B"H
Diese Woche geht es so richtig los, denn am Donnerstag abend ist schon BEDIKAT CHAMETZ. Eine traditionelle Zeremonie, in welcher obligatorisch das Haus nach Chametz abgesucht wird, eingeleitet durch einen speziellen Segen. Mindestens zehn kleine Chametzteilchen werden in Papier eingewickelt und im Haus versteckt. Dann wird mit Kerze oder Taschenlampe danach gesucht, eingesammelt und am nächsten Morgen beim BI’UR CHAMETZ, der Verbrennung des letzten Chametz, vernichtet. Hört sich alles furchtbar kompliziert an, ist es aber nicht. Außerdem sind sämtliche Segen und Gebete (wie zum BI’UR CHAMETZ) im PESSACH MACHZOR (Pessach – Gebetbuch) enthalten.
Bevor die letzten Stunden vor dem Fest anbrechen, muss ich allerdings noch wie wild putzen. Küchenschrank ausräumen und auswaschen. Mein letztes Mehl loswerden und die Kidniyot (Dosen mit Erbsen oder Mais) wegstellen.
Aschkenazische Juden hegen den Brauch, keine Hülsenfrüchte zu essen und so gibt es an Pessach keinen Mais, keine Erbsen oder Bohnen. In Israel muss ganz besonders aufgepasst werden, denn das Land ist voller sephardischer Juden und die essen an Pessach Hülsenfrüchte. Da Kidniyot sowohl als auch in diversen Gewürzen und allem Möglichen enthalten sind, sollte jeder auf die Label schauen, ob, zum Beispiel, die Würste im Supermarkt frei von Kidniyot sind.
Aufgrund des Auszuges aus Ägypten ist es Juden lt. der Thora verboten, an Pessach Chametz zu verzehren. Kein Getreide und dessen Produkte. Die eigene Wohnung muss frei von jedem Getreide sein und wer davon recht viel besitzt und es nicht gerade wegwerfen will, der kann es an bestimmten Stellen verkaufen. MECHIRAT CHAMETZ wird dies in der Fachsprache genannt. Derzeit sehen wir überall Yeshiva – Studenten (relig. Schulen) sitzen, welche, gegen einen Unkostenbeitrag, dem Verkäufer eine kleine Urkunde ausstellen, dass sein Chametz verkauft worden ist. Zwar darf der Verkäufer das Chametz in der Wohnung behalten – in einer extra Tüte, weggesperrt in einem Schrank – doch gehören tut es ihm an Pessach gar nicht mehr. Im ganzen Land findet dieser CHAMETZ – VERKAUF statt und kann sogar online getätigt werden. Insbesondere Lebensmittelhersteller wie Bäckereien verkaufen ihr Chametz.
Traditionell übergeben dieser Tage die beiden Oberrabbiner Israels einem drusischen Geistlichen die Urkunde des Verkaufs. Damit ist das gesamte Chametz aller Juden in der Hand der Drusen. Dies geschieht symbolisch, doch wird somit das Verbot der Thora etwas umgangen. Wenn Pessach vorbei ist, wird umgehend das Chametz wiederverwendet und es geht in den Besitz des rechtmässigen Eigentümers über. Ebenso werden nach Pessach in der Lebensmittelbranche / in Geschäften Urkunden des Rabbinates ausgehängt, dass dieses Unternehmen sein Chametz an Pessach verkauft hatte. War das Chametz nicht verkauft worden, so ist es für den Genuss nicht mehr koscher und sollte weggeworfen werden. Wer in einem Laden kauft, der das Chametz nicht verkauft hat, sollte ein paar Wochen warten, bis er wieder in dem Laden einkauft. In der Hoffnung, dass bis dahin das unkoscher gewordene Chametz aufgebraucht ist.
Ich selber putze ganz normal für Pessach und drehe nicht vollkommen durch, wie andere Leute. Viele legen ihre gesamte Küchenanrichte und die Schränke mit Aluminiumfolie aus. Ich tue das nicht.
Zahlreiche Juden benutzen an Pessach anderes Geschirr. Eigens angeschafft für das Fest. Ebenso andere Töpfe. Andere wiederum lassen ihre Töpfe mit kochend heissem Wasser ausbrennen.
Hinzu kommt der Einkauf. Pessach ist ein teures Fest und wer gute Mazzot will, der muss investieren. Familien mit Kindern fällt das schwer und so gibt es lediglich bei der Pessach – Seder am Freitag abend die teuren handgefertigten Mazzot und an den restlichen Tagen reguläre.
Tausende Israel haben an Pessach Urlaub und es ist die Zeit der Ausflüge. Wenn nicht ins Ausland, dann im eigenen Land. Zimmer und Hotels sind ausgebucht und Parks, Museen, das Tote Meer und sämtliche Sehenswürdigkeiten werden vor dem Massenandrang fast auseinanderplatzen. Ich muss an den Tagen arbeiten, doch werde ich versuchen, an den Zwischenfeiertagen (Chol HaMo'ed) mindestens einmal nach Jerusalem zu kommen.
Pessach steht ebenso für einen Tag der ALIYAT HA’REGEL nach Jerusalem. Zu Tempelzeiten gingen die Juden aus dem ganzen Land an Pessach, Schavuot sowie an Sukkot nach Jerusalem, um Opfer darzubringen. Bis heute sehen viele Juden es als Verpflichtung an, während dieser Feiertage wenigstens einen Tag in Jerusalem zu verbringen.
Was fehlt noch ? Bis Freitag muss ich unbedingt noch ein Paket MAZZA SCHMURAH auftreiben, denn ich esse an Pessach keine normalen Mazzot, sondern eine Art Mazzot, die während des Herstellungsprozesses besonders überwacht wurde. Zwar ist die SCHMURAH teurer, doch dafür schmeckt sie besser und ist nicht so trocken wie die normale Mazza.
Mazza Schmurah
Photo: Miriam Woelke
PHOTOS AUS BNEI BRAK (APRIL 2011)
April 2011: "Bi'ur Chametz – das Verbrennen des letzten Chametz" wenige Stunden vor Pessachbeginn im Herzen von Bnei Brak. Nahe der Rabbi Akiva Street.
Viele religiöse Juden haben den Brauch, ihren Lulav von Sukkot zusammen mit dem Chametz wenige Stunden vor Pessach zu verbrennen. Ich sah unheimlich viele Haredim (ultra – orthodoxe Juden), die ihren Lulav zum Feuer mitbrachten. Ebenso wie jene Besen, mit welchen die Weiblichkeit das Haus pessachrein machte.
Chametz repräsentiert symbolisch betrachtet unsere eigene Yetzer HaRah (die schlechte Seite in einem jeden von uns) und mit dem Verbrennen drücken wir ebenso symbolisch aus, dass wir uns von der schlechten Yetzer befreiten.
Hier wird öffentlich Geschirr (Kelim) kascher le’Pessach gemacht. Dies geschieht anhand einer speziellen Prozedur,bei welcher das Geschirr in kochend heisses Wasser getaucht wird.
Das kochend heisse Wasser.
Der Vater der Mädels im Hintergrund brachte seine Kidduschbecher vom Schabbat zum Kaschern.
Weiteres Kaschern.
Copyright / Photos: Miriam Woelke