B"H
Als ich vor ca. drei Wochen im nordisraelischen Tiberias weilte, besuchte ich mehrere Gräber berühmter jüdischer Persönlichkeiten. In vielen Teilen des orthodoxen Judentums ist es nichts Ungewöhnliches, Gräber der "Zaddikim - Gerechten" aufzusuchen, dort, u.a., Psalmen zu beten und so auf eine etwaige positive Beeinflussung des dort begrabenen Zaddik bei G - tt zu hoffen. Nicht, dass man direkt zum Zaddik betet, denn das wäre Götzendienst. Vielmehr gibt einem die Nähe am Grab einen indirekten Beistand und man fühlt sich spirituell gestärkt. Wie wenn jene Singles zum Grab des Rabbi Yonathan ben Uziel nach Amukah (ebenso in Nordisrael gelegen) fahren, um für einen Schidduch (den passenden Ehepartner) zu beten. Nicht zum Rabbi, sondern zu G - tt, doch vielleicht hat die Anwesenheit am Grab des Zaddiks einen besonderen Einfluss.
Ich halte es nicht so mit dem "Zaddik - Konzept", dennoch hatte ich vor dem damals anstehenden Yom Kippur Lust darauf, einige Gräber zu besuchen. Also ging ich in Tiberias zum Grab des Rambam (Maimonides), des talmudischen Rabbi Me'ir Ba'al HaNess sowie zum Grab der Rachel. Nicht zum Grab der Vormutter Rachel, die bei Bethlehem begraben liegt, sondern zur Gattin des gleichfalls talmudischen Rabbi Akivah (seinerzeit ein Lehrer des Rabbi Me'ir Ba'al HaNess).
Besonders jene Haredim (ultra - orthodoxe Juden), mit denen ich sprach, lehnen die Lokalität des Grabes der Rachel ab. In der Tat existieren dazu mehrere unterschiedliche Meinungen und ich ahnte im Vorfeld nicht, dass ich auf eine derlei hochgradige Kontroverse stossen würde.
Der antike jüdische Friedhof von Tiberias liegt nahe eines antiken moslemischen Friedhofes und allein diese Tatsache erweckt Vermutungen aller Art. Kann es nicht sein, dass im Verlauf der Geschichte einige Gräber durcheinander gewurschtetl worden sind und heute niemand mehr genau zu sagen vermag, ob dieses oder jenes Grab einem Moslem oder einem Juden gehört ? Die antiken Ischmaeliten zumindest gaben zu, dass an ihrem Friedhof die bekannte Rachel, Frau des Rabbi Akivah, beerdigt liegt. Allerdings nannten sie die Ischmaeliten, ebenso wie der Babylonische Talmud (Beispiel: Traktat Nedarim 50a), lediglich "Die Tochter des Kalba Savua" und nicht Rachel !
Ich weiss nicht, ob alle Leser mit der Geschichte der Rachel und ihres Ehemannes, Rabbi Akivah, vertraut sind. Laut talmudischen Quellen war Rachel die Tochter eines reichen Juden, der da den Beinamen "Kalba Savua" trug. Der Talmud Traktat Gittin 56a erklärt, dass Kalba Savua die Armen speiste bis sie voll und ganz gesättigt von dannen zogen. Und eben diese Sättigung brachte ihm den Namen "Kalba Savua - Satter Hund" ein. Rabbi Akivah arbeitete als Hirte bei Kalba Savua und dank Rachel lernte er mehr über das Judentum; ja, sogar das Lesen und die Thora, wobei er sich als absolutes Genie entpuppte. Rachel und Rabbi Akivah heirateten und Kalba Savua verstiess seine Tochter, die da einen Hirten geheiratet hatte. Das frisch vermählte Paar lebte in bitterer Armut, doch Rabbi Akivah brachte es zu einer Berühmtheit, worin Rachel ihn auf ungewöhnliche Weise unterstützte. Am Ende hatte Rabbi Akivah Tausende Studenten, er brachte es bis zum talmudischen Rabbiner, er wurde der Lehrer des Rabbi Schimon bar Yochai und selbst Kalba Savua söhnte sich mit ihm aus. Keine Armut mehr, sondern Akivah wurde zum reichen Mann. Trotzdem starb er den schlimmsten Tod, den man sich vorstellen kann. Die Römer richteten ihn hin, denn er hatte, trotz Verbot, Thora gelehrt. Im Talmud Berachot heisst es, dass sie mit einem Metallkamm sein Fleisch vom Körper zogen, doch Rabbi Akivah das "Schema Israel" betete.
Allerdings muss es Jahre zuvor Rachel gewesen sein, die zuerst verstarb, denn der Talmud beschreibt ebenso, wie Rabbi Akivah die zum Judentum konvertierte Frau des römischen Gouverneurs von Palästina, Turnusrufus, ehelichte. Bezogen auf die zweite Ehe vermuten viele Juden in der heutigen Zeit, dass die Rachel eigentlich neben ihrem Gatten beerdigt worden sei. Auch Rabbi Akivah liegt in Tiberias begraben, doch an einem anderen Ort in der Stadt als das heutige Grab der Rachel. Wieder andere Stimmen sagen, dass die zweite Frau des Akivah neben ihm begraben liege.
Wie man es auch dreht, eine absolute Antwort werden wir zu unserer Zeit nicht mehr finden. Dennoch werde ich in dieser Woche versuchen, einige Tatsachen ausfindig zu machen. Ferner werde ich die von mir gemachten Photos des Grabes in den Blog stellen.
Wie schon zuvor angemerkt, wird im Talmud niemals der Name RACHEL erwähnt, sondern stets ist nur von der Tochter des Kalba Savua die Rede. Der Name RACHEL tauchte erst viel später in einer Midrasch auf. Somit stellt sich nicht nur die Frage nach dem Grab, sondern gleichzeitig auch nach dem Namen der Gattin des Rabbi Akivah.
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