Donnerstag, November 26, 2009

Parashat Vayetze




B"H

Die Thoralesung für diesen Schabbat

In der vorherigen Parashat Toldot (aus der vergangenen Woche) stellt der Thorakommentator Ohr HaChaim eine mehr als interessante Frage:
Warum sandte Yitzchak seinen Sohn Yaakov nach Haran, um eine Frau zu finden ? Warum ausgerechnet bei seinem üblem Schwager Lavan, den Sohn Betuels ? Wenn unsere Vorväter ihren Söhnen keine kaanitischen Ehefrauen verabreichen wollten, konnte es dann nicht jemand anderes sein ? Wieso die eigene Verwandtschaft und wieso der damals berühmt und berüchtigte Zauberer Lavan ?

Wer den Ohr HaChaim kennt, der weiß, dass dessen Antworten in vielen Fällen kabbalistisch ausfallen. Und so auch hier.
Betuel und sein Sohn Lavan unterschieden sich in ihrer Schlechtigkeit und Gier kaum voneinander. Rivka (Rebekka), die Gattin Yitzchaks, wusste genau, zu wem Yaakov da geraten wird. Trotzdem hatte Lavan eine rechtschaffene Tochter, die Rachel, hervorgebracht. Genauso wie Betuel die Rivka.

Und da soll nochmals jemand sagen, dass die Kinder von üblen Menschen genauso schlecht wie ihre Eltern sein müssen. Falsch, denn Kinder sind oftmals das Gegenteil und Rachel sowie Lea sahen, was bei Lavan ablief und worauf er aus war.

Die Kabbalah als auch die Chassidut sagen uns, das in den tiefsten Spähren des Bösen ein guter Funke ist und es gilt, diesen zu suchen und auch zu finden. So dachten anscheinend unsere Vorväter.
Alles wurde von G - tt erschaffen; Gut und Böse !
Heißt, der Mensch hat die Wahl, wie er sein Leben gestalten will. Positiv oder negativ.

Rivka, Rachel und Lea waren die positiven Seiten der Familie Betuels und Lavans. Aus diesem Grund heirateten unsere Vorväter deren Töchter, denn diese drei Frauen stellten eine "Keduscha - Heiligkeit dar". Ebenso handelte es sich bei ihnen um Prophetinnen.
Bei den kaanitischen Frauen war selbst der gute Funke nicht vorhanden. In Bereschit (Genesis, Parashat Noach) 9:20 lesen wir, dass Kaanan verflucht war. Und wer will schon solch jemanden in der Familie haben ?

Bis heute sammeln wir die kabbalistisch symbolischen "Funken - Nitzoze'i Kedusha" ein. Ein kabbalistisches Konzept, welches vom Arizal (Rabbi Yitzchak Luria) eingebracht worden war. Je mehr Funken wir einsammeln und diese an ihren eigentlichen Platz in den oberen spirituellen Welten zurückführen, je eher kommt der Meschiach.

Wie aber sammeln wir diese Funken ein ?
Indem wir selbst die Welt verbessern. Nicht die ganze Welt, doch zuerst einmal uns. Die Welt kann warten, denn wenn wir uns nicht zum positiven verändern, wie soll dies dann erst die Welt tun. Daheim in unserem privaten Kämmerlein sollten wir mit dem Verbessern beginnen. Bei uns selbst und nicht anderen vorschreiben, was sie zu tun haben.

Gleich zu Beginn der Parashat Vayetze lesen wir von "Jakobs Leiter - Sulam Yaakov". Eine der bekanntesten Erzählungen der Thora überhaupt. Der Traum selbst war eine einzige Prophezeihung. G - tt zeigte Yaakov, dass sich sein Schicksal nicht in den Händen der Engel befindet, sondern er direkt unter G - ttes Einfluss steht. Und nicht nur Yaakov, sondern das gesamte jüdische Volk; damals, jetzt und bis in alle Ewigkeiten - so der Thorakommentator Nachmanides (Ramban). Weder die Griechen noch die Babylonier, die Perser oder die heutige Diaspora (Esav) können uns etwas anhaben. Das jüdische Volk wird überleben, egal, was kommt, denn wir befinden uns unter G - ttes schützender "Hand".

Yaakov nannte den Ort, an welchem er geträumt hatte, "Beit E - lo - him - Haus G - ttes" und bezeichnete ihn weiter als "Shaar HaShamaim - Himmelstor". Von dort aus steigen die Gebete und Tieropfer in den Himmel hinauf (Ramban). Den Ort kennen wir heute unter dem Namen "Tempelberg - Har HaBeit" in Jerusalem. Dort, wo schon Adam HaRishon (der erste Mensch) sein Opfer darbrachte und Avraham seinen Sohn Yitzchak zu opfern bereit war.

Yaakov gelangte an einen Brunnen (Beer), an welchem die Hirten ihre Herden tränkten. Der Ramban sieht diesen Brunnen metaphorisch als Hinweis auf den Jerusalemer Tempel. Von dort aus nämlich geht die Thora hinaus in die Welt (Ki MiZion teze Thora - Jesaja 2:3).
Überhaupt lernten unsere Vorväter ihre Gattinen viemals an Brunnen kennen. Wer also jemanden sucht, stelle sich an einen Brunnen.
Thora wird mit dem Wasser verglichen, denn ohne Thora oder Wasser sind wir nicht lebensfähig. Beides ist zum Überleben notwendig.

Rachel nahm die Götzenstatuen ihres Vaters Lavan an sich, weil sie ihn vor dem Götzendienst bewahren wollte (siehe hierzu auch den Kommentator Raschi). Angeblich dienten die Statuen (Terafim) dem Lavan dazu, einen Blick in die Zukunft zu werfen. Wie gesagt, war Lavan für seine magischen Kräfte mehr als bekannt. Die Magie kam allerdings von der dunklen (negativen) Seite. Alles Gute hat immer einen schlechten, negativen, Gegenpart, so sagt uns die Kabbalah.

Was wir aus all den Erzählungen der Parasha unter anderem lernen ist, dass ein Jude auch in der Fremde stets seine Glaubensideologie und Wertevorstellungen aufrecht erhalten muss, wie dies einst Yaakov tat. Jahrelang lebte er im Haushalt des miesen Lavan und liess sich nicht von essen Methoden beeinflussen. Yaakov stand zu G - tt und bestand den Test in der Diaspora. Zugleich hatte Yaakov alles andere als ein leichtes Leben. Erst die Zeit mit seinem Bruder Esav, dann Lavan und in der kommenden Woche werden wir sehen, wie chaotisch es weitergeht.

Wir alle haben unser Päcklein im Leben zu tragen und unsere Vorväter blieben davon keineswegs verschont.

"Schabbat Schalom - Gut Schabbes" an alle Leser !

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