Donnerstag, Oktober 18, 2007

Parashat Lech Lecha

B"H

Die Thoralesung für diesen Shabbat

Soweit berichtete uns die Thora ueber Adam, Noach und deren Generationen. Weder Adam, Noach noch deren Zeitgenossen waren Juden. Die Geschichte des Jüdischen Volkes beginnt mit Avraham.

Von Noach bis Avraham waren es zehn Generationen und wieder wurde Götzendienst betrieben. Die Familie Avrahams befand sich damals in Ur Kasdim, im heutigen Irak. Als Avraham geboren wurde, war sein Vater Terach siebzig und Shem, der Sohn Noachs, war 390 Jahre alt. Ebenso lernte Avraham noch Noach kennen, denn dieser verstarb erst als Avraham schon 52 Jahre alt war.

Wie ich in Parashat Noach schon erwähnte, unterlagen die ersten Generationen unserer Weltgeschichte einem völlig anderen DNA, welcher ihnen eine erstaunlich lange Lebenserwartung garantierte. Nach und nach jedoch wurde fast jede Generation von G – tt bestraft, indem die Lebenserwartung verkürzt wurde. Anhanddessen sollten sie zu der Einsicht kommen, nur einem G – tt zu dienen und sozusagen Teshuva (Rückkehr zu G – tt) zu tun. Aber auch die damalige Menschheit lernte nichts dazu.

Laut Midrash Rabbah und Aggadah betete selbst Avrahams Familie Götzen an. Sein Vater Terach war einer von Nimrods Ministern und betrieb nebenbei einen Souvenirladen mit Götzendienst - Statuen. Sein Sohn Avraham kam dennoch zu der Überzeugung, dass es nur einen G - tt geben kann, der die Welt ALLEIN erschuf und regiert.

Wie kam er zu dieser Überzeugung ?
Eines Tages war er auf der Suche nach dem einen richtigen G - tt, schaute auf zur Sonne und dachte, diese sei G - tt. Die Sonne ging abends unter und der Mond kam heraus. Avraham dachte, dass der dann wohl G - tt sein müsse. Doch auch der Mond verschwand am Morgen und Avraham erkannte, dass es einen einzigen wahren G - tt geben muß, der über allen Dingen steht. Er begann zu beten und G - tt Seinerseits zeigte sich Avraham. Dem Rambam (Maimonides) zufolge war Avraham vierzig Jahre alt als er zu der Erkenntnis gelangte, daß es nur einen G – tt gibt. Im Talmud Traktat Nedarim 32a dagegen heißt es, daß Avraham schon im Alter von drei Jahren zu der Erkenntnis kam.

Die Einzigartigkeit Avrahams besteht darin, trotz einer dem Götzendienst verfallenen Umgebung und Familie, allein den einzig wahren G – tt erkannt zu haben. Immer wieder taucht die Frage auf, warum G – tt ihn denn nicht selbst kontaktierte. Aber es gilt: Jeder, der eine Beziehung zu G – tt haben will, muß Ihn erst selbst finden und dann ist G – tt bereit, Weiteres zu tun.

Vater Terach war alles andere als begeistert, daß sein Sohn nur noch einen G - tt anbetete. Noch dazu wo sein Sohn sämtliche Statuen im Laden seines Vaters einfach zerschlug und der mißbilligenden Kundschaft verkündete, daß diese Statuen keine G – tter seien, sondern einfache Gegenstände. Terach informierte daraufhin König Nimrod.

Noch in der vorherigen Parashat Noach erfahren wir, daß Terach drei Söhne hatte: Abram (später bekam er von G – tt den Namen Avraham), Nachor und Haran. Weiter heißt es, daß Haran zu Lebzeiten Terachs starb und laut der kabbalistischen Midrash Sefer Seder HaDorot war dies der erste Vorfall in der bisherigen Geschichte, daß ein Sohn vor seinem Vater verstarb.

Midrash und Aggadah informieren uns über den genauen Verlauf. Nachdem Terach König Nimrod informiert hatte, wollte dieser Avraham bestrafen und ließ ihn öffentlich durch ein großes Feuer laufen. Es versteht sich von selbst, daß alle Avrahams Tod erwartet hatten und sie es nicht fassen konnten als er lebend aus dem Feuer kam.
Nimrod handelte und schickte ebenso Avrahams Bruder Haran in das Feuer. Haran erlag seiner eigenen Schwäche, denn er war immer auf der Seite eines Winners. Er dachte sich, daß wenn G – tt seinem Bruder Avraham half, er dies auch bei ihm tun würde. Was er dabei vergaß war, daß Avraham an G – tt glaubte und nicht nur einfach mal eben auf dessen Seite war, um dem Feuer zu entkommen. So kam es, daß Haran im Feuer umkam.

Später musste Avraham samt Familie flüchten und ließ sich in Haran (heute Syrien) nieder. Es geschah in Haran, dass G - tt zu Avraham sprach: "Gehe hinaus in ein Land, verlasse Deine Lieben und Deines Vaters Haus, und gehe in ein Land, das ich dir zeigen werde."
Und was tat Avraham ? Er zögerte nicht, sondern machte sich sogleich auf den Weg.
"Lech Lecha" heisst wörtlich uebersetzt "Geh zu dir selbst". Laut Rashi heisst das: "Geh, denn es ist zu deinem Besten".

Die Rashi – Interpretation will uns sagen, daß G – tt Avraham fortschickte, um ihn so vor dem negativen Einfluß seiner Umwelt zu schützen. Doch war der negative Einfluß zur damaligen Zeit nicht überall zu spüren ? Schließlich gab es auch im Lande Canaan haufenweise Götzendienst und Canaan wurde Avrahams Ziel.

An dieser Stelle möchte ich eine chassidische Interpretation des Sefat Emet (Rabbi Yehudah Aryeh Leib aus Ger) einbringen. Dieser sagte, daß Avraham sich auf den Weg machte, weil G - tt es ihm aufgetragen hatte. Einen Gedanken, daß alles zu seinem Besten sei, gab es seitens Avraham nicht.
Der Sefat Emet sieht die biblische Story ebenso metaphorisch: Als Avraham Haran verließ, war dies auch eine spirituelle Verwandlung. Jeder von uns sollte nach Perfektion streben, mit welcher wir in der Lage sind, immer höhere Level zu erreichen. Das ganze Leben ist eine Reise, die uns von Level zu Level führt und, wie Avraham, sollten wir das Richtige tun. Perfektion durch Einhaltung der Gebote.

Die Midrash Rabbah stellt die Frage, warum G - tt Avraham nicht zumindest wissen ließ, wohin die Reise gehen sollte. Um ihn später für jeden Schritt, den er unternahm, zu belohnen. So lautet die Antwort. G – tt gab Avraham zehn Tests, um seine Ernsthaftigkeit zu testen. Der erste Test war "Lech Lecha" – in ein anderes Land zu ziehen.

Warum bedarf es solcher Tests, wenn es doch offensichtlich ist, daß Avraham zu G – tt steht ?

Die Tests zeigen wieder einmal mehr den "Freien Willen", den die Menschheit von G – tt erhielt. Täglich unterliegen auch wir Tests, ohne es zu merken. Tun wir das Richtige oder das Gegenteil ? Ein Ausruhen auf den guten Taten gibt es nicht, sondern stündlich warten neue Herausforderungen auf uns.

Die Gemara in den Talmud Traktaten Sanhedrin 97a sowie Avodah Zarah 9a lehrt, daß die Welt 6000 Jahre bestehen wird. Die ersten 2000 Jahre sind gleichzusetzen mit der Olam HaTohu, welche vor der materiellen Erschaffung der Welt herrschte. Die Welt des Tohu ist eine Metapher für die "Gedankenwelt G – ttes" als Er die Welt erschuf und noch vor der materiellen Erschaffung Chaos herrschte.

Die ersten 2000 Jahre waren also Chaos, wie wir an den Generationen sehen. Erst Avraham leitete die zweiten 2000 Jahre ein, die da ganz im Sinne der Thora stehen. Obwohl die Thora erst Jahre später Avrahams Nachfahren am Berg Sinai gegeben wurde, lebte Avraham ein thorawürdiges Leben. Die letzten 2000 Jahre werden die Ankunft des Meschiach einleiten.
Diejenigen, die an einer detaillierten Berechnung dieser Zeit interessiert sind, können diese im Artscroll – Talmud in Avodah Zarah 9a finden. Wenn grosses Interesse besteht, kann ich jederzeit einen eigenen Beitrag zu diesem Thema verfassen.

Ein oft diskutiertes Thema in kabbalistischer Literatur ist die Art und Weise wie Avraham die Prophezeihungen G – ttes empfing. Hierbei wird unterschieden zwischen ihm, Moshe und den späteren Propheten. In einem extra Beitrag werde ich auf dieses Thema ausführlich eingehen. An dieser Stelle sei nur soviel gesagt, daß der Empfang einer Prophezeihung immer vom Intellekt der eigenen Neshama (Seele) abhängt. Intellekt heißt nicht, daß jemand ein Professor sein muß, sondern der Intellekt bezieht sich auf die Beziehung zu G – tt. Des Weiteren gibt es unterschiedliche Level von Prophezeihungen, wobei Avraham seine Botschaften im Schlaf erhielt, Moshe jederzeit Zugang zu G – tt hatte und die Propheten ausschließlich Parablen sahen, welche sie im gleichen Moment in der Lage waren zu deuten.

Viele Dinge können wir von Avraham lernen und ihn als Beispiel nehmen. Zum einen die Erkenntnis, daß es nur einen uneingeschränkten ewigen G – tt geben kann. Nichts in dieser Welt existiert ohne das G – tt es erschaffen hat und alles kann in Gutes umgewandelt und bis hin zum eigentlichen g – ttlichen Ursprung zurückverfolgt werden.

Kaum jemand ist auf dem Level von Avraham, dennoch sollte es unser aller Ziel sein, der Kedusha (Heiligkeit) etwas näher zu kommen (Noam Elimelech). Dieses mag in dem ein oder anderen eine Art Streß hervorrufen, denn jeder einzelne hat individuelle Fähigkeiten und Veranlagungen. Nicht jeder schwebt in höheren Spähren herum und verfügt über eine hohe Selbstdisziplin. Hierzu sagte schon der berühmte Vilna Gaon, daß jeder nach seinem eigenen Level versuchen sollte, ein Leben nach der Thora zu führen (wobei bei Nichtjuden die Sieben Mitzwot Noachs gelten).

Shabbat Shalom

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