Ehrlich gesagt wollte ich viel mehr zur dieswöchigen Thoralesung TOLDOT schreiben, doch dann überschlugen sich die Ereignisse. Aus dem Gazastreifen flogen allein heute mehr als Hundert Raketen auf Israel und somit gewann dieses Thema an Priorität. Besonders dann als bekannt wurde, dass in der Kleinstadt Kiryat Malachi drei Menschen bei einem Raketenangriff ums Leben kamen. Bei den Toten handelt es sich um eine Chabad (Lubawitsch) Familie, welche eigentlich nur zu Besuch war. Man war extra aus Indien angereist, wo die Familie als Chabad – Schaliach fungiert, um das erwartete Baby in Israel zur Welt zu bringen.
Das Geschehen in der Parashat Toldot wird hauptsächlich von Yitzchak, seiner Frau Rivka (Rebekka), Yaakov sowie dem bösen Bruder Esav bestimmt. Rivka sorgt dafür, dass Yitzchak dem Yaakov den Segen des Erstgeborenen gibt und nicht dem
eigentlichen Erstgeborenen Esav. Rivka ahnte die Konsequenzen voraus und auch G – tt war hier mit im Spiel und sorgte passiv für den Ausgang des Geschehens.
Der SEFAT EMET (ein ehemaliger Rebbe der chassidischen Gruppe Gur, Rabbi Yehudah Aryeh Leib Alter, 1847 - 1905) sieht immer wieder den "versteckten G - tt" in dieser Thoralesung. Nicht nur dort, sondern genau so in unserem Leben. In allem, was wir tun und was uns wiederfährt hat G – tt Seine Hände mit im Spiel. Warum wir gerade den Job nicht bekommen oder nicht in der Lage sind, uns das neueste begehrte Auto zu kaufen.
G – tt allein weiss, was gut für uns ist und vielleicht ist der angestrebte Job gar nicht so toll für uns. Durch Seine versteckten Handlungen gibt G – tt uns vielleicht einen Hinweis darauf, dass Er die Fäden in der Hand hält. Unsere Aufgabe jedoch besteht darin, den versteckten G – tt überall ausfinding zu machen und Ihm näherzukommen.
Der Unterschied zwischen Ihm und uns besteht darin, dass Er auf das Gesamtbild unseres Lebens schaut und wir lediglich einen kleinen Teil zu sehen vermögen. Wenn sich im laufe des Lebens alles wie ein Puzzle zusammenfügt, erkennen wir den versteckten G – tt, der uns eigentlich hat nur auf den richtigen Weg bringen wollen.
Heute früh hatte ich etwas im ultra – orthodoxen Stadtteil Jerusalems, Mea Shearim, zu erledigen und auf meinem Weg durch den Stadtteil machte ich ein paar Photos.
Rosh Hashana ist gerade einmal vorbei, Yom Kippur steht in der kommenden Woche an und in knapp zwei Wochen erst feiern wir Sukkot (das Laubhüttenfest). Der Kommerz um Letzteres ist jedoch schon in vollem Gange.
Kapparot Mitteilung an einer Hauswand Zu den vor Yom Kippur traditionellen Kapparot gehe ich gesondert ein. Grob umschrieben handelt es sich um einen Brauch, den ein Jude entweder per Huhn oder mit Geld ausübt. Alles dient dazu, seine eigenen Vergehen zu bereuen und vor Yom Kippur vor dem G - ttesgericht positiver dazustehen.
Sukkah in Yoel Street (Mea Shearim)
Am Kikar Supnik / Supnikplatz baut die chassidische Gruppe Dushinsky eine gigantische Sukkah.
Eine "Balkon" Sukkah (Laubhütte) zum anstehenden Sukkot (Laubhüttenfest) in Mea Shearim Street / Jerusalem
Die chassidische Gruppe GUR (jiddisch: Ger) hielt offenbar in ihrer Beit Midrasch (Lehrhaus) ein ziemliches wildes Rosh Hashana Festmahl ab. Jedenfalls wurde der Abfall auf dem Gehsteig gegenüber entsorgt.
Eine der vielen Sukkot (Laubhütten) der chassidischen Gruppe Gur in der Sefat Emet Street / Jerusalem.
An diesem Schabbat wird in den Synagogen der Thoraabschnitt SCHLACH LECHA gelesen. Im Wesentlich geht es dabei um die Spione, die Moshe aussandte und welche zurückkehrten und ausschliesslich Negatives über Israel (damals Canaan) berichteten. Unterschiedliche Thorakommentare berichten von zahlreichen Beweggründen, ob die Spione dies absichtlich taten oder ob sie ganz einfach nur in gutem Glauben die negativen Punkte auflisteten.
G – tt selbst hatte Moshe gar nicht beauftragt, die Spione auszusenden. Vielmehr hatten dies die Juden selbst eingefordert und letztendlich gab Moshe nach. Was sich im Nachhinein als schwerer Fehler herausstellten sollte. Deswegen bedeutet SCHLACH LECHA übersetzt SENDE ZU DIR, SENDE DIR, womit G – tt deutlich machte, dass Moshe die Spionage auf seine eigene Verantwortung entsandte.
Der Sefat Emet (Rabbi Yehudah Aryeh Leib Alter, ein früherer Rebbe der Chassidut Gur, 1847–1905) bringt in seinem Thorakommentar einen interessanten Gedanken. Nämlich, dass für die Juden die Zeit noch nicht reif war, ins Gelobte Land einzuziehen. Aus welchen Gründen auch immer.
Dasselbe geschieht mit unserem eigenen Exil (der Galut): Wenn die Juden bereit sind, zu G – tt zurückzukehren, wird G – tt auch dafür Sorge tragen, dass der Meschiach sehr schnell erscheint. Zuerst mag alles äußerst langatmig und fast hoffnungslos erscheinen, doch plötzlich geht alles Knall auf Fall.
Genau so wie bei den Juden, die erst 40 Jahre lang durch die Wüste wanderten, um dann recht schnell in Israel einzuziehen. Kabbalisten meinen hierzu unter anderem, dass diese 40 Jahre wie ein Reinigungsprozess wirkten. Damit die Juden von all ihren Sklavereigedanken abkamen, die sie aus Ägypten noch mit sich trugen. Ferner war die Mehrzahl der Juden, die nach den 40 Jahren in Israel einzog, Mitglied einer neuen Generation. Die meisten der alten Generation waren in der Wüste gestorben.
Dies nur so als kurze Idee, doch stellt sich die wichtige Frage, ob die Juden sowie Moshe nicht ihren G – ttgegebenen FREIEN WILLEN benutzen ? Die Juden, indem sie die Entsendung der Spione forderten und Moshe, indem er letztendlich nachgab und zustimmte. Und waren es nicht auch die Spione selbst, die ihren FREIEN WILLEN benutzen und sich entschlossen, nur alles Negative bezüglich Israel aufzulisten ?
Hing also alles nur am FREIEN WILLEN oder war es ein G – ttgewollter Plan ? Wenn wir unseren FREIEN WILLEN nutzen, dann sollten wir dies mit Chochmah (Weisheit) tun und nicht gemäss unseren eigenen Lebensvorstellungen richten und entscheiden. Letzteres nämlich veranlasste die Spione, ihren einseitig negativen Bericht abzuliefern.
Chassidut GUR (Jiddisch: GER) ist die größte chassidische Gruppe Israels. Jedoch nicht die größte chassidische Gruppe der Welt, denn das sind die Satmarer Chassidim.
Der Gerrer Rebbe wohnt im haredischen (ultra – orthodoxen) Teil der Stadt Bnei Brak (bei Tel Aviv), doch die größte Gerrer Beit Midrasch (Lehrhaus) samt Synagoge befindet sich in Jerusalem. Spricht man mit einem Gerrer Chassid über die Belzer Chassidim, dann kommt sofort das Konkurrenzgehabe auf: Weder ein Belzer noch ein Vishnitzer Chassidi seien so wichtig wie die Chassidut Gur” in Israel.:-)
Gur ist eine streng geführte chassidische Gruppe mit ebenso strengen internen Regeln. Allzu viele Außenstehende begehen stets den Fehler nur auf die Toldot Aharon, Satmar oder sonstige Mitglieder der in Mea Shearim (Jerusalem) ansässigen antizionistischen Dachvereinigung “Edah HaCharedit” zu schielen. Dass seien dann ja wohl die Radikalsten”. Falsch gedacht, denn die Chassidim von Gur stehen all dem nicht nach. Nur vielleicht nicht so offensichtlich, denn sie sind durch einen ihrer Chassidim namens Yaakov Litzmann in der Knesset vertreten.
Die besten Bücher über Gur verfasste der Gerrer Chassid Yitzchak Alfassi, der auch an der Tel Aviv University lehrte. Die wichtigsten Rebbes der Gerrer sind der einstige große Talmudkommentator “Chiddushei HaRim” sowie der Thorakommentator “Sefat Emet”.
Gur ist eine absolut geschlossene Gesellschaft und niemand von außen wird in die Innenwelt der Gerrer vordringen. Selbst den Gerrer Frauen ist es untereinander untersagt, sich über ihren Ehen zu unterhalten.
Vor einigen Jahren lernte ich einen deutschen aus meiner Heimatstadt Nürnberg stammenden Gerrer kennen, der zum Judentum konvertiert worden war und sich der Chassidut Gur angeschlossen hatte.
One of the greatest religious problems is that people fear having a relationship with God and consequently distance themselves from Him. Just as angels serve God without fear despite their lower status in comparison to God, so too human beings should take their model (walk amongst them) and not be afraid of developing a relationship with God and serving Him. This represents a wholeness that we as human beings are capable of only if we think of ourselves as walking amongst angels. (Sfas Emes, Parshat Beha'alotecha 5636)
Bei dieser Aussage des Sefat Emet kommt mir stets meine eigene Realität in den Sinn, denn auch ich ziehe mich bei gewissen Annäherungen an G – tt immer wieder gern zurück. Schon allein aus der Angst heraus, dass mir gerade DASS wieder passiert. Und aus diesem Grund lebe ich in Tel Aviv und nicht mehr in Jerusalem.
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Photo: Miriam Woelke
Einer meiner chassidischen Lieblingskommentatoren zur Thora ist der Sefat Emet, Rabbi Yehudah Aryeh Leib Alter, 1847 - 1905. Zur dieswöchigen Parashat Vayechi gibt er hervorragende Insights:
"Yaakov lebte in Ägypten" (Gen. 47:28).
Mit der Charaktereigenschaft der "Emet - Wahrheit" war Yaakov imstande, sogar in Ägypten zu leben. "Wahrheit" im chassidischen Sinne bedeutet eine emotionale und ernsthafte Hingabe zur Thora und zu G - tt. Ohne jegliche Hintergedanken, nach Erfolg oder Anerkennung zu streben.
Mit der Charaktereigenschaft der Wahrheit (Emet) war Yaakov wirklich am Leben, bedeutet, dass es ihn zur Wurzel und somit zu dem zog, was uns alle am Leben erhält. Nichts auf dieser Welt, noch nicht einmal das Leiden, sollte uns davon abhalten, uns G - tt versuchen zu nähern. Egal, wo wir uns befinden.
Obwohl er in Ägypten lebte, war sich Yaakov darüber im klaren, dass das gesamte Land nur eine einzige verborgene "Schale" innerhalb der g - ttlichen Lebenskraft war. Darum sagen uns Weisen, dass die Bösen schon zu Lebzeiten "tot" sind. Eben weil sie von dieser Lebenskraft abgetrennt sind.
Raschi kommentierte Yaakov in der Parasha dabei war, uns das Ende zu prophezeihen; nämlich den Zeitpunkt, wann der Meschiach eintreffen wird. Yaakov war auf der Höhe des Prophezeihungslevels als er zu kurz vor seinem Tod zu seinen Söhnen sprach. Letztendlich aber wurde die Fähigkeit der Prophezeihung von ihm genommen, denn anscheinend wollte G - tt nicht, dass die Menschen alles im voraus erfahren.
Yaakov wollte klarstellen, dass die Diaspora (Galut) nur auf verborgener Basis stattfindet und das die Kraft, die dahintersteht, von G - tt kommt. Wäre dies jedoch publik geworden, dann hätte es wahrscheinlich keine Diaspora gegeben und somit bekamen wir von Yaakov mehr oder weniger versteckte Hinweise.
Der kabbalistische Zohar lehrt uns, dass Yaakov prophezeihte, was er wollte, nur fand dies auf einer verborgenen Art und Weise statt. Anhand von Metaphern sowie Andeutungen.
_________________________ Quelle:
"The Language of Truth" The Torah Commentary of the Sefat Emet Übersetzt und interpretiert von Arthur Green
Die zwei chassidischen Gruppen Gur und Belz sind aktive Mitglieder der Knessetpartei "Yahadut HaTorah" und haben dadurch auf Israel einen immensen Einfluss. Das allein aber besagt nicht, dass die zwei Gruppen sowohl als auch andere Chassidim, welche die Partei wählen, nun der zionistischen Idee des Staates Israel zustimmen. Ganz im Gegenteil, denn die Mehrheit der Haredim (ultra – orthodoxe Juden) ist gegen den offiziellen Staat Israel, hat sich aber mit ihm arrangiert. Jedenfalls solange bis der Meschiach kommt.
Durch die haredischen Parteien in der Knesset kommt einiges an Religion in das sonst so säkulere Parlament und so kann von innen heraus Einfluss genommen werden, damit auch die haredische Bevölkerung zu ihrem Recht kommt udn das Land nicht ganz gegen die Religion agiert.
Die antizionistische Neturei Karta (im Video protestiert die NK Niederlassung in New York) sieht das alles, wie immer, anders und bezichtigt Belz und Gur, mit den Zionisten zusammen zu arbeiten.
Mea Shearim Besucher sind nicht selten vollkommen fasziniert und überwältigt vom berühmten ultra – orthodoxen Stadtteil Jerusalem. Nur kurz nebenbei erwähnt: Es gibt zahlreiche weitere ultra – orthodoxe Stadtteile und nicht nur Mea Shearim.
Eine chassidische Gruppe zieht die Aufmerksamkeit recht stark auf sich und das sind die “Toldot Aharon”.
Sei es, weil die Toldot Aharon als absolut extrem bekannt sind. Wobei sie sicher nicht die Extremsten im Stadtteil darstellen !
Vielleicht ist es die besondere Kleidung, welche aus der alten “Yerushalmi Tracht” hervorgeht. Die geheimen internen Gesetze oder der interne Zusammenhalt der Gruppe. Abgeschottetes und Fremdes übt anscheinend eine Faszination aus.
Und so glauben viele Besucher, darunter sogar israelische Studenten oder Uniprofessoren, die Toldot Aharon ergründen zu müssen. Geheimes ans Tageslicht zu bringen, denn das wiederum bringt dem Autor Ruhm und Geld.
Und genau damit liegt der Wissbegierige falsch, denn innerhalb der haredischen (ultra – orthodoxen) Gesellschaft zieht eine ganz andere Gruppe die Aufmerksamkeit auf sich und sie ist nicht weniger geheim als die Toldot Aharon. Die Rede ist von der chassidischen Gruppe GUR, der größten Chassidut in Israel. Als Außenstehender etwas über Gur herauszufinden ist geradezu ein Ding der Unmöglichkeit. Trotzdem küren die Gerrer Chassidim (GER = die jiddische Aussprache von GUR) die Schlagzeilen, denn sie sind reich und mächtig im Land. Einer ihrer Chassidim, Yaakov Litzman, ist Minister und die von Gur eingenommene Partei YAHADUT HATORAH ist Teil der Regierungskoalition mit Netanyahu.
Chassidut GUR
Derzeit aber machen die Gerrer anderweitige Schlagzeilen, denn es geht einmal wieder um den Zwist zwischen der Gruppe und der antizionistischen Dachorganisation “Edah HaCharedit” aus Mea Shearim. Gur plant einen Gebäudekomplex abzureissen und auf dem Grundstück ein haredisches Shopping Center zu errichten. Die Rede ist von dem kleinen Stadtteil “BATE’I WARSHA”. Zwischenzeitlich kommt es immer wieder zu Prügeleien zwischen den rivalisierenden Gruppen, denn Gur besitzt die Warschau – Häuser und versucht mit allen Mitteln die Mieter rauszukriegen. Die Mieter aber sind zumeist Angehörige der Edah sowie anderer Mea Shearim Gruppen.
Es sind gewiss nicht immer extreme Gruppe, welche der Aufmerksamkeit bedürfen.
Auf meinem englischen Blog berichte ich regelmässig über die Attacken auf die religiöse Buchhandlung OR HACHAIM im ultra – orthodoxen Stadtteil Mea Shearim / Jerusalem. Seit Wochen wird die Buchhandlung, deren Besitzer zwei Chassidim der Chassidut Gur sind, attackiert. Die Glastür wurde eingeschlagen und auch sonst herrscht recht oft Randale.
Warum ? Die Frage ist nicht einfach zu erklären. Grundsätzlich und sehr knapp gefasst:
Eine kleine Radikalogruppe genannt “Sikarikim” versucht in Mea Shearim die Oberhand zu gewinnen und terrorisiert die Bewohner des Stadtteiles. Alles soll nur noch absolut anständig zugehen und so wird von den Ladeninhabern der Umgebung verlangt, Anstandsschilder ins Schaufenster zu hängen. Frauen und Männer müssen anständig gekleidet sein, wenn sie den jeweiligen Laden betreten. Die Buchhandlung OR HACHAIM weigerte sich, dem Folge zu leisten und schon flogen die Steine. Ferner weigert sich die Buchhandlung, ihr englischsprachiges Buchsortiment zu streichen.
Heute war ich in der Buchhandlung und verfasste HIER einen kleinen Bericht !
“…she lo Asani Goi - …, dass G – tt mich nicht als Nichtjude erschuf”.
Teil des jüdischen Morgengebetes sind diverse Segen. In einem davon danken wir G – tt, uns nicht als Nichtjuden erschaffen zu haben. Dies geschieht nicht aus rassistischen Gründen heraus, sondern deswegen, weil ein Jude froh sein sollte, die Thoramitzwot erfüllen zu können und somit G – ttes Willen auszuführen.
Nichtjuden erhielten lediglich die “Sieben Noachidischen Gesetze” und keine Thoragesetze. Damit sind sie nicht verpflichtet, all die den Juden gegebenen Mitzwot auszuführen wie Schabbat, Kaschrut, Tefillin, Taharat HaMischpacha (Familienreinheit inkl. Mikwehgang), jüdische Feiertage, etc. Sieben Gesetze bestehen für Nichtjuden, dennoch sollte ein Jude stolz auf die Thoramitzwot sein und deren Einhaltung anstreben.
Es ist das erste Mal überhaupt, dass ich den Gerrer (Gur) Rebben so ausgelassen swingen sehe !
In dem hiesigen Zusammenhang wird das Wort "GOI" mit "Nichtjude" übersetzt. Allgemein aber bedeutet es "VOLK". In der Thora werden selbst die Juden als "GOI KADOSCH - Heiliges Volk" geschrieben.
Die erste der beiden Parashot, Parashat Tazria beginnt mit der Beschreibung der Unreinheit einer Frau, nachdem sie ein Kind gebar. Klingt irgendwie seltsam: Eine Frau bekommt ein Kind und nach der Geburt ist sie für eine bestimmte Zeit unrein. Der Ehemann darf sie noch nicht einmal anfassen. Scheint das nicht unfair nach all den Wehen und Anstrengungen ?
Rabbi Jonathan Eibeschuetz (geboren im Jahre 1690 in Krakau, verstorben im Jahre 1764 in Hamburg - Altona) führt in seinem Thorakommentar einen kabbalistischen Grund, basierend auf dem ZOHAR, auf. Alles gehe zurück auf Adam und Chava (Eva) aus dem Paradies, die da nicht gerade G - ttesergiebig vorgingen. Chava habe nicht nur mit der Schlange gesprochen, sondern auch noch Sex mit ihr gehabt und auf diese Weise sei Kain entstanden.
Was genau diese weit verbreiteten Ausführungen mit der Schlange, dem Sex und dem Dasein im Paradies (Gan Eden) wirklich bedeuten, weiss niemand. Die Thora dürfen wir diesbezüglich mehr symbolisch als wörtlich sehen und gerade das Konzept des Paradieses weiss niemand zu deuten. Handelt es sich hierbei um einen real existierenden Ort oder lediglich um einen höheren Bewusstseinslevel ? Nicht, dass Chava mit einer Schlange dalag und Sex hatte, sondern vielmehr ist das Konzept eine Anspielung auf ihr in dem Moment aufkommendes negatives Gedankengut. Durch das Verhalten von Adam und Chava wurde eine Geburt mit Tumah (Unreinheit) behaftet.
Rabbi Samson Raphael Hirsch kommentiert, dass wir Juden gemäss der Thora gewissen Verhaltensregeln unterworfen sind. Sobald wir, zum Beispiel, unkoscheres Essen verzehren oder mit bestimmten unreinen Dingen (u.a. diverse Tiere wie einer Eidechse oder mit Leichen von Menschen, Periode der Frau, etc.) in Verbindung kommen, wir uns entweder einem vorgeschriebenen Reinigungsprozess (u.a. die Mikweh - das Ritualbad oder einer Opferung im Tempel) unterwerfen oder wir einfach weitermachen und auf diese Weise unsere Seele schädigen und nicht nur in eine körperliche, aber gleichfalls auch spirituelle, Unreinheit (Tumah) verfallen.
Es wird zwischen mehreren Arten der Unreinheit unterschieden. Zum Beispiel der Niddah (eine menstruierende Frau), dem Ba'al Keri (ein Mann der während er schlief, einen unbeabsichtigen Samenerguss hatte oder eine gebärende Frau. Die hier in der Thora genannten Gesetze bezüglich der Tumah sowie dem Reinigungsprozess beziehen sich nur auf Juden !
Wieder einmal sollen uns die Gesetze der beiden Parashot "Moral" lehren. Eine Moral, welche uns die Thora vorgibt und uns vom Tier unterscheidet. Als G - ttes "Auserwähltes Volk" haben Juden die Aufgabe den anderen Nationen als vorbildliches moralisches Beispiel voranzugehen. (Nicht, dass uns das immer gelingt !).
Der Sefat Emet, Rabbi Yehudah Aryeh Leib Alter, ehemals Rebbe der Chassidut Gur (Ger), 1847 - 1905 in Polen, lehrt, dass sämtliche Erschaffungen einem Tikun (einer Seelenreparatur) unterliegen. Durch die Menschheit vereinen sich Erschaffung und das Kommen des Meschiach. Aufgrunddessen wurde der Mensch zuletzt erschaffen, damit er direkt in den Schabbat wechseln konnte. So wie es ursprünglich für Adam und Chava (Eva) im Paradies (Gan Eden) vorgesehen war. Zumindest vor ihrem Vergehen am Baum des Wissens (Etz HaDa'at). Der Schabbat und das Kommen des Meschiach gehören zusammen.
Die Welt und alles Notwendige der menschlichen Existenz wurde vorher erschaffen und erst dann trat der Mensch in Erscheinung. Somit ist alles Erschaffene ebenso zu einem kleinen Teil in uns enthalten, denn wir brauchen das Erschaffene, um zu existieren. Unsere erschaffene Umwelt ist der Körper und die Menschen stellen die Seele dar.
Die biblische Art des Lepra (Aussatzes) ist nicht zu vergleichen, mit dem was wir heute als Krankheit kennen. Die biblische Art fand zwar körperlich statt, doch beruhte sie stets auf einer spirituellen Unreinheit der Seele. Mit Vergehen beflecken wir die eigene Seele und unsere Aufgabe ist es, dem vorzubeugen und uns erst gar nicht in diverse Gefahren zu begeben.
Der "Sefat Emet", Rabbi Yehudah Aryeh Leib Alter, 1847 - 1905, ehemaliger Rebbe der Chassiut Gur, sagte seinerzeit:
Eines der größten religiösen Probleme ist, dass die Menschen angst davor haben, eine Verbindung mit G - tt einzugehen. Aus diesem Grunde entfernen sie sich von Ihm.
So wie die Engel ohne jegliche Ängste bezüglich ihres niedrigeren Status gegenüber G - tt dienen, so sollten Menschen sich an ihnen (den Engeln) ein Beispiel nehmen und sich nicht davor fürchten eine Beziehung zu G - tt einzugehen sowie Ihm zu dienen. Dieses repräsentiert ein Ganzes, welches wir Menschen nur dann in der Lage zu vollbringen, wenn wir uns selbst als derlei Engel betrachten.
Vor ca. 1,5 Jahren verliess sie die größte chassidische Gruppe Israels, die Chassidut Gur (Jiddisch: Ger) und lebt seither mit ihren zwei kleinen Kindern in Ramat Gan (bei Tel Aviv).
Seit zwei Jahren ist ihr persönlicher Blog in Israel ein Hit und im letzten Sommer wurde ein Film über sie vorgestellt, welcher einen Preis beim Haifaer Filmfestival gewann (siehe Video unten).
Erst seit ca. zwei Monaten lese ich Sarahs Blog. Ich bekam die Adresse von einer Bekannten, deren Arbeitskollegin wiederum den Blog regelmässig liest.
Sarah Einfeld hat eine wunderbare Art zu erzählen und meiner Meinung nach sollte sie ein Buch schreiben. Ihr Leben in der Chassidut Gur, ihre fünfjährige Ehe, ihre Scheidung und ihr Weggang aus der Gruppe. Ihre Eltern verweigern jeglichen Kontakt mit ihr. Eine Belastung sowohl als auch Schuldgefühle, die wiederum Depressionen hervorrufen.
Warum traf sich Sarah Einfeld mit mir ?
Ich nahm mit ihr Kontakt auf und bekam fast umgehend Antwort, mich besser zu identifizieren. Sie wollte sichergehen, dass ich kein Spion von Gur bin, nehme ich an.
Eine eingehendere Identifizierung hilft wenig und so erzählte ich Sarah so einiges aus meinem Leben in der haredischen (ultra - orthodoxen) Welt. Außerdem stellte ich ihr einige Fragen. Anders als Journalisten, die da nach einer Story gieren und vom eigentlichen Thema keine Ahnung haben. Ein Freund von mir, ein Chassid einer anderen Gruppe, sagte mir sogar, ich solle Sarah treffen, damit sie jemanden zum Reden hat. Dieser Meinung folgte wohl auch Sarah selbst, denn sie lud mich sofort zu sich nach Hause zum Schabbat ein. Leider war ich an dem Schabbat nicht in Tel Aviv und wir verschoben unser Treffen auf den letzten Mittwoch.
Am Telefon redet sie kaum mit Leuten, die sie nicht persönlich kennt, denn noch immer bleiben die Drohungen von Gur (ihr die Kinder zu kidnappen) in schlimmer Erinnerung. Und so traf ich sie letztendlich nach ewigen Telefonaten und Verschiebungen. Ich fuhr nach Ramat Gan hinüber und wir trafen uns in einem Cafe.
Das Erste, was mir auffiel war, dass sie nicht so ausschaut wie auf den Youtube Videos. Vielleicht im Prinzip, doch ist sie in Wahrheit wesentlich jünger. Wie ein Teenie mit ihren 26 Jahren. Sie wollte alles von mir wissen und auf diese Art und Weise berichtete ebenso von sich selbst.
Extrem hyperaktiv ist sie. Kaum sitzt sie still, was mich, zu meinem Erstaunen, nicht aus der Fassung brachte. Ich bin einiges an Leuten gewöhnt. Ich sagte ihr, dass es absolut schwer ist, mit einem Menschen wie ihr zu sprechen, die äußerlich absolut säkuler aussieht (neben ihrem Tattoo hat sie sich einen Lippenpiercing machen lassen), doch sprechen tut wie ein haredisches Beit Yaakov Mädchen. Da sitzt einem jemand gegenüber, in engen Jeans und ausgeschnittenem T - Shirt, der die chassidische Gesellschaft und jeden Namen in der Chassidut Gur kennt. Ansonsten erlebe ich dies ausschliesslich nur bei Frauen, die sich mit einer Perücke ihr Haar bedecken und die auch sonst höchst ultra sind.
Nein, sie spreche kein Jiddisch, sondern verstehe es nur.
Nichts Ungewöhnliches bei der Chassidut Gur !
Nein, sie glaube momentan nicht besonders an G - tt, obwohl sie jeden abend mit ihren Kindern "Schema Israel" bete.
"Wie kann eine G - tt viele Frauen in der haredischen Gesellschaft so leiden lassen ?"
Ich sagte ihr, dass die Gesellschaft ebenso positive Seiten hat, wenn man sie denn suche. Derzeit sucht Sarah gar nichts, sondern geniesst ihre Freiheit. Der Moment des morgentlichen Aufwachens gehöre ihr allein.
Wir beide geniessen es, die haredische Gesellschaft von außen heraus zu betrachten. Beide waren wir einmal selbst involviert; sie wesentlich mehr als ich. Und dieser Punkt ist es dann auch, den ihr sämtliche Haredim ankreiden. Sie sei und werde immer eine "chassidische Tochter" bleiben, egal, was sie veranstalte. Sie gehört nun einmal dazu, selbst wenn sie in der Mitte Mea Shearim mit einer Schinkensemmel daherkäme.
Einmal dabei, immer dabei !
Wir hatten nur zwei Stunden Zeit zum Diskutieren und dabei lernte ich auch noch einen Bekannten von ihr kennen. Auch abgehauen aus der haredischen Gesellschaft, doch er erhält den Kontakt zu seinen Eltern, während Sarahs Eltern sich verweigern. Es gibt drei Bedingungen ihrer Eltern: 1. Sie müsse zu Gur zurückkehren. 2. Sie müsse als geschiedene Frau ihre Haare ebenso mit einer Perücke bedecken. 3. Sie müsse sich von "Yediot Acharonot" in anständiger Kleidung photographieren lassen. Im vergangenen Oktober liess sich sich gerade in der Zeitung ziemlich halbnackt abbilden, was sie selber nicht schlimm findet.
Was ich an Sarah Einfeld bewundere ?
Ihre Bestimmtheit, mit der sie sich offenbar über alle Schuldgefühle hinwegsetzt. Ohne sich vorher rituell die Hände zu waschen, stopfte sie die Brotscheiben in sich hinein. Ich dagegen mache mir jedesmal Gedanken, ob ich dies nun auch sollte oder nicht.
Trotz allem wird auch Sarah all den Selbstvorwürfen nicht entkommen. Darüber gesprochen haben wir bisher kaum, wollen uns aber bald wieder treffen. Bis dahin halten wir regen e - mail Kontakt. Auch einige ihrer Texte werde ich ins Englische übersetzen und sie will neue Artikel diesbezüglich verfassen. Nur ist alles stets eine Frage der Zeit, denn sie hat zwei kleine Kinder zu versorgen.
Die Finanzen sind ein Problem und ihr Ex erlaubte ihr nur einen einzigen Koffer mitzunehmen. Am Ende unseres Gespräches stürzte sie sich auf mich und umarmte mich.
Die Chassidut Gur (genauso wie andere chassidische Gruppen) hätte viel früher reagieren müssen. Gruppenmitglieder, die sich nicht zurechtfinden, darf man nicht einfach als "Rebellen" oder "verrückt" abtun, sondern stattdessen sollte gemeinsam mit ihnen ein Lösungsprogramm auf sozialer Ebene ausgearbeitet werden. Nicht einfach nur herumdrohen und meinen, mit Zwang erledige sich alles von allein. Sarah Einfeld wurde ein Opfer dieser harten Politik, aber zurück will sie auf keinen Fall.
Sarah Einfeld in ihrem Film (Auszug ihrer Bloggeschichten sowie gegen geschlechtergetrennte Busse in Jerusalem).
One of the greatest religious problems is that people fear having a relationship with God and consequently distance themselves from Him. Just as angels serve God without fear despite their lower status in comparison to God, so too human beings should take their model (walk amongst them) and not be afraid of developing a relationship with God and serving Him. This represents a wholeness that we as human beings are capable of only if we think of ourselves as walking amongst angels. (Sfas Emes, Parshat Beha'alotecha 5636)
B"H
Einer meiner chassidischen Lieblingskommentatoren zur Thora ist der Sefat Emet, Rabbi Yehudah Aryeh Leib Alter, 1847 - 1905. Zur dieswöchigen Parashat Vayechi gibt er hervorragende Insights:
"Yaakov lebte in Ägypten" (Gen. 47:28).
Mit der Charaktereigenschaft der "Emet - Wahrheit" war Yaakov imstande, sogar in Ägypten zu leben. "Wahrheit" im chassidischen Sinne bedeutet eine emotionale und ernsthafte Hingabe zur Thora und zu G - tt. Ohne jegliche Hintergedanken, nach Erfolg oder Anerkennung zu streben.
Mit der Charaktereigenschaft der Wahrheit (Emet) war Yaakov wirklich am Leben, bedeutet, dass es ihn zur Wurzel und somit zu dem zog, was uns alle am Leben erhält. Nichts auf dieser Welt, noch nicht einmal das Leiden, sollte uns davon abhalten, uns G - tt versuchen zu nähern. Egal, wo wir uns befinden.
Obwohl er in Ägypten lebte, war sich Yaakov darüber im klaren, dass das gesamte Land nur eine einzige verborgene "Schale" innerhalb der g - ttlichen Lebenskraft war. Darum sagen uns Weisen, dass die Bösen schon zu Lebzeiten "tot" sind. Eben weil sie von dieser Lebenskraft abgetrennt sind.
Raschi kommentierte Yaakov in der Parasha dabei war, uns das Ende zu prophezeihen; nämlich den Zeitpunkt, wann der Meschiach eintreffen wird. Yaakov war auf der Höhe des Prophezeihungslevels als er zu kurz vor seinem Tod zu seinen Söhnen sprach. Letztendlich aber wurde die Fähigkeit der Prophezeihung von ihm genommen, denn anscheinend wollte G - tt nicht, dass die Menschen alles im voraus erfahren.
Yaakov wollte klarstellen, dass die Diaspora (Galut) nur auf verborgener Basis stattfindet und das die Kraft, die dahintersteht, von G - tt kommt. Wäre dies jedoch publik geworden, dann hätte es wahrscheinlich keine Diaspora gegeben und somit bekamen wir von Yaakov mehr oder weniger versteckte Hinweise.
Der kabbalistische Zohar lehrt uns, dass Yaakov prophezeihte, was er wollte, nur fand dies auf einer verborgenen Art und Weise statt. Anhand von Metaphern sowie Andeutungen.
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Quelle:
"The Language of Truth"
The Torah Commentary of the Sefat Emet
Übersetzt und interpretiert von Arthur Green
Die Chassidut Gur ist die größte chassidische Gruppe in Israel und ihre Chassidim leben überwiegend in Jerusalem oder beim Gerrer Rebben Yaakov Aryeh Alter in Bnei Brak. Darüber hinaus bestehen etwas kleinere Gemeinden in Arad sowie in Ashdod. Im Ausland findet man die Gerrer Chassidim in New York, London oder einige selbst in Zürich.
Sarah Einfeld wurde in die chassidische Gruppe hineingeboren und begann schon im Alter von 15 Jahren weltliche Romane zu lesen. Das Lesen weltlicher nichtrelig. Literatur ist in derlei Kreisen normalerweise verpönt. Beim Lesen stellte sie fest, dass eine da draußen noch so eine wesentlich andere Welt gab als jene strenge, in der sie aufwuchs. Eine andere Welt als ihr Mädchenseminar "Beit Yaakov", wo die Lehrerinnen massregeln, dass sobald sie etwas Falsches (nicht Thora - bzw. Gruppengemäss tue), sie sofort bestraft werde. Entweder von G - tt oder der Gerrer Gemeinde. Die Gruppe lebt nach strengen internen Regelungen und wenn sich ein Mitglied nicht an diese hält, so wird es bestraft, in dem, zum Beispiel, seine Kinder aus den Schulen suspendiert werden. Wer will schon seine Kinder mit jenen in einem Klassenraum sitzen lassen, wenn deren Eltern wer weiß was daheim treiben ? Andererseits ist dieses Verhalten sehr typisch für viele ultra - orthodoxe Ausrichtungen im Judentum. Bei den Nationalreligiösen vielleicht ein kleines bisschen weniger ausgeprägt als in der haredischen (ultra - orthodoxen) Gesellschaft. Und hier wiederum mehr bei den Chassidim als bei den litvischen Haredim. Ein Fernseher, ein klein wenig unanständigere Kleidung oder säkulere Literatur besitzen schon das Zeug, eine Yeshiva (relig. Schule) Karriere oder einen Schidduch (Blind Date bei der Ehepartnersuche) zu zerstören. Was sollen die Nachbarn denken, wenn in der Familie etwas schiefläuft ?
Der Gerrer Rebbe Yaakov Aryeh Alter mit einigen seiner Chassidim
Die Meinungen über Sarah Einfeld sind extrem gespalten. Manche Israelis sind der Ansicht, dass es für sie ein richtiger Schritt war, die Chassidut Gur zu verlassen. Andere meinen, Sarah hätte doch wenigstens relig. bleiben sollen, anstatt sich in das vollkommen säkulere Leben zu stürzen. Modern - Orthodox, Chabad oder selbst litvisch. Mitzwot einhalten und nicht am Yom Kippur essen oder am Schabbat reisen.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass ich Sarah momentan noch mitten in ihrer Rebellionsphase sehe. Diese wird noch einige Zeit anhalten; solange bis sie selbst zu gewissen Einsichten gelangt. In der Zwischenzeit aber will sie das geniessen, was ihr zeitlebens untersagt war: Freie Meinungsäußerung und all jene Dinge, die eine anständige chassidische Frau halt nicht tut. Sie hat das Bedürfnis alles aufzuholen und selbstverständlich steht noch die Rache im Vordergrund. Irgendwann wird sie zu dem Entschluss kommen, einiges zu ändern, denn im Grunde genommen schadet sie nicht der Gruppe, sondern lediglich ihrer eigenen Seele.
Vor drei Tagen sprach ich mit einem haredischen Journalisten des staatlichen Rundfunksenders "Kol Israel" und der meinte gelangweilt, dass es sich bei Sarah um eine Verrückte handele. Mefageret, zurückgeblieben, arrogant, doof, die nur nach Aufmerksamkeit dürstet. "Wem es in einer chassidischen Gruppe halt nicht passt, der soll sie verlassen, aber nicht solch einen gewaltigen Aufstand betreiben wie Sarah. Have a nice life and goodbye ! Man suche sich neue Lebensinhalte und baue sich etwas auf, doch was tut Sarah ? Sie kreist immer wieder neu um ihre Vergangenheit. Um die Chassidut Gur und wie sehr sie dort litt", so der Journalist.
Er ist mit seiner Aussage beileibe nicht allein. Ausgerechnet viele Männer betrachten die selbstbewusste intelligente Sarah Einfeld als querulante rebellische Frau, die endlich ihre Klappe halten soll. Ganz besonders in der israelischen Machowelt. Das Einzige, was zahlreichen hiesigen Männern, unabhängig davon, ob sie relig. oder säkuler sind, einfällt ist, dass Sarah so einen riesen Aufstand mache, weil sie Aufmerksamkeit suche. In Wahrheit hat sie sicher irgendwelche emotionalen psychischen Probleme und Gur kann froh sein, dass die Tussi ihre Koffer packte. Sie selber sagt, dass sie seit eineinhalbjahren kein Wort mehr mit ihren Eltern wechselte. Nicht, weil da gegenseitiger Hass besteht, sondern weil die Gerrer Gesellschaft eine derartige Beziehung nicht vorsieht. Wer einmal geht, der geht.
Theoretisch kann Sarah in die Chassidut Gur zurückkehren und bereuen. Doch zu welchen Bedingungen ? Dass sie weiterhin wie eine rebellische Aussätzige behandelt wird und man ihr misstrauische Blicke zuwirft ? Wer kann und will so leben ?
In einem Zeitungsartikel des israelisch - säkuleren Massenblatts "Yediot Acharonot" (vom Oktober 2009) berichtet Sarah, dass ihre Onkel sie während ihrer Kindheit nicht einmal ansahen. Auf ihre Frage, warum das so sei, erhielt sie keine Antwort. Später wurde ihr dann bewusst, dass dieses Verhalten in Gur üblich sei. Aus Anstandsgründen schauen Männer keine Frauen oder Mädchen an.
Als sie im Alter von 18 Jahren eines Tages von der Schule heimkam, meinte ihre Mutter, man habe einen Schidduch (potentiellen Ehekandidaten) für sie gefunden. Sarah wehrte sich, sprach jedoch mit dem Chassid zwei Stunden lang. Das nächste Mal als sie ihn sah, war unter der Chuppah (dem Hochzeitsbaldachin).
Unzählige Haredim meinen nach wie vor, eine Rebellin kleinzukriegen, indem man sie verheiratet. Dann nämlich wache ein Mann über sie und sie bekommt Kinder, was zwangsläufig dazu führe, dass ihr die Zeit zum Rebellieren fehlt.
In ihrem Blog zitiert sie andere Gerrer Frauen, die die Hochzeitsnacht als einzige "Vergewaltigung" empfanden. Die Chassidut Gur hat eh "wilde" Sextakanot (Gesetze) und es ist allgemein üblich, nur die Geschlechtsorgane zum Sex zu entblößen. Grundsätzlich gehe man mit einem neuen Ehepartner ins Bett, der einem völlig unbekannt ist. Und nicht nur den Frauen geht es so, sondern genauso den Männern.
"Es war wie eine Vergewaltigung. Ich fühlte mich beschmutzt und wollte seinen Körper nur noch von mir herunterstossen", so zitiert Sarah die Frauen und vielleicht auch sich selbst. Letztendlich verliess sie die Gruppe, reichte die Scheidung ein und zog mit ihren zwei kleinen Kindern nach Ramat Gan (bei Tel Aviv). Im unten folgenden Video sehen wir einen weiteren Ausschnitt aus der Dokumentation "Soreret - Rebellin", welcher im Oktober 2009 im israelischen TV gezeigt worden ist. Hier berichtet Sarah zusammen mit einer zweiten Rebellin von der Frau in der haredischen Gesellschaft. Ihre 6 Jahre alte Tochter fragt sie, warum man denn nicht einmal auf Besuch zur Oma (Sarahs Mutter) fahre. "Weil meine Mutter nicht mit meinem Lebensweg übereinstimmt und ich nicht mit dem ihre", erklärt Sarah.
Nein, sie habe Gur nicht aus Hass heraus verlassen, sondern weil sie ihre Leben nicht so entwickeln konnte, wie sie gerne wollte. Auch ihren Ex hasse sie nicht; einzig und allein ihre Träume wollte sie verwirklichen. In Gur sei alles zu geregelt. Selbst der Sex, zu dem es speziell ausgebildete "Madrichim - Guides" gibt, die darauf achten, dass ja die strengen Sexgesetze eingehalten werden.
Im Video wird sie von einem Journalisten befragt, wie sie denn jetzt in der säkuleren Welt zurecht komme. Sei das nicht schwierig, genau gegenteilig zu leben ?
"Klar sei es das, so Sarah, und es gibt vieles, was sie am säkuleren Leben ungemein störe. Sie stimme nicht allem zu und versuche, sich von vielem fernzuhalten. Es gibt keine einzige perfekte Gesellschaftsrichtung auf dieser Welt und alle haben so ihre Problemchen zu bewältigen.
Ich las unzählige Kommentare in israelisch - haredischen Foren wie "Hyde Park" sowie auf weiteren Sites. Die generelle Antwort auf Sarah lautet, dass sie verrückt sei. Ausgeflippt halt. Sie sollte ihren Mund halten und lieber ein neues Leben beginnen. Anderweitige Kommentarschreiber fühlen mit ihr. Hierbei besonders Frauen. Viele haredische Frauen würden gerne aus der Gesellschaft ausbrechen, wagen es aber nicht. Entweder haben sie einfach angst oder schon 4 - 5 Kinder und wer will da noch groß den Ausbruch beginnen ? Wo sollen diese Frauen denn hin ?
In einem Kommentar auf Sarahs Blog stellte jemand die Frage, wie man den nur helfen könne.
"Wie ? fragt Sarah zurück. Indem ihr Eure Tochter nicht in die Gesellschaft hineinzwingt. Wenn Ihr Frauen es hasst, dann lasst Eure Töchter nicht in den gleichen Schlamassel rennen. Sollen sie so werden wie Ihr Mütter, die aus Frust still weinen ?"
Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was ich von Sarah halten soll. Es kursieren zuviele Meinungen. Sogar von Freunden der Familie, die da sagen, dass Sarah ihren Eltern dankbar sein soll, denn die haben ihr fortgeschrittene PC - Kenntnisse finanziert. Und das sei schliesslich nicht allzu selbstverständlich in Gur.
Ich las fast alle ihrer Blogpostings und glaube, sie ist ehrlich. Es ist offensichtlich, dass sie gelitten hat; auch dann, wenn sie immer wieder aufs Neue betont, dass ihr Ex ein guter Mann war. Nichtsdestotrotz stimme ich jenen Kommentaren zu, die da sagen, Sarah solle ein neues Leben beginnen und nicht "nur" an ihrer Gur Vergangenheit kleben. Was ich ebenso wenig begreife ist, warum sie in der "Yediot Acharonot" ihren halbnackten Körper zur Schau stellt. Aus Rebellion ? Denkt sie dabei nicht an ihre Kinder ?
Trotz allem jedoch bewies sie Mut mit ihrem Schritt, die Gruppe zu verlassen. Alles hinter sich zu lassen, um in einer neuen, ihr unbekannten, Gesellschaft ein freieres Dasein zu finden. Ob ihr das gelingt ?
Interview mit Sarah Einfeld.
U.a. erklärt sie ihrer Tochter, warum sie nicht die Oma besuchen fahren, dass sie fünf Jahre verheiratet war, dann Gur verliess, sich ein Leben aufbaute und warum sie nicht alles Säkulere mag.
Der Imrei Emet (Rebbe Avraham Mordechai Alter) in Marienbad. Sein Hotel war das "Goldene Schloss". Hotelbesitzer war die Familie Leitner. Dem Hotel war ebenso eine eigene Mikweh (Ritualbad) angeschlossen.
Der Belzer Rebbe Aharon Rokeach , 1877 - 1957, in Marienbad.
Rabbi Me'ir Alter (Chassidut Gur) in Marienbad. Rabbi Me'ir war der älteste Sohn des "Imrei Emet" (Rebbe Avraham Mordechai Alter). Während der Shoah kam er in Treblinka um.
After years of living in Jerusalem, I decided to betray the city by moving to Tel Aviv.:-) In the meantime I returned to the Holy City. It is actually very good to be back in Jerusalem !!!
Nevertheless, I am still writing about Jerusalem but also include many other places in Israel.
Until some years ago, I was a Yeshiva (Michlalah) student. First with the national religious and later with the Litvishe. Also got in contact with Chassidut and this subject and lifestyle has never left me.