B"H
Dieser Yom Kippur fällt auf einen Schabbat und das verursacht uns längere Gebete als sonst. Nicht, dass ich beim 25 - stündigen Fasttag das Essen vermisse. Vielmehr ist es die "gute Tasse Kaffee", ohne die ich kaum zu leben in der Lage bin.
Der spezielle Brauch in dieser Woche ist, die Gräber herausragender Rabbiner zu besuchen. Der Brauch wurde schon zu Zeiten der Geonim (talmudische Rabbiner aus der Zeit von 650 - 1000 nach Beginn der Zeitrechnung). Nicht, dass Juden eines Mediums zwischen ihnen und G - tt bedürfen und sie am Grab des Rabbis zu ihm beten.Bezweckt wird dagegen, dass der Zaddik (Gerechte) eventuell bei G - tt ein positives Wort für den Juden einlegt und dieser wiederum von G - tt gnadenvoller gerichtet wird.
Zum Beispiel genoss ich meine kurze Zeit auf dem berühmten Friedhof im nordisraelischen Safed (Zfat) am letzten Sonntag morgen. Leider hatte ich nicht viel Zeit, Tehillim (Psalmen) zu sagen, denn mein Bus nach Jerusalem wartete schon.
Ein weiterer israelischer Brauch ist es, an die Kotel (Klagemauer) zu gehen, um Selichot zu beten. Aus dem ganzen Land strömen Juden herbei und es ist gerammelt voll. Eine Bekannte aus dem ultra - orthodoxen Mea Shearim beschwerte sich gerade bei mir am Telefon über den fehlenden Anstand. Säkulere Israelis täten fast im Mini an der Kotel auftauchen und irgendwelche Christen oder super - moderne Juden singen und klatschen in die Hände.
Wobei mich das euphorische Händeklatschen und Gesinge stets an radikales christliches Gehabe erinnert.
Ein besonderes Rosh HaShana - Gefühl kam vor einer Woche nicht bei mir auf, was wohl an dem menschenüberfüllten Chabad Programm in Safed lag, an welchem ich teilnahm. Irgendwann aber kam das Gefühl doch noch auf. Und zwar als ich mit Freunden über die Religions diskutierte. Über Vergehen und die Yetzer HaRah (schlechte Seite in einem jeden von uns).
Morgen nachmittag plane auch ich nochmals einen Trip in den Norden. Für einen Tag, denn Freitag mittag will ich wieder daheim in Jerusalem sein. In Tiberias will ich zum Grab des Rambam (Maimonides, 1135 - 1204) gehen und falls es die Zeit erlaubt auch zum Grabe des talmudischen Rabbi Akivah sowie dem Kabbalisten Moshe Chaim Luzzatto aus dem 18. Jahrhundert. Um das Grab des Rambam herum befinden sich ebenso die Gräber von Rabbi Yochanan wie dem ebenso talmudischen Rabbi Yochanan ben Zakkai. Etwas näher zum See Genezareth (Kinneret) hin liegt der antike Sitz des Sanhedrin (nach der Zweiten Tempelzerstörung).
Die Rückfahrt nach Jerusalem am Freitag wird zur Hast, denn unser Land liegt ab 14.00 Uhr brach. Keine Busse mehr und selbst die Shops schliessen relativ früh, weil gegen ca. 17.00 Uhr der Yom Kippur und somit das Fasten hereinbricht. Pünktlich in der Synagoge, nach dem Kerzenzünden daheim, will man zum "Kol Nidre - Gebet" auch sein und so geht alles etwas holterdipolter.