Donnerstag, Dezember 14, 2006

Parashat Vayeishev (Vayeshev)

B"H


Die Thoralesung fuer diesen Shabbat


Die dieswoechige Parasha beginnt mit den Worten "Vayeishev Yaakov", was uebersetzt soviel wie "Yaakov siedelte" heisst.
Allgemein geben uns einige Woerter, welche zu Beginn einer Parasha stehen, Aufschluss darueber, ob etwas Positives oder eine Tragoedie folgt. Das Wort "Vayeishev" leitet eine Tragoedie ein, wie uns auch die Gemara im Talmud Traktat Sanhedrin 106a lehrt.

Die Hauptfigur in dieser Parasha ist Yosef, der gemeinsame Sohn Rachel und Yaakovs. Fuer seine Brueder, die Soehne von Leah, Bilha und Silpa, war Yosef ein Aussenseiter, doch fuer seinen Vater war er der geliebte Sohn. Yaakov gab ihm sogar ein extra angefertigtes Kleidungsstueck, denn er sah Yosef auf einem hoeheren Level als dessen Brueder (Degel Machane Ephraim).

Es passiert oft im Leben, dass sich die Geschichte wiederholt. Genauso dachten auch Yosefs Brueder. Bisher war es immer so gewesen, dass in jeder Familie ein schwarzes Schaf war. Siehe Ishmael und Esav.
Yosefs Brueder dachten, dass in ihrer Familie Yosef der Outlaw war. Dass er von Yaakov so geliebt wurde, schuerte noch ihren Neid. Bald ging der Neid in Hass ueber als Yosef begann vor allem die Soehne Leahs beim Vater schlecht zu machen. Er erzaehlte Yaakov saemtliche Vergehen, die diese begangen hatten (Rashi).
Ausserdem war Yosef sehr eitel. Er begann seine Augen zu schminken und sein Haar zu stylen (Rashi). Zu guter Letzt erzaehlte er seinen Bruedern noch von seinem Traum, dass sie und die Eltern (seine Mutter Rachel war zu dem Zeitpunkt schon tot) sich vor ihm verneigen wuerden.

Eines Tages wurde Yosef von seinem Vater beauftragt, seine Brueder zu suchen. Ohne zu zoegern machte er sich auf den Weg und fand sie auch. Jene aber sahen ihn schon von weitem kommen und machten Plaene ihn umzubringen. Doch Reuven rettete Yosef das Leben indem er vorschlug, ihn nur in eine tiefe Grube zu werfen.
In diesem Moment kam es zu der angekuendigten Tragoedie. Seine Brueder schmissen ihn in eine tiefe Grube doch kurz darauf machte Yehudah den Vorschlag, ihn an eine vorbeiziehende ishmaelitische Karawane zu verkaufen. Nochmals war Yosef mit dem Leben davon gekommen.

An dieser Stelle moechte ich einige philosophische Gedanken von drei Rabbinern einbringen.
Rabbi Dov Begon, der Leiter der nationalreligioesen Yeshiva Machon Meir in Jerusalem, sagt, dass die Rettung Yosefs aus der Grube (durch seinen Bruder Yehudah) einem Wunder gleich kommt. Rabbi Begon vergleicht dieses Wunder mit dem Wunder der brennenden Tempelmenorah, welches wir an Chanukkah feiern.

Rabbi Avraham Yitzchak HaCohen Kook (Kuk) sieht die Grube Yosefs als eine Metapher fuer die Diaspora. In der Thora lesen wir, dass die Grube leer und ohne Wasser war. Wieso wird uns das erzaehlt ? Die Gemara im Talmud Traktat Shabbat 22a lehrt, dass "leer und ohne Wasser" heisst, die Grube war voll Schlangen und Skorpione, welches die Brueder aber, laut Ramban, nicht wussten.
Rabbi Kook (Kuk) sagt dazu, dass es verschiedene Arten der Galut gibt. Die Gefaehrlichste sei jene der Schlangen und Skorpione in der sich die Juden der groessten Gefahr aussetzen: der Assimilation.

Bleibt die Frage, wie Yosefs Brueder planen konnten, den eigenen Bruder zu ermorden bzw. ihn an eine Karawane zu verkaufen.
Im Judentum haben wir das Konzept des "Free Will" des "freien Willen". In der Gemara im Talmud Traktat Berachot 33b heisst es dazu: Alles ist in G-ttes Hand, nur nicht die Furcht vor G-tt. Hierzu kommentiert Rashi: Jeder Aspekt in der Natur des Menschen und jede Lebenssituation (Aussehen, Intelligenz, ob arm oder reich) sind von G-tt vorbestimmt. Aber der Wille G-tt zu dienen oder nicht liegt in unserer Hand. Jeder hat die Wahl zwischen zwei Wegen.

Der Ishbitzer Rebbe (in seinem Buch Mei HaShiloach) sieht den gesamten freien Willen in unserem Leben ale eine einzige Illusion an. Alles sei von G-tt vorbestimmt, selbst unsere Vergehen (Suenden).
Heisst das, die Brueder Yosefs waren unschuldig an ihren Plaenen ? Die Thora gibt uns keine Antwort darauf.

Es war G-ttes Plan, Yosef und spaeter seine Familie nach Aegypten zu bringen um die Juden Jahre spaeter wieder herauszufuehren und ihnen die Thora zu geben. Ohne Yosefs Anwesenheit in Aegypten waere Yaakov niemals dorthin gezogen.
Und ohne Yehudahs Affaere mit Tamar waere die spaetere Generation, Koenig David, nicht geboren worden. Und ohne Koenig David wuerden wir nicht auf den Meschiach warten, welcher aus dem Hause Davids kommt.

Wo beginnt und wo endet unser freier Wille ?


Ich wuensche jedem, dass er seinen freien Willen zu etwas Positivem nutzt.

Shabbat Shalom und Chanukkah Sameach.

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Degel Machane Ephraim: Rabbi Moshe Chaim Ephraim, Enkel des Baal Shem Tov

Rashi: Rabbi Shlomo Yitzchaki, 1040 - 1105. Lebte in Frankreich und war einer der beruehmtesten Talmud - u. Thora - Kommentatoren.

Rabbi Avraham Yitzchak HaCohen Kook: geboren 1865 in Russland, verstorben 1935 in Jerusalem. Erster Oberrabbiner Israels, Philosoph, Talmudist, Zionist und Kabbalist (der Kabbalah des Rabbi Yitzchak Luria).

Ramban: Rabbi Moshe ben Nachman (Nachmanides). 1194 - 1270, halachische Authoritaet. Seit 1267 lebte er in Israel und liess die juedische Gemeinde von Jerusalem wieder aufleben.

Ishbitzer Rebbe: Rabbi Mordechai Yosef Leiner von Izbica (Ishbitz / Polen), 1804 - 1854, chassidischer Rabbiner. Ehemaliger Schueler des Rabbi Menachem Mendel von Kotzk, mit welchem er spaeter einen Disput hatte.

2 Kommentare:

  1. Anonym12:45 AM

    hallo miriam,

    danke fuer deine auslegung, ich lerne immer eine menge wenn ich in deinem blogg lese - du machst mich richtig neugierig darauf dich "live und in farbe" zu treffen :-)

    liebe gruesse,
    grenzgaenger

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  2. B"H

    Es kostet mich einiges an Zeit die Parasha so zu schreiben. Ich lese ungefaehr 30 Buecher dazu, aber es macht Spass. Bin ja an der Quelle: Uni oder Nationalbibliothek incl. Gershom - Sholem - Kabbalahraum.:-)

    Live rede ich genauso am liebsten ueber religion.:-)

    Shabbat Shalom,
    Miriam

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