B”H
Die Thoralesung fuer diesen Shabbat
Auch an diesem Shabbat wird wieder aus zwei Thorarollen gelesen. Die regulaere Parashat Ki Tisa sowie die Parashat Parah (die Lesung ueber die Rote Kuh aus der Parashat Chukat).
Auf den Shabbat nach Purim folgt immer Shabbat Parah. Der Thoraabschnitt, den wir zur Roten Kuh lesen, lehrt uns, wie sich die Juden vor Pessah spirituell reinigten (purify). Zu Tempelzeiten kamen die Juden aus allen Landesteilen nach Jerusalem, um ihr Pessachopfer im Tempel darzubringen. Zu diesem Zweck mussten sie "rein" sein.
Vorab aber ersteinmal zur Parashat Ki Tisa, bei der viele meinen, es gehe nur um das Goldene Kalb (Egel HaZahav). Bei genauem Hinschauen jedoch stellen wir fest, dass dort viele weitere wichtige Mitzvot (Gesetze) gegeben werden. Konzentrieren wir uns daher nicht nur auf das Goldene Kalb, sondern schauen wir uns die Parasha etwas genauer an.
Eine Anmerkung vorweg: Die Thora haelt sich erneut nicht an die chronologische Reihenfolge (siehe Talmud Traktat Pesachim 6b). Die Abgabe des halben Shekels sowie weitere Ereignisse in Ki Tisa fanden erst nach dem Goldenen Kalb statt und nicht vorher.
Den ersten Teil aus Ki Tisa lasen wir schon vor drei Wochen zum Shabbat Shekalim. G-tt beauftragt Moshe eine Volkszaehlung unter den Juden durchzufuehren. Jeder, der aelter ist als zwanzig Jahre, muss einen halben Shekel geben. Dieser Shekel ist nicht woertlich als Waehrung zu verstehen, sondern als Gewichtseinheit. Spaeter wurden diese halben Shekel gezaehlt und somit die genaue Anzahl der Juden ermittelt. Aus dieser Mitzva lernen wir, dass es verboten ist, Juden auf normalem Wege zu zaehlen, sondern nur anhand von individuell abgegebenen Gegenstaenden.
Ein praktisches Beispiel hierfuer kann ich aus Mea Shearim geben. Eine befreundete Familie der Satmarer Chassidim hat insgesamt zwoelf Kinder. Fragt man sie jedoch nach der Anzahl ihrer Kinder so bekommt man zur Antwort, dass Juden nicht gezaehlt werden duerfen.
Rabbi Samson Raphael Hirsch hat zu der gemeinsamen Abgabe in der Wueste eine philosophischere Erklaerung. Aufgrund des halben Shekels hatten die Jude ein gemeinsames Ziel. Sobald eine Nation ein gemeinsames Ziel verfolgt, wird aus jedem einzelnen Individuum ein Ganzes (die Nation). In dem Moment, in dem ein Jude aufgrund von G-ttes Anweisung gezaehlt wird, waechst in ihm der Stolz dem juedischen Volk anzugehoeren.
Rabbi Yehudah HaLevi sieht in seinem Buch "The Kuzari" dieses als Beweis dafuer, dass Juden vorzugsweise in der Anwesenheit einer Minyan (zehn jued. Maenner) beten sollen. Etwas Gemeinsames sei immer besser als daheim im stillen Kaemmerlein zu sitzen.
G-tt beauftragt Moshe ebenso ein kupfernes Kiyor (Wasserbecken) zu bauen. In diesem Kiyor sollen sich die Cohanim (Tempelpriester und zur damaligen Zeit Aharons Soehne) Haende und Fuesse waschen, bevor sie ihren Dienst beginnen.
Der beruehmte Thorakommentator Ohr HaChaim versteht dies so, dass Haende und Fuesse gleichzeitg gewaschen werden muessen. Der Cohen (Tempelpriester) plaziert seine rechte Hand auf seinen rechten Fuss und danach seine linke Hand auf seinen linken Fuss (siehe dazu Rashi zum Talmud Traktat Zevachim 19b). Dieser Vorgang symbolisiert, dass der untere Teil des Koerpers gemeinsam mit dem oberen gleichzeitg geheiligt (gereinigt) wird.
Nach der Zerstoerung der beiden Tempel haben wir die Aufgabe, unser Zuhause in einen "Tempel" zu verwandeln. Schon immer wuschen Juden vor dem Essen ihre Haende genauso wie die Cohanim (Tempelpriester) vor ihrem Dienst. Deshalb fahren wir fort mit dem Netillat Yadaim, dem Haendewaschen, bevor wir Brot essen und verwandeln so unseren Essenstisch in einen "Altar".
In vielen Geschichtsbuechern lesen wir, dass aufgrund unserer Reinheitsgebote die Juden im Mittelalter viel weniger von der Pest oder sonstigen ansteckenden Krankheiten befallen wurden, was aber andererseits den Verdacht der nichtjuedischen Bevoelkerung erregte, dass die Juden irgendwelche Magien betreiben. Dieses wiederum fuehrte zu staendigen Pogromen (siehe Buch von Rabbi Joshua Trachtenberg "Jewish Magic and Superstition – A study in folk and religion).
Nachdem die Juden am Berg Sinai die Thora bekommen hatten, sollte ihr Leben ganz anders ausschauen. Sie befanden sich auf einem fuer uns heute unvorstellbaren spirituellen Level und sollten unsterblich werden. Sie hatten eine zusaetzliche Seele, die Neshama Yeterah.
Einen kleinen Einblick darin bekommen wir heute an jedem Shabbat, wenn wir eine zusaetzliche Seele bekommen. Vor dem Goldenen Kalb hatten die Juden taeglich diese zweite Seele. (siehe u.a. Likutei Reuveni und Sefat Emet).
Unzaehlige Kommentatoren geben der sogenannten EREV RAV die Schuld am Bau des Goldenen Kalbes. Diese Erev Rav war eine Bevoelkerungsgruppe, die sich aus aegyptischen Konvertiten zum Judentum zusammensetzte. Die Konvertiten waren aus egoistischen Gruenden zum Judentum konvertiert und ebenso Reinkarnationen der Generation der Flut, des Turmes zu Bavel und der Leute von Sodom (Rabbi Yitzchak Luria – Arizal).
Nachdem die Juden wegen einer falschen Kalkulation Moshe einen Tag frueher zurueckerwarteten, stachelten diese Erev Rav die Juden an, das Goldene Kalb zu bauen. Chur wollte die davon abhalten, doch er wurde ermordet. Danach kamen die Leute zu Aharon, der einwilligte.
Es gibt viele Kommentare, die sich mit der Einwilligung Aharons beschaeftigen. Realistisch waere, dass er Angst hatte, dass auch er umgebracht wird und Moshe eh bald vom Berg Sinai zurueckkommt. Rabbi Yitzchak Luria (der Arizal) hat einen langen Kommentar zu dem Thema und lehrt, dass diverse Reinkarnationen in Aharon und Chur eine grosse Rolle spielten und Aharon deswegen in den Bau eines Kalbes einwilligte.
Das kabbalistische Buch Zohar beschreibt ganz ausfuehrlich, wie genau der Bau des Kalbes von statten ging. Gold wurde eingesammelt und zusammengeschmolzen. Die Erev Rav nutzten diverse magische Kraefte, um dieses Kalb zu erschaffen. Spaeter wurde dem Kalb ein Zettel mit einem der Namen G-ttes in den Mund geschoben und es began zu sprechen.
Moshe wurde von G-tt zurueckgeschickt und war geschockt ueber das Vorgehen der Leute im Lager. Im Talmud Traktat Avodah Zarah 44a lesen wir, dass Moshe das Kalb pulverisierte und den Staub in alle Winde verstreute.
Zur Strafe wurde die Israeliten, die am Goldenen Kalb teilgenommen hatten auf dreierlei Arten bestraft. Die Leviim (Leviten) und die Frauen nahmen uebrigens nicht daran teil.
Der chassidische Kommentator Shem MiShmuel sagt, dass das Mischkan (Tabernakel) als ein Tikun (Seelenreparatur) fuer das Goldene Kalb diente.
Das Ereignis mit dem Goldenen Kalb war ein Disaster fuer die Juden damals und auch fuer uns heute. Haetten sie es damals nicht gebaut, wuerde die Welt heute ganz anders aussehen. Kabbalistische Kommentatoren vergleichen das Kalb mit dem Turm von Bavel und dem Vergehen von Adam und Eva (Chava) im Paradies. Das Buch Megaleh Amukot sieht das Goldene Kalb als Grund fuer die Zerstoerung des Zweiten Tempels.
Die zweite Thorarolle befasst sich mit der Roten Kuh und wie sich Juden bzw. Cohanim (Tempelpriester) reinigen koennen. Auf dieses Thema werde ich in wenigen Monaten, wenn wir die Parashat Chukat lesen, genau eingehen. Jetzt nur soviel, dass die Mitzva der Roten Kuh eine jener Mitzvot ist, die wir nicht verstehen. Selbst Koenig Salomon mit all seiner Weisheit gab es auf, den Grund fuer die Rote Kuh zu verstehen. Wie kann die Asche einer Roten Kuh Juden reinigen und bei dem Verbrennungsvorgang gleichzeitig denjenigen Cohen unrein machen ?
Kabbalisten und der Talmud Traktat Parah geben ein paar Insights, aber wie gesagt, ich schreibe mehr in ein paar Monaten.
Und was bleibt uns heute nach dem Vorgang mit dem Goldenen Kalb ?
Wir sollten daraus lernen, dass jeder Mensch einen freien Zugang zu G-tt hat und keine Stellvertreter geschweige denn ein Medium braucht. Wir koennen uns keinen G-tt als Statue bauen, sondern sollten lernen zu akzeptieren, dass G-tt fuer uns nicht sichtbar und ausserhalb jeder menschlichen Vorstellungskraft liegt. In der Kabbalah wird G-tt Ein Sof genannt; ein G-tt ohne jeden Beginn und ohne jedes Ende. Er existierte schon immer und wird dies immer tun. Seine Handlungen sind unbegrenzt und uneingeschraenkt.
Wir koennen es heute nur besser machen, indem wir zu dem EINEN G-tt beten und nicht unseren negativen Gedanken folgen.
Die zweite Lesung erfolgt aus Numbers 19:1 – 22 (Parashat Chukat) und die Haftarah wird aus Yechezkiel 36:16 – 38 gelesen.
Shabbat Shalom
Donnerstag, März 08, 2007
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Danke und Shabbat Shalom
AntwortenLöschenLiebe Grüsse Anneka
B"H
AntwortenLöschenEuch eine gute Woche.
Diese Woche warten uebrigens zwei Parashot auf uns, was eine Menge Arbeit werden wird.:-)