Dienstag, Juni 03, 2008

Kommentar zu den Druckman - Konversionen

B"H

An Danny

Du hattest mir einen Kommentar bezüglich der Druckman - Konversionen gesandt und ich denke, dass dies vielleicht alle interessiert. Ich gehe auf Deine Meinungen in diesem Text ein und hoffe, nichts übersehen zu haben.

R. Chaim Druckman wurde vor ein paar Tagen offiziell gekündigt und derweil wird ein Nachfolger gesucht. Unterdessen reißt jedoch der Streit um die vorherigen Druckman - Konversionen nicht ab, denn unzählige Te'udot Giur (Konversionszertifikate) sollen aberkannt werden. Was das genau für Auswirkungen hat, kann sich noch niemand so richtig vorstellen. Die Presse berichtet von konvertierten Russen, die aus Protest wieder in ihre Heimat zurückziehen wollen.

Nun kann man, wie Du richtig sagst, der Meinung sein:
"Ich bin bei Druckman konvertiert und lebe religiös. Welchen Einfluß also sollen die Reibereien des israelischen Oberrabbinates auf mich haben ?"

Und ich muß hier sicherlich ganz gewaltig zwischen Israel und der Diaspora unterscheiden. Ganz klar wird der "Skandal" in Israel wesentlich intensiver angegangen als im Ausland. Ausländische Druckman - Konvertiten sind weniger betroffen, denn wer, z.B., jetzt in einer deutschen Gemeinde lebt, wird kaum gefragt werden, ob er bei Druckman konvertierte oder woanders. Man hat einen orthodoxen Giur hinter sich und das war es.

In Israel ist dies, wie könnte es anders sein, völlig anders, denn in unserem Land spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Da sind zum einen die unterschiedlichen Richtungen in der Orthodoxie. Sprich, die Nationalrelig. und die Haredim (Ultra - Orthod.) aller Art. R. Druckman machte nationalrelig. Konversionen und damit allein haben die Haredim schon ein Problem. Unter anderem spielen dabei auch politische Gründe mit, denn jede der beiden Richtungen meint wichtiger zu sein als die andere. Viele Israelis sehen das Druckman - Problem als ein einziges Politikum zwischen den Nationalrelig. und dem obersten litvisch - haredischen Rabbiner Eliyashiv. Es geht also einmal wieder um Macht.

Andererseits sehen die Haredim nationalrelig. Konversionen als zu lax an. Überwiegend aus gutem Grund, denn man schaue sich nur die Mehrheit der nationalrelig. Konvertiten nach dem Giur an. Diese Tatsache ist in Israel allgemein bekannt. Die Haredim betrachten also ihre eigenen Programme und Konversionen als ernsthafter und auch hier zeigt sich, dass mehr haredische Konvertiten nach dem Giur ein relig. Leben führen als ihre nationalrelig. Kollegen. Ich kenne sehr viele Fälle, welche diese Regel bestätigen. Ehrlich gesagt ist mir bisher nur ein einziger haredischer Konvertit begegnet, der nach dem Giur nicht mehr besonders orthodox lebt.

Ich stimme Dir vollkommen zu, dass jeder einzelne Konvertit sich sein Leben aufbauen und den Mitmenschen zeigen muß, ob er zurecht oder zu unrecht konvertierte. Druckman - Papiere oder nicht, es kommt auf jeden einzelnen an und wenn jemand aus dem Druckman - Beit Din relig. lebt, dann sehe ich kein Problem, diesen auch weiterhin als Juden anzuerkennen. Andererseits haben wir in Israel die Politik, dass alles halt nur vom Papier abhängt und wer, z.B., heiraten will und ein eher schlechteres Zertifikat hat als andere, bekommt Probleme.

Ich gebe Dir ein Beispiel:
Die Konversionsyeshiva Nachalat Zvi in Jerusalem verfügt aus vielerlei Gründen über keinen besonderen Ruf. Bei den Haredim gleich gar nicht und das Rabbanut (Oberrabbinat) Jerusalem zickt ebenso. Einige Male vernahm ich von Nachalat Zvi Leuten, dass als sie heiraten wollten und beim Rabbanut in der HaChavazelet Street vorsprachen, sie alles andere als zuvorkommend behandelt worden sind. Teilweise wurden ihre Heiratsbewilligungen lange hinausgezögert. Wobei es hier auch wieder Unterschiede gibt, denn es kommt dem israel. Rabbanut darauf an, wen ein Konvertit heiratet. Heiratet er einen Israeli, einen gebürtigen Juden aus dem Ausland oder einen anderen Konvertiten. Im letzteren Fall gibt es selten Komplikationen, denn die Ehe zwischen zwei Konvertiten ist dem Rabbanut nicht so wichtig als wenn ein Konvertit nun die Tocher eines Cohen heiratet.

Im Ausland mag es also etwas legerer bei der Anerkennung zugehen. Aber auch in Israel tappt nicht jeder durch die Gegend und verkündet, wo er konvertiert ist. Allerdings geht es auf Ämtern und dem Rabbanut (Hochzeiten, Scheidungen, Beerdigungen, Geburten) wieder ganz anders zu, denn vor allem im Rabbanut sieht man sofort im PC, wer wo konvertierte. Vor allem das Beit Din ist dabei wichtig.

Mittlerweile steige ich durch den israelischen Konversionswust nicht mehr durch. Zum Beispiel wird jetzt ausschließlich von einem Kommittee des Innenministeriums entschieden, wer eine Bewilligung erhält, sich in einem Konversionskurs einschreiben zu dürfen. Ohne diese Bewilligung nimmt einen kein Kurs mehr auf. Und in diesem Kommittee sitzen säkulere Angestellte des Innenministeriums. Böse Zungen behaupten, dass Olmert dieses Verfahren einführte, weil er weniger Religiöse im Land haben will. Sprich weniger Leute, die gegen ihn stimmen.

Auch entscheidet dieses Kommittee im Nachhinein, wer zu einem Beit Dir darf und wer nicht. Ob das gleiche Verfahren auf die Haredim zutrifft, ist mir unbekannt. Ganz aktuell sehe ich den Fall einer Bekannten und dort wird mächtiger Zoff anstehen, denn sie konvertierte ohne diese Bewilligung. Der Fall ist kompliziert und falls sie es mir irgendwann erlaubt, darüber zu berichten, werde ich dies tun.

Insgesamt geht es in Israel nicht nur um Mitzwot, sondern auch um Politik. Dabei um die Vormachtstellung des Rabbanutes, der Haredim, der Nationalrelig. sowie den Regierungsbehörden. Mit G - tt und Mitzwot hat das nichts mehr zu tun und es ist traurig, dass keiner eine Lösung finden kann, die allen akzeptabel erscheint.

Offiziell werden die Druckman - Konversionen in Israel aberkannt und die Europ. Rabbinerkonferenz will das gleiche tun. Die Frage, was aus dem Konvertiten wird, stellt sich keiner.
"Tja, Pech gehabt", so heißt es da lapidar.

Um allen Überraschungen vorzubeugen, empfehle ich heute immer haredische Konversionen. Aber die sind auch nicht immer so astrein, dass sie vom Innenministerium anerkannt werden und zur Aliyah berechtigen. Nicht der Religiösität wegen, sondern geht es auch hier wieder um Politik. Und Olmert steht gerade auf der Kippe. Was kommt nach ihm ? Wird als wieder einfacher zugehen oder nicht ? Schuld ist aber sicherlich auf der Konvertitenstrom, der nicht abreissen will.

Wenn ein Konvertit mit seinem Leben zufrieden ist, relig. lebt und niemand sich weiter um sein Zertifikat schert, warum nicht ?
Aber Tatsache bleibt, dass es in der Diaspora einfacher ist als in Israel, wo einen der Giur bis zum Lebensende verfolgt.

2 Kommentare:

  1. Anonym2:37 PM

    Zum Thema ruft Neemanei Tora weawoda heute abend (05.06.) um 19:00 Uhr zu einer Protestversammlung vor dem obersten Rabbinatsgericht in der Rechow King George auf. Wäre das nicht auch etwas für dich?

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  2. B"H

    Ich weiss, dass eine Demo stattfinden sollte, bin aber heute abend in Tel Aviv und komme erst morgen frueh nach Jerusalem.

    Insgeheim glaube ich jedoch kaum, dass die Demo etwas nutzen wird.

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