Donnerstag, Juni 05, 2008

Parashat Nasso

B"H

Die Thoralesung für diesen Shabbat

Parashat Nasso ist ungewöhnlich lang und enthält viele verschiedene Mitzwot (Gesetze). In der Regel wird Nasso entweder am Schabbat vor oder nach Schavuot gelesen.

Zu Beginn der Parasha wird Moshe von G - tt angewiesen, die Gershoniter zu zählen. Levi hatte drei Söhne, Gershon, Kehat und Merari. Die Nachfahren der Drei wurden mit unterschiedlichen Aufgaben bezüglich des Auf - u. Abbau des Mischkans (Tabernakel) betraut. Die Kehaniter trugen die besonders heilige Objekte wie die Menorah oder die Bundeslade (Aron) durch die Wüste. Dagegen trugen die Geshoniter sämtlich Vorhänge aus dem Mischkan, aufgrunddessen man annehmen könnte, dass die Kehaniter wichtiger waren.
Rabbi Moshe Feinstein kommentierte hierzu, dass kein Mensch eine niedrigere Aufgabe oder Bedeutung hat als andere. Manager sind nicht wichtiger als Hausmeister oder Büroangestellte. Jeder hat seine bestimmte Aufgabe im Getriebe, ohne die nichts funktionieren könnte. Genauso ist die hiesige Welt zu betrachten. Wir alle wurden von G - tt individuell mit unseren ganz bestimmten eigenen Aufgaben erschaffen.

Die Thora fährt fort mit der Beschreibung, dass unreine Personen für eine gewisse Zeit außerhalb des israelitischen Camps verweilen müssen. Danach folgt die Beschreibung der ehebrecherischen Ehefrau (Sotah), des Nazir und der Segen der Cohanim (Tempelpriester), um nur einige der vielen Mitzwot zu nennen. Die Parasha erzählt uns von einer für uns heute recht seltsam klingenden Prozedur. Eine Ehefrau, welche ihren Mann betrogen hat, soll das sogenannte "Mei Sotah - das bittere Wasser" trinken. Der Talmud Traktat Sotah geht sehr ausführlich auf das Thema ein.

Wenn eine Ehemann seine Frau verdächtigt, eine Affäre mit einem anderen Mann zu haben, dann muss er sie zuvor warnen, nicht mehr mit diesem Mann zu sprechen, geschweige denn ihn zu teffen. Die Warnung muß in der Anwesenheit von mindestens zwei Zeugen erfolgen (Talmud Sotah 2a). Ignoriert die Frau die Warnung ihres Mannes und fährt mit ihren eventuellen Vergehen fort, werden Zeugen geladen. Bestätigen die Zeugen, dass Frau Sowieso sich mit jenem Mann trifft, so kann der Ehemann seine Frau nach Jerusalem zum Tempel bringen lassen. Entweder gesteht sie vor dem Sanhedrin (71 Richter) ihre Vergehen oder sie streitet alles ab. Gesteht sie den Ehebruch, so kann sich der Mann scheiden lassen. Streitet sie alles ab, verabreichen ihr die Cohanim (Tempelpriester) das bittere Wasser (Talmud Sotah 7a). Sollte sich die Frau von vornherein ganz weigern nach Jerusalem zu gehen, hat der Ehemann das Recht sich scheiden zu lassen. Allerdings besteht dabei der Nachteil fuer die Frau, dass sie ggf. niemals ihre Unschuld beweisen kann.

Angenommen die Frau brach die Ehe, streitet jedoch vor den Sanhedrin alles ab und ihr wird das bittere Wasser verabreicht. Wie genau sah die Prozedur aus ?

Die Frau wurde von den Cohanim an eine bestimmte Stelle im Tempel geführt, sie mußte ihre Kopfbedeckung vom Haar nehmen und ihr Kleider wurden zerrissen. Dieses Verfahren allein war schon beschämend für die Frau. Auf einen Zettel wurde zweimal der gleiche Name G - ttes geschrieben (siehe das kabbalistische Buch "Zohar") und sobald einer der beiden verschwand oder auch nicht, zeigte das u.a. die Schuld bzw. Unschuld der Frau an.

Bei dem bitteren Wasser handelte es sich um Wasser aus dem Kiyor (Becken im Tempel) vermischt mit etwas Erde vom Boden vor dem Allerheiligsten (Azarah). Die Frau trank es aus einer neuen Tonschale. Wenn die Frau das Wasser trank und es stellte sich keinerlei Wirkung ein und sie blieb am Leben, bedeutete dies ihre Unschuld. Wenn sie schuldig war, blähte sich ihr Magen auf und sie starb einen qualvollen Tod.

Das bittere Wasser war die einzige g - ttliche übernatürliche Strafe in dieser Welt. Alle anderen Vergehen wurden halachisch durch die Sanhedrin geahndet und auch bestraft.

Im Talmud gibt es die berühmte Story von der ehebrecherischen Frau, die versuchte, die Sanhedrin zu betrügen. Sie schickte einfach ihre Zwillingsschwester um das bittere Wasser zu trinken. Wie erwartet, starb diese nicht, denn sie war unschuldig. Als die Zwillingsschwester mit der guten Nachricht zu ihrer ehebrecherischen Schwester heimkam, küßtte sie sie vor Freude. Das bittere Wasser, was noch auf ihren Lippen war, tötete die schuldige Schwester.

Warum gibt uns G - tt in seiner Thora solch ein Gesetz und was bedeuten unsere Vergehen für uns und Ihn ?

Im Falle des Ehebruchs sieht das kabbalistische Buch Schushan Sodot einen Bruch zwischen G - ttes Willen und dem menschlichen Handeln. G - tt hat ein bestimmtes Ehepaar zusammengeführt, welches eine Einheit bildet, und ein Ehepartner zerstört diese Einheit. Mit unseren halachischen Vergehen beschädigen wir nicht nur unsere Neschama (Seele), sondern genauso die "oberen spirituellen Welten". Jedes einzelne Vergehen entfernt uns immer mehr von G -tt. Im Talmud Sotah 3a lesen wir, dass kein Mensch sündigt bis ihn ein "Ruach Schtut (dummer Gedanke)" überkommt. Manches wollen wir eigentlich gar nicht tun, da wir genau wissen, dass es falsch ist, doch irgendwie überfällt uns ein Gedanke, dass alles nicht so schlimm wäre und wir es eh nie wieder tun.

Im Judentum heißt es, das ein Vergehen schon das andere nach sich zieht (Averah goreret Averah). Sobald wir einmal beginnen, hören wir nicht mehr auf und denken, dass es ja eigentlich erlaubt sei (Talmud Sotah 22a). Hat man sich erst einmal an ein Vergehen gewöhnt, so wird alles als erlaubt angesehen und es kommt kaum noch zu einer Teshuvah (Umkehr), so die Talmudkommentatoren Rashi und Rif. Das Schlimme dabei ist, dass sich Außenstehende auch noch dazu verleiten kann, etwas zu tun, was sie gar nicht wollen. Der Ishbitzer Rebbe sagt, dass wir nicht zulassen sollen, dass fremde Gedanken unser Leben beherrschen. Wie der Nazir schwört, sich von diversen Unreinheiten und vom Alkohol fernzuhalten, so sollten wir nicht allen Verführungen des Lebens erliegen und uns in niedrige spirituelle Level katapultieren.

Natürlich heißt es im Judentum immer wieder, dass jeder Mensch die Möglichkeit zur Teshuva (Umkehr) nutzen kann. Manchmal muß man sehr tief fallen, um danach viel höher aufzusteigen (so die Chassidut). Doch ein ganz tiefer Fall verursacht häufig so tiefe Depressionen, dass derjenige sich für unwürdig zur Teshuva fühlt und er erst recht abstürzt. Dies ist die schlimmste Depression, welche einem wiederfahren kann und trotz allen Chaos sollten wir jedem Tag mit neuem Optimismus begegnen. Zumindest sollten wir versuchen, dies zu tun.

Schabbat Schalom

5 Kommentare:

  1. Anonym9:46 AM

    Hallo Miriam!

    Ich habe eine Frage zu deinen Erkläru... Hallo Miriam!
    Ich habe eine Frage zu deinen Erklärungen: Ist die einzige g-ttliche übernatürliche Strafe also nur Frauen vorbehalten, oder gibt es etwas entsprechendes für Männer? Falls nein, warum ist die einzige g-ttliche Strafe nur für Frauen? Und wie werden Männer bei Ehespruch bestraft bzw. wie werden sie überführt? Können sie auch zur Scheidung gezwungen werden? Ist es gleich schlimm, wenn Männer den Ehebruch begehen, wie wenn es Frauen tun? Und was passiert mit dem, der mit dem Ehepartner eines anderen was angefangen hat?
    Ok, doch etwas mehr als eine Frage! (Und nein, ich plane keinen Ehebruch,;-P ich frage nur so, va weil mich immer interessiert, wo Frauen und Männer gleich oder verschieden behandelt werden und wie das begründet wird.)
    Ich würde mich wirklich freuen, wenn du antworten würdest!
    K

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  2. B"H

    Ich haette Dich auch jetzt nicht des Ehebruchs bezichtigt.:-)))))

    Deine Fragen konnte oder wollte mir noch kein Rabbi so richtig beantworten.

    Halachisch ist es so, dass der Ehebruch einer Frau harte Folgen hat und der eines Mannes nicht. Biblisch ist es nicht verboten, dass ein Mann mehrere Frauen (Ehefrauen) gleichzeitig haben kann. Die Regel mit "nur" einer Ehefrau wurde erst im fruehen Mittelalter von dem deutschen Rabbiner, RABBEINU GERSHOM, eingefuehrt. Seither ist in aschkenasischen Gemeinden nur noch eine Ehefrau ueblich. In diversen sephardischen Gemeinden war es noch bis in die 40iger oder 50iger Jahre ueblich, mehrere Ehefrauen zu haben. Vor allem die Jemeniten kamen mit mehreren Ehefrauen nach Israel bei ihrer Aliyah (in den 50iger) Jahren. Allerdings haben mittlerweile jedoch auch die Sepharadim den Brauch der einen Ehefrau uebernommen.

    Wenn eine Ehefrau fremdgeht und von ihrem Geliebten schwanger wird, so wird das Kind halachisch ein Bastard. Hierfuer gilt dann folgende Regel:

    1. Das Kind (der Bastard) darf keinen halachischen Juden ehelichen. Zum Beispiel darf er nur andere "Bastarde" heiraten. Ich glaube auch Konvertiten, aber diesbezueglich muesste ich nochmals im Talmud nachschauen.

    2. Das Kind wird in jued. Gemeinden immer Probleme aufgrund seiner Identitaet haben.

    Geht der Mann fremd und zeugt aussereheliche Kinder, so hat dies keinerlei Folgen.

    Folglich wird der Mann nicht bestraft. Die Frau kann sich "nur" scheidenlassen. Das ist alles. Man kann das als rassistisch einstufen, was es meiner Meinung nach auch ist.

    Es heisst, dass wenn eine Ehemann zu Tempelzeiten seine Frau zu unrecht des Ehebruchs bezichtigte, aber sie dennoch zum Tempel brachte, wo sie das Sotah - Wasser trinken musste, sie hinterher schwanger wurde. Von ihrem Ehemann. Sozusagen als Belohnung.
    Frag mich nicht nach dem Sinn, denn ich sehe keinen. Welche Frau wuerde schon mit ihrem Mann nach der Tempelprozedur zusammenbleiben, wenn er sie zu unrecht beschuldigte ?

    Ich jedenfalls nicht !!!

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  3. Anonym2:55 PM

    Hallo Miriam,
    danke für deine Erklärung! Dass das mit nur einer Ehefrau nicht immer so war, wusste ich schon (Aber war das Gebot für nur eine Frau nicht sogar zeitlich beschränkt?), aber die Folgen für die Kinder und so war mir neu. Hm, mit der Ehefrau von einem anderen darf ein Mann jawohl auch nichts anfangen, oder?! Obwohl, da wird er auch bestraft, glaube ich... mein Gedächtnis ist ein Sieb!
    Danke nochmal für die Antwort, finde ich toll, dass du dir immer so viel Mühe gibst, alles zu erklären! (Auch, wenn es mich manchmal vom Arbeiten abhält, weil ich mich festlese *g*).
    Wünsche dir eine schöne Woche!
    K.

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  4. B"H

    Zuerst einmal bin ich Dir noch eine Antwort schuldig.:-)

    Die sogenannten Bastarde oder im hebrae. Fachgebrauch MAMZERIM genannt, duerfen Konvertiten heiraten. Das Gebiet der MAMZERIM ist jedoch so breit gefaechert, dass es Zeit kostet, auf alles ausfuehrlich einzugehen. Vielleicht spaeter einmal in einem separaten Artikel. Nur soweit: Mamzerim (Bastarde) sind Kinder, welche aus biblisch verbotenen Ehen abstammen. Unter diese Kategorie faellt auch der Ehebruch einer Frau. Dagegen nicht der eines Mannes.

    Von "zeitlich beschraenkt" habe ich noch nie etwas gehoert. Das ist allerdings ein interessanter Aspekt. Ich gehe aber einmal davon aus, dass die meisten Faelle, in denen die Frau das Mei Sotah trinken musste, aktuell waren. Jedenfalls denke ich mir dies einfach einmal. Ausserdem hoerte ich, dass es nicht besonders haeufig vorkam. Es war gewiss nicht so, dass die Frauen Schlange standen und der Andrang so gross war.

    Naja, mit der Ehefrau eines anderen Mannes.....
    Hier gilt dann halt wieder die Gesetzgebung fuer die Frau, welche ihren Mann betruegt, was auf das Gleiche hinauslaeuft.

    Fazit: Die Maenner gehen immer unbestraft aus. Es sei denn, die Frau laesst sich scheiden oder G - tt bestraft sie halt irgendwann einmal. Na, hoffentlich liest das jetzt nicht Alice Schwarzer von der "EMMA". :-)

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  5. B"H

    Ich hoffe, dass ich Dich nicht zu sehr von der Arbeit abhalte, aber mein neuer Artikel beschaeftigt sich ebenso mit dem Stand der Frau in einer gewissen relig. Gesellschaft.:-))))

    http://hamantaschen.blogspot.com/2008/06/anstand-durch-sure.html

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