B"H
Jeder wird in seinem Leben immer wieder mit etwas konfrontiert; bei mir sind es die Aussteiger aus der Haredi - Society (Aussteiger aus dem Ultra - Orthodoxen Judentum).
Nicht nur, dass ich mit einem ehemaligen Chassid aus dem ultra - orthodoxen Stadtteil Ge'ulah zusammenlebe, nein, ich treffe oft auf andere Aussteiger. Jemand meinte einmal lakonisch zu mir, dass dies vielleicht G-ttes Weg sei, mich auf die Haredi - Pfade zurueckzufuehren.
Seien es nun Satmar, Chabad, Belz oder Gur (Ger)....Ich habe die Gabe alles anzuziehen.
Mein Ausstieg aus der Haredi - Society war wesentlich einfacher als derer aus den genannten chassidischen Gruppen. Nicht als Haredi geboren, kam ich viel spaeter dazu. Heisst, ich hatte vorher ein "normales" Leben mit Uni und Beruf, was den Ausstieg im Endeffekt erleichterte.
Ich kam irgendwie zufaellig dazu. Durch meinen Job mit Haredim und die automatischen Haredi - Freunde. Dadurch kam ich in die Gesellschaft und nahm an vielen Shabbat - Essen bei Satmar in Mea Shearim teil. Zusaetzlich ging ich noch auf eine litvishe (Midnagdim) Yeshiva. Die Umwelt ausserhalb dieses Zirkels, die sogenannte normale Welt, spielte keine Rolle mehr. Nicht, dass man sich als Haredi total abschottet, doch will man andererseits auch nicht mit gewissen Dingen in Beruehrung kommen, die einen dann stoeren. Ungluecklich war ich nicht, eher das Gegenteil.
Doch wo kam der Bruch ?
Der Bruch kam nicht durch die Haredim, sondern durch mich selbst. Um perfekter zu sein, hatte ich mir selbst Zwaenge auferlegt, was mich gewiss nicht zu einem Einzelfall macht. Andererseits vermisste ich sehr viele Dinge in meinem "neuen" Leben, wie Kino, Kreativitaet etc.
Ich war in zwei Personen gespalten, was mich zu einem Doppelleben zwang. Unter der Woche war ich toll religioes und dreimal pro Monat auch am Shabbat. Doch einmal pro Monat musste ich entkommen. Entweder nach Tel Aviv in ein Hostel und Halligalli machen oder ich fuhr zu einer belgischen Freundin, welche damals in Kiryat Ekron (nahe Rehovot) wohnte. Francoise wusste schon immer, was auf sie zukam, wenn mein Besuch anstand. Ersteinmal dauerte es mindestens zwei Stunden, bis ich meine religioese Welt vergass und mich auf etwas anderes konzentrieren konnte. "So, what's up this time?" lautete immer ihre erste Frage.
Wenn ich am Shabbat wegfuhr, so zog ich mich meistens vorher um. Jeans und so. Dieses war immer eine kleine Prozedur, denn tat ich das doch heimlich. In unserer Nachbarschaft haette ich nicht in Hose herumlaufen koennen.
Das ist das Schlimmste ueberhaupt, das eigene Gewissen. Schliesslich rannte ich nicht vor der Religion davon, sondern einem Lebensstil, den ich wollte und doch nicht wollte.
Klar, ich haette einfach meine Sachen packen und abhauen koennen, aber damals dachte ich, dass dies alles nur eine zeitweilige Krise sei, die jeder einmal durchmacht.
Das ganz grosse Problem ist, keinen Ansprechpartner zu haben. Mit wem kann man schon ueber soetwas reden ? Ein Chabad - Rabbi wollte mir helfen und waere er damals nicht gerade nach New York geflogen, well, vielleicht waere alles anders gekommen.
Ich konnte an nichts anderes mehr denken als an mein Problem. Wieso konnten andere in dieser Gesellschaft leben und ich nicht ? Wieso schaffte ich es nicht ? Der Koerper wollte, die Seele nicht.
Heute gibt es sehr viele Help - Groups diesbezueglich und viele Foren im Internet, doch damals vor genau neun Jahren stand ich ziemlich alleine da. Zu den Nationalreligioesen wollte ich nicht entkommen, denn das waere unter meiner Wuerde gewesen. Stattdessen stand ich eines morgens auf, zog eine schwarze Jeans an und schmiss meine Roecke, bis auf einen denn man weiss ja nie, in die Muelltonne. Die Nachbarn waren zuerst geschockt von meinem Anblick, doch gewoehnten sich dran. Und sie sprachen sogar noch mit mir.
In der Innenstadt hatte ich immer das Gefuehl von allen angestarrt zu werden. Jeder muesse doch sehen, dass ich Haredi bin. Wieso sagt keiner was ?
Mein Freundeskreis reagierte ueberraschend positiv und ich habe nur ganz ganz wenige Freunde verloren. Ansonsten verurteilte niemand, sondern sah es als eine Krise.
Die Situation wurde taeglich schlimmer, was fast zu einem kompletten Nervenzusammenbruch fuehrte. Ich beschloss einen schnellen Tapetenwechsel und fuhr innerhalb weniger Wochen nach Deutschland. Dort wollte ich einen klaren Kopf bekommen und Gedanken ordnen. Einfacher gesagt als getan, denn in Deutschland incl. bei juedischen Gemeinden ist dieses Problem voellig unbekannt. So half ich mir irgendwie selbst, hielt Kontakt mit einem Rabbi in Jerusalem und anderen Freunden. Meine zweieinhalb Jahre Deutschland wurden religioes zu einer Farce, war ich doch mehr Haredi als ich eigentlich wahr haben wollte. Dennoch war es eine hilfreiche Zeit, in der ich sehr viel lernte.
Zurueck in Israel hatte ich sofort wieder Kontakt zu meinen alten Freunden. Ich sah alles etwas distanzierter, was mir half.
Bei den Nationalreligioesen bin ich nach wie vor nicht und fuer das Kino habe ich leider kaum Zeit. Meinem Aussehen nach bin ich nichtreligioes, doch redet jemand einige Minuten mit mir, werde ich schon als Dossit (Haredi) gesehen. Mit den Haredim verbindet mich eine gemeinsame Sprache und wir verstehen uns sofort. Mit den Nationalreligioesen hatte ich soetwas nie. Komischerweise sind heute fast alle meine Freunde Haredim und wir kommen sehr gut miteinander aus, denn ich mache keine Show mehr.
Dieses war mein persoenlicher Bericht. In spaeteren Beitraegen will ich von anderen gebuertigen Haredim berichten.
Noch bevor Anna auf ihrem Blog http://mittendrin.wordpress.com/ dieses Thema anschnitt, plante ich diverse Beitraege. Den Titel des ARTE - Berichtes, welchen Anna erwaehnt: "Schweinefleisch und Milch" sehe ich als uebertrieben. Die Mehrheit der mir bekannten Aussteiger sind traditionell wenn nicht religioes geblieben. Vielleicht nur "more light". Es gibt sogar gemeinsame Shabbat - Feiern. Man streift seine Haredi - Vergangenheit nicht einfach so von heute auf morgen ab. Etwas bleibt immer haengen. Einfach so Ex und Hopp ist unrealistisch.
Ein nichtreligioeser Kollege fragte mich vor einigen Monaten, ob ich mich nicht schuldig vor G-tt fuehle, religioes zu sein, doch in Hose herumzulaufen. Nein, antwortete ich.
Es gibt einen tollen Satz im Film "YENTL", der wahrscheinlich auf mich zutrifft: G-tt wird es verstehen, die Nachbarn nicht."
Montag, Januar 08, 2007
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Hi, Miriam:
AntwortenLöschenIch bin über Ruths Block zu Dir gestoßen.
Ich find diene Berichte sehr interessant.
Ich sehe diesen Post eher in dem Zusammen-
hang mit dem Post, den Du über Jewish-
Identity geschrieben hast. Es geht ja in
beiden eigentlich um die Jewish Identity
aber aus zwei unterschiedlichen
Perspektiven. Zumindest aus meiner Sicht,
da mir die Frage zwar bekannt ist, ich
aber zum Beispiel die Orthodoxie für mich
nicht in Erwägung ziehen würde. Ich hab
die Orthodoxie, wenn ich sie als gesellschaftliche Gruppe begreife, immer
als was gesehen, wo man hineingeboren
wird. Ich selbst stamme nun mal aus
keiner Orthodoxen Familie und so kann
ich ein Frommes Leben führen oder auch
nicht, aber in keinem der Fälle könnte
oder würde ich mich als orthodoxen Juden
sehen. Was das betrifft kann ich zum
Beispiel deine Beschreibung im Post
Jewish Identity sehr gut nachvollziehen.
Was ich mich noch Frage, was deinen
"die Aussteiger" Post betrifft. Wie
siehst du das jetzt genau? Was waren
für dich die Gründe? Ich mein wenn ich
dich verstanden hab, bist du ja beide
wege gegangen. Ich versuche auch ein
wenig zu verstehen, warum du das
Wort "Aussteiger" gewählt hast. Was
dieses Wort hier für dich bedeutet.
Weil ich denke dass Du einer Seits,
von Innen nicht dein Bedürftniss ab-
gelegt hast auch auszugehen und genauso
wenig wirst du später auch nicht dein
bedrüftniss nach frömmigkeit ablegen
wollen oder können. Oder vielleicht
besser gesagt das bedürftniss an
Frömmigkeit wie du es bei den ortodoxen
erfahren hast.
Und was das Außen betrifft hast Du ja viele (oder alle?) deiner Freunde
behalten.
Vielleicht ist die veränderung doch
nicht so groß wie sie Dir in diesem
Moment vielleicht noch erscheint?
Was den Film betrifft, ich hab nur
über ihn gelesen aber ich hab ihn
nicht gesehen. Aber ich hätte von so
einem Film auch nicht ernsthaft
erwartet, das er über die innere
Konflikte spricht oder Interviews
macht mit Leuten die sagen "ich hatte
überhaupt keine probleme mit meienr
Umwelt". Für die meisten die einen
solchen Film machen ist es sicher
interessanter nur diejenigen
darzustellen, die Probleme hatten mit
ihrer Umwelelt. die Ortodoxen stellen
nun mal keine mehrheit dar. Und so wird
der Blickwinkel einseitig und beschreibt
nicth die Situation des einzelnen, der
seine Entscheidung trifft.
Jakobo
(PS.: ich hoffe ich hab beim posten
alles richtig gemacht)
B"H
AntwortenLöschenHallo Jakob,
ich finde deinen Kommentar sehr gut und zutreffend.
Ersteinmal zum ARTE - Film:
Ich haette ihn mir nicht angeschaut, weil ich der Meinung bin, dass ein nichtjuedisches TV-Team nicht das wiedergeben kann, was der ehemalige Haredi wirklich empfindet. Das zeigt allein schon der von ARTE gewaehlte Titel.
Auch werden die Eltern und Umwelt nicht zu Wort kommen, denn Mea Shearim gibt nichtjued. Journalisten keine Interviews.
Zu mir: Natuerlich ist es vor allem in Jerusalem wichtig, seine juedische Identity zu haben. Zumindest wer religioes ist. Das drueckt schon alleine die Art der Kipa aus.
Im ersten Teil deines Kommentares stelltst du orthodoxes mit haredi Judentum gleich. Ich glaube, du meinst, dass man in die Harediwelt geboren werden muss. Das stimmt. Man muss hineingeboren werden, sonst endet oft alles in grossem Frust. Obwohl, es gibt Gemeinden, die nur aus "neuen" Haredim bestehen. Sie formieren sich sozusagen selbst, denn bei den "alten" finden sie keine rechte Anerkennung und werden belaechelt.
Der Titel Aussteiger trifft auf mich nicht wirklich zu und da bist du nicht der Erste, der das sagt. Ich habe eigentlich nur meine Kleidung und den Stadtteil geaendert, meine Ansichten aber nicht. Viele "Aussteigern" betrifft dies uebrigens auch.
Die Gruende fuer meinen damaligen "Ausstieg" waren, dass ich mir zuviel aufeinmal zugemutet hatte. Eine Rabbanit meinte zu mir "Wer zu schnell religioes wird, der bleibt nicht lange religioes."
Das ist sehr richtig und viele ueberschaetzen sich.
Im Gegensatz zu damals (vor neun Jahren) weiss ich heute besser mit dem Problem umzugehen. Das Problem an sich besteht fuer mich ja immer noch. Das sieht man schon allein daran, dass ich haeufig ueber das Thema schreibe.
Aus welchen Gruenden auch immer sehe ich mich zum haredischen Judentum hingezogen und fand nie eine Heimat bei den Nationalreligioesen. Ich habe auch nationalrelig. Freunde und unterrichte 1x pro Woche eine Gruppe deren Kinder, aber die Mentalitaet liegt mir nicht.
Zumindest lebe ich heute ein ausgeglichenes Leben. Religion, aber doch "normal". Es hilft auch, dass ich viele Leute wie mich kenne. Schuldgefuehle gibt es immer noch, wie bei jedem anderen "Aussteiger" auch.
Aber wie schon die Midrash sagt: Als die Juden aus Aegypten zogen, war jeder Stamm fuer sich, getrennt von den anderen. So zogen sie durch das Rote Meer.
Mein Rabbi erklaerte das mal so, dass uns dies sagen will, das nicht jeder Jude gleich ist. Zevulon ist nicht Issachar und Levy nicht Asher. Jeder muss seinen eigenen Weg finden.
Und ich denke, dass G-tt nicht nur Haredim will.:-)
Miriam
Hi, Miriam:
AntwortenLöschenJa klar ich hab die Herediwelt gemeint,
nicth allgemein die Orthodoxen. Obwohl
ich dir auch sagen muß, dass ich zum
Beispiel auch wenn ich viele Mitzwes
nicth einhalte kein Liberaler oder
Reform bin, weil ich auch nicht in
eine Liberale oder Reformfamilie hinein
geboren wurde. Was ich sagen will ist,
dass sich das nicht nur auf Haredijuden
bezieht.
Also den Titel von der ARte Doku finde
ich ehrlich gesagt einfach nur provokant.
Und außer Provokation kann ich auch keinen
anderen Inhalt in dem Titel sehen. WEnn
ich ehrlich bin.
Klar, wenn Mea Shearim keine Interviews an
nichtjuden gibt dürfte es schwer sein
einen umfassenderen und kompletteren Film
zu machen. Aber ich denke es kommt auch
immer darauf an was man zeigen will, ob
man Menschen zeigen will ober ob man
eine Gruppe zeigen will. Einen einzelnen
Menschen wird man eher so zeigen wie er
ist denke ich.
Was Du über Jewish Identity in Jerusalem
schreibst klingt sehr strange für mich,
weist du? Gut, ich muss dir dazu sagen,
dass ich ein Disaporahjude bin und was
das betrifft ist meine Jewish Identity
und alles was dahintersteht sehr davon
beinflusst und was ich vor allem kenne
sind die Einheitsgemeinden. Ich meine
nicht nur in Deutschland. Klar, meine
Perspektive ist eine etwas andere. Aber
vielleicht nicht so anderes. Du bist ja
auch aus der Diasporah nach Israel
gekommen. Die Frage der Jewish Identity
stellt sich doch in der Diasporah und
in Israel sehr anders. Und ehrlich gesagt hätte ich nicht gedacht dass sie
dort so wichtig und brennend ist, schließlich ist man ja hauptsächlich von
anderen Juden umgeben.
Das hineingeboren werden (oder hineingebohren? ich weis das sind zwei
verschiedene dinge aber ich weis nicht
wie man es schreibt) hat da auch was
damit zu tun. Ich denke ich könnte auch
in Israel meine Identität und meine
Erfahrungen in der Diasporah nicth so
einfach ablegen. Ich würde es auch nicht
wollen weil es so wäre als ob ich meine
Geschichte und meine Vergangenheit abschneiden würde. Und genausowenig wie
ich leugnen würde Jude zu sein würde
ich leugnen in welchem Land ich geboren
wurde.
Ich glaube, dass vieles was Du als Frust
beschreibst bei Leuten die in die Haredi
Welt eintauchen wollen daher kommt. Man
kann seine Identität nicht einfach
ignorieren. Für mich klingt das deshalb
etwas seltsam. Meine Familie ist so wie
sie ist und meine Geschichte ist so wie
sie ist.
Das haredische Judentum wird ja sehr
oft idealisiert und genaus oft wird
es als schlecht dargestellt, aber ich
denke das beides nicth sehr gut ist,
weil es vom Menschen ablenkt, nur einmal
mit dem Daumen nach oben, und einmal
mit dem Daumen nach unten. Letztendlich
lenkt es ja auch von sich selbst als
Menschen ab. Jeder ist wie er ist und
hat auch seine eigene Geschichte denke
ich.
Warst du eigentlich vorher sehr Fromm?
Ich fand übrigens deinen Beitrag über
deine Aliah und die von anderen sehr
interessant.
Jakobo
B"H
AntwortenLöschenHi Jakov,
es wuerde auch niemand von dir verlangen, die "Diaspora - Identity" abzulegen. Wer im Ausland aufwuchs, kann schliesslich nicht einfach so seine Herkunft abstreifen.
In Israel ist eine Identity unter Religioesen deswegen so wichtig, weil du ja in die Synagoge gehst und hier gibt es fuer jede Richtung eine Synagoge. Zu irgendeinem Stil will man ja dazugehoeren und auch eine "Heimat" fuer sich selbst finden.
Wer aus dem Ausland in eine israel. Yeshiva geht, fuer den stellt sich die Frage, wo er denn jetzt eigentlich hin will. In Yeshivot wird man auch sofort mit der Frage in Shiurim konfrontiert. Ausserdem wollen Leute ja heiraten und du musst wissen, in welcher Society du jetzt den Partner suchen willst.
In Deutschland hast du nicht viel Synagogenauswahl.:-) Jedenfalls nicht an jeder Ecke eine andere. Und unter dieser beruehmten Einheitsgemeinde kann ich mir nichts vorstellen. In Israel gibt es in dem Sinne keine Gemeinden, sondern man geht halt irgendwo hin und gehoert dazu.
Haredim heroisieren sich oft selbst und werden vor allem von Nichtreligioesen teilweise gehasst. Was aber leider meistens auf Unwissenheit seitens der Nichtreligioesen basiert. Ich selbst habe das einige Male erlebt.
Der ARTE - Titel sollte anscheinend mehr Zuschauer anlocken, stellt aber schon allein eine Behauptung auf. A la "endlich sind die Fanatiker normal geworden".
In meinen Beitraegen habe ich nur einen kleinen Ausschnitt beschrieben von dem was wirklich passierte. Auch von der Aliyah.:-)
Ich bin nicht so, dass ich den ganzen Tag rumbete, doch beschaeftige ich mich natuerlich mit der Religion. Sage Berachot (Segen) beim Essen, lerne, etc. Noch dazu lerne und arbeite ich mit Religioesen.
In Deutschland hatte mich das weniger interessiert, habe aber dennoch im Internet viel gelernt.
Miriam
HI, Miriam:
AntwortenLöschenKlar, alles zu schreiben wäre ja auch
etwas zu viel, is ja schließlich auch
ein Blog und keine Biografie :-). Aber
es kommt halt immer ein kleines bischen
dazu.
Ich meinte das nicht so, dass jemand von
mir etwas verlangen würde es war nur als
Beispiel gedacht, wie ich es sehe jetzt
auch in dem zusammenhang, dass das "man
muß da hineingeboren werden" sich eben
nicht nur auf die Haredim bezieht.
Das mit dem Hass kann ich nur schwer
verstehen. Aber gut in der Diasporah
sitzt man ja auch nciht so nah
beieinander (klingt seltsam oder?).
Aber ich hab zum Beispiel
schon einen Cousin, der bei jeder
gelegenheit Nachfragt "Was halten sie
von der Universidad Hebraica" ich glaub
der ist etwas streitsüchtig, jedes mal
wenn jemand aus religiösen Gründen dagegen ist fängt er an zu streiten und
wirft ihm vor dass Israel mit solchen
ansichten nicht entstanden wäre.
Umgekehrt hab ich einen anderen Cousin,
der mir bei allem egal was ich tu und
lasse immer gleich mit "man meig ja, man
meig nisch" ankommt. Da könnte ich echt
meschugge werden und wenn ich es werde,
dann fängt er an zu lachen naja, dann
muss ich auch meistens lachen außer wenn
ich wirklich meschugge werde.
Die Idee der Einheitsgemeinden ist eigentlich die, dass sich möglichst
viele in der schil wohlfühlen sollen.
Zum Beispiel die Trennung von Männern
und Frauen. Ein Liberaler kann in eine
Schil gehen, wo es die Trennung gibt,
aber ein Orthodoxer (ich mein jetzt
nicht Haredi) wird in keine gehen, wo
es die Trennung nicht gibt, also baut
man mit Trennung.
Als die US Soldaten noch stationiert
waren war ich mal in einer liberalen
shil. War sehr sehr seltsam für mich.
Ich musste eben etwas schmunzeln bei
deiner Antwort. Da kommt man in Israel
an "endlich in Erez Israel", endlich
kommt man zur Ruhe.. und schon
geht die suche nach der Heimat erst
richtig los :-). Ich glaub wir können
ganz schön kompliziert sein, oder?
War für Dich von vornherein klar, dass
du in eine Yeschive willst?
Es wundert mich nicht, dass du so viele
"Aussteiger" triffst. Schließlich kennst
du ja beide seiten und viele verhaltens
weisen von haredischen Juden, andere
erkennen das bei dir und du erkennst es
bei anderen und das schafft ja oft auch
vertrauen ohne das man worte dazu
benutzen muss.
Jakobo
Der Ausstieg aus so einer fest bestimmten Lebensweise ist wahrscheinlich immer mit einer Krise verbunden. Man muss die ursprünglichen Erwartungen an sich selbst und die evtl. vorhandenen Erwartungen der Familie und/oder Freunde überwinden. Gleichzeitig besteht die Angst, sich zu irren, nicht stark genug zu sein, sich auszugrenzen usw. Das ist sehr schwer und ich habe vollen Respekt davor, wie du die Situation gemeistert hast!
AntwortenLöschenGrüße
Anna
B"H
AntwortenLöschenAnna + Jakob,
bei mir war es natuerlich einfacher, denn ich hatte nicht eine ganze Haredi - Familie am Hals. Wer so aufwaechst, fuer den bestehen noch ganz andere Probleme, die ich in den kommenden Tagen beschreiben will. Das ist nicht nur die gesamte Family, sondern Bildung / Beruf / Wohnung. Diese Leute stehen vor dem kompletten Nichts. Kein Zuhause mehr und keine Familie, denn viele verstossen ihre Kinder. Und das dann fuer immer. Einige Eltern sitzen sogar Shiva um ihre Kinder.
Aber wie gesagt, diese Probleme sind sehr drastisch und ich werde das naeher erklaeren.
Zweifel, ob ich das richtige tue, hatte ich eigentlich nicht. Eher drehte ich mich immer wieder im Kreis, wie ich meine Krise bewaeltigen konnte. Und dann wusste ich gar nicht, was genau meine Krise war und wie sie entstand. Das weiss ich ehrlich gesagt bis heute noch nicht.
Da ich immer noch fast saemtliche Kontakte habe und tolle neue dazugewann, faellt mir alles etwas einfacher. In der Baeckerei arbeitet Judith, die haredisch aufwuchs, aber jetzt nur noch light religioes ist. Wir tauschen uns natuerlich sehr gut miteinander aus. Solche Leute sind auch wichtig fuer alle Aussteiger, denn andere, die jene Erfahrungen nicht haben, koennen all die Probleme gar nicht verstehen.
In die Yeshiva bin ich zufaellig geraten. Ich hatte einige Shiurim am Abend besucht und wurde so suechtig danach.:-)
An Anna: Wer haredisch geboren wurde und sich zu einem Ausstieg entschliesst, fuer den ist es in der Regel endgueltig. Fuer viele gibt es dann kein Zurueck mehr.
Miriam
Hallo Miriam,
AntwortenLöschendanke für deinen sehr interessanten Bericht.
Ich muss zugeben, es beruhigt mich ein wenig, da ich mich schon religiös sehe, aber im Alltag z.B. durchaus in Hosen herumlaufe. Das heißt, ich habe versucht, orthodox (nicht haredisch) mit allen Konsquenzen zu leben. Leider ist mir das missglückt. Selbstzweifel und ein schlechtes Gewissen befallen mich heute immer noch.
Aber mir selber etwas vorzumachen belastet mich immer noch mehr als krampfhaft orthodox leben zu wollen. Sicher spielt die Diaspora eine nicht geringe Rolle. Dem nichtjüdischen Umfeld kann man schlecht entkommen.
Liebe Grüße
Yael
B"H
AntwortenLöschenHi Yael,
ich bin auch nicht fuer das krampfhafte orthodoxe / haredi Leben. Nicht jeder ist dafuer geschaffen. Natuerlich sollte man schon soviele Mitzwot halten wie moeglich, doch sich vor allem in das Haredi - Leben zu pressen....Ich habe leider viele solcher Leute erlebt.
Miriam