B"H
Ausfuehrliche Insights gibt es hier:
http://www.chabad.org/holidays/default.asp
Wie jedem bekannt sein duerfte, feiern wir an Pessach den Auszug der Israeliten aus Aegypten. Das Fest dauert in Israel sieben und im Ausland acht Tage. In diesem Jahr faellt es gemaess des weltlichen Kalenders auf Montag den 2. April.
An den nachfolgenden sieben bzw. acht Tagen ist es Juden verboten jegliche Getreideprodukte (Chametz) zu sich zu nehmen. Darunter fallen z.B. Nudeln, Bier, Gebaeck usw. Auf das letztere, das Gebaeck, braucht man dennoch nicht ganz zu verzichten; ueberall in Israel sind Kuchen oder Kekse aus Kartoffel – bzw. Mazzemehl erhaeltlich.
Fuer ashkenazische Juden gilt zusaetzlich der Brauch, keine Kidniot (Huelsenfruechte) zu essen. Also gibt es auch keinen Mais, Reis, keine Bohnen, Erbsen und keinen Humus. Die Ashkenazim muessen sich ueberwiegend mit Kartoffeln, Wurst, Salaten, Eier und Fisch begnuegen.
Die sephardischen Juden haben einen groesseren Speiseplan und Pessach ist die Zeit, an der ich sie darum beneide. Auch essen die meisten sephardischen Juden Reis an Pessach. Fuer Ashkenazim vollkommen unmoeglich, denn bei uns ist das Chametz. Diese Regel geht aber mehr oder weniger aus einem Brauch hervor.
Die einzige Gruppe bei den Sepharadim, die keinen Reis an Pessach isst, sind die Marokkaner (soweit mir bekannt ist).
Am Abend des 14. Nissan (1. April, Sonntag abend nach Einbruch der Dunkelheit) gibt es in jedem Haushalt eine besondere Zeremonie, das sogenannte Bedikat Chametz (das Suchen nach dem Chametz). Es handelt sich dabei um ein symbolisches Suchen nach Getreide, um sicherzugehen, dass sich kein verbotenes Getreide mehr im Haushalt befindet. Diese Zeremonie wird im Shulchan Aruch (Orach Chaim 431:1), der Mishna Berura (Hilchot Pessach) und im Talmud Traktat Pesachim 7b naeher erlaeutert. Normalerweise wird mit einer Kerze in einigen Raeumen zusammen mit der ganzen Familie nach Chametz gesucht. Die Gebrauch von Kerzen ist jedoch innerhalb der vergangenen Jahre zum Problem geworden, denn es gab unzaehlige Wohnungsbraende und sogar ein Todesopfer. Von daher ziehen viele die Taschenlampe vor.
Am Morgen des 15. Nissan (Montag 2. April) gelten bestimmte Zeiten, ab denen es verboten ist, Chametz zu verzehren. Sepharadim und Ashkenazim haben hierfuer unterschiedliche Zeiten, die jedes Jahr in den israelischen Tageszeitungen veroeffentlicht werden. Ausserdem wird morgens das restliche Chametz symbolisch verbrannt (siehe Talmud Pesachim 12b). Wer also kommenden Montag ueberall Rauch aufsteigen sieht, der weiss, dass dort Chametz verbrannt wird.
Am Montag abend wird die traditionelle Pessach - Seder gefeiert. Fuer Juden ist das die wichtigste Familienzusammenkunft des Jahres. Gemeinsam sitzt man am Tisch und liest die Haggadah ueber den Auszug aus Aegypten. Die meisten Familienmitglieder sind zu dem Zeitpunkt oft schon mit den Nerven am Ende, haben sie doch wochenlang fuer Pessach geputzt. Laut Halacha ist das Essen der Mazza bei der Seder das wichtigste, und der Kabbalah zufolge bringt uns die Mazza auf einen hoeheren spirituellen Level.
Kabbalistisch gesehen, ist die Seder der eigentliche Hoehepunkt von Pessach. Der Arizal (Rabbi Yitzchak Luria) und der Ramchal (Rabbi Moshe Chaim Luzzatto) schreiben, dass bei der Seder solch eine Kedusha (Heiligkeit) vorhanden ist, dass saemtliche spirituellen Welten auf einen Schlag aufsteigen. Nicht einmal der Shabbat schafft das, denn beim Morgengebet Shacharit bewegen wir uns nur von Level zu Level.
Viele sitzen bei der Seder und meinen, die Pessach - Haggadah sei ein kleines nettes Buechlein, in dem uns eine nette antike Geschichte unserer Vorvaeter erzaehlt wird. Der Auszug aus Aegypten ist jedoch alles andere als antik, sondern auch in unserer Zeit immer aktuell, genauso wie die Ereignisse von Purim. Die absolute Freiheit haben wir immer noch nicht erzielt und der alltaegliche Antisemitismus ist ueberall gegenwaertig.
Jeder von uns hat seinen privaten Auszug aus Aegypten. Sei es nun, dass sich jemand in einer physischen oder einer spirituellen Gefangenschaft befindet. Pessach ist die Zeit der Freiheit und einer neuen aufkommenden Energie, die wir nutzen sollen, uns von negativen Gedanken zu befreien.
In kabbalistischer Literatur steht das Chametz symbolisch fuer unsere Yetzer HaRa (die schlechte Seite in unserem Inneren). Es reicht nicht, dass wir das ganze Haus von dem Chametz befreien und ewig putzen. Auch innerlich muessen wir uns ueber Pessach vom Chametz (negativen Gedanken) befreien.
Im Talmud Traktat Pesachim 7b steht, dass wir am Abend vor der Seder das letzte Chametz mit Hilfe einer Kerze suchen sollen. Die Seele eines Menschen ist die Kerze G-ttes. So sucht G-tt die innersten Gedanken eines jeden von uns und untersucht sie (Proverbs 20:27 und Rabbeinu Yonah).
Die Diaspora in Aegypten war die erste von drei weiteren Diasporas und alle weiteren haben ihre spirituellen Wurzeln in der ersten aegyptischen Diaspora. An Pessach sollen wir vor allem G-tt danken, dass er uns aus der Diaspora befreit und trinken bei der Seder vier Glaeser Wein / Weintraubensaft. Vier Glaeser Wein gegen vier Diasporas (so der Bnei Yissachar). Hoffen wir, dass G-tt uns demnaechst auch aus unserer derzeitigen vierten und letzten Diaspora befreit.
Die Zaehlung des Omer ist ein biblisches Gebot aus dem Buch Leviticus (Vayikra) 23:15. Warum beginnen wir das Omer erst am zweiten Tag von Pessach zu zaehlen ? Rabbi Moshe Chaim Luzzatto (Ramchal) schreibt in seinem Buch Kitzur HaKavanot: Der Tikun (Seelenreparatur) fuer den ersten Tag ist die Seder und ab dem zweiten Tag erreichen wir in dem Moment, in dem wir das Omer zaehlen, den gleichen hohen Tikun wie bei der Seder. So steigern wir uns in den sieben Wochen des Zaehlens bis hin zu Shavuot, an dem wir die Thora empfangen. In chassidischer Literatur wird das Zaehlen des Omer als unsere innere Reise beschrieben, die uns spirituell auf den Empfang der Thora an Shavuot vorbereitet.
Aus dem gleichen Grund bekamen die Israeliten nach ihrem Auszug aus Aegypten nicht sofort die Thora, sondern erst nach sieben weiteren Wochen. Auch sie mussten sich erst spirituell von Aegypten (negativen Einfluessen) loesen, um an Shavuot von G-tt die Thora zu erhalten.
Zwischen Pessach und Lag Be'Omer - 33. Tag des Omer (einen Feiertag, auf den ich noch ausfuehrlicher eingehen werde) gelten folgende Regeln: es finden keine Hochzeiten statt, es darf sich weder rasiert noch duerfen die Haare geschnitten werden. Diese Zeit wird zusaetzlich als eine ernsthafte Zeit der Besinnung gesehen, starben doch in der Zeit 24.000 Schueler des Rabbi Akiva. Als Grund fuer deren Tod nennt der Talmud das Vergehen der Laschon HaRa. Die Schueler des Rabbi Akiva haetten auf einem sehr hohen relig. Level sein sollen, doch stattdessen sprachen sie schlecht uebereinander.
Historiker haben darueber eine ganz andere Meinung. Rabbi Akiva war ein Bewunderer Bar Kochbas und unterstuetzte dessen Aufstand gegen die Roemer. Aufgrunddessen unterstuetzen auch die Schueler Bar Kochba militaerisch und wurden Soldaten. 24.000 Schueler fielen im Kampf gegen die Roemer.
Noch eine wahre Geschichte zu Pessach:
Einmal kam eine Frau zu einem beruehmten amerikanischen Rabbiner und fragte, ob sie bei der Seder den Wein gegen Milch austauschen koenne. Sie waere so arm, dass sie sich den Wein fuer die Pessach – Seder nicht leisten kann.
Der Rabbi ueberlegte, gab ihr 300 Dollar bar auf die Hand und sagte zu ihr, dass sie von dem Geld Wein kaufen solle. Gluecklich ging die Frau heim.
Die Ehefrau des Rabbis fragte hinterher ihren Mann, warum er der Frau soviel Geld gab. Weniger haette doch vollkommen fuer den Weinkauf gereicht.
Der Rabbi antwortete seiner Frau, dass man auch sehen muss, was hinter die Fassade der Menschen steht. Natuerlich haette eine geringere Summe fuer den Weinkauf ausgereicht, doch die Frau wollte bei der Seder den Wein durch Milch ersetzen. Heisst, sie hatte auch kein Fleisch zu essen (siehe koscher), nur war sie zu beschaemt auch das zu erwaehnen. Von den 300 Dollar kann sie sich nun eine gesamte Seder leisten.
Viele Menschen erzaehlen nur einen kleinen Teil von den Problemen, die sie wirklich haben und der Zuhoerer sollte imstande sein, auch hinter die Kulissen zu schauen.
Ich wuensche allen Pessach Sameach ve kasher – ein schoenes und koscheres Pessach.
Donnerstag, März 29, 2007
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