Sonntag, Dezember 17, 2006

Chassidische Gruppen

B"H

Viele Menschen wissen mit Chassidim bzw. Litaim (Litvish) und deren Kleidung nichts anzufangen. Hier nochmals eine Beschreibung:


Ausserhalb Israels, New York, London, Antwerpen oder Manchester, ist vielen Menschen leider oft unkannt, dass die Chassidut nicht nur aus Chabad (den Lubawitscher) besteht. Allgemein ist es das, was die Leute sehen, denn Chabad hat sich fast ueberall auf der Welt niedergelassen.

Doch die Chassidut war von Beginn an sehr vielfaeltig und unterteilt sich in viele Gruppen. Die groessten bzw. bekanntesten Gruppen wie Breslov, Satmar, Vishnitz, Belz, Chabad, Karlin, Zanz, Bobov oder Gur (Ger in Jiddisch), habe ich in meine Links (siehe rechts) aufgenommen.

In Jerusalem (sowie auch in New York - Borrough Park, Williamsburgh etc.) gibt es bestimmte Stadtteile, welche nur von Chassidim bewohnt werden. Danach folgen Bezirke, die nur von einer Gruppe bewohnt sind oder ganze Ortschaften, in denen sie sich niedergelassen haben.
Der bekannteste Stadtteil in Jerusalem ist Mea Shearim (Hundert Tore). Zumindest liest man dies in allen Reisefuehrern. Mittlerweile gehoert das aber schon laengst der Vergangenheit an, denn es gibt viel mehr chassidische Stadtteile wie Sanhedria, Kiryat Belz oder Vishnitz.
Touristen laufen meistens etwas amuesiert, ratlos oder erstaunt durch Mea Shearim. Sie sehen anscheinend komisch verkleidete Leute mit langen schwarzen Maenteln, Frauen mit Peruecken auf dem Kopf, Maenner mit langen Schlaefenlocken und unterschiedlichen schwarzen Hueten auf dem Kopf. Geschweige denn der Pelzmuetze (dem sogenannten Streimel) am Shabbat oder an den Feiertagen.
All das wirkt fremd und man fuehlt sich in eine andere Welt zurueck versetzt; in die Zeit des osteuropaeischen Staedtels.

Wieso diese komische Kleidung und ueberhaupt ?
Mit der Lehre des Baal Shem Tov begannen sich chassidische Gruppen in Osteuropa zu bilden. Vor allem in Galizien, Polen und Ungarn. In jeder Stadt oder jedem Dorf, wo Chassidim lebten, bildeten sie eine Gemeinde / Gruppe mit einem geistigem Oberhaupt. Dem Rebben oder auch Admor genannt. Die Gruppen selbst sind nach den jeweiligen Ortsnamen benannt. (Ausser vielleicht Chabad, die eigentlich Lubawitscher heissen (aus dem Ort Lubawitsch / Russland). Der Name Chabad kommt aus der Kabbalah und steht fuer eine Abkuerzung von Chochma, Bina, Daat (Weisheit, Verstehen, Wissen).

Die Kleidung der Chassidim ist ganz einfach eine alte Tradition ihrer jeweiligen Herkunft aus Osteuropa. Jede Gruppe hat ihre eigene Kleidung und Tradition und wer sich besser auskennt, der sieht sofort, wer zu welcher Chassidut gehoert.
Die groesste Gruppe Israels sind die Gerer Chassidim (aus Polen). Schwarzer runder Hut, schwarzer oder dunkelblauer laengerer Mantel, dreiviertellange Hosen, in welcher in Knielaenge schwarze Socken stecken. Diese Art von Kleidung hat den Gerern den Spitznamen "die Kosaken"eingebracht. Die in die Hose gesteckten Socken stammen daher, dass es frueher im Staedtel ueblich war, die Hosen nicht durch den Schlamm auf den ungepflasterten Strassen schmutzig zu machen.

Die Belzer und Vishnitzer kann man an der Kleidung kaum auseinander halten, doch haben die Huete einen versteckten Unterschied.

Chabadnikkim erkennt man sofort an dem Knick (Kneitsch auf Jiddisch) im Hut. Eine Tradition des Rebben. Verheiratete Maenner tragen einen langen schwarzen Mantel, ledige nur eine normale Jacke. Der Streimel wurde bei Chabad schon vor langer Zeit abgeschafft.

Neben der Kleidung gibt es Hunderte weiterer Unterschiede und Traditionen. Auch, welche Gruppe mit einer anderen befreundet oder verfeindet ist.

Ueber den Gruppen, ausser Chabad und Breslov, steht in Israel die "Edah HaCharedit ". Diese ist ein Vorstand, der aus Gruppen wie Satmar, Vishnitz oder Toldot Aharon besteht. Die "Edah "ist fuer viele Dinge zustaendig, u.a. Kashrut, die Vergabe von Haredi - Koscherzertifikaten. Die Gerer und Belzer dagegen haben sich vor Jahren der Agudath Israel angeschlossen. Einer Organisation, welche in der Knesset vertreten ist. Die Edah HaCharedit andererseits lehnt den Staat Israel ab.

Fuer Aussenstehende ist es unmoeglich in chassid. Gruppen aufgenommen zu werden geschweige denn einzuheiraten. Ausnahmen: Chabad und Breslov. Jedoch nur bis zu einem gewissen Grad.

Wer will, der kann in Belzer oder Gerer Yeshivot lernen, doch wird niemals richtiges Mitglied werden.

Persoenlich habe ich sehr viel mit Belz zu tun. Privat und auch im Job. Vor einigen Jahren noch arbeitete ich fuer die Gerer Chassidim. Bisher habe ich fast nur gute Erfahrungen gemacht. Vielleicht liegt das daran, dass ich sehr viel ueber Chassidut und Religion ueberhaupt gelernt habe. So faellt es mir leicht mit den Leuten zu kommunizieren.
Vor einiger Zeit war ich zu einer Hochzeit der etwas extremen Gruppe Toldot Aharon eingeladen. Deren Admor (Rebbe) nahm die Trauung hoechstpersoenlich vor. Das war mir dann aber doch etwas zuviel und ich habe abgesagt.

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Edah HaCharedit: Hauptsitz in Mea Shearim. Erster Vorsitzender ist derzeit Rabbi Moshe Sternbuch.

Agudath Israel: Hauseigene Partei ist Yahadut HaTorah

4 Kommentare:

  1. Anonym5:44 PM

    "Sanhedria, Kiryat Belz oder Vishnitz"

    hallo miriam,

    alle diese stadtviertel sind mir voellig unbekannt und wenn ich deinen blogg lese merke ich das ich sehr, sehr, sehr wenig ueber die religioesen gruppen in isral weiss, aber gerade das macht die sache auch spannend, denn es ist ein riesiger anreiz zu lernen. ich finde von menschen lernen zu duerfen ist ein grossartiges geschenk g"ttes. und es ist viel spannender als guides zu lesen. obwohl ich sonst ein buecherwurm bin, wird mir da zu viel vermischt, zu viel verkuerzt. manchmal habe ich das gefuehl die autoren wissen selbst nicht sehr viel ueber das land. gerade die schilderungen von mea shearim finde
    ich ziemlich schrecklich, aber auch was so ueber judentum geschrieben wird ist nicht immer exakt, das faellt selbst mir auf, obwohl ich mitten im gijur stecke und noch viel, viel lernen muss.

    liebe gruesse und eine gute woche,
    grenzgaenger

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  2. B"H

    Nicht nur die auswaertigen Reisefuehrer sind eine Katastrophe. Selbst israel. Reisegruppen mit Fuehrer sind katastrophal informiert. Keiner weiss eigentlich genaues ueber die Chassidim und deren Welt ist fast allen voellig fremd.
    Ich habe viele Haredi - Freunde und war auf einer diversen Yeshiva. Somit habe ich ganz gute Kontakte.
    In Israel gibt es das beruehmte ausfuerhliche Buch des Amnon Levi "The Ultra - Orthodox". Ich habe es daheim auf Hebraeische. Ob es davon eine engl. Ausgabe gibt, weiss ich nicht.
    Ich wuerde jedem raten, Naomi Ragen zu lesen. http://naomiragen.com/

    Ich habe sie auch in meiner Link - Liste. Ueber naomi Ragen wollte ich eh noch einiges im Blog schreiben.

    Ich halte es fuer wichtig, etwas ueber Haredim insgesamt aufzuklaeren. Sanhedria, Kiryat Vishnit etc. liegen nahe der Bar Ilan Strasse, Richtung Ramot, falls Dir das etwas sagt. Zwischen Busbahnhof und Ramat Eshkol.

    Ich kann es Dir im Februar live zeigen.:-)

    Miriam

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  3. Anonym10:24 PM

    Nachdem ich das gelesen habe, merke ich wieder, dass ich über die Chassidut viel zu wenig weiß. Sehr interessant, Miriam!

    Grüße
    Anna

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  4. B"H

    @Anna, leider bist Du da kein Einzelfall.:-)

    Miriam

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