B"H
Im Judentum nehmen wie keine einzige Speise oder ein Getränk ohne einen vorherigen Segen (Bracha) zu uns. Natürlich gibt es Ausnahmen wie, zum Beispiel, die Medikamenteneinnahme, vor der kein Segen gesagt wird.
Nichts dürfen wir verzehren, ohne vorher G - tt gedankt zu haben und so unterliegen diverse Speisen und Getränke unterschiedlichen Segen (Berachot). In der Gemara (rabbinische Diskussionen) des Talmud Traktates Berachot 35b heißt es dazu, dass jeder, der einen Nutzen (Essen und Trinken) aus dieser Welt zieht und G - tt vorher nicht für die Erschaffung dankt, als Dieb betrachtet wird. Er stiehlt von G - tt, dem eigentlichen Erschaffer der Welt, der Menschen sowie aller Nahrungsmittel. Einwenden kann man, dass jemand ja schließlich arbeitete, Geld verdiente und so seine Nahrung selbst finanzierte und kein anderer. Daraufhin kann man jedoch argumentieren, dass G - tt denjenigen erschuf, ihm überhaupt erst lebensfähig machte und ihm somit die Kraft zum Arbeiten verlieh.
Aber auch nach dem Essen werden Segen gesprochen. Vor dem Essen ist es grundweg einfach, denn man ist hungrig und sagt halt schnell einen Segen dahin. Ist man aber erst einmal gesättigt, dann kann es passieren, dass G - tt schnell vergessen ist. Man steht vom Tisch auf und geht seiner Wege.
Um, u.a., gewisse Disziplinen zu lernen, werden im Judentum weitere Danksegen nach dem Essen bzw. Trinken gesagt. Auch hier gibt es gewisse Unterschiede. Einer der Gravierensten ist sicherlich das Brotessen. Eine Mahlzeit, die Brot enthält, ist im Judentum immer etwas komplizierter als andere Lebensmittel und Mahlzeiten und so mancher schreckt nicht selten vor dem Brotessen zurück. Insbesondere dann, wenn er es eilig hat. Brot zu essen bedeutet, vorher seine Hände gemäß eines bestimmten Ritus rituell zu reinigen. Nach dem Händewaschen wird ein Segen gesprochen und gleich darauf nochmals vor dem eigentlichen Brotessen. So mancher nichtjüdische Gast ist nicht selten verärgert, wenn eine ganz bestimmte Prozedur stattfindet: das rituelle Händewaschen.
Aschkenazische Juden haben den Brauch, innerhalb der Zeit des Händewaschen und der Segnung des Brotes bzw. dem Essen des ersten Bissens nicht zu sprechen. Es gibt sephardische Juden, die diesen Brauch nicht haben und reden, aber ich gehe hier einmal nur von aschkenazischen Juden aus. Man schweigt und am Schabbat kann sich dies etwas in die Länge ziehen, da man auf mehrere Leutchen wartet und gemeinsam den Segen über das Brot hört, um dann zu essen. Viele Male erlebte ich es, dass ein nichtjüdischer Gast oder ein Jude, der von Religion absolut keine Ahnung hat, sich aufregt, wenn er redet und redet und keine Antwort bekommt. Jedenfalls nicht solange, bis der erste Brotbissen im Mund verschwindet. So mancher Unwissende nimmt dies als Frechheit auf und ist beleidigt. Daher empfiehlt es sich fast immer, die Gäste vorher auf diesen Brauch hinzuweisen.
Einen kleinen Vorteil hat das Brotessen aber dennoch. Zumindest auf die Segen bezogen. Wer den Segen über das Brot spricht, der braucht danach keinen anderen Segen mehr über diverse andere Lebensmittel zu sagen, denn der Brotsegen bezieht alles mit ein. Ab und zu höre ich es jedoch bei Nationalreligiösen, dass diese einen extra Segen vor dem Essen von Früchten aus dem Land Israel sagen.
Der Segen vor dem eigentlichen Brotessen lautet:
"Baruch ata HaShem, Elokenu Melech HaOlam, HaMotzi Lechem Min HaAretz".
(Aufgrund halachischer Regelungen habe ich den Segen etwas verändert und hier nur der Hinweis, dass dieser Segen im Original nicht so gebetet wird, wie hier aufgeführt, sondern die Namen G - ttes werden mit eingefügt).
Deutsche Übersetzung:
"Gesegnet sei G - tt ….., der das Brot aus der Erde hervorbrachte".
Und wie immer im Judentum tauchen wieder unendlich viele Fragen auf, die der Talmud sowie der Schulchan Aruch (Code of Jewish Law) genauer definieren bzw. Richtlinien setzen. So wird die Frage gestellt, wieviel Brot man denn essen muß, um die ganze Prozedur (Händewaschen und Segen über das Brot sprechen) vorher auszuführen. Offiziell heißt es, dass es sich bei der Menge des Brotes zumindest um eine "KeZait - Olivengröße" handeln muß.
Aber einige Vorsicht ist zusätzlich geboten:
Es gibt den Unterschied zwischen dem eigentlichen Essen von Brot sowie anderen Teigwaren wie Kekse, Nudeln oder Kuchen. Für Brot und allerlei andere Teigwaren gibt es zwei unterschiedliche Segen für vor und nach dem Essen. Auch findet bei den Teigwaren das rituelle Händewaschen nicht statt, sondern es wird nur der Segen gesprochen.
Vorsicht ist dann geboten, wenn man eine bestimmte Teigmenge überschreitet. Sagen wir, jemand ißt ein Stück Pizza. Demzufolge braucht er nur den Segen für die Teigwaren zu beten, ohne sich vorher rituell die Hände zu waschen. Ißt er jedoch mehr als drei Stücke Pizza oder plant eine ganze Pizza zu verzehren, so muß er sich dennoch die Hände waschen, den Segen für Brot sagen und hinterher, wie nach jedem Brotessen, folgt das "Birkat HaMazon - Gebet". Es kommt also immer auf die Menge an und hierzu sollte man im Schulchan Aruch - Orach Chaim 167 ff. nachschauen oder besser einen Rabbiner konsultieren, der sich auskennt.
Eine weitere kleine Ausnahme bilden die beliebten Bagel. In der Regel spricht man über ein Bagel den Brotsegen (incl. rituellem Händewaschen). Es gibt aber Leute, so wie mich, die über ein Bagel den regulären Segen der Teigwaren sagen, ohne sich rituell die Hände zu waschen. Aber auch hier kommt es wieder auf die Menge bzw. Anzahl der Bagel an.
Wer es zur Hand hat, der sollte es unbedingt tun:
Vor dem Brotessen sollte etwas Salz auf das Brot gestreut werden. Bevor man es sich in den Mund steckt. Zu Tempelzeiten wurde Salz auf den Altar gestreut und nach der Zerstörung des Zweiten Tempels (70 nach Beginn der Zeitrechnung durch die Römer) stellt der Eßtisch in unserem Haus einen Altar dar. Jedenfalls bis zum Eintreffen des Meschiach und der Errichtung des Dritten endgültigen Tempels.
Die Beschreibung des Brotessens und seiner Prozedur ist sehr umfassend und umfangreich und vielleicht hätte ich mit den anderen Segen über reguläre Getränke außer Wein oder Traubensaft oder Essen wie Früchte, Süssigkeiten, Reis oder Gemüse beginnen sollen. Ist jedoch erst einmal der komplizierteste aller Segen verstanden, fallen alle weiteren gänzlich leichter. Jedoch nicht so leicht, dass alles total klar ist und man nie mehr nachfragen muß. In Yeshivot (relig. Schulen) bekommt jeder Schüler oft ein kleines Handbuch ausgehändigt, in dem alle nur erdenklichen Lebensmittel aufgelistet sind. Sie und die Segen, welche man vorher und nachher sagt. Im Zeitalter des Internets gibts dies natürlich auch im Net und wer sich schon etwas auskennt, der kann hier eine Liste finden:
Die Segenliste der ORTHODOX UNION
Allerdings wird man immer wieder neu überrascht, wenn man die Liste anschaut. Zuerst denkt man vielleicht, dass dieser oder jener Segen gesagt wird, aber hinterher stellt sich ganz etwas anderes heraus. Siehe den Fall POPCORN.
Die Segen vor und nach dem Essen sind im Judentum extrem wichtig und jeder Yeshivaschüler bzw. Konvertit zum Judentum kann sicher ein Lied davon singen. Der Optimalfall ist ganz klar, alle Segen und Ausnahmen von Geburt an zu lernen, doch nicht jedem ist dies gegeben.
Also werden wir uns in dieser Zeit etwas durch den Schulchan Aruch bzw. Talmud Berachot bewegen und einige Grundregeln zu den Segen lernen.
Sonntag, Juni 22, 2008
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