Donnerstag, September 27, 2012

"Jonah und der Fisch" - Eine Betrachtung aus der Welt der Kabbalah


B”H

Während des gestrigen Nachmittagsgebetes MINCHA lasen wir am Yom Kippur das Buch Jonah. Hier noch ein kleiner Nachtrag zum Inhalt des Buches aus dem kabbalistischen Buch ZOHAR.

Über JONAH und den Fisch (p. 172), Zohar 198b

Rabbi Abba diskutiert den Text:

G – tt befahl dem Fisch, Jonah wieder auszuspeien. Die Frage ist, wann und wo genau G – tt mit dem Fisch sprach, um ihm diesen Befehl zu übermitteln ?

Rabbi Abba antwortet, dass Zeit und Ort am fünften Tag der Welterschaffung zu finden sein. Dann nämlich suchte G – tt einen bestimmten Fisch aus, welcher in der Zukunft einmal Jonah verschlucken und nach drei Tagen wieder ausspeien soll.

Das kabbalistische Buch ZOHAR (veröffentlicht im Jahre 1290 in Spanien) gibt uns zur Parashat Vayakel einen faszinierenden tiefgehenden Einblick in das Buch Jonah. Mehrere Jahrhunderte später griff der Vilna Gaon das zoharische Konzept auf und verfasste basierend darauf seinen eigenen Kommentar.

Der Zohar lehrt uns:

Wenn es im Buch Jonah heißt, dass Jonah ins Schiff hinunterging, so ist diese Aussage lediglich symbolisch zu erfassen. Jonah steht für die Seele, die aus der oberen spirituellen Welt herunter kommt und im Körper eines Menschen landet.
Die Seele ist nicht gerade erfreut darüber, denn plötzlich wird sie von G – tt gezwungen aus ihrer perfekten g – ttlichen Umgebung hinunter in die materielle Welt abzutauchen und in unseren Körpern zu landen. Dabei will die Seele im Grunde genommen nur eines: In ihrer perfekten Umgebung verbleiben und so nahe wie möglich bei G – tt verbleiben. Der Mensch handelt nicht gerade immer gemäß G – ttes Willen und sündigt, was die Seele im Körper nicht will. Der Körper selber jedoch handelt nach seinem individuellen Verlangen.

Der Mensch sündigt und denkt sich dabei insgeheim, dass er schon irgendwie vor der Anwesenheit G – ttes entfliehen kann. Vielleicht sieht G – tt ja doch nicht alles. Aber, wie wir dennoch alle wissen, G – tt entgeht nichts und jeder Mensch muss letztendlich für seine Handlungen die Verantwortung übernehmen.

Jonah befand sich im Bauch des Fisches und der Bauch steht symbolisch für eine untere Welt genannt Sheol. Wobei es sich um reine Symbolik handelt und es materiell keine unteren sowie oberen Welten gibt. Die untere Welt ist lediglich ein unterer Seelenlevel innerhalb desjenigen Menschen selbst.

“Drei Tage und drei Nächte” war Jonah im Bauch des Fisches. Bei der Anzahl “Drei Tage und drei Nächte” steht ebenso für die Zeit, die eine Leiche im Grab liegt bevor sich der Bauch öffnet. Nach drei Tagen im Grab erhält der Tote seine Strafen in jedem Organ. In den Augen, in den Händen oder in den Füssen. Dieser Prozeß dauert 30 Tage an und in diesem Zeitraum werden die Seele und der Körper zusammen bestraft. Aus diesem Grund verbleibt die Seele solange im toten Körper und steigt noch nicht wieder auf zu ihrem Ursprung. Nach 30 Tagen steigt die Seele auf, während der Körper völlig verwest. Allerdings bleibt immer ein kleiner Teil im Körper, welcher bei der Wiederauferstehung der Toten (Tchiat HaMetim) reaktiviert werden wird. Manche sagen, dass ein Teil der Seele in der Leiche verbleibt. Der Talmud spricht, u.a., von einem bestimmten Knochen, welchen G – tt bei der Wiederauferstehung reaktiviert.

Sobald der Fisch Jonah verschluckte, starb Jonah. Nach drei Tagen aber wurde er wieder zum Leben erweckt und vom Fisch ausgespiehen. Ähnlich wird G – tt in der Zukunft das Land Israel zu neuem Leben erwecken.

Ein Mensch durchläuft nach seinem Tod sieben Prüfungen. Der erste Test findet statt, sobald die Seele den Körper verläßt und das Himmelsgericht über den Toten beginnt. Der zweite Test erfolgt in dem Moment, wenn die Handlungen und Worte vor dem Toten hergehen. Bedeutet, wenn er ihnen zufolge gerichtet wird. Die dritte Prüfung findet statt, wenn der Tote in sein Grab gelegt wird. Die vierte Prüfung ist das Grab selbst. Der fünfte Test ist die Verwesung. Test Nummer 6 steht für die Strafen / das Leiden in Gehinom. Wobei es sich bei Gehinom um einen spirituellen Reinigungsprozeß handelt und dies keinesfalls mit dem christlichen Konzept der “Hölle” gleichzusetzen ist. Nummer 7 beinhaltet die rastlose Seele, welche von Welt zu Welt wandert; solange bis ihre Aufgabe erfüllt ist und sie ihren endgültigen Tikun (Korrektur) hinter sich gebracht hat.

All das soll uns dazu anhalten, unsere tagtäglichen Handlungen zu überdenken. Zuerst nachdenken und dann handeln. 
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Wenn ich diese Verse aus dem Zohar anschaue, fühle ich mich plötzlich wie Jonah.

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