Montag, Juni 30, 2008

G - tt ist nicht zum Anfassen

B"H

Bis zur Gründung und Ausbreitung des Christentums, des Islam sowie den Glaubensregeln der Karaiten kam im Judentum kaum jemand auf den Gedanken, dass G - tt einen Körper besitzt oder sonst irgendwie über menschliche Eigenschaften verfügt.

Insbesondere aber das Christentum nahm / nimmt die Thora allzu wörtlich, ohne je auf den Gedanken zu kommen, dass in dem Text tiefere verborgene Botschaften stecken könnten und daher viele Thorainhalte metaphorischer Art sind.

So unter anderem der "Arm G - ttes, G - tt ist verärgert, G - tt genießt den Geruch der Tieropferungen, G - tt spricht, usw.".

Für Juden war immer klar, dass diese Botschaften etwas Verborgenes Tiefgründiges mich sich bringen bis, ja, bis das Christentum die Thorainhalte nach Belieben umzudrehen begann.

Einige Zeit später kam die Blütezeit des Islam und der Islam ist es dann auch, der die Juden beschuldigt, einem körperlichen materiellen G - tt zu folgen (siehe das Buch "Kalam"). Übrigens ist G - tt im Islam genauso immateriell und formlos wie im Judentum.

Der Rambam (Maimonides) geht mehr als ausführlich auf die Anschuldigungen im "Kalam" ein; und zwar in seinem Buch "Führer der Unschlüssigen - Moreh Nevuchim". Jeder sollte dieses Buch genauestens lernen; wenn es geht mit Kommentaren wie denen des Abarbanel.

Die Absicht des Rambams ist es klarzustellen und zu beweisen, dass das Judentum an keinen körperlichen G - tt glaubt, sondern an ein Wesen, welches unser Verstand gar nicht in der Lage ist zu erfassen. Den ewigen dagewesenen und auf ewig und endlos existierenden G - tt.

Schon mit dem Begriff "Unendlich" haben wir schon unsere Schwierigkeiten. Was genau ist ewiglich und endlos ?
Können wir das verstehen ? Wir, die bestenfalls vielleicht 120 Jahre alt werden.

Oberflächlich betrachtet handelt es sich bei dem "Führer der Unschlüssigen" um ein wirres Buch ohne Konstante. Die logische Ordnung fehlt und an unzähligen Stellen widerspricht sich der Rambam auch noch. Kommentatoren warnen davor, den "Führer - Moreh Nevuchim" als philosophisches Buch zu lesen. Nein, es ist ein jüdische Buch für Juden, die nachdenken.

Zum Beispiel läßt uns die Thora ganz zu Beginn in Genesis (Bereschit) wissen, dass erst der dritte Sohn Adams, Seth, nach seinem (Adams) Ebenbild erschaffen worden ist. Wie also sahen dann Kain und Abel (Hevel) aus ?

In vielerlei Quellen werden die ersten beide Söhne als halb Tier und halb Mensch beschrieben und erst Seth war ganz Mensch wie Adam. Der Rambam hingegen hält eine einleuchtendere Erklärung bereit:
Um als "Tier" zu gelten, muß man nicht unbedingt ausschauen wie eines. Es reicht schon, wenn ich mich als Mensch so benehme. Ich bin ein Tier, wenn ich nicht meinen g - ttgegebenen Verstand und meine Gedanken nutze; wenn ich nicht meine Fähigkeiten nutze, sondern einfach nur so apathisch vor mich hinlebe und irgendwelchen Trieben folge.

G - tt hat uns mit Fähigkeiten und einem Verstand ausgestattet und so ist der Vers in der Thora zu verstehen. Seth war der Erste nach Adam, der all diese Dinge positiv nutzte und einsetzte.

Heißt also, dass Kain und Abel nicht als Tiere herumliefen, sondern dass sie ihren menschlichen Verstand nicht nutzten.

Sonntag, Juni 29, 2008

Existenz aus dem Nichts

B"H

G - tt ist das einzige Wesen überhaupt, welches aus dem Nichts etwas erschaffen kann. Nur allein mit Seinen Gedanken und ohne jegliches Material. Er denkt etwas und schon ist es erschaffen vorhanden. Perfekt, wie es einem perfektem Wesen wie Ihm gebührt.

Fester Bestandteil des Judentums ist die Meinung, dass G - tt alles nur Existente überhaupt erschuf, denn nur Er war anwesend. Vor jeglicher Schöpfung gab es nur G - tt allein und niemanden anderen. Somit geht jegliche Existenz auf Ihn zurück. Sei es nun Gut oder Böse.

Gemäß des Judentums war G - tt der alleiniger Erschaffen von allem und regiert über alles. Demzufolge besitzt Er natürlich auch die Macht, dass Böse ggf. auszuschalten bzw. zu besiegen, denn schließlich unterliegt Ihm alles.

G - tt als Erschaffer des Bösen ?
Ja, und im Judentum bildet dieses absolut keinen Widerspruch.

Um uns Menschen mit einer Freien Wahl bzw. einem Freien Willen auszustatten, muß es folglich auch Negatives geben. Wo bliebe sonst unsere Freie Wahl ?

Das Konzept des allerschaffenden G - ttes ist daher nur allzu logisch.

Im Judentum gibt es keine zwei getrennten unabhängigen Gleichgewichte, die sich bekriegen. Wie im Christentum G - tt und ein eventueller Satan.

Im Judentum gibt es Gut und Böse, was beides von G - tt erschaffen worden ist, um uns die Freie Wahl zukommen zu lassen und wir die Welt anhand von Thoramitzwot zu ihrem ultimativen Tikun (Seelereparatur) führen und Meschiach erscheint.

Birkat HaMazon - Der Segen nach dem Brotessen - Teil 1

B"H

Einer der wichtigsten Essenssegen im Judentum ist das "Birkat HaMazon - Benching - Grace after the Meal" nach dem Brotessen. Worum es bei den Essenssegen genau geht, habe ich schon in meiner Einführung vor einigen Tagen angedeutet. Und wie ich dort beschrieb, unterliegt gerade das "Brotessen" einer gewissen halachischen Prozedur. Zuerst kommt das rituelle Händewaschen und danach der Segen über das Brot.

Die verläuft alles recht "schnell" und "unkompliziert", doch stellen sich viele Leute immer wieder die Frage, warum das Dankesgebet nach dem Brotessen, das "Birkat HaMazon" so furchtbar lange dauert. Wer sich das Birkat HaMazon - Gebet anschaut, der sieht auf den ersten Blick einige Seiten Text und der Text scheint sich, oberflächlich betrachtet, aus mehreren Versen verschiedenen Inhaltes zusammenzusetzen.

Es liegt nicht in meiner Macht, das Birkat HaMazon zu verkürzen, doch möchte ich einige Regeln sowie Details dazu erklären.

Hat man eine Mahlzeit, bei der auch Brot gegessen bzw. vorher der Segen über das Brot gesprochen worden ist, erst einmal beendet, dann muß das Birkat HaMazon am Ende erfolgen. Normalerweise steht es in jedem Sidur (Gebetbuch), aber viele Leute haben kleine Bencher (Gebetbücher mit eben jenem Gebet) daheim.

Vor dem eigentlichen Birkat HaMazon wird das sogenannte MAYIM ACHARONIM gereicht. Etwas Wasser in einem kleinen Gefäß, mit dem man sich die Fingerspitzen beträufelt bzw. wäscht. Hierbei hat jeder seinen eigenen Brauch; der eine benutzt mehr Wasser, der andere weniger.

Zum MAYOM ACHARONIM (dem Wasser am Ende der Mahlzeit) sei noch kabbalistisch hinzugefügt, dass es sich hierbei um eine Idee handelt, der "anderen Seite" etwas zu geben. Ähnlich der Tempelopferung am Yom Kippur (Versöhnungstag), bei der ein Ziegenbock im Tempel geopfert wurde und der zweite zum Azalzel (zur schlechten negativen Seite, viele sagen auch Satan) gesandt wurde.
Wir sind nach der Mahlzeit gesättigt und sollen symbolisch auch etwas an die "andere Seite" abgeben. Darum waschen wir uns die Fingerspitzen. Natürlich gibt es auch anderweitige Erklärungen dafür und einen Disput, ob Frauen zum MAYIM ACHARONIM verpflichtet sind. Viele sagen JA und gewöhnlich benutzte ich persönlich das Mayim Acharonim auch.

Aber zurück zum Dankesgebet über das Brot nach Beendigung einer Mahlzeit.

Halachisch betrachtet braucht man nach dem Brotessen nur einen einzigen Segen zu beten; und zwar das Birkat HaMazon. Heißt, aß ich Brot und mehrere Speisen bzw. Getränke dazu (Beispiel: Brot, Suppe, Gemüse, Nudeln und Fleisch + Getränk Cola), dann bete ich nicht wie gewöhnlich für jede der Speisen bzw. Getränke einen einzelnen separaten Segen, sondern NUR das Birkat HaMazon, denn dieses Gebet schließt ALLE anderen Speisen / Getränke mit ein.
Anmerkung: Beim Segen über den Kuchen ist das anders, aber dazu viel später.

Warum ist das Birkat HaMazon nach dem Brotessen so wichtig ?

In der Thora (Deuteronomy 8:10) heißt es:

"Und Du sollst essen und Du sollst Dich sättigen und Du sollst G - tt Deinen Herrn preisen …"

Somit besteht ein biblische Verpflichtung nach dem Essen zu beten !

Insgesamt basiert das Birkat HaMazon auf drei biblischen Segen:
1. Die Segnung bzw. den Dank an G - tt. 2. Den Segen für das Land Israel und 3. den Segen für den Erbauer Jerusalems.

Unser heutiger Birkat HaMazon - Text beinhaltet einen vierten Vers: "Für denjenigen, der gut ist und Gutes tut".

Wenn drei oder mehr jüdische Männer zusammensitzen und gegessen haben, so erfolgt vor dem eigentlichen Birkat HaMazon der sogenannte "Birkat HaZimun". Der Birkat HaZimun ist eine symbolische Einladung an die Anwesenden zu beten, heißt das Birkat HaMazon zu sagen. Die Mischna im Talmud Traktat Berachot 45a legt fest, dass der Birkat HaZimun gebetet werden muß, sobald drei Männer zusammen Brot aßen (siehe auch den Schulchan Aruch - Code of Jewish Law 193:2 - 4).

Ist ein Cohen (Tempelpriester) anwesend, dann leitet gewöhnlich er das Birkat HaMazon - Gebet.

Heutzutage ist mit Cohen jemand gemeint, der offenschtlich zum ehemaligen Geschlecht der Tempelpriester gehört. Viele haben hierzu ein offizielles Abstammungszertifikat.


All das hört sich alles furchtbar kompliziert an und aus diesem Grund erkläre ich das Gebet nach dem Brotessen "Birkat HaMazon" in vielen kleinen Schritten. Allerdings sollte sich niemand davon total verwirren lassen, denn zu jedem einzelnen Punkt gibt es im Talmud Dispute, die ich hier auslasse, weil das zu weit führen täte. Auch wird von niemandem verlangt, alles sofort zu verstehen, auswendig zu wissen oder richtig zu machen.

Wer das Birkat HaMazon jedoch erst einmal vor sich hat, der wird feststellen, dass alles gar nicht so kompliziert ist. In der Regel ist alles gut beschildert; alles was man wochentags betet oder am Schabbat bzw. an Feiertagen mit einfügt. Die Halacha ist ewig lang und scheint unerschöpflich, die reguläre Praxis hingegen ist weniger verwirrend.

Freitag, Juni 27, 2008

Rabbiner dringend gesucht …

B"H

G - tt ? Wer ist G - tt ?

Okay, Er ist da und regiert die Welt. Andererseits ist Er aber auch weit weg und das ist gut so. Soll Er nur weit weg bleiben, denn wir haben hier auf der Welt andere Prioritäten, die da Macht, Geld und Ansehen heißen.
G - tt, wenn wir Dich brauchen, dann melden wir uns. See you later und bis denne".

Nein, ich rede hier nicht von total säkuleren Juden, die so denken, sondern von Rabbinern. Rabbiner, die eigentlich diesen Beruf ergreifen sollten, um G - tt etwas zu vertreten, die Religion auszuüben und andere dazu inspirieren, mitziehen oder wie man es auch immer ausdrücken will. Anscheinend ist dies heute eine absolute Idealvorstellung und Illusion.

Die jüdische Lehre besagt, dass mit jeder neuen Generation immer mehr an Weisheit verloren geht. Jedenfalls zum zum Eintreffen des Meschiach.
Gab es zu talmudischer Zeit noch einen Rabbi Akiva oder Rabbi Gamliel, irgendwann viel später den Rambam, Rabbi Gerschom, die spanischen Kabbalisten, den Maharal von Prag, die Chassidim, den Gaon von Vilna, Rabbi Samson Raphael Hirsch bis hin zu Rabbi Moshe Feinstein; was aber ist heute geblieben ?

Natürlich haben wir auch heute große Rabbiner, aber geben wir es doch zu: Irgendwie ist alles nicht mehr so wie früher. Heutzutage leben viele Rabbiner, insbesondere chassidische Rebben, von dem Ruf ihrer Vorfahren. Sie selber müssen keine relig. geistigen Größen mehr sein. Es reicht, wenn man in die Familien der Rebben und einstigen Schüler hineingeboren ist. Aber dies ist ein anderes Thema, zu dem ich mich zu einem späteren Zeitpunkt auslasse.

Nicht nur die chassidische Welt hat teilweise Probleme, nein, insbesondere die litvisch - haredische Welt leidet. Der Vilna Gaon und Rabbi Moshe Feinstein sind lange verstorben und mit Wehmut denkt man an sie zurück und wünscht sie sich sehnsüchtig herbei. Heutzutage wird die israelische litvische Welt von einem beherrscht, und das nennt sich Politik. Rabbi Eliyashiv, der geistige Führer der "Litvaks" ist das beste Beispiel dafür. Vor ein paar Jahre sorgte er zum Beispiel dafür, dass "Rabbi" Jonah Metzger neuer israelisch - aschkenazischer Oberrabbiner wurde. Metzger war nur allzu sehr umstritten, denn handelte es sich bei ihm um keinen geeigneten Kandidaten. Halachisch nicht gut drauf und auch sonst hapert es mit dem relig. Wissen. Stattdessen beherrscht Metzger es perfekt, sich durch Kompromisse und Schmeicheleien in hohe Positionen zu katapultieren. Dies kann Rabbi Eliyashiv nur recht sein, hat er doch so Zugriff auf den Oberrabbiner.

Mit Metzgers Vorgänger, Rabbi Israel Lau, verhielt es sich kaum anders. Bei Lau hat man immer das Gefühl, dass alle ihn bemitleiden, weil er im KZ Buchenwald inhaftiert war und er so ergreifend die Story von seiner Rettung durch seinen älteren Bruder erzählt. Halachisch war und ist Rabbi Lau keine Größe, was jedoch egal ist, wenn man die richtigen Verbindungen hat. Politisch und nicht zu G - tt.

Die heutige Ausgabe der Zeitung "MAARIV" beschuldigt "Rabbi" Jonah Metzger auch nun noch der sexuellen Belästigung. Im Jahre 2006 habe es mehrere Beschwerden über ihn gegeben. Frauen, kleine Jungen, bei Metzger sei schon alles egal. Die sephardische Rabbinerriege war absolut gegen eine Ernennung Metzgers zum aschkenasischen Oberrabbiner, waren doch seine sexuellen Ausfälle reichlich bekannt. Letztendlich aber stimmte der ehemalige sephardische Oberrabbiner Ovadiah Yosef der Ernennung zu, da er es sich nicht mit dem litvischen Oberhaupt Eliyashiv verderben wollte.

Und was bleibt uns als "normaler Jude" übrig ? An wen können wir uns eigentlich noch wenden, ohne irgendwelche Machenschaften in Betracht ziehen zu müssen ? Chassidische Rabbiner erkennen die Oberrabbinität eines staatlich ernannten Oberrabbiners wie Lau oder Metzger eh nicht an. Gut so, denn seit Jahren werden Leute auf diesen Posten gehievt, die politisch korrekt sind, aber halachisch keine Ahnung haben.

Wo sind all die großen Rabbiner hin ?
Es scheint als müßten wir sie heute privat irgendwo mit der Lupe suchen. Aber selbst wenn man glaubt, einen glaubwürdigen Rabbi gefunden zu haben, kann dennoch alles im Desaster enden. Plötzlich stellt man fest, dass da doch diverse Machenschaften stattfinden und Mr. Rabbi selbst mit im Sumpf steckt. "Landesrabbiner" Netanel Wurmser aus Stuttgart ist hierfür das berühmte deutsche Beispiel.

Aber wen kümmert das heute noch groß ? Sind wir überrascht ?

Nein, denn hat nicht schon der Vilna Gaon vorausgesehen, dass in der Zeit vor der Ankunft des Meschiach die Mehrheit der Rabbiner korrupt sein wird (Erev Rav). Leider müssen wir erst auf den Meschiach warten, um wieder eine glaubwürdige Rabbinermehrheit zu bekommen.

Aber nicht alles ist gleich verloren. Es gibt noch Rabbiner, die es verdient haben, so genannt zu werden. Und hierunter fallen alle Sparten: ob nationalrelig., chassidisch oder litvisch.

Darunter sind aber auch jene der antizionistischen Dachorganisation "Edah HaCharedit". Vielerlei zu extrem, aber halachisch absolut glaubwürdig.

Einen Rabbiner, den ich besonders schätze ist der Rebbe der chassidischen Gruppe Dushinsky, Rabbi Yosef Zvi Dushinsky, zu dessen Tisch ich heute abend gehen werde.

Donnerstag, Juni 26, 2008

Der 3. Tammuz

B"H

Für Chabad (Lubawitsch) hat der 3. des jüdischen Monat Tammuz (Sonntag, 6. Juli) eine ganz besondere, wenn auch sehr unterschiedliche Bedeutung:


http://chassidicstories.blogspot.com/2008/06/der-3-tammuz.html



Rabbi Menachem Mendel Schneerson

Einmal tun, immer tun

B"H

Es ist schon erstaunlich, wie sehr der Talmud die kleinen Situationen im Leben anspricht und definiert. In vielen Lehren finden ich mich selbst wieder und möchte daher einiges an andere weitergeben. Vielleicht hilft es jemandem ja auch über bestimmte Situationen im Leben nachzudenken und eventuell eine Lösungsanregung zu bekommen.

Die Talmud Traktate Kidduschin 20a sowie Sotah 22a nennen einen ganz wichtigen Punkt, der uns vielleicht vorher nie so ins Bewußtsein rückte.

In beiden Traktaten heißt es:

Rav Huna sagte: "Wenn jemand erst einmal ein Vergehen begeht und es danach ein zweites Mal wiederholt, so wird das Vergehen in seinen Augen legal".

Oder kurz gesagt: "Begehe ich ein Vergehen und wiederhole es, dann gewöhne ich mich folglich daran und ist demnach in meinen Augen gar nicht mehr so schlimm wie ursprünglich angenommen". Je mehr ich eine bestimmte Sünde begehe und mir nichts dabei passiert (z.B. keine Strafe erhalte), umso mehr wird in meinen Augen alles legal und letztendlich zur Normalität.

Der große Kommentator Raschi sagt hierzu, dass man sich nach einer gewissen eintretenden Routine gar nicht mehr so fühle als hätte man ein Unrecht begangen. Und wenn genau dieser Fall eintritt, dann sehe man auch keinerlei Veranlassung mehr, etwas zu bereuen (siehe hierzu auch den Talmudkommentator RIF).

Rav Huna in seiner Gemara (rabbinische Diskussionen) im Talmud will ganz einfach ausdrücken, dass wenn ich mehrmals gegen dasselbe Gesetz verstoße, die Tat in meinen Augen als erlaubt erscheint.

Das Problem welches dabei auftaucht ist, dass ich nach einiger Zeit nichts mehr bereue und mich vielleicht noch zu weiteren scherwiegenderen Taten hinreissen lasse. "Was, G - tt will Menschen bestrafen und so ? Bisher habe ich genug gesündigt und mir ist nichts passiert. Wieso sollte das in Zukunft anders sein ?"

Im Judentum heißt es, dass Menschen, die gegen die Thora handeln, nicht immer sofort bestraft werden. Adam und Eva (Chava) sind im Paradies auch nicht gleich tot umgefallen als sie vom Baum der Erkenntnis (Etz HaDa'at) aßen. Wenn ich stehle, fallen mir nicht automatisch sofort die Hände ab.

Eine Bestrafung seitens G - ttes kann unverzüglich erfolgen oder auch erst viel später. 10 Jahre später oder 50 Jahre später …
Auch muß die Bestrafung G - ttes nicht unbedingt in dieser Welt erfolgen, sondern kann genauso in der Kommenden Welt (Olam HaBah) stattfinden. Olam HaBah, die unendliche Seelenwelt, in der ich schlimmstenfalls keinen Platz mehr bekomme oder bestenfalls einen schlechteren Platz. Metaphorisch steht dies als Bestrafung für die eigene Seele.

Praktisch vergleichbar ist dieses Konzept mit jedem anderen weltlichen gesetzlichen Vergehen. Heute hinterzieht jemand einen kleinen Betrag an Steuergeldern und empfindet noch ein schlechtes Gewissen. Tut er es ein zweites Mal und es geht alles gut, dann wird die Angst schon geringer, bis alles irgendwann in der Routine endet. Am Ende betrachtet sich derjenige als jemand mit einer völlig lupenreinen Weste. Der Sog kann einen so schnell erfassen, dass man es manchmal erst gar nicht so bemerkt.

Darum gibt es den Talmud; um uns an all die kleinen Details zu erinnern, die wir ansonsten gar nicht so wahrnehmen.

Parashat Korach

B"H

Die Thoralesung für diesen Schabbat

Das Erste, was uns bei dieser Parasha auffällt ist, das sie nach Korach benannt wurde. Wieso wird eine ganze Thoralesung nach ihm benannt, wenn er doch Moshe und Aharon herausforderte und G - tt ihn strafte ?

Bei Korach begann alles mit einer Prophezeihung, die er hatte. Er sah, dass er selbst die Macht übernehmen sollte (Raschi). Allerdings machte er einen gewaltigen Fehler. Er hatte zwar diese Prophezeihung, doch deutete er sie falsch. Nicht er sollte der Anführer der Juden werden, sondern einer seine Nachfahren, nämlich der Prophet Samuel (Shmuel). Korachs Söhne bereuten rechtzeitig ihre Taten und so überlebten sie (Raschi). Dadurch kam es, dass der überhebliche Korach ein Vorfahre des großen Shmuel HaNavi (Samuel der Prophet) ist.

"VaYikach Korach" - "Und Korach entfernte sich….

Korach und seine Anhänger entfernten sich vom Rest der Israeliten (Raschi, Ramban, Maharal von Prag etc.). Korach kam mit 250 seiner Anhänger zu Moshe und forderte ihn heraus. Auch er war vom Stamm Levi, denn sein Vater Kehat war ein Sohn Levis, genauso wie Amram, der Vater Moshe und Aharons. Moshe und Korach waren also Cousins und Korach sah nicht ein, dass nur Moshe und Aharon die Führung der Israeliten übernommen hatten. Er war neidisch und wollte ebenso einen Teil vom Kuchen abhaben (Sefat Emet und Ibn Ezra).

Der chassidische Kommentar Degel Machane Ephraim sowie Rabbi Samson Raphael Hirsch lehren, dass der ganze Streit nur deshalb ausbrach, weil Korach nicht einsah, dass Moshe nur seinem Bruder Aharon das Priesteramt (Cohen) zusprach. Nicht, dass Korach auf Reichtümer aus war, denn er war mehr als wohlhabend, hatte er doch Yosefs versteckten Schatz in Ägypten gefunden (Sefer Seder HaDorot). Zusätzlich hatte Korach einen sehr guten Posten inne, denn er war einer derjenigen, die die Bundeslade tragen durfte. Nach dem Ereignis mit den Spionen, die mit falsch interpretierten Berichten zurückkamen, sah Korach seine Stunde zur Rebellion gekommen. Er warf Moshe vor, dass alle Israeliten heilig seien und somit keiner besonderen Anführers bedarf. Daraufhin verwies Moshe ihn auf den folgenden Tag, an dem G - tt zeigen sollte, wen genau Er als Anführer der Israeliten auserkoren hat.

Warum erst auf den kommenden Tag und nicht gleich ?
Die Midrash Rabbah sowie Rabbi Samson Raphael Hirsch kommentieren, dass Moshe Korach und den anderen Rebellen Zeit geben wollte, ihre Anschuldigungen zu bereuen. Einige Stunden Schlaf und die Sache würde vielleicht ganz anders ausschauen. Stattdessen aber bereuten Korach & Co. nichts und besiegelten so ihr Schicksal. Nur seine Söhne sprangen im letzten Moment doch noch ab. Genauso wie On, der Sohn Pelets. Die Gemara im Talmud Traktat Sanhedrin 109b - 110a erzählt uns genau, wie die Frau von On ihrem Gatten Wein zu trinken gab und ihn so erstmal ausschaltete. On schlief ein, verpaßte die Rebellion und blieb am Leben.

Die Ehefrau Korachs dagegen war aus anderem Holz geschnitzt. Laut Gemara in Sanhedrin 100a wiegelte sie ihren Gatten erst so richtig gegen Moshe auf. Sein lieber Cousin Moshe würde nämlich nur alles unter sich und seinem Bruder aufteilen und er (Korach) gehe leer aus.

Wie wir in der Thora lesen, wurden alle 250 Rebellen vom sich auftuenden Erdboden verschluckt. In der Gemara Sanhedrin 110a gibt es einen Disput verschiedener Rabbiner darüber, ob Korach wirklich verschluckt wurde, er erst bei der nachfolgenden Plage oder gar beide Tode starb.

Der Ischbitzer Rebbe (Rabbi Mordechai Yosef Leiner) kommentiert, dass Korach ganz einfach seiner Yetzer (negative Gedanken) folgte. Plötzlich kam ein Gedanke in ihm auf und ohne groß zu überlegen bzw. sich über mögliche Konsequenzen bewußt zu sein, folgte er seinem negativen Gedanken. Hätte er nachgedacht, so wäre ihm bewußt gewesen, dass G - tt Moshe und Aharon zu den Anführern bestimmt hatte. Natuerlich kann jeder einzelne seine stillen Zweifel an Moshes Herrschaft haben, doch nichtdestotrotz wurde er von G - tt dazu auserwählt und Moshe war nicht gerade ein Charakter, der seine Position ausnutzte. Eher im Gegenteil.

In der Chassidut wird Moshe ein kompletter perfekter Zaddik (Gerechter) genannt, dessen Aufgabe darin besteht, unsere Welt mit G - tt zu verbinden (Degel Machane Ephraim). Genauso sehen bis heute die chassidischen Gruppen ihren Rebben. Nicht, dass heutzutage jemand auf dem Level Moshes ist, dennoch verbindet ein Zaddik unsere Welt mit G - tt und es wird ihm eine bestimmte Kraft nachgesagt, welche diverse G - ttesurteile zum Guten verändern kann (so lautet zumindest der Idealfall eines Zaddik (Gerechten).
Siehe Moshe bei seinen Diskursen mit G - tt.

In jeder Generation gibt es einen Zaddik und Leute, die gegen ihn sind. Was ein Rebell gegen einen Zaddik machen kann ist, vorher sorgfältig nachzudenken und seine negativen Energie in Positives umwandeln (Rabbi Simcha Bunim von Peshis'cha). Dies ist der Weg, um Korachs Seele (Neshama) zu "reparieren", wie man in der Kabbalah oder der Chassidut sagt. Jeder von uns hat Zeiten in seinem Leben, in denen er negative Gedanken im Kopf mit sich trägt. Allerdings sollte man nicht wild drauflos rennen, sondern sich erst einmal darüber klar werden, was es für Folgen hat und ob das alles wirklich das Richtige wäre. In dem Moment, in dem man sich eines Besseren besinnt, kann man das Negative in etwas Positives umwandeln und hat so einen Tikun Olam (eine Art Weltverbesserung) vollbracht (Baal Shem Tov, Chassidut Chabad und andere).

Korach war also neidisch auf die Führungspositionen von Moshe und Aharon. Die Thora und sämtliche Kommentatoren legen äußerst hohen Wert darauf festzustellen, dass im Judentum niemand eine bevorzugte Stellung einnimmt. Wenn von Cohanim (Tempelpriestern), Levi'im (Leviten) oder vom Volk Israel die Rede ist, dann sind alle Mitglieder gleichermaßen relevant und keiner ist von minderer Bedeutung. Jeder Einzelne von uns hat seine bestimmte Aufgabe im Leben, für die er erschaffen worden ist und daher sollte sich niemand herabgesetzt oder weniger wichtig fühlen.

Dieser Schabbat ist Schabbat Mevarchin und da in der kommenden Woche Rosh Chodesh Tammuz (der Beginn des jüdischen Monat Tammuz) folgt, beten wir während des Schabbatg – ttesdienstes für einen erfolgreichen neuen Monat.

Shabbat Shalom

Mittwoch, Juni 25, 2008

Fragen ohne weltliche Antwort

B"H

Wie jeder andere auch, habe ich die Religion betreffend viele Fragen. Fragen, auf die ich versuchte und insgeheim noch immer versuche, eine Antwort zu finden. Man soll ja niemals aufgeben.

Es gibt ein ganz besonderes Konzept, was mich stört. Eigentlich zwei und hoffentlich gelingt es mir, diese beiden Punkte thematisch zu verbinden. Ich beginne mit dem zweiten Konzept. Übrigens bedeuten meine Ausführungen keineswegs, dass ich nicht daran glaube oder alles anzweifele. Aber eben weil ich daran glaube, stelle ich mir so meine eigenen Fragen und mache mir persönliche Gedanken.

Das Erste, was mich stört, sind die Inhalte, welche uns der Talmud Sanhedrin, Halachot oder viele andere jüdische Kommentatoren, Kabbalisten oder Philosophen bezüglich der Ankunft des Meschiach darlegen (siehe Links unten).

Fast alle Inhalte besagen, dass wir nach der Ankunft des Meschiach auf einem absoluten seelischen Hoch sein werden, nicht mehr sündigen oder anderweitige Vergehen begehen. Kurz gesagt, nur noch G - ttes Willen erfüllen.
Was mich daran stört ?
Vielleicht ist stört sogar das falsche Wort, aber für mich persönlich ist es absolut undenkbar, keinen individuellen freien Willen mehr zu haben. Zugegeben, nicht mehr zwischen Gut oder Böse unterscheiden zu müssen, kann schon entspannend und weniger nervenaufreibend sein. Nach der Ankunft des Meschiach fallen nämlich negative Charaktereigenschaften weg und es gibt nur noch Gutes. Genauso wie wir daran glauben, dass alles zwar dermaßen negativ ausschaut, sich im Endeffekt jedoch zum Guten wendet.

Okay, es gibt nur noch GUT. Was aber geschieht mit meinem freien Willen ? Bin ich nicht eine Art Zombie, wenn ich automatisch und ausschließlich den Willen G - ttes erfülle. Seinen Willen und sonst nichts.

Klingt das egoistisch ?
Denke ich nur an mich und an meinen freien Willen ?
Vielleicht, aber meiner Meinung nach sind wir als Menschen mit freiem Willen erschaffen worden und wozu braucht G - tt uns, wenn wir alle nur noch nach Seiner "Pfeife tanzen" ?

Aber sind wir nicht andererseits G - tt gegenüber verpflichtet, alles zu tun, was Er will ? Schließlich hat Er unsere Welt und uns erst erschaffen. Ohne Ihn würden wir gar nicht existieren.
Aber wieso erschuf Er uns dann zu Beginn mit einem freien Willen, heißt der Wahl zwischen Gut und Böse ?

Laut Kabbalah erschuf Er uns so, damit wir einen Tikun (Seelenreparatur) verrichten. Anhand der Thoramitzwot sollten wir die Welt auf einen hohen relig. und moralischen Stand bringen und so die Ankunft des Meschiach herbeiführen. Aber bedeutet dieses "Endprodukt" gleichzeitig, dass nach dessen Ankunft für meinen freien Willen der Ofen aus ist und ich quasi zur Marionette werde ?

Kein einziger Rabbiner, Philosoph, Gelehrter oder Kabbalist kann das jüdische Konzept des FREIEN WILLEN genau definieren. Was ist der freie Wille überhaupt und wie weit reicht er ?

Aus dem Talmud erfahren wir, dass G - tt alles weiß. Er kennt unsere Zukunft, unsere Vergangenheit, unsere Gegenwart, unsere Gedanken und viele sagen, dass Er genau weiß, wie wir uns entscheiden und für was. Inwieweit beeinflußt G - tt unseren freien Willen, ohne das wir dies je bemerken ?

Und hier beginnt Punkt Nummer 2, welcher mich an einem relig. Konzept stört.

Jüdische Gelehrte, einschließlich des Rambam (Maimonides) streiten sich, inwieweit wir Menschen tatsächlich einen freien Willen haben. Manche sagen, der freie Wille sei nur eine einzige Illusion unsererseits. G - tt lenke alles und somit lenke Er auch unsere Gedanken, Handlungen und Taten.

Nehmen wir einmal an, Er lenkt alles und wir haben keinerlei freien Willen ?

Wieso also sündigen wir dann ? Wenn nur Er allein unser Handeln bestimmt, dann müßten wir doch folglich auf einem hohen geistigen, seelischen sowie relig. Niveau handeln ? Was ist dann mit unseren Vergehen ?

Und sind wir demnach überhaupt für unsere Vergehen verantwortlich zu machen ? Jeder Kriminelle könnte demnach behaupten, dass er ja gar nicht anders konnte, sondern G - tt sein Handeln bestimmte.

Oder warum sollten wir dann für die Nichteinhaltung der Mitzwot etc. zur Rechenschaft gezogen werden ? War es nicht G - tt, der uns so handeln ließ ?

Und was ist mit mir, dem kleinen menschlichen Individuum ? Wo stehe ich ? Bin ich hier nur ein Versuchsobjekt an Marionettensträngen, welches gemäß G - ttes Befehlen agiert ?

Für uns Menschen ist es doch viel positiver zu glauben bzw. zu wissen, dass wir die Freiheit haben, Fehler begehen zu dürfen, die Wahl zwischen Gut und Böse haben und überhaupt in der Lage sind, alleine Entscheidungen zu fällen. Wohin sei ich denn degradiert, wenn ich denn nur am G - ttesstrang hänge ?

Die perfekte chassidische Antwort daraufhin lautet, dass man halt an einen G - tt glauben muß, der weiß, was Er tut und dementsprechend handelt. Wir haben nicht das Recht, Seine Gründe zu hinterfragen. Gründe, die unser menschlicher limitierter Verstand eh nicht in der Lage ist zu begreifen. So lautet die Antwort auf alle Fragen. Und wenn nicht diese Antwort, dann jene, dass wir es halt nicht wissen. Wie denn auch ? G - tt hat uns diesbezüglich noch nicht informiert.

Wie ich eingangs bereits sagte, hege ich keine Zweifel am Meschiach und dem Konzept des freien Willens. Dennoch ist es in meinen Augen etwas merkwürdig zu erfahren, dass ich einmal auf solch einem Level sein werde, wo ich an nichts anderes mehr denke als G - ttes Willen zu erfüllen. Einige mögen nun einwerfen, dass genau dieser Zustand ja das optimale Ziel meines Daseins ist. Trotzdem habe ich Probleme mit dem Wissen, ohne freien Willen leben zu müssen oder mich ständig zu fragen, ob ich nun das Richtige tue oder nicht. Wie weit reicht unsere Illusion oder ist alles doch keine Illusion ?

Kein Wunder, dass gerade der Hollywood - Film "The Matrix" innerhalb der jüdisch - orthodoxen Community so erfolgreich war. Je mehr Thora etc. wir lernen, desto mehr interessiert uns eine Antwort auf all diese Fragen. Nicht unbedingt den Sinn des Daseins, wie den Rambam im "Moreh Nevuchim - Führer der Unschlüssigen (Kapitel 13)", aber vielmehr die Frage, inwieweit G - tt mein Leben tatsächlich bestimmt.

Festzustellen bleibt, dass es keinerlei definitive Antworten auf all jene Fragen gibt, sondern nur Spekulationen und Vermutungen. Es darf also weiter gerätselt werden und die alleinige Antwort kann uns nur G - tt selber geben, von dem wir gar nicht wissen, wer Er eigentlich ist.


Links:

Der jüdische Meschiach - Teil 1

Der jüdische Meschiach - Teil 2

Details zur Chassidut Gur


Der derzeitige Rebbe der Chassidut Gur, Rabbi Yaakov Aryeh Alter.


B"H

Aufgrund immer mehr Anfragen und wachsenden Interesses an der größten israel. chassidischen Gruppe Gur (Jiddisch: Ger) werde ich einmal einige Infos zusammenstellen und in meinen engl. sowie dt. chassidischen Blogs veröffentlichen.

Über die Gerer Chassidim ist nicht allzu viel bekannt und ich entnehmen meine Infos den Bücher des Yitzchak Alfassi, dessen Vater ein Chassid Gur war. Yitzchak Alfassi selbst ist Rabbi und lehrt an der Hebrew University of Jerusalem.

Aber Bücher allein tun es nicht. Ich kenne einige Gerer Chassidim und werde mit ihnen über ihr Leben, die Chassidut, Bräuche und weitere Inhalte reden.

Vielleicht findet Gur auch im deutschsprachigen Raum auf Interesse. Ihre Inhalte basieren übrigens auf der Chassidut des Rabbi Simcha Bunim von Peshis'cha sowie dem berühmten Rabbi Menachem Mendel von Kotzk (Kotzker Rebbe). Gur ist heute die größte und bekannteste chassidische Gruppe aus Polen (nahe Warschau).

Dienstag, Juni 24, 2008

Tot ohne Leiche

B"H

In der Mischna im Talmud Schabbat 151b heißt es, dass jemand, der einem Sterbenden die Augen schon vorzeitig zudrückt, als Mörder gilt.

Auch wenn keinerlei Hoffnung mehr besteht und der Sterbende eh in wenigen Minuten diese Welt verlassen sollte, dürfen ihm die Augen erst nach dem offiziellen Tod zugedrückt werden. Die Gemara stellt die Frage, ob das vorzeitige Augenzudrücken nicht den Tod des Sterbenden beschleunigt. Man stelle sich vor, jemand liegt im Sterben und dann kommt ein anderer unverhohlen daher und drückt schonmal eben so die Augen zu. Bekommt man da als Sterbender keinen Schock ?

Der große Kommentator Raschi erklärt, dass in solch einer Situation, in welcher einem Sterbenden vorzeitig die Augen zugedrückt werden, dies JA den Tod beschleunigen kann. Jemand sollte schon eine gewisse Zeit mit dem Augenzudrücken warten, denn der Sterbende könnte theoretisch ganz einfach nur in eine Bewußtlosigkeit gefallen sein (siehe die Mischna Thora des Rambam - Maimonides, Hilchot Aveil 4:5).

Alle weiteren Details zum Augenzudrücken eines Toten können im Schulchan Aruch - Yoreh Deah 352:4 eingesehen werden.

Ich bin weiß G - tt kein Posek (Halacha - Experte), aber genau diese Mischna des Talmud Traktates Schabbat kam mir sofort in den Sinn als ich gestern davon hörte, dass der israel. Oberrabbiner der Armee in Erwägung zieht, die beiden von der Hizbollah entführten Soldaten Eldad Regev und Ehud Goldwasser zu "Gefallenen mit unbekannter Grabstätte" zu deklarieren. Eigentlich hätte dieser Tage ein Gefangenenaustausch mit der Hizbollah stattfinden können, doch der Oberrabbiner der Armee entscheidet offensichtlich anders. Da völlig unklar sei, ob Goldwasser und Regev noch am Leben sind, müsse man nachdenken, ob sich der Deal mit der Hizbollah überhaupt lohne.

Seine obskuren Thesen entnimmt der Rabbi der Tatsache, dass solange keine Leichen vorhanden sind oder anderes bewiesen ist, Personen für "tot ohne bekannte Grabstelle" anerkannt werden können.

Einmal abgesehen vom Fall "Regev - Goldwasser", ist das nicht alles ein wenig zu voreilig ? Sind wir nicht gezwungen, daran zu glauben, dass jemand noch am Leben ist, solange nicht eindeutig Gegenteiliges bewiesen ist ? Dürfen wir jemanden so einfach abhaken, nur weil uns die Situation eh ausweglos erscheint ?

Ich denke, dass die Gemara in Schabbat das beste Beispiel für das genaue Gegenteil darstellt. Wer jemanden zu früh aufgibt, ist ein Mörder. Immerhin sind bezüglich der beiden entführten Soldaten erst zwei Jahre vergangen. Andererseits haben DNA - und anderweitige Blutuntersuchungen ergeben, dass zumindest einer der beiden Soldaten bei der Entführung seinen Verletzungen offensichtlich erlag. Aber wer kann dies schon alles mit Gewißheit bestimmen ?

Der große, aber leider schon verstorbene Halacha - Experte, Rabbi Moshe Feinstein, entschied einmal für Frauen, deren Ehemänner im Holocaust umkamen. Genauso übrigens für Männer, deren Frauen im Holocaust umkamen. Die halachischen Urteile sind in den Bänden des Rabbis "Iggerot Moshe" einzusehen. Es wäre interessant zu erfahren, wie Rabbi Feinstein in diesem Falle entschieden hätte.

Meiner Meinung nach mag die eventuelle Entscheidung des Armeerabbis zwar auf gegebener Realität basieren, doch braucht er sich nicht zu wundern, wenn er die Angehörigen der Soldaten gegen sich hat. Ist nicht das Menschliche wichtiger ? Das Menschliche, dass den Familien zumindest die Hoffnung bleibt. Wie soll jemand ohne Hoffnung diese Situation durchstehen ?

Natürlich müssen die Angehörigen auch realistisch denken, aber ist es nicht gerade die Hoffnung, die uns durch das Leben bringt ? Egal wie.

Montag, Juni 23, 2008

Synagogeneinweihung

B"H

Am vergangenen Freitag fuhr ich mit einer Freundin in die nahegelegene nationalrelig. Siedlung Efrat, um an der Synagogeneinweihung eines befreundeten Rabbiners teilzunehmen.

Hier der Bericht dazu:

http://lebeninjerusalem.blogspot.com/2008/06/gefahr-verbindet.html


Und hier einige Photos:

http://lebeninjerusalem.blogspot.com/2008/06/photos-aus-der-siedlung-efrat.html

Sonntag, Juni 22, 2008

Einführung in die Segen - "Das Brotessen"

B"H

Im Judentum nehmen wie keine einzige Speise oder ein Getränk ohne einen vorherigen Segen (Bracha) zu uns. Natürlich gibt es Ausnahmen wie, zum Beispiel, die Medikamenteneinnahme, vor der kein Segen gesagt wird.

Nichts dürfen wir verzehren, ohne vorher G - tt gedankt zu haben und so unterliegen diverse Speisen und Getränke unterschiedlichen Segen (Berachot). In der Gemara (rabbinische Diskussionen) des Talmud Traktates Berachot 35b heißt es dazu, dass jeder, der einen Nutzen (Essen und Trinken) aus dieser Welt zieht und G - tt vorher nicht für die Erschaffung dankt, als Dieb betrachtet wird. Er stiehlt von G - tt, dem eigentlichen Erschaffer der Welt, der Menschen sowie aller Nahrungsmittel. Einwenden kann man, dass jemand ja schließlich arbeitete, Geld verdiente und so seine Nahrung selbst finanzierte und kein anderer. Daraufhin kann man jedoch argumentieren, dass G - tt denjenigen erschuf, ihm überhaupt erst lebensfähig machte und ihm somit die Kraft zum Arbeiten verlieh.

Aber auch nach dem Essen werden Segen gesprochen. Vor dem Essen ist es grundweg einfach, denn man ist hungrig und sagt halt schnell einen Segen dahin. Ist man aber erst einmal gesättigt, dann kann es passieren, dass G - tt schnell vergessen ist. Man steht vom Tisch auf und geht seiner Wege.

Um, u.a., gewisse Disziplinen zu lernen, werden im Judentum weitere Danksegen nach dem Essen bzw. Trinken gesagt. Auch hier gibt es gewisse Unterschiede. Einer der Gravierensten ist sicherlich das Brotessen. Eine Mahlzeit, die Brot enthält, ist im Judentum immer etwas komplizierter als andere Lebensmittel und Mahlzeiten und so mancher schreckt nicht selten vor dem Brotessen zurück. Insbesondere dann, wenn er es eilig hat. Brot zu essen bedeutet, vorher seine Hände gemäß eines bestimmten Ritus rituell zu reinigen. Nach dem Händewaschen wird ein Segen gesprochen und gleich darauf nochmals vor dem eigentlichen Brotessen. So mancher nichtjüdische Gast ist nicht selten verärgert, wenn eine ganz bestimmte Prozedur stattfindet: das rituelle Händewaschen.

Aschkenazische Juden haben den Brauch, innerhalb der Zeit des Händewaschen und der Segnung des Brotes bzw. dem Essen des ersten Bissens nicht zu sprechen. Es gibt sephardische Juden, die diesen Brauch nicht haben und reden, aber ich gehe hier einmal nur von aschkenazischen Juden aus. Man schweigt und am Schabbat kann sich dies etwas in die Länge ziehen, da man auf mehrere Leutchen wartet und gemeinsam den Segen über das Brot hört, um dann zu essen. Viele Male erlebte ich es, dass ein nichtjüdischer Gast oder ein Jude, der von Religion absolut keine Ahnung hat, sich aufregt, wenn er redet und redet und keine Antwort bekommt. Jedenfalls nicht solange, bis der erste Brotbissen im Mund verschwindet. So mancher Unwissende nimmt dies als Frechheit auf und ist beleidigt. Daher empfiehlt es sich fast immer, die Gäste vorher auf diesen Brauch hinzuweisen.

Einen kleinen Vorteil hat das Brotessen aber dennoch. Zumindest auf die Segen bezogen. Wer den Segen über das Brot spricht, der braucht danach keinen anderen Segen mehr über diverse andere Lebensmittel zu sagen, denn der Brotsegen bezieht alles mit ein. Ab und zu höre ich es jedoch bei Nationalreligiösen, dass diese einen extra Segen vor dem Essen von Früchten aus dem Land Israel sagen.

Der Segen vor dem eigentlichen Brotessen lautet:

"Baruch ata HaShem, Elokenu Melech HaOlam, HaMotzi Lechem Min HaAretz".

(Aufgrund halachischer Regelungen habe ich den Segen etwas verändert und hier nur der Hinweis, dass dieser Segen im Original nicht so gebetet wird, wie hier aufgeführt, sondern die Namen G - ttes werden mit eingefügt).

Deutsche Übersetzung:

"Gesegnet sei G - tt ….., der das Brot aus der Erde hervorbrachte".

Und wie immer im Judentum tauchen wieder unendlich viele Fragen auf, die der Talmud sowie der Schulchan Aruch (Code of Jewish Law) genauer definieren bzw. Richtlinien setzen. So wird die Frage gestellt, wieviel Brot man denn essen muß, um die ganze Prozedur (Händewaschen und Segen über das Brot sprechen) vorher auszuführen. Offiziell heißt es, dass es sich bei der Menge des Brotes zumindest um eine "KeZait - Olivengröße" handeln muß.

Aber einige Vorsicht ist zusätzlich geboten:
Es gibt den Unterschied zwischen dem eigentlichen Essen von Brot sowie anderen Teigwaren wie Kekse, Nudeln oder Kuchen. Für Brot und allerlei andere Teigwaren gibt es zwei unterschiedliche Segen für vor und nach dem Essen. Auch findet bei den Teigwaren das rituelle Händewaschen nicht statt, sondern es wird nur der Segen gesprochen.

Vorsicht ist dann geboten, wenn man eine bestimmte Teigmenge überschreitet. Sagen wir, jemand ißt ein Stück Pizza. Demzufolge braucht er nur den Segen für die Teigwaren zu beten, ohne sich vorher rituell die Hände zu waschen. Ißt er jedoch mehr als drei Stücke Pizza oder plant eine ganze Pizza zu verzehren, so muß er sich dennoch die Hände waschen, den Segen für Brot sagen und hinterher, wie nach jedem Brotessen, folgt das "Birkat HaMazon - Gebet". Es kommt also immer auf die Menge an und hierzu sollte man im Schulchan Aruch - Orach Chaim 167 ff. nachschauen oder besser einen Rabbiner konsultieren, der sich auskennt.

Eine weitere kleine Ausnahme bilden die beliebten Bagel. In der Regel spricht man über ein Bagel den Brotsegen (incl. rituellem Händewaschen). Es gibt aber Leute, so wie mich, die über ein Bagel den regulären Segen der Teigwaren sagen, ohne sich rituell die Hände zu waschen. Aber auch hier kommt es wieder auf die Menge bzw. Anzahl der Bagel an.

Wer es zur Hand hat, der sollte es unbedingt tun:
Vor dem Brotessen sollte etwas Salz auf das Brot gestreut werden. Bevor man es sich in den Mund steckt. Zu Tempelzeiten wurde Salz auf den Altar gestreut und nach der Zerstörung des Zweiten Tempels (70 nach Beginn der Zeitrechnung durch die Römer) stellt der Eßtisch in unserem Haus einen Altar dar. Jedenfalls bis zum Eintreffen des Meschiach und der Errichtung des Dritten endgültigen Tempels.

Die Beschreibung des Brotessens und seiner Prozedur ist sehr umfassend und umfangreich und vielleicht hätte ich mit den anderen Segen über reguläre Getränke außer Wein oder Traubensaft oder Essen wie Früchte, Süssigkeiten, Reis oder Gemüse beginnen sollen. Ist jedoch erst einmal der komplizierteste aller Segen verstanden, fallen alle weiteren gänzlich leichter. Jedoch nicht so leicht, dass alles total klar ist und man nie mehr nachfragen muß. In Yeshivot (relig. Schulen) bekommt jeder Schüler oft ein kleines Handbuch ausgehändigt, in dem alle nur erdenklichen Lebensmittel aufgelistet sind. Sie und die Segen, welche man vorher und nachher sagt. Im Zeitalter des Internets gibts dies natürlich auch im Net und wer sich schon etwas auskennt, der kann hier eine Liste finden:

Die Segenliste der ORTHODOX UNION

Allerdings wird man immer wieder neu überrascht, wenn man die Liste anschaut. Zuerst denkt man vielleicht, dass dieser oder jener Segen gesagt wird, aber hinterher stellt sich ganz etwas anderes heraus. Siehe den Fall POPCORN.

Die Segen vor und nach dem Essen sind im Judentum extrem wichtig und jeder Yeshivaschüler bzw. Konvertit zum Judentum kann sicher ein Lied davon singen. Der Optimalfall ist ganz klar, alle Segen und Ausnahmen von Geburt an zu lernen, doch nicht jedem ist dies gegeben.

Also werden wir uns in dieser Zeit etwas durch den Schulchan Aruch bzw. Talmud Berachot bewegen und einige Grundregeln zu den Segen lernen.

Anstehende Hochzeit bei der Chassidut Toldot Avraham Yitzchak

B"H

Israel wird derzeit von einer Hitzewelle überzogen. In Tel Aviv trieb einen die treibhaushafte Luftfeuchtigkeit fast in den Wahnsinn und nach meiner Ankunft in Jerusalem, am Freitag, war es auch nicht viel besser. Mit einer Freundin fuhr ich kurz darauf zu einer Yeshiva - Eröffnung in die nationalrelig. Siedlung Efrat weiter. Dort war es zwar bergig und dementsprechend windig, doch das Problem ist, dass man aufgrund der frischen Brise die brennende Sonne nicht mehr bemerkt. Und so kamen wir nach nur etwas mehr als zwei Stunden total platt zurück nach Jerusalem. Ausgelaugt und fast lustlos zu allem.

Abends schleppten wir uns zu Rabbi Machlis und danach zum chassidischen Tisch der Toldot Avraham Yitzchak in Mea Shearim. Bei den Avraham Yitzchak findet in dieser Woche eine große Hochzeit statt, denn der Enkel des Rebben Shmuel Yaakov Kahn heiratet in den Staaten. Und so waren wir dann natürlich recht neugierig, den Bräutigam beim Tisch zu sehen. Und so saß er dann auch gleich links vom Rebben platziert; garantiert erst 17 Jahre alt und nicht älter als 18.

Aufgrund des freudigen Ereignisses hatte ich einen rappelvollen Tisch erwartet, doch dem war nicht so. Um 00.30 Uhr kamen wir an und bei den Männern sowie bei den Frauen gab es noch unzählige freie Plätze zu ergattern. Und ausgerechnet dann setzte unsere Müdigkeit ein. Die Sonne hatte uns am Nachmittag schon lahmgelegt und nun wieder. Schon nach 30 Minuten gingen wir wieder, aber ich bin mir sicher, dass es ein toller Tisch war. Wie immer bei Avraham Yitzchak.

Alle Jahre wieder …

B"H

Und alle Jahre wieder die gleiche Überschrift.

Alle Jahre wieder findet in Tel Aviv und in Jerusalem die "Gay Parade" statt.

So mancher mag die Homosexualität heutzutage als "normal" ansehen, dennoch fragen sich nicht wenige Leute (und nicht nur orthod. Juden), was aus unserer Gesellschaft geworden ist bzw. wird.

Religiöse Juden werden mich für meine Ansicht kritisieren, aber mir ist es egal, was jemand in seinem Schlafzimmer treibt. Ich betone hier "Schlafzimmer", was "privat" bedeutet. Und privat sollte privat bleiben … nämlich den eigenen vier Wänden. Warum müssen Homosexuelle ihre Veranlagung zur Schau stellen ? Heterosexuelle Paare laufen ja auch nicht demonstrierend herum und zeigen ihre Veranlagung. Genau dies ist auch die Ansicht vieler Israelis, mit denen ich in der letzten Zeit zum Thema sprach. Und bei den Befragten handelte es sich größtenteils nicht unbedingt religiöse Leute.

An diesem Donnerstag nachmittag findet in Jerusalem die alljährliche Gay Parade statt und alljährlich kommt es zu wilden haredischen (ultra - orthod.) Demos und Widerstand. In haredischen Wohnvierteln kam es letztes Jahr teilweise zu Straßenschlachten mit der Polizei und wir warteten schon auf weitere in diesem Juni. Aber nichts geschah. Bis auf eine kleine Demo in Mea Shearim in der vergangenen Woche, an welcher nur einige wenige Haredim teilnahmen, geschah nichts. Haben alle irgendwie aufgegeben und sich damit abgefunden, dass die Gays herumlaufen ?

Keineswegs, aber offiziell begründet die antizionistische Dachorganisation "Edah HaCharedit" ihre Entscheidung zur Ruhe nicht und es darf spekuliert werden. Wurden sie vielleicht aufgekauft ? Wurden Versprechungen gemacht, um die Haredim zum Schweigen zu bringen ? Oder ist es ganz einfach nur die Tatsache, dass die Parade in diesem Jahr eine andere Route läuft ?
Begonnen wird im Unabhängigkeitspark in der Agron. Am amerikanischen Konsulat vorbei bis hin zum Rathaus am Safra Square. Ganz bescheiden und weit weg von der Öffentlichkeit und der Fußgängerzone.

Amerikanische Haredim kritisierten ihre israel. "Kollegen" aufs Schärfste, aber offiziell herrscht allgemeines Stillschweigen. Ganz so still es es denn wieder auch nicht, denn in Mea Shearim wurden neue Mitteilungsposter "Fakshivilim" aufgehängt, in denen die Gay Parade und alle Teilnehmer für "trefe - unrein" erklärt werden.

Das Verbot der männlichen Homosexualität ist ein Verbot "Deoraita" - also ein biblisches Verbot und daher sehr schwerwiegend. Falls mich nun jemand fragt, was halachisch mit Lesben ist …. hierauf habe ich noch keine eindeutige Antwort finden können. Dieses sollte dennoch keinen Grund zur Rechtfertigung darstellen. Rabbiner weisen darauf hin, dass der Idealfall im Judentum eine Familie ist und diese besteht aus einem Mann und einer Frau und ist nicht gleichgeschlechtlich.

Wie ich eingangs anmerkte, es ist mir egal, was die Leute privat machen. Eine Gay Parade allerdings gehört NICHT nach Jerusalem. In Tel Aviv, okay, wer will….. Aber Jerusalem hat einen anderen Status und das Einzige, was die Gays hier machen, ist G - tt verhöhnen. Ihnen geht es darum zu zeigen, dass sie auch Rechte haben und "wer sind". Das, was die Mehrheit der Jerusalemer aber stört, ist der "Davka - Effekt" - die Absicht. Gerade weil es Jerusalem und die Stadt G - ttes ist, will man einen Punkt machen und demonstrieren. Dass man sich jedoch mehr der Lächerlichkeit preisgibt und die Parade die Bewohner nicht unbedingt zum Zuschauen anregt, ist dabei völlig nebensächlich. Hauptsache ich habe es G - tt einmal wieder so richtig gezeigt und kann ruhig schlafen.
Mann, wie bin ich toll.

Jerusalem ist nicht Tel Aviv und wird es nie sein. Und vielleicht würden sich die Gays mehr Anerkennung erlangen, wenn sie anderen gegenüber mehr Respekt zeigen und auf maßlose Punkte verzichten.

Donnerstag, Juni 19, 2008

Pause bis Sonntag

B"H

Da ich morgen zu besagter Yeshiva - Einweihung fahre, habe ich vor Schabbatbeginn keine Zeit mehr zum Schreiben. Daher werde ich erst wieder ab Sonntag neue Beiträge in den Blog stellen.

Hoffentlich habe ich wenigstens am kommenden Schabbat einmal etwas Gelegenheit zum Lesen, denn ich will Philo, Rabbi Saadia Gaon und natürlich einen meiner Lieblingsrabbis, den Rambam (Maimonides) einmal näher unter die Lupe nehmen. Mit Lesen allein ist es selbstverständlich nicht getan, denn insbesondere die Schriften des Rambam und Saadia Gaon sind halachische Meisterwerke. Außerdem kommt Geschichtswissen und Philosopie dazu. Aber warum nicht diese Herausforderung annehmen ?

Vorab schon einmal "Schabbat Schalom" an alle und hoffentlich wird das Wetter in Israel weniger feucht. Die feuchte tropische Hitze derzeit macht einen ja fast wahnsinnig.

Bevor ich es vergesse: Wer an der haredischen Gesellschaft interessiert ist, der kann etwas Neues auf meinem chassidischen Blog lesen.

Parashat Shlach

B"H

Die Thoralesung für diesen Shabbat

Die Parasha der vergangenen Woche (Beha'alotcha) endete damit, dass Miriam aussätzig und sie aufgrunddessen aus dem Lager entfernt wurde. Nach ihrer Heilung kam sie wieder zurück.

Miriam hatte den Aussatz als eine Strafe G - ttes erhalten, da sie gegenüber ihrem Bruder Aharon Moshe kritisierte. Dieses Ereignis soll die Menschen lehren, ihre Zunge im Zaum zu halten und keine Laschon HaRah (üble Nachrede) zu sprechen.

Aber sprach Miriam tatsächlich Laschon HaRah über ihren Bruder ? Nein, sie tat es nicht, doch wäre der optimale Adressat ihrer Kritik nicht Aharon, sondern Moshe selbst gewesen. Zu ihm hätte sie gehen und mit ihm sprechen sollen, und keine Dritten (in dem Falle Aharon) einschalten sollen.

Parashat Shlach beginnt damit, dass Moshe Spione in das Land Canaan sendet. Der Kommentator Raschi stellt die berechtigte Frage, warum gerade die Erzählung von den Spionen auf die Story der Miriam folgt. Seine Antwort lautet, dass die vorherige Parasha mit Laschon HaRah (übler Nachrede) endete und die Israeliten anscheinend nichts aus der Strafe Miriams gelernt haben, denn die Laschon HaRah wurde fortgesetzt.

Die Parasha beginnt mit den Worten G - ttes, der zu Moshe sagt, dass er Spione in das Land Canaan schicken soll. Allerdings müssen wir an dieser Stelle genau auf die hebraeische Wortwahl achten. G - tt sagt: "Shlach Lecha" - Sende Dir. Hierzu kommentiert Raschi, dass G - tt Moshe nicht aufgetragen hat, die Spione zu senden, sondern dass Moshe die freie Wahl hatte es zu tun oder zu lassen. Ursprünglich hatte Moshe G - tt darum gebeten, denn die Israeliten hatten sich bei Moshe wieder einmal beschwert. Sie wollten selbst herausfinden, in welches Land sie da jetzt eigentlich gehen. Und so fragte Moshe G - tt um Rat, was er machen solle. G - tt hingegen zeigte sich nicht besonders begeistert von der Idee, wußte Er doch um die Folgen. Außerdem sah Er einen weiteren Vertrauensbruch. Hatte Er nicht den Israeliten oft genug gesagt, dass es sich um ein Land handelt, wo Milch und Honig fließt. Stattdessen aber haderten sie ständig mit sich selbst und mit Ihm. Nach all den Wundern, die Er für sie vollbracht hatte, glaubten sie immer noch nichts und nörgelten.

Moshe entschloß sich, 12 Spione nach Israel zu senden. Ein Oberhaupt von jedem Stamm. 40 Tage lang waren die Spione in Canaan unterwegs. Besonders auffallen taten sie nicht, handelte es sich doch für sie um eine Art Geheimmission. Die einheimische Bevölkerung sollte keinen Verdacht schöpfen. Calev war der Einzige, der nach Hebron ging, um am Grab der Vorväter zu beten. Auch dies ergibt sich aus dem hebräischen Originaltext, in dem es heißt, dass sie in die Gegend Hebron hinaufstiegen, doch nur einer nach Hebron selbst ging. Im Text ersehen wir dieses aus den zwei Verben, wovon eines im Plural und eines im Singular steht. Im Buch "Likutei Torah" sieht der große Kabbalist, Rabbi Yitzchak Luria - der ARIZAL, Calev als Reinkarnarion des ehemaligen Diener Avrahams. Des Eliezer.

Das Ergebnis kennen wir. Die Spione kamen zurück und redeten nur schlecht über das zukünftige Gelobte Land. Gleich darauf wurden die Israeliten von G - tt bestraft und viele andere Israeliten starben in einer Plage. Zugleich erließ G - tt, dass sie nicht sofort in das Gelobte Land ziehen, sondern 40 Jahre in der Wüste umherwandern müssen, damit die Generation der Rebellen sterbe. Erst die nachfolgende Generation wurde in das Gelobte Land geführt. Die Gemara im Talmud Traktat Sotah 34b lehrt, dass schon allein der Wunsch nach Spionen aus bösen Absichten heraus ausgesprochen wurde. Laut dem Maharal sowie dem Chidushei HaRim hatten die Israeliten Anst vor einer ungewissen Zukunft. Statt auf G - tt zu vertrauen, sahen sie sich allein und verlassen. In der Wüste hatten sie alles, was sie zum Leben brauchten: Kleidung und das Manna.

G - ttes Plan war es, sie sofort nach Israel zu führen, doch die Israeliten wären gerne in der Wüste geblieben. Wer will schon gerne einschneidende Veränderungen in seinem Leben, wenn es einem gutgeht ? Sie waren nicht bereit, ihr bequemes Wüstenleben gegen ein anderes einzutauschen. Sobald sie in Israel ankämen, wären sie auf sich gestellt und müssten allein für ihren Lebensunterhalt aufkommen.

Die Gemara in den Talmud Traktaten Sotah 35a und Taanit 29a lehrt uns, dass die Spione am Abend des 8. des jüdischen Monats Av (Juli - August) zurückkamen. Sofort gab es eine Versammlung und die Spione erzählten von ihren Eindrücken. Das Land Canaan wäre eine einzige Katastrophe. Es gebe zwar genügend Nahrung und es sei ein sehr fruchtbares gutes Land, aber die Bevölkerung dort sei militärisch zu überlegen. Auch gebe es die drei Riesen bei Hebron und gegenüber denen hätten sie sich wie Grashüpfer gefühlt.

Im Grunde genommen beantworteten die Spione nur die Fragen Moshes, doch ihr Vergehen war, dass sie selbständig Kommentare abgaben. Alles wurde übertrieben dargestellt und somit machten sie den Zuhörern Angst (u.a. Rabbi Samson Raphael Hirsch).

Das Resultat war, dass die Israeliten keine Lust mehr hatten, dass Land für sich einzunehmen und sie begannen zu jammern. Da halfen auch die Einwände Yehoshuas und Calevs nichts mehr. Die Menschen weinten die ganze Nacht bis hin zum kommenden Tag, dem 9. Av (Gemara in Sotah 35a).

Wiederum gab es das Vergehen der Laschon HaRah (üble Nachrede). Die Spione hatten nicht nur eine G - tteslästerung begangen, indem sie Seine Entscheidungen in Frage stellten, sondern sie sprachen Laschon HaRah über das Gelobte Land und über die Israeliten selbst. "In den Augen der Riesen waren wir wie Grashüpfer." Nicht, dass die Riesen sie gesehen und so gedacht hätten. Nein, eher haben sich die Spione (außer Yehoshua und Calev) selbst so gefühlt. Auf G - ttes Hilfe wollten sie nicht vertrauen.

Die Thora und die Halacha (jüd. Gesetz) verbieten uns, Laschon HaRah zu sprechen. Nicht alles fällt unter diese Regel, denn es gibt Dinge im Leben, die ausgesprochen werden müssen.

Allerdings gibt es nicht nur Laschon HaRah über andere, sondern es ist uns ebenso verboten, Laschon HaRah über uns selbst zu reden. Sobald wir dieses tun, ziehen wir uns in ein spirituelles Loch, in dem wir allen Mut verlieren und aufgeben. Genauso sahen sich die Spione als sie sich als Grashüpfer bezeichneten. Egal, wie unmöglich oder gefährlich die Dinge erscheinen, wir sollten uns nicht kleiner machen als wir sind und vor allem nicht aufgeben.

G - tt war so "ärgerlich" über den Vorfall mit den Spionen und dem Weinen der Israeliten, dass er diesen versprach, dass Er ihnen in Zukunft einen richtigen Grund geben werde, am 9. Av (Tisha Be'Av - entweder im Juli oder August) zu weinen.

Wie sich historisch herausstellte, hielt G - tt sein Versprechen, denn der 9. Av stellte sich für das Jüdische Volk als Katastrophe heraus. An jenem Datum wurden beide Tempel zerstört (Talmud Taanit 26b).

Am 9. Av, 52 Jahre nach der Zerstörung des Zweiten Tempels, ermordeten die Römer die Einwohner der Stadt Beitar (siehe Talmud Gittin 57a).

Im Jahre 1914 begann der Erste Weltkrieg am 9. Av und stellte sich später als Katastrophe heraus, verursachte doch der Erste Weltkrieg das Aufkommen des Nationalsozialismus.

Was lernen wir aus dem Verhalten der Spione ?
Vor allem, dass wir G - ttes Entscheidungen nicht in Frage stellen sollten. Andererseits gibt es dennoch Fälle, in denen ein "In - Frage- stellen" akzeptierbar wird (siehe hierzu den Propheten Chavakuk - Habakuk). Jeder einzelne Mensch unterliegt einer "Haschgacha Pratit", Seiner persönlichen Überwachung. G - tt hat für alle einen bestimmten Lebensplan und unsere Aufgabe besteht darin, unser Leben und Seine Entscheidungen zu akzeptieren. Im Judentum heißt es, dass alles, sollte es auch noch so furchtbar erscheinen, sich zum Guten wenden wird.

Jüdische Kommentatoren, Rabbiner, Kabbalisten, Historiker und sogar Philosophen beschäftigen sich ausgiebig mit der eigentlichen Bedeutung der Thora. Aber, wie wir wissen, hat die Thora 70 Gesichter und unterliegt damit vielfältigen Interpretationen. Dies bedeutet jetzt auf gar keinen Fall, dass nun jeder alles nach seinem eigenen Belieben auslegen darf. Gewisse Richtlinien, wie die von Raschi, zum Beispiel, sollten schon eingehalten werden. Dennoch kann jeder die Thora in gewissen Sinne auch individuell auslegen.

Vor einiger Zeit hatte ich eine Idee einer Auslegung, die vielen beim ersten Anhören vielleicht apikorsisch (ketzerisch) erscheinen mag. Irgendwie kam ich zu der Theorie, was denn wäre, wenn die gesamte Thora "nun" eine einzige Metapher sei und uns in Wahrheit etwas ganz andere lehren will. Wer will, der kann sich diesbezüglich mit dem Kommentar des Philo an der Midrasch beschäftigen. Aber Philo bitte nicht nach christlichen Maßstäben auslegen, wie dies immer gern getan wird.

Aber nicht nur Philo ließ sich darüber aus, sondern auch andere Denker wie der Rambam (Maimonides) in seinem "Moreh Nevuchim – Führer der Unschlüssigen".

Kann es demzufolge sein, dass die Personen und Handlungen in der Thora nur Metaphern sind. Avraham könnte demnach für die ultimative Güte stehen. So lautete meine Theorie, die ich immer noch nicht ganz beiseite geschoben habe.

In der Chassidut kommen nicht unbedingt diese Gedanken auf, aber dennoch ist auch in ihren Auslegungen alles mit Metaphern gespickt. So vergleicht einer der Rebben der Chassidut Rodzhin (Rudzhin) in seinem Buch "Ner Israel" die Entsendung der Spione mit dem Streben nach Gut oder Böse. Selbst ein Zaddik (Gerechter) kann auf Irrwege geraten und daher seiner Yetzer (schlechten Seite in sich selbst) folgen. Andere, wie Calev und Yehoshua, hören nicht auf ihre Yetzer, sondern setzen unbeirrt ihren gerechten Weg fort.

Der Sefat Emet der Chassidut Gur nennt eine weitere Metapher:
Er nämlich vergleicht die Entsendung der Spione mit der Seele bzw. einem Menschen, welcher von G – tt in diese Welt gesandt wird. Auch seine Aufgabe besteht darin, gewissen, von G – tt gegebenen Regelungen zu folgen. Moshe trug den Spionen genau auf, worauf sie zu achten hatten und was er wissen wollte. Später berichteten sie es ihm, fügten jedoch ihre eigene Meinung hinzu.

Genauso mit uns in der hiesigen Welt. Wir sollen G – ttes Auftrag erfüllen, ohne unsere eigenen Ausreden, Schwächen und Bequemlichkeiten mit einzubringen.

In diesem Sinne
Shabbat Shalom

Mittwoch, Juni 18, 2008

Geduld statt Hetzerei

B"H

Gerade in unserer ruhelosen Zeit, in der fast jeder irgendetwas hinterher rennt und seine Wünsche und Träume sofort befriedigt sehen will, kommt es sehr oft vor, dass, wenn alles aus welchen Gründen auch immer fehlschlägt, die Leute in Depressionen enden. Depressionen treten meistens immer dann ein, wenn meine Erwartungen nicht erfüllt werden.

Und gerade in unserer Zeit des Internets und all der Technik und des Fortschritts wollen immer mehr Leute alles sofort.
"Wozu noch warten ? Ich will es jetzt haben".

Im Talmud Traktat Berachot 64a gibt es einen berühmten Satz eines Rabbis, der ein wenig Licht in die Angelegenheit bringt und vielleicht dem einen oder anderen eine Lösung bereitet.

Rabbi Avin, der Levi, sagt:
"Derjenige, der den Augenblick bezwingen will, wird vom Augenblick bezwungen.
Derjenige, der den Augenblick erwartet, wird vom Augenblick erwartet".


Die Talmudkommentatoren geben einige Beispiele für ein solches Verhalten. So konnte beispielsweise Avschalom, einer der Söhne König Davids, nicht warten und wollte stattdessen sofort König werden. Er rebellierte gegen seinen Vater und verlor dabei sein Leben.

Die Weisheit aus der Gemara des Talmud Berachot will uns somit sagen, dass es für jeden Menschen eine Zeit gibt, in der eine Gelegenheit oder Situation reif ist. Jedoch sollten wir keineswegs überhastet handeln und alles auf einmal und sofort haben wollen; ohne jegliche Kompromisse.

Der Talmud - Kommentator Maharsha schreibt, dass jeder Einzelne einen ganz bestimmten Augenblick im Leben hat, in wlechem G - tt ihm eine Gelegenheit zur Erlangung aller seiner Wünsche gibt. Dies geschieht nach einem gewissen astrologischen Sternenbild und der Stunde seiner Geburt. Wobei ich hier selbstverständlich anmerken muß, dass Juden nicht immer von Sternzeichen abhängen.

Der Kommentator Raschi schreibt, dass jemand, der geduldig darauf wartet, dass seine Zeit reif ist, keineswegs etwas verliert. Stattdessen wird ihm genau bewußt werden, wann der günstige Zeitpunkt gekommen ist.

Rabbi Mordechai Machlis sprach einmal von einem Kommentar, welcher besagte, dass G - tt festlegt, wann jemand krank zu sein hat. Dies geht ganz klar aus dem Talmud hervor, doch hat G - tt einen bestimmten Grund, warum jemand gerade zu dem Zeitpunkt erkrankt. Einen Grund, den wir nicht kennen.

Beispiel:
Jemand bricht sich ein Bein.

Theoretisch könnte G - tt aus einem nur Ihm bekannten Grund die Person erkranken lassen. Vielleicht um Schlimmeres fernzuhalten oder um eine völlig neue Situation herbeizuführen.

Dienstag, Juni 17, 2008

Verhaltensregeln beim Gebet

B"H

Es gibt nichts, was im Judentum nicht geregelt ist. Kein Thema wird ausgelassen und alles ist sorgsam aufgelistet und mit Kommentaren und Erlassen bis in die heutige Zeit erweitert. Vor dem Talmud und dem Schulchan Aruch (Code of Jewish Law) gibt es einfach kein Entkommen und meine Überschrift mag nach Langeweile und noch mehr nervenden Gesetzen und Richtlinien klingen.

Aber wie heißt so schön die Begründung der Thoragesetze, Kommentare, Auslegungen und und und ?
G - tt gab uns Juden all dies, um uns Disziplin zu lehren. Anhand dieser Disziplin sollen wir ein Vorbild für all die anderen Völker sein und ihnen den Weg in einer moralgeprägte Welt ohne Götzendienst weisen. Ob uns Juden das immer so gelingt, lasse ich einmal bis zur Ankunft des Meschiach dahingestellt und beginne stattdessen mit einer Aufwartung von noch mehr Regeln. Nämlich den allgemeinen Regeln für das Gebet, welche ich dem Talmud Traktat Berachot sowie dem Schulchan Aruch - Orach Chaim - Hilchot Tefila 89 ff. entnommen habe.

Beten im Judentum bedeutet nicht nur sich hinzustellen und draufloszubeten, sondern auch hier gibt es wieder einmal unzählige Vorschriften: wie, was, wann und wo. Einige davon sind recht bedeutend und ich habe sie einmal herausgesucht. Außerdem erscheinen sie logisch und es ist leicht, sie sich einzuprägen.

Zuerst einmal sind die drei täglichen jüdischen Gebete wie Schacharit (morgens), Mincha (nachmittags) sowie Maariv (abends) zeitlich geregelt und ein jeder sollte sich in seiner Gemeinde nach den genauen Zeiten erkundigen. In Israel stehen die Zeiten in regulären alltäglichen Kalendern, aber ich stelle mir vor, dass dem woanders nicht so ist. Normalerweise veröffentlicht jede Gemeinde die Gebetszeiten wöchentlich und falls nicht, findet man diese vielleicht auch im Internet. Bei Chabad zum Beispiel.

Ist die Zeit zum Gebet gekommen, so sollte man einen sauberen Ort aufsuchen, an dem man in Ruhe beten kann. Halachisch ist es absolut verboten, an verschmutzten Orten zu beten. Zu dem Punkt gehört auch, dass man saubere Kleidung trägt. Es muß kein Sonntagsstaat sein, aber dennoch sollte die Kleidung sauber sein.

Der Talmud Berachot nennt die Anzahl von einer Stunde, innerhalb der man sich meditativ auf ein Gebet vorbereiten sollte. Im Talmud angegebene Zahlen sind oftmals "nur" metaphorisch zu verstehen und so gilt die Zeitangabe von einer Stunde ebenso nicht als bindend. Vielmehr ist sie ein kleiner Wegweiser dazu, sich vorher von allen anderen störenden Gedanken zu befreien, um so eine höhere Gebetskonzentration zu erreichen. Von daher sollte man sich auch nicht zum Beten an Orte begeben, an denen man durch diverse Geräuschkulissen leicht abgelenkt werden kann.

Zuerst also ist es wichtig, seine Gedanken freizubekommen und sich zu konzentrieren.

Eine weitere Regel mag vielleicht recht amüsant klingen.
Man sollte vor dem Gebet, falls es denn sein muß, die Toilette aufsuchen. Aus dem einfachen Grund, dass wenn ich zu beten beginne und immer nur daran denke, dass ich jetzt eigentlich einmal dringend aufs Häuschen muß, ich mich folglich nicht mehr auf das Gebet konzentrieren kann. Ich bete immer schneller, nur um rechtzeitig auf dem Klo zu landen.

Vor bestimmten Gebeten darf man nichts essen und nur das Trinken von etwas Wasser ist erlaubt. Dies gilt insbesondere für das Morgengebet sowie das Morgengebet am Schabbat. Nach dem Schabbatg - ttesdienst, zum Beispiel, muß erst "Kiddusch - Segnung des Weines bzw. Traubensaftes" gemacht werden, damit man imstande ist, etwas zu sich nehmen zu dürfen. Für einen Kranken gelten hier die üblichen Ausnahmeregeln und er darf vorher essen !!!

Anzumerken sei noch, dass mir das Essen vor dem Morgengebet solange erlaubt ist, solange es draußen noch dunkel ist und die Sonne noch nicht richtig aufgegangen ist. So jedenfalls die Meinungen einiger Rabbiner. Andere wiederum verbieten auch dies. Wann genau am Morgen das erste Schacharit - Gebet stattfinden darf, ist im Talmud Berachot geregelt und die Sonne sollte einen gewissen Stand erreicht haben.

Wenn möglich, sollte in einer Minyan von zehn Männern gebetet werden, denn nur dann können ALLE Gebete vollständig gebetet werden. Des Weiteren lehrt der Talmud Traktat Berachot, dass ein Gebet einer Minyan immer anerkannter ist. Und das Judentum basiert auf Gemeinschaft und nicht darauf, dass jeder nur allein daheim im stillen Kämmerlein hockt.

Wenn ich denn schon daheim oder unterwegs bete, dann sollte der Raum ein Fenster besitzen. Hierzu heißt es, dass ich beim Hinausschauen immer daran erinnert werde, dass es neben mir auch noch eine Umwelt bzw. Mitmenschen gibt und ich nicht nur ausnahmslos für mich alleine beten sollte. Wenn ich andere mit in die Gebete einbeziehe, erhört G - tt meine Gebete umso mehr.

Im jüdischen Gebet sind sogar die Gebetsrichtungen vorgeschrieben. So betet ein in der Diaspora lebender Jude gen Jerusalem. Ebenso ein Israeli, der nicht in Jerusalem wohnt. Die Jerusalemer beten gen Tempelberg und wer sich am Tempelberg befindet, betet gen Azarah bzw. Aron HaKodesch - dem Allerheiligsten.

Offiziell gibt es hierzu noch ein weiteres Statement:
Wer in Jerusalem bzw. an der Klagemauer (Kotel) betet, der führt ein "Ortsgespräch" mit G - tt und dessen Gebete gehen sofort hinauf in den Himmel (symbolisch betrachtet). Wohin gegen die Gebete der Diaspora - Juden erst nach Israel "geleitet" werden, dann nach Jerusalem, dann zum Tempelberg und erst dann hinauf in den Himmel. Wenn das nicht ein Grund ist, Aliyah zu machen !!!

Es sollte versucht werden, sich so gut wie möglich auf das Gebet zu konzentrieren und auftauchende störende Zwischengedanken zu verdrängen.

Um alles noch komplizierter zu machen:
Einige Gebete haben ihre zusätzlichen eigenen Regeln wie das "Schema Israel" und vor allem die "Amidah - Schemona Esrei". Hierzu gibt es ausführliche Erläuterungen im Schulchan Aruch.

Oft kommt es vor, dass man in eine Synagoge geht und selbst als Jude gar nichts oder nicht viel weiß. Wo sind wir und was mache ich jetzt ? Augen zu, stehen, was antworten, wann verbeugen und wie oder was ? Sich nicht richtig auszukennen kann am Anfang schon nervig sein. Und peinlich noch dazu. Jedenfalls bildet man sich automatisch ein, dass alle anderen einen anstarren, was eigentlich nie so der Fall ist.

Wer seine feste Synagoge hat, bekommt es vielleicht weniger mit, aber mir wiederfährt es jedesmal aufs Neue, wenn ich in einer anderen Synagoge bin. Ich kenne deren Bräuche nicht, manchmal schieben chassidische Gemeinde zusätzliche Gebete bzw. Psalmen mit ein, etc. Und jedesmal muß ich mich wieder neu orientieren. Da ich den ständigen Synagogenwechsel liebe und unzählige zur Auswahl habe, stehe ich fast jedesmal wieder vor dem neuen Problem des Eingewöhnens. Am schwersten fiel es mir bisher bei den Chassidim von Karlin - Stolin, die wirklich gewöhnungsbedürftig sind. Gerade sie schreien vor lauter Enthusiasmus ihre Gebete emotional heraus, was einen den Text kaum verstehen läßt. Demnach muß ich mich immer neu einhören, an welcher Stelle wir uns gerade befinden. Dagegen ist es bei den Nationalrelig., den litvischen Haredim, bei Chabad oder Breslov sehr leicht mitzukommen. Die sephardischen Juden lasse ich lieber aus, denn sie haben teilweise andere Bräuche und verschiedene Ausspracheakzente. Mein schlimmstes Erlebnis hatte ich bei jemenitischen Juden, wo ich fast kein Wort verstand.

Wer dem allen etwas vorbeugen will, der sollte sich das Sidur (Gebetbuch) vom ARTSCROLL - Verlag zulegen. Okay, es ist in Englisch, aber um den Ritus und das Ausübung des Gebets zu erlernen, ist es geradezu perfekt. Alles ist beschrieben und weitere Details und Erklärungen gibt es auch. Leider wird vielerorts die Gebetsausführung nicht unterrichtet und allgemeine Erklärungen zum Gebet (was ich da eigentlich sage und warum) gibt es oft auch nicht. Dabei ist gerade das Thema so wichtig.


Das Sidur vom ARTSCROLL - Verlag

Aufruf in Avraham Yitzchak

B"H

Eigentlich wollte ich an diesem Schabbat ganz woanders sein, doch musste ich meine Pläne wieder einmal ändern. Bekannte aus der chassidischen Gruppe "Toldot Avraham Yitzchak" liessen mich wissen, dass an diesem Schabbat ein "Aufruf" bei den Avraham Yitzchak stattfindet. Daher werde ich an diesem Schabbat in Jerusalem sein, auch, weil ich am Freitag mittag in die nationalrelig. Siedlung Efrat (nahe Jerusalem) zu einer Yeshiva - Einweihung fahre. Ein verplantes Wochende also.

"Aufruf" ist die jiddische Bezeichnung für eine bestimmte Zeremonie. Ein Mann, der in der folgenden Woche heiratet, bekommt am Schabbat zuvor einen Aufruf zur Thora. Danach werfen die Frauen und Mädels Süßigkeiten hinüber zur Männerseite, welche von den Jungen eifrig aufgesammelt werden.

Der Aufruf bei den Avraham Yitzchak, die eine Abspaltung der chassidischen Toldot Aharon - Gruppe sind, findet also an diesem Schabbat während des Morgengebetes Schacharit statt.


Der Rebbe der Toldot Avraham Yitzchak, Rabbi Shmuel Yaakov Kahn, (rechts) mit Rabbi Me'ir Brandsdorfer (links). Rabbi Me'ir Brandsdorfer sitzt im Beit Din Zedek der antizionistischen Dachorganisation "Edah HaCharedit" und ist Mitglied bei den Toldot Avraham Yitzchak.

Am Abend zuvor schmeisst Rebbe Shmuel Yaakov Kahn einen riesen Tisch an dem ich ebenso teilnehme und hoffentlich vor lauter Gedränge auch auf meine Avraham Yitzchak - Bekannten stosse.

Mazal Tov an Rebbe Kahn nebst Rebbitzen.


Ort: Die Toldot Avraham Yitzchak Synagoge in Mea Shearim.

Montag, Juni 16, 2008

Die Sau ist los ....

B"H

Seit der Gründung des Staates Israel (1948) und sogar viele Jahre vorher, war das Land immer mehrheitlich in säkulerer Hand. Ganz zu schweigen von den Regierungen. Dennoch gab es immer irgendwo eine Grenze, wieweit der Säkularismus tatsächlich gehen darf. Meistens lag die Grenze beim "Yom Kippur - dem Versöhnungstag", an dem die Mehrheit der israel. Juden fastete. Etwas anderes stand gar nicht zur Debatte. Obwohl nicht immer religiös, wurden doch jüdische Traditionen und Riten eingehalten. Bei den vor und nach der Staatsgründung eingewanderten deutschen Juden vielleicht weniger als bei ihren Gegenparts aus Rußland, Ungarn oder Polen.
Vor allem in den osteuropäischen Staaten zeigte man sich noch traditionsverwachsener als im deutschen Reformjudentum. Dem wurde teilweise noch eins draufgesetzt als die jemenitischen Juden einwanderten. Ganz zu schweigen von den marokkanischen, iranischen, irakischen oder kurdischen Juden. Bis heute sind gerade diese sephardischen Juden viel traditionsbewußter als die aschkenazischen Juden. Selbst dann, wenn es sich um säkulere sephardische Juden handelt, denn auch bei ihnen liegt die Schmerzgrenze oftmals viel niedriger als bei ihren aschkenazischen säkuleren Gegenparts. Unter anderem will eine "richtige" sephardische Mutter ihren Sohn nun einmal mit einer Jüdin verheiratet sehen. Und auf Kaschrut wird in vielen Fällen auch wert gelegt. Nicht immer muß die Küche super koscher sein, doch bestehen auch hier einige Grundregeln, die gehalten werden.

Seit der Ausbreitung des Videos, DVD oder des Internet hat sich einige verändert und da wird am Yom Kippur nicht selten ein Film eingeworfen. Sonst sei es halt zu langweilig. Fasten - JA, auf Filme verzichten - NEIN.
Und seit der Masseneinwanderung der Russen aus den GUS - Staaten haben besonders unkoschere Läden absolute Hochkonjunktur. Nicht, dass es solche Läden zuvor im Lande nicht gab. Es gab sie und selbst ein Kibbutz hatte sich schon vor Ewigkeiten auf die Schweinezucht und somit die Herstellung von Schweinefleisch spezialisiert. Was vor ca. 20 Jahren noch hinter vorgehaltener Hand erzählt bzw. gegessen wurde, findet nun ungeniert in aller Öffentlichkeit statt.

Die russischen Einwanderer liessen von Beginn an verlauten, dass sie halt nicht auf ihr Schweinefleisch verzichten wollen. Alles solle so sein wie in Rußland. So ein Quark, denn ich aus Bayern kommend, mache hier auch keinen Leberkäs - Handel auf. Dennoch nutzten nicht wenige Russen ihr jüdisches Aliyah - Geld, um Läden mit Schweinefleisch zu eröffnen. Zuerst waren viele Israelis außer sich, und in dem Falle nicht nur die Religiösen. Mittlerweile haut all dies aber niemanden mehr vom Hocker. Gab es vor wenigen Jahren noch wilde Demos gegen russ. Schweinefleischläden in Beit Schemesch, so hat sich die Lage weitgehend beruhigt. Wobei Beit Schemesch eine Ausnahme bildet, denn man nimmt an, dass die Stadt in einigen Jahren eh fast vollkommen haredisch (ultra - orthod.) sein wird, und somit die Russen eh abwandern oder abgewandert werden.

Auch in der nordisrael. Stadt Kiryat Schemona gab es Proteste gegen russ. unkoschere Läden und vor wenigen Jahren nahm ich mehr oder weniger an einer haredischen Demo gegen einen neueröffneten unkoscheren Laden in der Jerusalemer Agrippas Street teil. Ausgerechnet dieser Laden jedoch leitete auch in Jerusalem einen neuen Trend ein. Unkoschere Läden wurden nun auch vermehrt von Israelis eröffnet und nicht nur von den Russen. Und immer mehr säkulere Israelis fragten nach unkoscheren Produkten nach. Man sah die "tollen" Fressalien im Auslandsurlaub und wollte auf soetwas daheim halt nicht verzichten. Und so deckt unter anderem die Lebensmittelkette "Tiv Ta'am" den Bedarf nach Schwein und Sonstigem. Als "Tiv Ta'am" vor einem Jahr vor der Krise stand, waren es jedoch wieder einmal die Russen, die sich aufregten und weiterhin auf unkoschere "Spezialitäten" drängten.

In Jerusalem weniger, in Tel Aviv hingegen umso mehr. In bestimmten Stadtteilen Tel Avivs hat "die Sau" Hochkonjunktur. Insbesondere die Gegend um den Zentralen Busbahnhof ist "Schweineland". Ich nenne hier nur einen größeren Laden gegenüber des alten Busbahnhofes "The Kingdom of Pork Factory", in welchem die Belegschaft aus Russen besteht. Auf dem Ladenschild findet sich die Aufschrift in Russisch, Englisch und Thailändisch. Gemäß der Gegend dürfte die Kundschaft mehrheitlich aus Russen, Thailändern und Philippinos bestehen.

Nicht jeder muß in Mea Shearim oder Bnei Brak wohnen und super koscher leben. Andererseits ist Israel nicht irgendein Land und die Bewohner sollten schon einen gewissen Respekt G - tt gegenüber zeigen. Traurigerweise haben sich die haredischen Demos fast vollkommen aufgelöst. Entweder gab man auf oder eine Demo passte gerade politisch nicht ins Konzept. Im Judentum haben wir das Konzept des "Sieges über die eigene Yetzer HaRah - die schlechte Seite in einem jedem von uns". Und wie könnten wir diese Mitzwah erfüllen und somit einen Tikun (Reparatur der Seele) ausführen, wenn wir keine freie Wahl hätten ?
Nur wenn wir vor einem Schweinefleischtresen und einem Tresen mit koscherem Fleisch stehen, können wir unsere innere Größe zeigen, indem wir uns für das koschere Essen entscheiden.

Wenn wir einmal nach dem Tode vor G - tt treten, dann wird es uns nicht unbedingt hoch angerechnet werden, wenn wir in zeitlebens in Bnei Brak elebt haben und gar keine andere Wahl hatte als koscher zu essen.

Ich will hier keineswegs für die Einführung unkoscheren Essens plädieren, nur, damit wir unsere Yetzer besiegen können. Aber aufgrund der vielen unkoscheren Läden versuche ich halt, dem Ganzen etwas Positives abzugewinnen und gleichzeitig einen positiven Zweck zu erkennen. Ansonsten bin ich jedoch absolut gegen unkoscheres Essen in Israel.

Sonntag, Juni 15, 2008

Nur über meine Leiche

B"H

Die Tageszeitung MAARIV veröffentlichte in ihrer letzten Wochenendausgabe einen längeren Bericht über das teilweise "skandalöse" Vorgehen der haredischen Institution "ZAKA – Zihui Korbanot Ason – Identifizierung von Katastrophenopfern". Der Name mag etwas zu sehr nach Katastrophen klingen, ist doch ZAKA ebenso bei Unfalltoten im Einsatz. Überall dort, wo es jüdische Opfer gibt. Auch wenn jüdische Israelis im Ausland betroffen sind.

Gegründet wurde ZAKA unter anderem von Yehuda Meshi Zahav, einem Schüler des einstmaligen Neturei Karta Oberhauptes in Jerusalem, Rabbi Amram Blau (Bloi). Noch immer ist Yehuda Meshi Zahav mit der Neturei Karta in Mea Shearim verwachsen, gibt sich aber oft weltmännisch. Oder besser gesagt staatsmännisch bezüglich der eigenen ZAKA – Staatsangelegenheiten.

Vielseits wird ZAKA hochgelobt, denn wer will schon gerne freiwillig die Aufgabe übernehmen, jüdische Leichenreste zu suchen. Zum Beispiel steigen die Mitglieder von ZAKA, allesamt männliche Haredim (Ultra – Orthod.), nach Bombenattentaten auf Dächer, um jeden noch so winzigen Hautfetzen zu finden und mit in das Grab zu beförden. Für die Haredim, die alle ehrenamtlich fungieren, ist dies eine absolute Mitzwah, denn wenn der Meschiach kommt und mit ihm die Aufertsehung der Toten, dann darf bei einer Leiche nichts fehlen. Für diese Gewissenhaftigkeit ist ZAKA hoch zu loben.

Im Judentum ist eine Feuerbestattung halachisch absolut verboten. Es darf sich niemand verbrennen lassen, sondern jede Leiche wird nach dem Tode rituell gewaschen und beerdigt.

Allerdings scheint es seit einigen Jahren auch bei Israelis in Mode zu kommen, sich dennoch einäschern lassen zu wollen. Insbesondere ist eine große Nachfrage bei den Einwanderern aus den GUS – Staaten zu verzeichnen. Und obwohl die Mehrheit dieser Einwanderer keine halachischen Juden sind bzw. überhaupt keine jüdischen Wurzeln besitzen, gibt es dennoch ein paar wenige halachische Juden unter ihnen. Und auch Letztere hegen immer mehr eine Feuerbestattung als letzten Wunsch . Wenn, dann geht dieses sehr diskret von statten. Die Leichen werden gegen viel Geld von Privatfirmen eingeäschert und danach steht die Urne bereit zu Abholung.

In immer mehr Fällen jedoch benachrichtigen aufgebrachte Verwandte die ZAKA – Organisation, und diese verhindert dann eine Freigabe der Leiche aus dem Leichenschauhaus an die Einäscherungsfirma. Die Leiche bleibt solange im Kühlfach, bis die Verwandten einer ordentlichen halachischen Beerdigung zustimmen. Und zwar schriftlich.

Viele Russen behaupten, von ZAKA Anrufe erhalten zu haben und wenn sie sich nicht bereit zeigten, einer halachischen Beerdigung zuzustimmen, wurde auch schonmal gedroht. ZAKA wolle dann das Sozialamt informieren und denen mitteilen, dass die Tochter bzw. der Sohn ja anscheinend genügend Geld habe, die Mutter teuer einäschern zu lassen. Verhelfe dies nicht dem gewünschten Erfolg, dann bleibt die Leiche halt im Kühlfach.

Auf diese Beschuldigungen angesprochen erklärte Yehuda Meshi Zahav, dass dem wirklich so sei. Man wende auch schon einmal Drohungen an. Ein halachischer Jude könne halt nicht eingeäschert werden, selbst wenn dies sein Wunsch ist. Nicht jeder kann sich seine Halacha selber aussuchen und zurechtlegen. Es gilt das Thorarecht und hier sind Feuerbestattungen verboten. Basta.
Man erledige hier seine halachische Pflicht, mehr nicht.
Vor einiger Zeit wurde sogar ein Feuerbestattungsinstitut abgefackelt, aber ob die Täter jemals gefasst wurden, entzieht sich meiner Kenntnis.

Persönlich konnte ich Feuerbestattungen noch nie etwas abgewinnen und wenn da eine Urne herumgeschleppt wird und es heißt, dass da "Onkel August" drin sei, dann hört sich das einfach widerlich an. Man hat sein Leben verwirkt und befindet sich nun als Asche in einer Schachtel. Eine grausige Vorstellung und ich kann mir nicht vorstellen, was die Betroffenen dazu bewogen hat. Klar, kann man genauso sagen, dass nach einer regulären Beerdigung auch nicht mehr viel übrig bleibt. Soll man sich da etwa von den Würmern zerfressen lassen ? Da lieber gleich verbrannt und weg.

Dennoch ist es absolut menschenverachtend und gerade Juden sollte der Gedanke daran zuwider sein, denn wieviele fanden sich unfreiwillig in den Krematorien der Vernichtungslager wieder ?

Links:

Zaka - Homepage auf Englisch

Jerusalem Post - Artikel zum Thema

Schabbat in Sheinkin

B"H

Normalerweise ist die Sheinkin in Tel Aviv bekannt als DIE Gegend der Säkuleren. Bis vor wenigen Jahren war die Sheinkin die absolute IN - Straße. Cafes, Shops mit freakigen Klamotten, horrende Mieten, Leute, die nicht gerade so gekleidet sind, was man im relig Sinne anständig nennt. Was auch immer man sich ansonsten noch vorstellen kann. Heute hat die Sheinkin an Glanz verloren und der Rothschild Boulevard hat längst die IN - Position übernommen. Allerdings ist Sheinkin nach wie vor ein Markenname, obwohl mittlerweile auch die Breslover Chassidim dort eine ihrer Filialen eröffnet haben. Aber auch sonst findet man nicht wenige Haredim (Ultra - Orthod.) in der Umgebung.

Sheinkin, zwischen King George und Allenby gelegen, hat jedoch noch eine weitere Attraktion zu vermelden. Gleich neben dem Park ragt eine riesige Synagoge hinter den Bäumen hervor. Chabad ist auch in Sheinkin angekommen. Das Erdgeschoß der Synagoge ist in zwei Räume unterteilt. Zum einen ein neuer moderner Synagogenraum und zum anderen die Überbleibsel einer alten riesigen Synagoge, wo immer noch ein anschaulicher Aron HaKodesh (Thoraschrein) steht.

Durch Zufall erspähte ich die Synagoge, aber da ich nicht an Zufälle glaube, gab es vielleicht einen anderen Grund, dass ich gerade in diese Synagoge ging. Am Erev Shabbat (Freitag abend) ging ich zum Kabbalat Shabbat service. Die Atmosphäre war eher gemütlich, denn es waren nicht viele Leute anwesend. Am Ende gab es ungefähr 20 Männer und 10 Frauen. Ich kann nur aus Sicht der Frauenseite (Ezrat Nashim) berichten. Diese befindet sich gleich hinter der Männerseite auf gleicher Höhe; hinter einer Holzmechitzah (Trennwand der Geschlechter). Inmitten des Services gab der Rabbi, ein gebürtiger Amerikaner, eine Drasha (relig. Rede), in der er von der Hachnasat Sefer Torah - Feier am Vortag (Donnerstag) berichtete. Eine neue Thorarolle zu bekommen, ist für jede Synagoge ein großes Event. Die Thorarolle wird in einer feierlichen Prozession zur Synagoge getragen. Wie man mir sagte, gab es in der belebten King George eine riesige Feier mit Orchesterbegleitung. Der Rabbi erzählte, dass selbst säkulere Autofahrer ihr Gefährt verliessen, um die Thorarolle zu küssen. Die Zuschauer waren total aufgeregt und manche hatten sogar Tränen in den Augen. Und das alles im so furchtbar säkuleren Downtown - Tel Aviv. "Wir müssen halt mit dem zufrieden sein, was wir haben und können nur auf mehr hoffen", so der Rabbi.

Ich entschloß mich, zum Schacharit am nächsten Morgen zurückzukommen, weil der Rabbi angekündigt hatte, dass dann die neue Thorarolle zum ersten Mal benutzt werden wird. Außerdem konne ich micht nicht recht mit dem Gedanken anfreunden, in der feuchten Hitze mehr als eine Stunde nach Bnei Brak zu laufen.

Ich muß zugeben, dass die Leute in der Chabad - Synagoge total nett und zugänglich waren. Nicht alle waren Chabadnikim. Stattdessen war es eine gute Mischung aus Halb und Halb. Außerdem waren die Anwesenden nicht nur aschkenazische Juden, sondern es waren ebenso viele Sepharadim da. Zum Schacharit - Gebet tauchten ungefähr 30 Männer und ca. 15 Frauen auf. Der Thoralesung folgte das Tanzen der Männer mit der neuen Thorarolle.

Um 18.10 Uhr am Abend fand ein Shiur statt. Die Männer lernten die Thoraparasha und für die Frauen gab es separat einen Pirkei Avot (Saying of the Fathers) - Vortrag gegeben von einer Chabadnikit. Der Shiur war nicht schlecht, doch bedenke man, dass Chabad immer von seinen eigenen Auslegungen und Rebbe - Teachings spricht. Dennoch, die Chabadnikit erwähnte auch einmal den Kommentator Rashi.

Wer seinen Schabbat mehr oder weniger in Downtown Tel Aviv verbringt und nicht weiß, wo er hin soll, der sollte in besagte Chabad - Synagoge gehen. Allerdings sollte kein Kiddush oder Essen erwartet werden, denn die Teilnehmer gehen nach dem Service sofort heim. Dies war mir gänzlich egal, denn ich hatte mein eigenes Essen vorbereitet und machte meinen eigenen Kiddush. Der Synagogenservice allerdings gefiel mir sehr gut.

Falls jemand gehen will:
Gute Hebräischkenntnisse sind ein absolutes Muß !!!
Für die nahe Zukunft hat Chabad in der Synagoge die zusätzliche Einrichtung einer Yeshiva (relig. Schule) geplant.

Freitag, Juni 13, 2008

Chassidische Klänge am Strand

B"H

Religiöse Jerusalemer lieben es, über das säkulere Tel Aviv herzuziehen. Was gibt es schon in Tel Aviv bei all den Linken und Säkuleren ? . Die Stadt gleicht doch eher Gomorrha.

Aber Leute lasst Euch sagen - dem ist gewiss nicht so. G - tt ist auch an einem Ort wie Tel Aviv zu finden und genaugenommen gibt es sehr viele tolle Leute hier.

Wenn ich berichte, was mir vor wenigen Stunden passiert ist, glauben sicher viele, ich habe sie nicht alle. Aber dennoch handelt es sich um eine wahre Story, die zeigt, dass Tel Aviv noch lange nicht "verloren" ist:

Ich war auf meinem Weg zum Carmel - Markt nahe dem Strand als ich mich spontan entschloss, mich für ein paar Minuten in einem kleinen schön angelegten Park niederzulassen. Ich liess mich auf einer Bank nieder und plötzlich vernahm ich chassidische Musik aus einem Lautsprecher kommend. Irgendwie hatte ich schon eine diverse Idee, dennoch wollte ich der Sache auf den Grund gehen. Und so ging ich um das Gebäude herum, welches sich als Synagoge entpuppte. Und wem gehört diese Synagoge ?

Natürlich den Chabad Chassidim.

Da das Gebäude recht nett ausschaut und das Drumherum auch, entschloss ich mich spontan, zur Kabbalat Shabbat (Freitag abend G - ttesdienst) wiederzukommen. Ich liebe es, neue Eindrücke zu gewinnen.

Für morgen habe ich einen Besuch im haredischen Bnei Brak geplant, aber wer weiss.... Vielleicht ende ich ja wieder bei Chabad.....

Und für all jene, die noch nicht wissen, was sie heute abend machen sollen:
Setzt Euch einfach in einen Park und vielleicht hört Ihr auch chassidische Musik. Oder um es in der "Chabad - Sprache" auszudrücken:
Selbst ein Ort wie Tel Aviv kann in die oberen spirituellen Welten hinaufbefördert werden (can be elevated).

Schabbat Schalom an alle !!!!!

Der Kampf um das "richtige" Judentum

B"H

Wer ist im Recht und hat das Recht für sich in Anspurch zu nehmen, dass "richtige" Judentum zu vertreten ?

Eine interessante Frage und ich aus der orthodoxen Zunft schließe von Vornherein das reform - oder konservative - progressive Judentum aus. Demnach konzentriere ich mich in diesem Artikel auf das orthodoxe Judentum.

Wer aber vertritt darin die richtige Richtung ?
Bezogen auf das Land Israel wird das orthodoxe Judentum offiziell von zwei großen Gruppen repräsentiert: den nationalreligiösen Zionisten und den Haredim (Ultra - Orthodoxen). Hierbei ist anzumerken, dass es in der Diaspora wesentlich andere Vorstellungen von diesen beiden Gruppen gibt als in Israel selbst. Aber nicht nur diese beiden Gruppen allein vertreten die israel. Orthodoxie, sondern es gibt Tausende "Unabhängige", die sich orthodox nennen, aber in keine der beiden Kategorien passen und sich selbst damit keinesfalls identifizieren.

Der Fall "Druckman" und die Aberkennung aller seiner Konversionen tat einmal wieder mehr die Kluft zwischen den Nationalrelig. und den Haredim auf. Wobei wiederum anzumerken ist, dass sich andere nationalrelig. Institute genauso von R. Druckman abwenden, denn sie wollen nicht in seinen Sog gezogen werden. Aber der Fall "Druckman" allein ist nicht der Grund für die immer tiefer werdende Kluft beider orthodoxer Richtungen. Einer der Gründe ist, wie könnte es auch anders sein, die Politik. In der Knesset bekriegt sich die nationalrelig. Partei (Mavdal) mit den aschkenazischen Haredim der "Yahadut HaTorah". Die "Yahadut HaTorah" ist ein Gemisch aus den chassidischen Gruppen wie Belz, Gur und Vishnitz und mit den litvischen Juden unter ihrem geistigen Führer Rabbi Eliyashiv. Die nationalrelig. Mavdal wird allgemein als zu säkuler und nachgiebig gesehen. Da stimmte sie dem Marsch christlicher Fanatiker durch Jerusalem zu oder schleimte sich auch sonst durch die Sharon - Politik. Wo sind heute noch die großen nationalrelig. Helden ? Pinchas Wallerstein vielleicht ? Außer Spesen nichts gewesen, denn er macht kaum von sich reden. Und Moshe Feiglin, der Konkurrent Netanyahus im LIKUD ? Kein Parteiprogramm und keine Mehrheit in der eigenen Partei. Und was ist heute überhaupt noch nationalreligiös ? Die Krise des religiösen Zionismus ?

Eines steht für mich fest: Bei den kommenden Knessetwahlen werde ich der nationalrelig. Partei ADE sagen und stattdessen zur haredischen "Yahadut HaTorah" überlaufen. Nicht, dass ich mich von ihnen besser repräsentiert sehe, aber dennoch stimme ich mit deren Programm überein. Außer den ewigen Steuergeldern für sämtliche Yeshivot (relig. Schulen), doch die Nationalrelig. sind diesbezüglich auch nicht besser.

Die Haredim behaupten von sich, das originale Judentum zu vertreten, in dem die Thora noch erst genommen wird und die Gesetze dementsprechend interpretiert werden. Die zionistischen Nationalreligiösen sind zu lax und man schaue sich nur einmal an, wie sie herumlaufen. Das allein sagt schon alles.
Richtig, es gibt große Unterschiede im Verhalten der Nationalrelig. und der Haredim und bei vielen Nationalrelig. frage ich mich, was sie auf der Yeshiva lernen. Nicht, dass ich hier die Probleme der haredischen Gesellschaft ignorieren will, aber ich beziehe mich hier nur auf die ernsthaft relig. Haredim. Mehrheitlich respektieren die Nationalrelig. die Haredim, doch so leben wie "DIE" wollen sie nicht. Nationalrelig. reiche da völlig aus und nur schwarz - weisse Klamotten tragen ist auch nicht das Wahre. Jede Richtung sieht sich im Recht und eine befriedigende Antwort auf die Frage, wer wirklich im Recht ist, gibt es nicht. Klar, ist jeder irgendwie im Recht und ich denke kaum, dass G - tt jeden nach seinem Tod danach richtet, welche Farbe seine Kipa hatte.

Jeder relig. israel. Jude muß versuchen, seine Richtung zu finden. Das ist die Patentlösung. Nicht jeder will haredisch sein und nicht jeder paßt zu den Nationalrelig. Es ist eine Sache der Mentalität und der Einstellung. Wer will oder kann wie weit gehen ?

Und wer vertritt das richtige Judentum ?
Die Thora und G - tt vertreten es und sonst niemand. Wir Menschen hingegen versuchen es zu tun, verlieren uns aber leider oft in zuvielen nebensächlichen Kleinigkeiten. Und das Fazit ist, dass sich nichts ändern wird. Der "Kampf" ums Recht wird weitergehen und erst sein Ende nach der Ankunft des Meshiach finden. Und ich bin einmal gespannt, wie dann die jüdische Welt aussehen wird. Ohne den Streitigkeiten untereinander. Hoffentlich nicht zu langweilig !!!

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Weiterer Link zu den "Druckman - Konversionen"