingeschränkten Zaddik – Prinzip überein. Und heutzutage stellt sich eh die reale Frage, welcher chassidische Rebbe denn überhaupt noch ein richtiger Zaddik ist. Jemand sagte mir, dass es heute eher lautet: "Der Rebbe ist nicht mehr unbedingt der Zaddik selbst, sondern der Nachfahre bzw. Sohn eines Zaddik".

Zum zweiten Punkt und der ewigen Fahrt zu den Gräbern der Zaddikim.
Es mag sein, dass am Grab der Vorväter, des Rambam oder eines anderen, kabbalistisch betrachtet eine stärkere Verbindung zu G – tt vorhanden sein mag. Obwohl dies im allgemeinen auch wieder vieler jüdischer Grundlagen widerspricht, die da lauten, dass G – tt überall und für jeden gleichermassen zugänglich ist, wenn der Mensch denn nur eine Verbindung sucht. Aber einmal angenommen, es gebe Orte, an denen dies verstärkt der Fall sei, wie, z.B., der Tempelberg in Jerusalem, wenn er denn in jüdischer Hand ist (aber auch ohne Tempel verlor der Platz niemals an seiner extremen Bedeutung und Verbindung zu G – tt).

Aber selbst wenn ich eines der bekannten Gräber besuche, bedeutet sie noch lange nicht, dass der Rambam alle meine Probleme und Nöte löst. Ich muß schon allein mit G – tt und mir selber klarkommen und benötige hierzu keinen Dritten.

Donnerstag, Juli 10, 2008

Parashat Balak

B"H

Die Thoralesung für diesen Schabbat

Die allererste Frage, die sich uns aufdrängt ist, warum diese Parasha ausgerechnet nach Balak benannt wurde. Balak, jemand, der die Israeliten verflucht wissen wollte, bekommt eine eigene Thoraparasha ?

Balak war der König der Moabiter und zugleich der Großvater von Eglon (siehe die Gemara im Talmud Traktat Sanhedrin 105a). Eglon wiederum war der Vater von Ruth, die später Boaz heiraten sollte und somit zu den Vorfahren König Davids gehört. Genau genommen wird einmal der Meschiach im weitesten Sinne von Balak abstammen. Rabbi Simcha Bunim von Peshis'cha war der Meinung, dass Bilam von größerem Judenhaß befallen war als sein Auftraggeber Balak, was nun keineswegs als Entschuldigung für Balak gelten soll. Vielmehr wurde Balaks Ansehen durch Ruth wiederhergestellt, denn sie erwies sich als Gerechte und konvertierte zum Judentum.

Die Parasha nennt ihn "Balak ben Zipor", was übersetzt "Balak, der Sohn des Vogels" heißt. Der biologische Sohn eines Vogels war er nicht, sondern betrieb seine Zaubereien anhand eines Vogels. Bilam war berühmt für seine wirksamen Flüche, doch Balak war der größere Magier von beiden. Er hatte einen Vogel so abgerichtet, dass dieser ihm alles Gesehene erzählte (Ohr HaChaim und das Buch Zohar) und so kam Balak zu seiner Allwissenheit.

Bilam war der größte nichtjüdische Prophet, der jemals gelebt hat. Er war theoretisch auf dem gleichen Level wie Moshe und hätte die nichtjüdischen Völker auf einen sehr hohen Level bringen können, wenn er nicht zu sehr auf sein eigenes Wohl ausgewesen und schließlich über seine Arroganz stolperte wäre. Balak sendete Boten zu Bilam, um diesen zu überzeugen, die Israeliten zu verfluchen, um so sein und andere Königreiche wie die Moabiter oder die Midianiter zu schützen. Die siegreichen Kriege der Israeliten hatten sich schnell herumgesprochen und Balak war unter Druck geraten. Einen militärischen Schlag gegen die Israeliten wagte er nicht, sondern wandte sich eher der Flüchen zu. Er wußte, dass G - tt die Juden beschützte und von daher sollte die Meinung G - ttes irgendwie geändert werden.

Bilam war ein Meister der Flüche und kannte sich in Sternenkonstellationen aus (Yalkut Reuveni). Laut der Gemara in den Talmud Traktaten Avodah Zarah 4a und Berachot 7a, kannte Bilam den genauen Zeitpunkt, an dem G - tt "ärgerlich" ist. Die Beschreibung "ärgerlich" dient an dieser Stelle als Metaphor und meint vielmehr, dass G - tt zu diesem Zeitpunkt richtete. Wer auch immer den Zeitpunkt kennt, kann eventuell G - ttes Meinung beeinflußen. Außer Bilam ist und war seither niemand in der Lage, diese Zeit zu berechnen.

Im Talmud Berachot und Avodah Zarah wird gefragt, wie lange denn dieser Zeitpunkt dauert. Einen Moment, so die Antwort. Und wie lange ist das, ein Moment ? Genau 1 / 58.888 einer Stunde, was genau 1 / 16 einer Sekunde entspricht.

Als die Boten das erste Mal zu Bilam kamen, lehnte der ab. G - tt sprach zu ihm in der Nacht und verweigerte ihm die Reise zu Balak. Als Bilam den Boten seine Ablehnung verkündete, zeigte er seinen wahren Charakter. Auch wenn Balak ihm Gold und Silber biete, könne er nicht reisen. Was sagt uns Bilams Andeutung von Gold und Silber ? Er war ein großer Prophet und auf einem äußerst hohen Level, doch überfiel ihn die Gier. Er sah, dass Balak von ihm abhing und so überwältigt von seiner Wichtigkeit war, dass schnell eine Arroganz aufkam (Sefat Emet). Als ihn G - tt später anwies, doch noch zu Balak zu reisen, war Bilam so von sich eingenommen, dass er meinte, er sei imstande, G - ttes Meinung bezüglich der Israeliten noch ändern zu können (Rabbi Samson Raphael Hirsch).

Aber jemand, der G - tt so nahe ist und seine Fähigkeiten in destruktiver Art und Weise nutzt, begibt sich automatisch in den freien Fall. Negative und destruktive Charaktäre können keine Devekut (Nähe zu G - tt) mehr erhoffen und ihre Taten rufen eine Entfernung von G - tt hervor (Rabbi Yaakov Yosef von Polonoye - Schüler des Baal Shem Tov).

Nach G - ttes Anweisung machte sich Bilam gleich morgens auf den Weg. Schnell sattelte er seine Eselin selbst, ohne seinen Bediensteten dafür Zeit zu lassen (Rashi). Allerdings hatte er weniger seinen Sattel vor Augen als Ansehen und Gold. Ein tiefer Fall folgte schnell. Als seine Eselin den Engel sah und ihm jedesmal neu auswich, schlug Bilam auf die Eselin ein. Sie war die Einzige der beiden, die fähig war, den Esel zu sehen. Er dachte die Gabe zu haben, G - ttes Pläne noch zu kippen, doch sah noch nicht einmal den Engel (Rabbi Samson Raphael Hirsch).
G - tt hatte ihm zwar aufgetragen zu Balak zu gehen und genau die Worte zu sagen, die G - tt ihm in den Mund legte, doch Bilam wollte der Größte werden. Das Ereignis mit der Eselin und dem Engel hätte ihm ein Zeichen sein müssen, doch Bilam war total besessen von seiner Idee des Fluches. Die Gemara im Talmud Traktat Sanhedrin 106b klärt uns auf, dass Bilam zu dem Zeitpunkt ca. 33 Jahre alt war. Sein späteres Schicksal ist ungewiß, denn darüber gibt es viele unterschiedliche Meinungen im Talmud. Pinchas habe ihn umgebracht oder jemand anderes.

Im alltäglichen Leben erleben wir viele Menschen, die aufgrund ihrer Fähigkeiten von Arroganz befallen werden. Jeder von uns ist nur ein Mensch und die sogenannte Yetzer HaRah (schlechte Seite) macht sich bei jedem breit. Unsere Aufgabe ist es, sie zu bewältigen und positive Dinge zu tun.

Bei Bilam jedoch ging alles schief. Er befand sich unter den weisesten Leuten der damaligen Zeit, doch wollte er die Wahrheit einfach nicht wissen (Rabbi Yaakov Yitzchak Horowitz - der Seher von Lublin). Er beharrte auf seiner Meinung wider allen Zeichen und Ratschläge.

Der Ishbitzer Rebbe, Rabbi Mordechai Yosef Leiner, bringt diesbezüglich einen interessanten Gedanken auf. In unzähligen Quellen heißt es, dass wir gegen unsere Yetzer HaRah (negative Veranlagung) ankämpfen und auf diese Weise unseren freien Willen zum Ausdruck bringen können. Im Judentum ist das Konzept des freien Willens in unserem Leben ein vieldiskutiertes Thema ohne endgültige Antwort. Wieviel freien Willen besitzen wir wirklich und inwieweit entscheidet G - tt über uns ? Es heißt weiter, dass alles in G - ttes Hand liegt außer ob wir religiöse oder säkulere Menschen werden. Alles andere sei uns mit in die Wiege gelegt worden.

Der Ishbitzer Rebbe vertritt eine ganz andere Meinung. Er sieht den freien Willen als eine einzige Illusion. Alles sei von G - tt verbestimmt und wir haben keinerlei Einfluß. Meiner Meinung ist das eine umstrittene Meinung, denn es fällt schwer zu glauben, dass wir alle unsere Taten auf G - tt schieben können. So manch einer könnte das ausnutzen. Allerdings muss ich zugeben, dass der Ishbitzer nicht ganz unrecht haben könnte. Vielleicht fällt uns diese Meinung deshalb so schwer zu akzeptieren, weil sie uns theoretisch zu Marionetten abstempeln täte.

In wieweit besaß Bilam also einen freien Willen das Richtige oder Falsche zu tun ? Ich vertrete immer noch die Auffassung, dass er seine Yetzer hätte zum Positiven wenden und G - ttes Willen akzeptieren müssen.

Noch ein Zusatz dem Thema "Prophezeihungen" aus dem Buch "Moreh Nevuchim – Führer der Unschlüssigen 2:42" des Rambam (Maimonides):

Der Rambam geht davon aus, dass wann immer es irgendwo heißt, ein Prophet habe einen Engel gesehen, dies nur in einer Vision bzw. einem Traum geschah. Auch sehen wir dies im Falle Yaakovs, der, laut Thora, mit einem Engel kämpfte. Dieser Kampf fand nur in einem Traum statt, aber niemals real. Andererseits gibt es Meinungen, welche den Engel für eine einzige Metapher halten und dieser ursprünglich für ganz etwas anderes steht.

Allerdings streitet der Rambam Avrahams zweite Frau Hagar das Recht ab, als Prophetin zu gelten. Obwohl sie einen Engel sah, war sie keinesfalls eine Prophetin. Hagar habe "nur" eine Stimme vernommen, die zu ihr sprach. Diese Art Stimmen zu vernehmen betrifft Leute, welche nicht für eine Prophezeihung bereit sind.

Das abschliessende Fazit des Rambam lautet also, der Engel des Balak sei nur eine Vision gewesen und sei niemals materiell bzw. real aufgetreten.

Schabbat Schalom

Wie überredet man einen Juden, an das Judentum zu glauben ?

B"H

Kürzlich sah ich mich mit einem Problem konfrontiert, wobei ich nicht wußte, wie ich richtig reagieren sollte. Irgendwie wußte ich es schon, aber dann ich unfähig alles in die Praxis umzusetzen.

Irgendwo in Tel Aviv traf ich eine Israelin, die mich fragte, ob ich ihr kurz helfen könne, das Internet zu benutzen. Sie selber hat keine Ahnung vom Net.

"Sicher, sagte ich, was soll ich denn machen ?"

"Oh, nur schnell eine e – mail senden".

"Hast Du denn wenigstens eine e – mail Adresse ?"

"Nein, braucht man sowas denn ?"

"Ja, laß uns einmal schnell etwas für Dich eröffnen".

Gesagt, getan.
Und dann gab sie mir die Adresse des Empfängers, der da Dalai Lama hieß. Sie wollte, dass ich einen Brief an Mr. Lama in die e – mail tippe. Offensichtlich war die Israelin mit dem so typischen Nachnamen Cohen eine Anhängerin des Dalai Lama geworden. Nun, ich habe keine Ahnung von Dalai Lamas und deren Ideologie und es interessiert mich auch nicht. Handelt es sich dabei im eigentlichen Sinne um Götzendienst (Avodah Zarah) ? Für einen Juden bestimmt.

Ich wußte nicht recht, wie ich reagieren sollte und tippte den Brief an Mr. Lama, in dem ihn die Frau ihren "spirituellen Meister" nannte. Nach all den Schwierigkeiten in ihrem Leben und der Suche durch alle möglichen Religionen habe sie endlich die Wahrheit gefunden, die da Mr. Lama heiße. Weiterhin bat sie ihn um einen Segen.
Während ich die e – mail tippte fragte ich mich unentwegt, was ich der Frau sagen könne. Mir fiel nur die Story ein, in welcher der Dalai Lama vor einigen Jahren nach Jerusalem kam und, u.a., auch den Chabad – Rabbiner Adin Steinsaltz besuchte. Mr. Lama fragte den Rabbi wie denn die Juden Jahrtausende lang ohne Tempel und trotz Pogrome überleben konnten. "Ganz einfach, antwortete Rabbi Steinsaltz, wir Juden haben die Thora". Der Dalai Lama war und blieb sprachlos.
Nachdem ich der Frau die Story erzählt hatte, gab sie zu, Chabad und den Dalai Lama zu kennen. Letzteren habe sie vor ein paar Jahren in Israel persönlich getroffen.

Danach habe ich keinelei Versuche der "Mission" mehr unternommen, denn ich spürte, dass die Frau nicht interessiert war. Die ganze Zeit hatte ich nachgedacht über das "Wie" und was ich denn jetzt sagen solle. Schließlich kam ich zu der Überzeugung, dass die Frau selber ihre Erfahrungen machen müsse. Hoffentlich gelangt sie schnellstens zu der Erkenntnis, dass der Dalai Lama für Juden kein spiritueller Meister.

Wie hättet Ihr reagiert ?
Ab und zu sehe ich die Frau noch, doch habe ich nicht vor, mich in ihr Privatleben einzumischen.

Mittwoch, Juli 09, 2008

Das überflüssige Konkurrenzgehabe

B"H

Zur Einweihung der neuen Jerusalemer Brücke sahen wir es wieder einmal so richtig schön "live". Die Haredim (Ultra - Orthod.) protestierten schon im Vorfeld gegen die ihrer Meinung nach "unanständige" Kleidung der Tänzerinnen, welche an der Einweihungsshow mitwirken sollten. Nein, so könne keine Frau herumtanzen und da der haredische Bürgermeister Uri Lupolianski keinen Ärger mit seiner eigenen Riege (die ihn allerdings nicht als Haredi anerkennt) haben wollte, gab er rasch nach. Die Tänzerinnen der Einweihungsshow trugen Anstand.

Der haredische Protest hatte eines mit der neuen Brücke gemeinsam: Beides ist / war überflüssig.

Da hatte die antizionistische Dachorganisation "Edah HaCharedit" auf großen Postern (Fakshivilim) ihre eigene Mitgliederschaft vor einer Teilnahme an der Einweihungsgfeier gewarnt. Nicht wegen der gegebenen Unanständigkeit, sondern weil es eben eine zionistische Feier ist und ein anständiger Haredi sich nicht in solch sündenvolle Gesellschaft begibt. Wer weiß, auf welche Gedanken er da kommen kann.
Trotz der Edah - Ankündigungen erspähte ich viele Satmarer Chassidim und ein anderer Chassid gab mir seinen Kommentar, dass die Satmarer immer überall hinrennen, um rumzuschnüffeln und sich hinterher aufzuregen. Nur das Schlechte suchen sie, um später loszukeifen. Der Chassid regte sich gewaltig bei mir darüber auf.

Warum aber das ganze Anstandsgehabe um die Jerusalemer Brücke ? Was steckt dahinter ?

Ein fortwährender interner Konkurrenzkampf natürlich. Ein Kampf, den man als gänzlich Unbeteiligter kaum wahrnimmt.

Seit vielen Jahren wollen chassidische Gruppen in Bnei Brak (bei Tel Aviv) eindrucksvoll beweisen, dass sie viel ernsthafter bei der Sache sind als ihr Gegenpart Mea Shearim in Jerusalem. Mea Shearim hingegen will es Bnei Brak einmal so richtig zeigen, wer hier der Herr im Hause ist. Und somit zeigen beide Stadtteile soviel Protest wie nur möglich. Was sie dabei für einen Eindruck bei der säkuleren bzw. nationalrelig. Bevölkerungen erwecken, ist ihnen vollkommen egal. Je absurder die haredischen Forderungen, desto besser steht ein Rebbe da, wenn es den erwarteten Erfolg gibt. Die Stadtverwaltungen geben nach; nicht nur aufgrund von Konfliktvermeidungen, sondern hier geht es auch um die lokale Wirtschaft. Zeige sich die Stadtverwaltung stur, rufen die Haredim Boykotte aus und dann steht die heimische Wirtschaft dumm da.

Den meisten chassidischen Gruppe geht es heute weniger um die Inhalte des Baal Shem Tov als um den Machtausbau ihrer eigenen Position. Wer kennt denn heutzutage noch die wahren Inhalte der einstigen chassidischen Lehre ? Und wer redet überhaupt noch von G - tt ?

Für mich ist der Chassidismus die optimale Lebensform. Doch der wahre Chassidismus und kein egoistisches Machtgerangel.

Dienstag, Juli 08, 2008

Chassidismus und G - tt

B"H

G - tt im Judentum bedeutet ein Wesen, welches wir absolut nicht in der Lage sind zu erfassen oder zu begreifen. G - tt hat weder Körper, Materie noch Form. Er ist unendlich - existierte schon immer und wird dies auch ewiglich tun.

Wie aber kann ich als irdisches sterbliches Wesen eine Verbindung zu G - tt aufbauen ? Braucht Er mich und die Welt überhaupt ? Die Antwort lautet NEIN, denn G - tt ist von niemandem, eingeschlossen uns selbst, anhängig. Wir brauchen Ihn, doch Er uns nicht. Und eine Begründung zu suchen, warum Er uns und die Welt denn dann überhaupt erschuf, basiert einzig und allein auf Spekulationen. G - tt hat uns bisher noch keine persönliche Antwort darauf zukommen lassen. "Seine Gedanken sind nicht unsere Gedanken", so heißt es in den Propheten.

Der Chassidismus hat seine eigene Auffassung darüber, wie ich einem unendlichen Wesen wie G - tt näher kommen kann. Wie ich als Mensch mit Ihm als G - tt eine Beziehung aufbauen kann. Nicht die Auffassung des unendlichen G - ttes spielt im Chassidismus die bestimmende Rolle, sondern eine individuelle Beziehung zu G - tt.

Schon der Baal Shem Tov (ca. 1700 - 1760) stellte die chassidische Theorie in den Raum, dass G - tt in allem ist. In allem auf Erden, selbst in den schlimmsten chaotischsten Tiefen bzw. allem Bösen. Seine Idee basierte auf den Schriften des Kabbalisten Rabbi Yitzchak Luria (1534 - 1572), welcher metaphorisch die Erschaffung der Welt darstellte und so der Kabbalah neue Symbole gab. Rabbi Luria sprach vom Zimzum. Vor der Erschaffung füllte G - tt alles aus, wobei nicht das Universum gemeint ist, sondern ein absolutes Nichts. G - tt füllte dieses NICHTS aus und als Er die Welt erschuf, zog Er sich innerhalb von sich selbst zurück, um so Platz für die Erschaffung zu machen. Wohlgemerkt, hierbei handelt es sich um eine Metapher und keine bildlich materielle Darstellung !!!

Wenn G - tt sich also in sich selbst zurückzog und Platz machte, dann kann alles in der Erschaffung nur G - tt sein, so der Besht (Baal Shem Tov). G - tt limitierte sich selbst, ist aber überall nach wie vor vorhanden. Demnach ist G - tt in ALLEM. Die Folge davon ist, dass G - tt immer und zu jeder Zeit anwesend ist und man braucht Ihn nicht lange zu suchen.

Hierzu erzählte der Baal Shem Tov die folgende Parabel:

Ein weiser großer König lud einmal seine Untertanen in sein Schloß ein. Die Untertanen sollte bei dem Besuch soviel Schätze wie nur möglich mitnehmen dürfen. Das Schloß selbst war von hohen Mauern und Türmen umringt und es gab unendlich viele Tore und Zimmer. Die Mauern und Türme waren jedoch nur zum Schein dort und eine einzige optische Täuschung.

Die meisten Leute traten durch eines der Tore, nahmen ein paar herumliegende Schätze an sich, gaben sich damit zufrieden und gingen nach Hause. Ein Einziger jedoch machte sich die Mühe, den König zu finden, anstatt wahllos die Schätze aufzusammeln. Und je mehr er sucht, desto mehr verschwanden die optischen Täuschungen, sprich die Barrieren wie Mauern und Zimmer.


Bedeutung:
G - tt ist überall, doch wir sehen aufgrund der optischen Täuschung nichts. Erst dann, wenn wir eingehend suchen, werden wir uns der Täuschungen bewußt.

Außerdem haben wir im Judentum das Konzept, dass die gesamte Erschaffung aus dem Nichts erschaffen wurde. Es gab keinerlei Form oder Material und G - tt erschuf das Universum und den Menschen aufgrund seiner Gedanken. In der Philosophie zeigten sich hier Widersprüche mit Aristoteles auf, der behauptet, dass die Welt aus vorhandener Materie entstand. Und hierbei kam es auch zum ersten Bruch zwischen dem Rambam (Maimonides) und Aristoteles. War Rabbi Avraham ibn Da'ud (der "Ravad") noch sanft und diskret über das Thema hinweggeglitten, so ergriff der Rambam Partei und bewies, dass das Universum aus dem Nichts erschaffen worden ist. Wider seiner Liebe zu Aristoteles.

Aber zurück zur Beziehung mit G - tt, welche wir gemäß des Chassidismus schon allein durch unsere Speisen aufbauen können, denn wenn wir einen Segen über das Essen sagen, bewegen wir einen Tikun Olam - eine Reparatur der eigenen Seele und somit der ganzen Welt. Des Weiteren erlösen wir damit gewisse reinkarnierte Seelen, welche sich im Essen befinden könnten. Das Thema "Reinkarnation" ist im Judentum breit gefächert und mit Vorsicht zu geniessen.

Rabbi Yitzchak Luria beschreibt die Reinkarnationen im "Shaar HaGilgulim" und unter anderem heißt es dort, dass Seelen zur Strafe in allem Möglichen reinkarniert werden können (in Steinen, Tieren, Nahrungsmitteln, Pflanzen, etc.). Allerdings immer nur für eine begrenzte Zeit und niemals endlos.

Eine weitere Idee des Baal Shem Tov war es, seine eigenen individuellen negativen Versuchungen zu überkommen, stattdessen sich auf G - ttes Willen zu besinnen und Ihm so nahezukommen.

Was tun wir heute ?
Im Wesentlichen das Gleiche, doch sind auch Gebete und die Erfüllung von Thoramitzwot ein Weg, G - tt nahezukommen und mit Ihm eine Verbindung einzugehen. Insgesamt jedoch kann einem der Chassidismus beim Beziehungsaufbau weitreichend behilflich sein.

Ein hoher Preis

B"H

Die israel. Tageszeitung "Yediot Acharonot" berichtet in ihrer heutigen Ausgabe von einer nicht alltäglichen Begebenheit. Eine ehemalige Frau der extremen chassidischen Gruppe SATMAR wurde jetzt zu einer Offizierin der New Yorker Polizei ernannt.

Die Frau, Mitte Zwanzig, hatte Satmar vor einiger Zeit verlassen, da sie zu dem privaten Entschluß gekommen war, dass das chassidische Leben bzw. das abgeschottete Leben bei Satmar nichts mehr für sie sei. Sie verließ die Gruppe, absolvierte erfolgreich einen Polizeikurs und befindet sich nun im Polizeidienst.

Welch hohen Preis aber mußte die junge Frau dafür bezahlen ?
Wenige Jahre zuvor war sie mit einem Satmarer Chassid verheiratet gewesen und der Ehe entstammen zwei Kinder. Sie ließ sich scheiden und wie zu erwarten, wurden die Kinder dem Mann zugesprochen. Die Frau könne Satmar verlassen, aber ihre Kinder sollen nicht in ein säkuleres Leben fallen und gehören stattdessen zu Satmar.

Kein Zweifel, dass diese Frau einen hohen Preis für ihr neues Leben zahlte und ich frage mich ernsthaft, ob es ihr erlaubt ist, die Kinder ab und an besuchen zu dürfen. Ich bezweifele dies, denn das neue Leben der Mutter könnte die Kinder theoretisch auf negative Gedanken kommen lassen. Jedenfalls wird man dies bei Satmar so sehen.

Der Zeitungsartikel besagt, dass die Frau bei Satmar in Monsey (New York) lebte. Da ich Monsey fast nur als Gemeinde der Vishnitzer Chassidim kenne, kann ich demnach nicht interpretieren, zu welchem der zwei Satmarer Rebben sie gehörte. Nicht, dass eine etwaige Identifizierung an der Tatsache etwas ändern würde, dass die junge Frau mit ihrer Entscheidung gezwungen war, auf alles Vorherige in ihrem Leben verzichten zu müssen.

Ich kann mir in etwa vorstellen, welche inneren Krisen in der Frau vorgehen und wünsche ihr viel Glück und vor allem Zufriedenheit in ihrem neuen Leben.

Die deutsch - jüdische "Gastfreundschaftlichkeit"

B"H

In einem deutsch - jüdischen Forum gibt / gab es eine Diskussion um eine Angelegenheit, welche mir in deutsch - jüdischen Landen auch schon wiederfahren ist. Nein, ich will hier keineswegs genauestens auf die in besagtem Forum stattfindende Diskussion eingehen a la "wer", "wann", "warum", etc. Vielmehr möchte ich allgemein auf dieses Thema aufmerksam machen.

Es geht darum, dass es Juden aus dem Ausland durchaus passieren kann, den Eintritt in eine deutsche Synagoge verweigert zu bekommen.

Warum ?

Von deutsch - jüdischer Seite heißt es dazu offiziell, dass sich ein Besucher gefälligst anzumelden hat. Taucht er unerwartet auf, so muß er ggf. an der Eingangstüre seine Jüdischkeit beweisen. Kann er dies nicht oder ist er anderweitig verdächtig oder wie immer man dies auch nennen will, kann ihm der Eintritt verweigert werden. Außerdem könne es sich ja theoretisch um ein Sicherheitsrisiko handeln, denn man weiß ja nie, ob da ein getarnter Neonazi oder arab. Terrorist vor einem steht.

Ich war in meinem Leben schon in unzähligen Synagogen; bei den Satmarer Chassidim, den extremen Toldot Aharon, der Chassidut Avraham Yitzchak, der Chassidut Belz, Karlin - Stolin, Shomrei Emunim, litvischen, anderen chassidischen sowie nationalrelig. Synagogen, doch so ein Krampf wie in Deutschland ist mir nirgendwo anders wiederfahren. In Deutschland muß man sich anmelden, was allein schon einem Krampf nahekommt. Ich kann verstehen, dass Nichtjuden sich anmelden sollten, aber Juden …

Ein Jude im deutschen Ausland entdeckt eine Synagoge und will hineingehen, um am Schabbatg - ttesdienst teilzunehmen und es wird ihm ggf. untersagt ? Laut Halacha ist dies ein "Chillul HaShem - eine Beleidigung G - ttes".

Natürlich gibt es heutzutage gewisse Sicherheitsrisiken, doch diese allein sind kein Grund, jemandem den Eintritt zu verweigern. Haben wir in Jerusalem keine Terroristen, die nicht davor zurückschrecken, Synagogen in die Luft zu sprengen ? Ich erinnere hier nur an das Bombenattentat auf die haredische Buslinie Nr. 2, wo sich ein paläst. Terrorist als Haredi (Ultra - Orthod.) verkleidet hatte und den Bus in die Luft jagdte.

Wenn man vor deutschen Synagogen schon auf Sicherheit machen will, dann sollte man Personal engagieren, welches Unbekannte eventuell professionell befragen kann. Mir passierte es zum Beispiel einmal, dass ich von russ. Sicherheitspersonal befragt wurde, was ich denn gefälligst in der Synagoge wolle. Als ich auf Hebräisch antwortete, um mich irgendwie zu identifizieren, kam nur ein Unverständnis auf. Hebräisch ? Davon hatten die Russen vor der deutschen Synagoge noch nie gehört.

Zu einer anderen Gemeinde kam ich am Erev Schabbat (Freitag abend) und ich war angemeldet. Dennoch glaubte man mir nicht und sobald ich eintrat ließ man eine Israelin auf mich los, die meine Aussagen samt Hebrä. testen sollte. Nach zwei Sätzen waren wir uns einig und ich wurde eingelassen.

In der Gemeinde, in welcher ich zwei Jahre ansäßig war, ohne offizielles Mitglied zu sein, wurden mir die Pessachmazzot verweigert. Außerdem durfte ich als Nichtmitglied NICHT an der Pessach - Seder teilnehmen. Das reichte mir schnell und ich fuhr zu Chabad nach Brüssel. Bis heute bin ich dem dortigen Chabad - Rabbiner Menachem Hadad sehr dankbar für seine rasche Zusage ohne nervige Hintergedanken. Ich betrat sein Haus und wurde sofort aufgenommen. Ohne jegliche Probleme und Bemerkungen.

Von vielen ausländischen Juden hörte ich in Israel, dass sie vor deutschen Synagogen Probleme mit dem Einlaß hatten. Wenn deutsch - jüdische Gemeinden sich schon damit rühmen wollen, so toll international zu sein, dann sollten sie entweder geschultes Personal postieren oder von vornherein ihre Tore für Nichtmitglieder schliessen. Große Lust auf Bettelei hätte ich jedenfalls nicht mehr und würde mich lieber gleich über den Schabbat nach Antwerpen begeben.

Im Januar 1999 weilte ich eine Woche lang in London und auch dort ging ich ohne Probleme am Schabbat in eine Synagoge im Stadtteil Golders Green. Vom einem Ehepaar der Chassidut Satmar wurde ich hinterher sogar zum Essen eingeladen. Keiner fragte nach und bei unseren Gesprächen war meine Identität eh schnell offensichtlich.

Nirgendwo auf der Welt gibt es einen so offenen jüdischen Platz wie Jerusalem. Alle Juden können kommen und keinem wird irgendetwas verweigert. Es sei denn, man ist in haredischen Gebieten einmal nicht allzu "anständig" angezogen. Und wie ich eingangs schon sagte, bei uns ist das Sicherheitsrisiko weitaus höher als anderswo. Aber so dumme Anmachen wie vor oder in deutschen Synagogen sind mir noch nie zuvor und auch nicht mehr hinterher wiederfahren, und ich kann mir denken, dass andere ausländische Juden darauf genervt bzw. verärgert reagieren.

Sonntag, Juli 06, 2008

Bnei Brak - Die andere chassidische Welt

B"H

Der letzte Schabbat beim Tisch der Chassidut Nadvorna in Bnei Brak. Ausserdem kleine Beschreibungen anderer chassidischer Gruppen wie Alexander, Schomrei Emunim, Gur, Biale oder Vishnitz.

http://chassidicstories.blogspot.com/2008/07/bnei-brak-die-andere-chassidische-welt.html

Großer Tag bei Chabad


Chabad Website



B"H

Heute ist der 3. Tammuz und für die Lubawitscher Chassidim (Chabad) bedeutet dies die Yahrzeit (Sterbegedenktag) des letzten und im Juni 1994 verstorbenen Rebben Menachem Mendel Schneerson.
Aber nicht alle sagen "Yahrzeit" und nicht alle sagen "verstorben", denn die Meschichisten innerhalb von Chabad glauben, dass der Rebbe noch lebt und am 3. Tammuz nur unsichtbar wurde und in eine andere Dimension verschwand, um später offiziell als Meschiach zurückzukehren.

Wie auch immer, alle Chabadnikim, Meschichistim und auch nicht, haben heute ihre großen Events zum 3. des jüdischen Monat Tammuz. Konzerte und Rebbevideos überall. Die Meschichistim sind in Bat Yam bei Tel Aviv zu finden. Um 19.00 Uhr startet dort einen riesen Event. Eintritt: 10 Schekel (2 Euro).

Die Tel Aviver Nicht - Meschichisten sind in der Yoshua Bin Nun Street zu finden, aber auch in der Chabad - Synagoge, in der ich gestern früh am Schabbatg - ttesdienst teilnahm, geht etwas ab. Abends wird ein Rebbevideo gezeigt und Musik gibt es auch.

Schon gestern mittag nach dem G - ttesdienst wurden wir alle zum Kiddusch (Segnung des Weines) eingeladen. Die Chabad - Synagoge in der Tel Aviver Ba'alei Malka Street (parallel zu Sheinkin) hatte sich mächtig in Unkosten gestürzt und das Essen per Catering anrollen lassen. Leider bekamen nur die Männer den Wodka ausgehändigt und wir Frauen mußten uns mit etwas Wein zum Kiddusch begnügen. Danach gab es Salate, Fisch, Humus, Cracker und Tscholent. Nicht viele Leute besuchen die Synagoge an der Sheinkin, dem absolut säkulerem Gebiet Tel Avivs.

Der Chabad - Rabbi redete sich während des Essens so richtig in Fahrt mit den Stories vom Lubawitscher Rebben. Dabei war ich mit die Einzige, die ihm zuhörte, denn alle anderen waren busy mit dem Essen. Von daher habe ich dann auch gleich meine tägliche Portion Hirnwäsche mitbekommen. Nichtsdestotrotz, mir hat es sehr gut gefallen und immer wenn ich in der Nähe bin, besuche ich diese Chabad Synagoge. Vor allem, weil die Leute total freundlich und offen sind. Selbst abends ging ich nochmals zum Pirkei Avot (Sayings of the Fathers) - Shiur (Unterricht) zurück. Dort ging es dann auch ganz und gar um Rebbe Schneerson.

Das hat mir dann auch gleich einen Weg gespart, denn ich fahre heute abend nicht raus nach Bat Yam zu den Meschichisten. Stattdessen bin ich zwei Tage lang in Jerusalem einen Artikel sowie einen Vortrag vorbereiten. Aber vor Chabad gibt es nun einmal kein Entkommen, denn selbst in den Tageszeitungen fahren sie heute seitenweise große Anzeigen auf.

Chassidischer Tisch bei Chassidut Nadvorna

B"H

Den gerade ausgeklungenen Schabbat habe ich teilweise in der haredischen Stadt Bnei Brak (bei Tel Aviv) verbracht. Hierüber werde ich im laufe des Tages einen detaillerten Artikel verfassen.

u.a. habe ich am chassidischen Tisch der Chassidut Nadvorna teilgenommen und ich muss sagen, dass dies einer der besten chassidischen Tische ist, an denen ich jemals teilnahm. Die Frauen sind sehr hilfsbereit und total nett und offen.

Nichtsdestotrotz, Chabad hat heute seinen grossen Tag, denn es ist die Yahrzeit (Sterbegedenktag) des letzten Rebben Menachem Mendel Schneerson. Gestern schon nahm ich an einem der in diesen Tagen zahlreich stattfindenden Events teil.

Vorab aber ein paar Photos und ein Video der Chassidut Nadvorna aus Bnei Brak.


Tu Be'Shvat bei Chassidut Nadvorna / Bnei Brak









Donnerstag, Juli 03, 2008

Schabbateinladungen in Mea Shearim

B"H

Zum Thema "Schabbateinladungen in Mea Shearim":

http://chassidicstories.blogspot.com/2008/07/mea-shearim-bt-vorsicht.html

Derzeit schaut es so aus, dass chassidische Familien bzw. Rebben aus Mea Shearim nur Yeshivaleute zu sich nach Hause zum Schabbat einladen. Es sei denn, man kennt dort einige chassidische Familien.

Der schlimmste Kampf

B"H

Vorherige Definierung:

"Off – the – derech"


"Off – the – derech" sein bedeutet, sich vom jüdisch – relig. Leben etwas entfernt zu haben. Zuvor lebte jemand absolut religiös und war entweder nationalrelig. oder haredisch (ultra – orthod.).

Wörtlich übersetzt heißt "off – the – derech" – "vom Wege abgekommen", wobei DERECH das hebräische Wort für WEG ist.


Nehmen wir einmal an, Du bist ein wenig "off – the – derech", aber vorher warst Du Haredi (Ultra – Orthod.); Haredi mit so richtig allem Drum und Dran – fromm (frum), Yeshiva (relig. Schule für Jungen), Seminaren (relig. Schule für Frauen) und allem anderen. Jetzt bist Du, etwas mehr oder weniger, "off – the – derech", aber nichtsdestotrotz glücklich mit Deinem Leben. Und weiter nehme ich einmal an, dass ausgerechnet ein Problem Dir großes Kopfzerbrechen bereitet. "Ich bin "off – the – derech", doch vielleicht nicht "zu – sehr".

Die meisten Leute, die das relig. Leben für eine Weile in den Hintergrund stellen, müssen einen neuen Weg finden, wie sie die Zukunft meistern wollen. Inwieweit sollte ich in der Religion involviert sein und inwieweit nicht ? Falls ja involviert, welche Thoramitzwot sollte ich einhalten und was ist mir persönlich wirklich wichtig ? Ist es mir wichtiger glücklich und gleichzeitig religiös zu sein oder ist es mir wichtiger, immerhin religiös, aber nicht unbedingt happy dabei zu sein ?

Vielmals bedeutet die Variation "religiös und happy" für einen "off – the – derech – Fall" das Eingehen von Kompromissen. Nicht, dass jemand mit voller Absicht die Thoramitzwot mißachtet, aber nennen wir es "die Thoramitzwot etwas leichter zu nehmen". Toleranter und offener mit sich selbst sein, anstatt depressiv, launisch und verbissen durch die Gegend zu laufen. Alles etwas leichter nehmen veranlasst meistens die Leute die Religion mit ganz anderen Augen zu betrachten. Mit mehr Energie, neuem Elan und mehr Lust auf G – tt und allem Drumherum.

Keineswegs sage ich hier, dass jemand die Thoramitzwot völlig mißachten soll, nur um mehr Energie und Lust auf G – tt zu bekommen. Dennoch, toleranter und offener gegenüber sich selbst zu sein gibt einem neue Energien und man verfällt nicht in irgendeinen Selbsthaß aus lauter Frust darüber, wieder einmal nicht in der Lage gewesen zu sein, ein richtig relig. Leben geführt zu haben.

Der schlimmste Kampf spielt sich immer in einem selbst ab und nicht mit Rabbinern oder der relig. Umwelt. Schuldgefühle und die Unsicherheit, was und wie man alles in der Zukunft handhaben soll.

"Wie religiös sollte ich sein oder wie religiös sollte ich sein ?" Habe ich nicht in Yeshivot bzw. Seminaren gelernt ? Hat man uns dort nicht gelehrt, dass je mehr Halachot wir kennen, desto mehr wir einzuhalten haben ? Und wenn wir soviel wissen und es nicht einhalten, werden wir dann nicht von G – tt bestraft ? Wenn ich erst einmal viel gelernt habe, dann muß ich es auch einhalten. Ein Am HaAretz (Ignorant oder ein Jude, der sich in der Reliion nicht auskennt) hingegen erfährt diese Bestrafung nicht, denn er kannte ja all die Halachot gar nicht.

Sollte ich also "off – the – derech",
aber immer noch "on – the – derech" sein,
nur um auch "on – the – derech" zu bleiben ?

Ich bin der Meinung, dass man vorrangig einen Weg für ein gewisses Gleichgewicht ausarbeiten sollte. Niemals sollte das relig. Leben voll und ganz aufgegeben werden und niemals sollte die Verbindung zu den Haredim einschlafen. Persönlich haben mir gerade die Ratschläge vieler Haredim weitergeholfen. Haredim, die absolut nichts vom säkuleren Leben wußten, geschweige denn irgendwelche "off – the – derech – Probleme" hatten. Es mag sich seltsam anhören, doch gerade deren Ratschläge waren für mich überaus hilfreich.

Die zweite Seite des Gleichgewichtes ist, eine gewisse Distanz aufzubauen und einfach einmal rauszugehen und alles für einige Stunden hinter sich zu lassen. Die Natur geniessen, ins Kino zu gehen, spazieren zu gehen und dergleichen. Oft sind wir dermassen in uns selbst gekehrt, dass wir gar nichts Anderes auf der Welt mehr sehen außer uns. Wenn Du das richtige Gleichgewicht für dieses Leben, das manchmal sogar in zwei unterschiedlichen Welten leben, erfolgreich herausfindest, dann besteht die Möglichkeit wieder "on – the – derech" zu kommen. Und dieses Mal vielleicht ohne innere Zwänge, ohne Frust und dem fanatischen Streben nach der bekannten 100%igen Perfektion, aber dafür umso zufriedener und glücklicher mit Dir selbst.


Links:

Meine persönliche "off - the - derech - Erfahrung"

Kleine Pause

B"H

Auf meinen Blogs lege ich bis Montag oder Dienstag eine kleine Pause ein. Ich fahre kurz in den Norden in die ehemals kabbalistische Stadt Safed, was mich aber nicht hindert, am Sonntag abend zum Meschichisten - Kongreß bei Chabad teilzunehmen.

Außerdem will ich die kurze Auszeit dazu nutzen, mit vielen Haredim zu sprechen und einige Artikel zur jüdischen Heschichte und zu Chabad ausführlich vorzubereiten.

Schabbat Schalom

Schabbat in Bnei Brak

B"H

Fast meinen gesamten Schabbat werde ich in der haredischen Stadt Bnei Brak bei Tel Aviv verbringen. Ich plane einen Besuch in der Synagoge der Satmarer Chassidim und will zu einigen chassidischen Tischen gehen. Gruppen, bei denen ich noch nicht war.

Es wird sich interessant und ich freue mich darauf Bnei Brak zu erkunden.

Schabbat Schalom an alle !!!!

Parashat Chukat

B"H

Die Thoralesung für diesen Schabbat

Die neue Parasha beginnt mit einem Paradox. Wahrscheinlich ist es das größte und berühmteste Paradox in der gesamten Thora und sogar der weise König Salomon (Shlomo HaMelech) verzweifelte an der Logik. Normalerweise erklärte G - tt Moshe die Gründe und die Logik sämtlicher Thoragesetze, doch in der Midrash lesen wir, dass als Moshe G - tt nach der Bedeutung der Parah Aduma, der Roten Kuh fragte, er keine Antwort bekam.

Die Parasha heißt Chukat und Chukat steht für Gesetze, die wir mit unserem eingeschränkten menschlichen Verstand nicht zu fassen in der Lage sind.

G - tt trägt Moshe auf, eine Rote Kuh (Parah Adumah) ohne jegliche Schönheitsfehler zu finden und sie in einem bestimmten Ritus durch Priester (Cohanim) verbrennen zu lassen. Danach wird die Asche der Kuh mit Wasser vermischt und unreine Menschen sowie Tempelgegenstände (Geschirr) werden, nachdem sie mit dem Wasser in Berührung gekommen sind, wieder rein. Körperlich genauso wie in ihrer Seele (Neshama). Allerdings wird derjenige, der den Verbrennungsprozess ausführt, dadurch unrein. Und genau darin besteht das Paradox. Wie kann etwas, das eigentlich rein (tahor) macht, andere wiederum unrein (tamei) machen ?

Hierzu gibt es viele Kommentare, doch eine erklärende Antwort haben wir nicht. Anscheinend soll uns diese Mitzwa (Gesetz) deutlich machen, dass unser menschlicher Verstand im Gegensatz zu G - ttes allumfassendes Wissen nur sehr eingeschränkt funktioniert. Nicht alles was G - tt tut oder entscheidet, liegt in unserer Kraft es auch logisch nachzuvollziehen. Die Logik ist vielleicht unser großes Problem, denn wir wollen alles logisch beantwortet haben und wehe dem, wenn es einmal nicht so funktioniert.

Die Mitzwa der Roten Kuh, selbst wenn sie uns unverständlich ist, dürfen wir laut der Gemara im Talmud Traktat Yoma 67b nicht kritisieren. Dort heißt es, dass dieses spezielle Gesetz von G - tt stammt und wir keinerlei Recht zur Kritik daran haben.

Insgesamt wurden in der jüdischen Geschichte nur neun Rote Kühe verbrannt. Die erste in der Zeit Moshes und die letzte vor der Zerstörung des Zweiten Tempels. Es heißt, dass die zehnte Rote Kuh vom Meschiach verbrannt wird.

Rabbi Zadok HaCohen von Lublin betrachtet die Mitzwa der Roten Kuh als Tikun (Reparatur der Seele) für das Goldene Kalb (siehe hierzu auch das Buch Noam Elimelech und die Tosafot).

Was ist die eigentliche Bedeutung der Mitzwot (Gesetze), die uns G - tt in der Thora aufgetragen hat ? Warum das alles ?

In der Chassidut wird als Hauptgrund angegeben, dass wir anhand der Erfüllung der Mitzwot eine Devekut (Nähe) zu G - tt erreichen. Wir können G - tt jedoch nur nahe sein, wenn wir uns in einem reinen Zustand befinden (Buch Magen Avraham), wo wiederum die Rote Kuh mit ihrem Reinigungsprozess ins Spiel kommt. Einen sehr interessanten Kommentar zur Roten Kuh fand ich bei Rabbi Samson Raphael Hirsch. Rabbi Hirsch vergleicht die Roten Kuh und deren spätere Asche mit den zwei menschlichen Eigenschaften; der tierischen und der g - ttlichen. Die Tierische steht für die sogenannte "physical world" und die G - ttliche für die sogenannte "upper world". Unser weltlicher Körper, ausgedrückt durch die Kuh, wird sterben, aber unsere Seele (Neschama), ausgedrückt durch die Asche, wird für alle Ewigkeiten weiterleben. Das Verbrennen der Roten Kuh mußte außerhalb des Lagers der Israeliten bzw. später zu Tempelzeiten außerhalb der Tempel stattfinden. In der Ära des Zweiten Tempels wurde die Kuh auf dem Ölberg verbrannt. In einer Prozession wurde die Kuh dorthin gebracht. Auf dem Ölberg angekommen wurde die Kuh mit einem Seil aus Bast so an einen Pfahl gebunden, dass ihr Kopf nach Süden und ihr Gesicht nach Westen gerichtet war. Der Priester (Cohen) stand in Richtung Osten und mit dem Gesicht nach Westen. Er schlachtete sie mit der rechten Hand und fing das ihr Blut mit der linken Hand auf (Talmud Parah, Mishna 9).

Seit der Zerstörung des Zweiten Tempels sind wir in der Ausführung unserer Mitzwot sehr eingeschränkt. ca. 70 – 80 der ursprünglich 613 sind wir heutzutage in der Lage zu erfüllen. Alle weiteren bezogen sich auf den Tempeldienst und die Cohanim (Tempelpriester). Auch die Mitzwa der Roten Kuh gibt es derzeit nicht, sondern erst wieder nach dem dem Eintreffen des Meschiach.

Rote Kühen selbst sind vielen Wissenschaftlern ein Rätsel. Wie genaue sahen die Kühe aus und wie kam es überhaupt, dass sie damals existierten und heute nicht ? Vor einigen Jahren glaubte man, in der Nähe von Haifa eine solche Rote Kuh entdeckt zu haben. Schon meinten viele, dass dann der Meschiach nicht mehr weit sei. Die Euphorie wurde jedoch schnell gedämpft, denn die Rote Kuh war nicht perfekt wie vorgeschrieben. Sie hatte einige schwarze Haare in ihrem ansonsten so roten Fell, was sie unkoscher fuer ein Verbrennen machte.

Der Parashainhalt der Roten Kuh, sowie der Tod von Miriam und ihrem Bruder Aharon sollten uns an diesem Schabbat etwas nachdenklich in bezug auf unser eingeschränktes Wissen und unsere Sterblichkeit stimmen.

Schabbat Schalom