Dienstag, Mai 20, 2008

Fehleinschätzungen

B"H

Wie erlerne ich das Judentum ?

Ganz einfach, ich kaufe mir ein wenig Literatur, schaue mir hier und da einen TV - Bericht an, melde mich ggf. bei der Volkshochschule zum Hebräischanfängerkurs an, surfe zwecks Infos durchs Internet und lese dabei unter anderem diesen Blog.
Letzteres ist vielleicht gar nicht einmal so schlecht, denn ich versuche auf jüdische Themen einzugehen, die ansonsten weniger oder gar keine Erwähnung im deutschsprachigen Raum finden.

Wer, wo auch immer, jemals an einigen professionellen Schiurim (relig. Vorträge) teilgenommen hat bzw. sogar in einer Yeshiva lernt / lernte, dem ist zur Genüge die Vielfältigkeit des Judentums bekannt. Tausende von Themengebiete, Bräuche, Kommentare, Literatur. Kurz gesagt, das Thema "Judentum" ist unerschöpflich.

Allerdings sollte derjenige, der sich frisch entschließt zu lernen, etwas Struktur in sein Vorgehen bringen. Die Mehrheit rennt sofort los und sucht im Talmud oder der Kabbalah, ohne zu wissen, was das eigentlich genau ist. Man hört halt irgendwo vom mystischen Buch "Zohar" und will sofort dabei sein. Dass insbesondere Kabbalah und Talmud einen langwierigen Lernprozeß voraussetzen, ist dabei den wenigsten bekannt und falls ja, meint man, dass einen selbst das nicht betreffe. Und so kommt es zu Überheblichkeit, wo kein wirkliches Wissen dahintersteht. Ich lese halt und kapiere es sofort, so meinen viele. Kann ja alles nicht so schwer sein.

Neulich beim Schabbatessen bei Rabbi Mordechai Machlis stand ein Nichtjude auf und versuchte, eine kabbalistische Rede zu halten. Normalerweise kann man an daneben geratenen Reden immer noch etwas reparieren; bei dem Typen jedoch war alles aus. Der Rabbi unterbrach ihn und forderte jemand anderen zum Reden auf.
Anscheinend hatte der Typ Bücher gelesen, nichts begriffen und alles bunt durcheinander gewürfelt. Ohne professionelle Lehrer oder Lerninstitut wie Yeshiva geht in den meisten Fällen eh nichts. Ein Selbststudium ist nur dann angebracht, wenn man schon einige Yeshivajahre hinter sich hat. Manchmal geht mir so, dass ich ein Buch aus der Hand lege, weil ich es nicht verstehe. Zwischenzeitlich beschäftige ich mich mit anderen Themen und wenn ich dann irgendwann später einmal besagtes Buch wieder in die Hand nehme, stellt sich alles als viel einfacher heraus.

Wo man beginnen soll ?
Sicher NICHT mit der Kabbalah und dem Talmud.
Der einfachste Weg ist immer die Thora. Für einige mag sich das schon öde anhören. Was "nur" Thora ?

Ja, was denn sonst ? Die Thora wurde den Juden von G - tt gegeben und ist das A und O unserer Religion. Und gerade sie enthält alles Erforderliche auf der Welt. Wer von der Mystik einfach nicht ablassen kann, der lerne die erste Thoralesung "Bereshit - Genesis". Von der Welterschaffung bis hin zu den Generationen Adam und Evas (Chavas). Und wem das wieder alles zu leicht erscheint, der erkläre mir doch bitte einmal Raschis Kommentar zur Welterschaffung. Den ersten Raschi in der Thora.

Judentum erlernt sich nicht von heute auf morgen. Als ich begann, mich ernsthaft mit dem Chassidismus auseinanderzusetzen, so war die Literatur nur ein Sprungbrett. Was nützt mir alles Gelernte, wenn ich keine Praxis, sprich keinen Umgang mit Chassidim habe. Genauso verhält es sich mit dem Judentum. Voraussetzung ist ein Umgang mit mehr oder weniger relig. Juden und eine Einhaltung der Mitzwot (Thoragesetze) bei Juden wäre angebracht. Dabei nämlich wird mir oft viel klarer als in einem Schiur.

Klar, hat ein jeder von uns seine Lieblingsthemen und solche, die er lahm findet. Vor allem zu Beginn muß man sich zumindest eine gewisse Basis aneignen, die einem später immer wieder zu Gute kommt. Was nützt mir das Wissen um Seelenwanderungen, wenn ich nicht weiß, an welchen Tagen ich das "Ya'ale ve Yavo - Gebet" in das "Birkat HaMazon - Grace after the Meal" einschieben muß.

Trotzdem: Viel Spaß beim Lernen !!!

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