Sonntag, Dezember 20, 2009

Hochzeit im Judentum, Teil 1

B"H

Gemäss dem jüdischen Gesetz Halacha kann der Besitz eines Objektes nur durch einen Kaufvertrag / Urkunde übertragen werden und somit der neue Eigentümer anerkannt werden. Ein legaler Akt, bei dem der Besitz seinen Eigentümer wechselt. Dieser Akt wird KINYAN genannt.
Die Thora erläutert uns mehrere Fälle von KINYANIM (Plural von Kinyan), bei denen unterschiedliche Eigentumswechsel zur Sprache kommen bzw. definiert werden. Zum Beispiel ersteht jemand neuen Grundbesitz, indem er dem vorherigen Eigentümer einen Kaufpreis bezahlt. Bei sich Tieren oder Gegenständen sieht es da wieder ganz anders aus.

KINYAN erfordert nicht nur ein gegenseitiges Abkommen zweier Parteien, sondern ebenso eine Verpflichtung, diese Transaktion gemeinsam zu durchlaufen. Darüber hinaus lehrt uns die Thora über krurzfristige Leasing Kinyanim. Jemand, der sich Geld leiht, verpflichtet sich durch einen Kinyan, die geliehene Summe zurückzuzahlen. Und, wer hätte es gedacht ? Kinyanim gelten genauso für die Ehe. Bei einer Ehe jedoch handelt es sich nicht um den gleichen Kinyan wie bei einer Eigentumserwerbung. Die Frau wird durch den Kinyan insoweit eingeschränkt, dass sie weder mit einem anderen Mann sexuelle Beziehungen haben noch einen anderen Mann heiraten kann. Der Ehemann gilt als Initiator des Kinyan und die Frau akzeptiert.

Die Thora nennt uns zwei Level einer Hochzeit: Erusin oder auch Kidduschin genannt und Nisuin. Im Kidduschin - Status sind beide lt. Halacha verheiratet, aber erst im Nisuin - Status dürfen sie sexuelle Beziehungen haben. Nisuin erfolgt dann, sobald die Braut unter den Hochzeitsbaldachin (Chupah) tritt. Die Chupah bildet somit eine Vervollkommnung der jüdischen Hochzeit.

Der Talmud Traktat Ketubot 57a lehrt uns, dass zu früherer Zeit der Kidduschin (Erusin) zustand 1 Jahr dauerte. Die Braut blieb bis zur endgültigen Hochzeit (Nisuin) im Haus der Eltern; heute hingegen werden beide Level gleichzeitig miteinander verbunden.

Die Mischna (mündliche Gesetzesüberlieferung G - ttes am Berg Sinai) im Talmud Traktat Kidduschin 2a lehrt, dass ein Mann eine Frau auf dreierlei Arten "erwirbt" (hier "erwerben", um anzuzeigen, dass einer Frau auch Geld übergeben werden kann):
1. Anhand von Geld - Mann gibt einer Frau Geld oder einen wertvollen Gegenstand - sie akzeptiert. Der Mann muss hierbei seine Heiratsabsicht deutlich klarmachen.
2. Anhand eines Dokumentes, welches der Mann in Anwesenheit von zwei Zeugen der Frau übergibt und diese somit verlobt sind. Dieses Dokument ist jedoch nicht zu verwechseln mit der eigentlichen Ketubah (dem Ehevertrag).
3. Mann und Frau haben sexuelle Beziehungen, wobei der Mann der Frau vorher deutlich vermittelt, dass dieser Akt eine Hochzeit mit sich zieht. Auch hierfür muss es Zeugen geben. Ähm, nicht für den sexuellen Akt, sondern die Zeugen sehen lediglich wie Mann und Frau sich in ein Zimmer zurückziehen.

Die Freiheit zurückerlangen tut die Frau unter anderem, wenn der Gatte stirbt.

Eine Ehe findet nur dann statt, wenn die Frau zustimmt (Kidduschin 2b). Gegen ihren Willen verheiratet werden darf sie nicht !

21 Kommentare:

  1. Anonym7:59 PM

    Punkt 3 wird doch eher ungeläufig sein, oder nicht?
    Was ist bei einem Nichtvorhandensein von Zeugen, wenn Mann und Frau allerdings im Nachhinein ebenso heiraten wollen? Verpflichtet man sich nicht mit dem Akt selber irgendwo, auch wenn man keine Ehe beabsichtigt?

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  2. B"H

    Zu Punkt 3 habe ich mir so meine Gedanken gemacht und mir fiel dazu nur ein, dass, wenn ein Paar heiraten will, die Eltern jedoch dagegen sind, sie theoretisch diese Variante waehlen koennen.
    Sie schnappen sich Zeugen, gehen in ein Zimmer und was dann folgt, kann sich jeder selber denken. Wobei ja nicht unbedingt Sex stattfinden muss, sondern die Beiden koennen es hinterher behaupten. Wer will ihnen da das Gegenteil beweisen ? :-)

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  3. Anonym10:56 AM

    Hm, stimmt.
    So kann man sich die Ehe also gegen den Willen der Eltern erzwingen ;-) Du gibst ja Tips hier.

    Aber was ist, wenn keine Zeugen da sind? Die Beiden können es schließlich auch ohne Zeugen behaupten bzw. ehrlich sagen.

    Was ist mit einem "sexuellen Ausrutscher"? Sollte man nicht auch zusehen, dass man heiratet, wenn keine Absicht dazu bestand?

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  4. B"H

    Man kann ja mal seine Phantasien schweifen lassen ... :-)

    Zeugen muessen immer vorhanden sein, wobei ich die noch gar nicht beschrieben habe. Lt. Halacha duerfen nur Maenner als Zeugen wirken und dabei gibt es auch wieder Unterschiede.

    Mit Ausrutschern ist das immer so eine Sache. Das sollte man sich vorher ueberlegen und nicht immer gleich nach seinem momentanen Gefuehl / Drang rennen.

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  5. Anonym1:00 PM

    Klar sollte man Selbstbeherrschung üben ;-) Nur ein angenommenes "was, wenn".
    Sollte man dann nicht wenigstens die Sache gerade biegen und heiraten? Auch ohne Zeugen.

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  6. Heute ist nur noch "Kinyan" üblich. Alles andere gilt als nicht legitim.

    Punkt 3 kann bei Haarespaltern insofern eine Rolle spielen, als manche auch bei Konkubinatspaaren bzw. nicht offiziell jüdisch geschlossenen Ehen einen Get verlangen.

    Irgendwo habe ich gehört: wenn von einem (jüdischen) Paar bekannt ist, dass es "Tisch und Bett" teilt, insbesondere wenn sie ein gemeinsames Kind haben, verlangen manche Rabbiner einen Get, falls die Frau jemand anders heiraten möchte bzw. mit jemandem anderen zusammenleben möchten, sonst hat man wieder das Problem von "Mamzer" mit den Kindern aus der neuen Beziehung.

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  7. PS: nach heutiger Halacha ist jeglicher GEschlechtsverkehr ausserhalb einer "Kedat Moshe Ve Israel" geschlossenen Ehe eindeutig verboten.

    Es gibt zwar immer irgendwelche Schlaumeier, die sich irgenwelche Ausreden zurechtlegen (noch eine kleine Beziehung nebenher für Männer, etc.). Vor solchen Menschen soll man sich hüten. DAs sind Paragraphenverdreher.

    Was das einverständnis der Eltern betrifft: eine jüdische Ehe erfordert die Einverständnis der Eltern nicht. Es heisst ganz klar, in ein paar Sachen muss man den Eltern nicht gehorchen, und dazu gehört eben auch: wenn sie einen Partner aufzwingen wollen, den man nicht will oder wenn sie einen Partner, den man selber will, ablehnen.

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  8. B"H

    Wie ich sagte: Ohne Zeugen laeuft nie etwas ab !


    Punkt 3 wird garantiert halachisch nicht auf Ehen zutreffen, die nicht halachisch geschlossen worden sind. Manche Betroffene werden versuchen, dies so darzustellen, aber im Grunde genommen ist ihre Ehe keine halachische Ehe.

    Zum Einverstaendnis der Eltern:
    Vielen Kindern ist dies aber sehr wichtig. Wer will schon gerne ohne dieses heiraten ? Und mit Punkt Nr. 3 liesse sich (vielleicht) einiges drehen. Wobei die Eltern hinterher sicher nicht zufriedener sein werden mit der Partnerwahl ihres Kindes.

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  9. Ich sehe nicht, was das für einen Unterschied machen soll.

    Als legitim wird es nicht betrachtet.

    Ich kann mir gut vorstellen, dass man versucht, mit diesem Argument eine naive Frau ins Bett zu kriegen: vor solchen Männern muss man sich hüten. Im Zweifelsfall ist es immer zum Nachteil der Frau: einen Get braucht sie ev. trotzdem, aber auf Versorgung hat sie keinen Anspruch. Hände weg.

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  10. A propos Schlaumeier: Hast du schon vom Leib-Tropper-Skandal gehört?

    Anscheinend hat ein Rabbiner, der auf Giur und Kiruv spezialisiert ist eine hübsche Giur-Kandidatin dazu gebracht, mit ihm seine sexuellen Phantasien auszuleben. Offenbar hat er auch eine wirtschaftliche Notlage ausgenützt, um sie dritten für Telefonsex und ev. auch SEx zu vermitteln.

    DAs ist es, was ich mit Paragraphenverdreher meine...

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  11. B"H

    Manche Frauen moegen ja naiv sein, doch nicht wenige sehen schon der Realitaet ins Auge, die da heisst, dass nicht immer eine Hochzeit anstehen muss.

    Uebrigens gab es vor Monaten (vielleicht sogar einem Jahr) einen Bericht in einer der Wochenendausgaben einer israelischen Tageszeitungen, dass die Nationalrelig. sich nicht unbedingt an die Halacha halten, vor der Ehe keinen Sex zu haben. Viele von ihnen haben Sex und gaben in Interviews zu, warum.
    Fuer mich sehr verstaendlich, denn die Katze im Sack will heute niemand mehr so richtig kaufen.

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  12. "sehen schon der Realitaet ins Auge, die da heisst, dass nicht immer eine Hochzeit anstehen muss."

    Was soll das heissen? Die Halacha sagt klar, dass das verboten ist.

    Dasselbe gilt auch für "affairen neben der Ehe", die viele chareidische Männer verharmlosen, mit jüdischer oder nicht-jüdischer Frau, ständige Beziehung oder gegen Bezahlung...

    Ich meine: wenn jemand will dann soll er von mir aus zum Vergnügen Schinken-Käse-Toast mit Shrimps essen. Aber er soll mir nicht erzählen, dass die Halacha das erlaubt.

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  13. B"H

    Nee, von dem Skandal weiss ich noch nichts. Haste das auf "Failed Messiah" gelesen ? :-)

    Was soll ich jetzt dazu sagen ?
    Es gibt halt auch perverse Rabbiner und an willigen Frauen scheint es diesbezueglich auch nicht zu fehlen. Welche ernsthafte Giur - Kandidatin gibt sich denn fuer sowas her ?

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  14. Uebrigens, diese Tropper-Geschichte, wie sie auf Vosizneias dargestellt wird, ist wieder einmal eine Propagandistische Meisterleistung: unter den Kommentaren wurde fleissig zensuriert, und so entsteht eine angeregte Diskussion darüber, ob man nicht-jüdische Ehepartner konvertieren soll oder nicht, aber das eigentliche "Corpus Delicti" wird mit keinem Wort erwähnt...

    http://www.vosizneias.com/44907/2009/12/14/suffern-ny-noted-rabbi-abruptly-resigns-from-ejf-famous-organization-for-conversions/


    Falls du näheres erfahren möchtest, hier ein Pashkevili mit dem kurz zusammengefasst wird, ohne in die Details zu gehen:

    http://daattorah.blogspot.com/2009/12/poster-from-jerusaelm-about-r-tropper.html

    hier ein paar ausführlichere DArstellungen:
    http://failedmessiah.typepad.com/failed_messiahcom/2009/12/tropper-scandal-makes-the-ny-post-123.html
    (auf diesem Blog sind noch weitere Artikel)
    sonst schreiben auch folgende Blogs darüber:
    Dov bear
    Luke ford
    modern orthoprax heterodox

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  15. "Welche ernsthafte Giur - Kandidatin gibt sich denn fuer sowas her ?"

    Na wenn ein einflussreicher, charismatischer Rabbiner dir entsprechend Paragraphen verdreht, dann ist es doch erlaubt, oder?

    Allerdings weiss ich zu wenig von dem Fall, um zu sagen was da genau wie von statten gegangen ist. Man munkelt aber, dass derlei Eskapaden bei diesem Rabbiner kein EInzelfall wareh.

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  16. Ich kann mir gut vorstellen, dass man versucht, mit diesem Argument eine naive Frau ins Bett zu kriegen: vor solchen Männern muss man sich hüten. Im Zweifelsfall ist es immer zum Nachteil der Frau: einen Get braucht sie ev. trotzdem, aber auf Versorgung hat sie keinen Anspruch. Hände weg.


    Ich hatte nicht gemeint, dass es erlaubt ist, sondern mich auf Deine Aussage bezogen. Natuerlich ist es nicht erlaubt, aber es gibt Leute, die einem was weissmachen wollen und die Situation ausnutzen.

    Wobei ich mir (ohne bisher die Story gelesen zu haben) nicht so richtig vorstellen kann, dass man selbst eine Konvertitin zum Judentum davon ueberzeugen kann, dass Telefonsex zum Kurs gehoert.

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  17. "dass man selbst eine Konvertitin zum Judentum davon ueberzeugen kann, dass Telefonsex zum Kurs gehoert."

    Gut beobachtet!

    Objektiv betrachtet ist für sie Zustimmung zu solchen Praktiken viel gefährlicher als Ablehnung, denn wenn sie es macht, disqualifizert sie sich quasi automatisch.

    Aber mit Manipulation ist vieles möglich.

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  18. B"H

    Soweit ich bisher las, wird die Dame nun geradezu aus der relig. Gemeinde, in der sie lebt, verstossen. Es erscheint allen als absolut unmoeglich, dass jemand "Normales" sich fuer derlei Taten hergibt. Konvertieren hin oder her.

    Dass das nicht Teil eines Konversionsprogrammes sein kann, muss auch der Frau klargewesen sein. Anscheinend aber hat ihr der Rabbi gedroht a la: Wenn sie nicht spurt, wird sie keinen anderen Kurs mehr finden. Und falls sie zur Polizei geht, wer wird ihr glauben ?

    Diesbezueglich sind sich Rabbiner heutzutage zu sicher, wie cih am eigenen Leib erfuhr:

    http://hamantaschen.blogspot.com/2007/10/mehr-schein-als-sein.html

    Irgendwo auf den Sites las ich, dass die Frau die Gespraeche mit dem Rabbi aufnahm und haette sie dies nicht getan, wer haette ihr geglaubt. Dann befaende sich Trotter weiterhin in seiner Rabbiposition.

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  19. Anonym5:46 PM

    "Uebrigens gab es vor Monaten (vielleicht sogar einem Jahr) einen Bericht in einer der Wochenendausgaben einer israelischen Tageszeitungen, dass die Nationalrelig. sich nicht unbedingt an die Halacha halten, vor der Ehe keinen Sex zu haben. Viele von ihnen haben Sex und gaben in Interviews zu, warum.
    Fuer mich sehr verstaendlich, denn die Katze im Sack will heute niemand mehr so richtig kaufen."

    Also, das klingt nun auch sehr missverständlich.
    Junge Nationalreligiöse, die sich solch einen Freibrief ausstellen, haben nun wirklich einen an der Waffel.
    Man kauft die Katze im Sack! Dieser Spruch ist allein schon total dämlich und wird von den Leuten verwendet, die "sich ausprobieren wollen", bevor sie heiraten, und schauen, wer denn nun der bessere Sexpartner ist.

    Das sind meines Erachtens keine Nationalreligiösen mehr, sondern bestenfalls liberal-religiöse Spinner. ...

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  20. Das sind meines Erachtens keine Nationalreligiösen mehr, sondern bestenfalls liberal-religiöse Spinner. ...


    "frum satire" nennt diese Spezies treffend Shomrei 612 Mitzwoth. Sie kommen übrigens genauso bei den Chareidim vor, was meinst du. Und dann gibt es noch die "Shomrei Negia mit": die geben nicht einmal einer Frau die Hand, aber sie hatten auch schon sexuelle ERfahrungen ohne verheiratet zu sein.

    Ach ja, und dann gibt es noch das Konzept des "Tefilin DAte": das ist ein DAte, wo man die Tefilin für den nächsten Morgen zur Sicherheit schon mal mitnimmt.

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  21. B"H

    Das mit dem Tefillin - Date war mir jetzt neu.

    Wow, ist ja ein richtig durchorganisiertes Date. An alles wird gedacht !

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