Dienstag, Januar 23, 2007

Die Mikwe

B"H

Auf besonderen Wunsch der Mischpoke erklaere ich einige Insights zu dem Thema Mikwe; Halachot (juedische Gesetze) und etwas Kabbalah.

Die Mikwe (das Ritualbad) ist fuer Juden ein Jahrtausende altes und immer noch aktuelles Thema. Vor allem zur Zeit des 1. und 2. Tempels war das Thema allgegenwaertig. Kein Jude durfte die Tempel ohne Mikwegang betreten. Tempelausgrabungen im sogenannten Ophel neben der Klagemauer (Kotel) geben uns Aufschluss ueber die Vielzahl der Mikwaot unterhalb der Tempel.
Aber auch heutzutage hat das Thema nichts an Aktualitaet eingebuesst. Generell wird unterschieden ziwschen dem Mikwegang der Frau und dem des Mannes.
Normalerweise geht der Mann vor dem Shabbateingang in die Mikwe. Bei einigen chassidischen Gruppen wie Gur, Chabad oder Belz, gibt es den Brauch, jeden Morgen in die Mikwe zu gehen.

Bei verheirateten Frauen wird das Thema etwas komplizierter, denn sie muessen sie Reinheitsgesetze (Nidah) einhalten. Dabei wird unterschieden zwischen dem monatlichen Zyklus und Geburten. Bei Geburten wiederum, ob das Baby ein Maedchen oder ein Juden war.
Des weiteren gibt es noch mehr Gruende fuer den Mikwegang wie das Anfassen einer Goetzenstatue, das Anfassen einer Leiche oder bei Maennern gibt es den sogenannten Baal Keri.
Nicht nur, dass es Mikwaot fuer Menschen gibt; auch neues Geschirr wird in der Regel in einer extra dafuer vorgesehenen Mikwe eingetaucht. Bei all diesen Mikwegaengen gilt der gleiche Segen (Beracha).

Grundsaetzlich duerfen nur Juden in die Mikwe gehen. Sollte jemand Reformkonvertit sein, muss er in eine Mikwe der Reformbewegung gehen.

Halacha:

Shulchan Aruch, Yoreh Deah, Siman 201:
- Den gesamten Koerper auf einmal untertauchen

- Das Wasser muss Regenwasser sein (natuerliches Wasser und nicht aus dem Wasserhahn)

- Man kann in Fluessen oder im Meer untertauchen. Bei Seen sollte dieser nicht kuenstlich angelegt worden sein.

Mishna Torah, Hilchot Mikwe, Rambam:
- Mit einem Male untertauchen und aufpassen, dass jedes einzelne Haar auch unter Wasser ist.

- Das Ritualbad sollte mit Kavanah (religioeser Absicht) durchgefuehrt werden. Falls eine Frau dies nicht tut, ist sie zwar fuer ihren Mann erlaubt, doch ohne jegliche Kedusha (etwas Heiliges).

Der Arizal (Rabbi Yitzchak Luria) sagt, dass der Mann am Freitag 2x untertauchen muss, um so seine Seele fuer den Shabbat zu reinigen (Shaar HaKavanot II).

Vor orthodoxen Hochzeiten ist es in Israel so, dass die Frau dem Rabbiner einen Schein der Mikwe vorlegen muss. ca. zwei Wochen vor der Hochzeit nimmt sie am religioesen Kurs ueber die Familienreinheit teil und bekommt nach Abschluss einen Schein. Mit diesem Schein geht sie am Abend vor der Hochziet in die Mikwe, worauf sie einen anderen Schein ausgestellt bekommt. Den letzteren gibt sie kurz vor der Trauung dem Rabbiner.

Kurz gesagt funktioniert die Mikwe so: in den Mikweraum gehen, duschen, Mikwefrau/mann schaut, ob keine Gegenstaende wie Ringe, Ohrringe etc., am Koerper sind, Segen sagen, untertauchen.

Es gibt Halachot ueber koschere Mikwaot, auf die ich aber hier nicht naeher eingehe. Nur noch einiges nebenbei bemerkt:

- Die Mikwe kostet Geld. In Israel gibt es Monats - bzw. Jahresabos. Kostenpunkt fuer einen Gang: von ca. 2 Euro aufwaerts

- Streng religioese Menschen achten darauf, ihr Haar nicht zu faerben, denn die Farbe koennte das Wasser vom Naturhaar abhalten. Dies wuerde den Mikwegang unkoscher machen. Aber diese Regel muss jeder fuer sich selbst entscheiden.

- Tattoos sind ebenso ein Streitpunkt genauso wie Nagellack.

- Auf Sauberkeit in der Mikwe achten. Ich hoerte, dass viele voellig herunter gekommen sind.

- Maennliche und weibliche Konvertiten muessen nach ihrer Konversion in die Mikwe. Ich habe darueber viele unterschiedliche Stories gehoert. 1x untertauchen oder 3x. Shema Israel sagen oder nicht. Das kommt anscheinend auf jeden Rabbiner an.

Falls jemand spezifische Fragen zu dem Thema hat, kann er sich auf Englisch an Poskim (Halachaexperten) wenden:

http://www.eretzhemdah.org/mainform.html

Ich wuensche der Mischpoke einen froehlichen Mikwegang.:-)

18 Kommentare:

  1. Anonym4:27 PM

    Danke Mirijam, aber ich geh doch liebe alleine in die Mikve, aber unsere hier ist nicht so toll.Wie ist es bei Euch? Ich hab Bilder gesehn von Mikven die waren so luxuriös. Ich will ich gerne mal nutzen so eine.

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  2. Anonym6:06 PM

    Hier ist eine virtuelle Mikwe-Tour:
    http://www.berlin-juedisch.de/die_mikwe_tour.html

    Taharah, Tumah und Mikwe:
    http://www.berlin-juedisch.de/info_tahara.html

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  3. B"H

    Juebe, danke fuer die Mikwe - Touren.:-)

    Ich habe mal solch eine virtuelle Tour in einer Mikwe in Los Angeles mitgemacht. Die war super nobel und sauber. Die Tour ging genau bis vor das Wasserbecken.:-)

    In Jerusalem ist fast an jeder Ecke eine Mikwe und man muss halt ausprobieren, welche sauber ist. Ich finde das ekelhaft, wenn schon mehrere Leute vor mir im Wasser waren.

    Miriam

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  4. Anonym10:00 PM

    Ich möchte noch etwas ergänzen.
    Einmal einen Link: www.yoazot.org
    Diese Website der Yoazot von Nishmat ist eine der ausführlichsten Websites, die es zum Thema Mikwe bzw. Taharat haMischpacha gibt. Sie ist von religiösen Frauen gemacht - für manche Frau vielleicht eine angenehmere Option. Hier kann man online auch gut Fragen stellen, wenn man niemanden zum fragen hat oder niemanden fragen mag.
    Zweitens: die Balanit, der Balan achten nicht nur auf Ringe etc., sondern auch ob Haare auf dem Körper liegen. Haare sind eine eindeutige Chatziza, eine, die man nicht selbst 100&ig prüfen kann. Manche Balaniot prüfen auch die Nägel der Hände und Füße.
    Den Punkt mit den Reformgerim finde ich etwas eigenartig. Wie will denn festgestellt werden, daß jemand ein Reformger ist? Zumindest bei Frauen ist es überhaupt kein Problem, wenn eine Reformgiyoret untertaucht - es hat, falls man darum besorgt sein sollte, keinerlei halachische Konsequenzen. Nicht für die Untergetauchte, und für das Wasser auch nicht ;-).
    Daß Nagellack ein Streitpunkt sei, habe ich noch nie gehört. Hier gilt einfach die Devise: der Lack muß ab ;-). Tatoos werden wohl gehandelt wie Färbemittel, die Farbe ist IN der Haut, nicht außen drauf, und damit ist es fast schon ein Teil des Körpers.

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  5. B"H

    @schoschana

    Deswegen findest du auch kaum haredische Frauen mit Nagellack.:-)

    Ich bin kein Mikweexperte, doch gilt im orthod. Judentum kein Reformgiur und somit ist dort der Konvertit nicht als Jude anerkannt. Und ein "Nichtjude" macht die Mikwe unkoscher. Heisst, man muss das Wasser auswechseln.

    Feststellen kann man das nicht. Schliesslich sieht man es den Leuten ja nicht an. Aber vielleicht sollte an die Reformkonvertiten appelliert werden, in dem Punkt ehrlich zu sein.

    Uebrigens gibt es viele Braeuche beim Thema Mikwe. Fuer Sepharadim gibts einige Besonderheiten und selbst Ramban und Rambam sind sich mal wieder nicht einig.

    Miriam

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  6. Anonym11:32 AM

    Nein, Miriam, ein Nichtjude macht das Wasser nicht "treif" oder unkoscher. Das wäre mir etwas ganz Neues. Dieser Fall steht in Beziehung zu einer anderen Problematik: ein Nichtjude kann keine Tora durch einen versehentlichen Aufruf oder durch berühren unkoscher machen oder posul. Das heisst: wenn ein Nichtjude nicht einmal die Tora durch Berührung unbrauchbar machen kann, kal va'chomer wie dann das Mikwewasser. Dazu kommt, daß das Risiko viel zu groß wäre, daß ein Nichtjude ken in der Mikwe untertaucht, und niemand weiß davon. Das Wasser wäre jetzt also nach Deiner Theorie nicht mehr koscher. Alle nachfolgenden Mikwebesucher würden eine ungültige Tvila machen - das kann nach allen Regeln der Entscheidungen zugunsten des kleinstmöglichen Risikofaktors eigentlich nicht sein.
    Das eigentliche Problem, glaube ich, welches sich stellen könnte, ist jenes, ob nicht "aus Versehen" ein Gijur gemacht werden kann (welchen dann allerdings kein Bet Din anerkennt). Dieser Punkt fällt jedoch bei Frauen weg, da Frauen ohnehin keine Edim sein und kein Bet Din stellen können.

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  7. B"H

    Ich habe eben einmal so durchgeschaut und ein interessantes orthod. Forum gefunden. Dort antwortet ein Rabbiner, dass die Mikwe durch Reformkonvertiten nicht unkoscher wird, doch man diese dem Mikweverantwortlichen mitteilen, wenn man die entsprechende Person kennt.
    Fuer orthod. Juden ist das sehr unangenehm, wenn ein Reformkonvertit auftaucht. Niemand will mit ihm die Mikwe teilen, denn er wird als Jude nicht anerkannt.
    Aus Piaetaetgruenden wuerde ich denjenigen empfehlen, nur in Refommikwaot zu gehen. Schliesslich werden sie ja darueber aufgeklaert, dass sie fuer Orthodoxe keine Juden sind.

    Miriam

    http://www.hashkafah.com/index.php?s=28bcefc6b39e25f88f7794e58673ed21&showtopic=26619&st=20&p=587833&#entry587833

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  8. Ein Nichtjude darf nicht in die Mikwe? Das kann nicht ganz stimmen, denn bei einem Gijur tut man das ja. Soweit ich weiß, taucht man als Nichtjude unter und als Jude wieder auf. So haben wir das jedenfalls gelernt.

    Ich mußte einmal untertauchen, aber das allerdings mehrmals, weil es nicht sofort geklappt hat (wegen den Haaren).

    Nagellack mußte ich abmachen, aber nicht die Nägel schneiden. Gefärbt waren die Haare damals noch nicht. Auch alles Schminke mußte weg.

    Meine Mikwe war einfach, aber sehr sauber und gut ausgestattet. Wie ein Schwimmbad. Jede hatte ein eigenes Badezimmer mit Dusche und Spiegel, wo man sich abschminken, duschen und eine Art dunkles Nachthemd anlegen mußte, das wir kaufen mußten. Hinterher ging man in einen Raum, wo es Föns und Spiegel gab, um sich schön zu machen.

    Vor meiner Hochzeit war ich in einer anderen Mikwe, die sehr klein war. Es war jene in der Nachbarschaft der Eltern. Das war ein richtiges Fest, wo nur Frauen dabei waren. Diesesmal durfte ich nackt untertauchen, was viel angenehmer war. Es ist sehr schön, und man ist wie schwerelos und spürt nichts, weil man nackt ist und das Wasser warm, und ist sehr ruhig so unter Wasser. Ich mochte das.

    Jedesmal wenn ich in warmes tieferes Wasser steige (am toten Meer zb.) erinnert mich das an die Mikwe!

    Ich werde einen Beitrag mit Fotos drüber schreiben.

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  9. Anonym2:42 PM

    "Fuer orthod. Juden ist das sehr unangenehm, wenn ein Reformkonvertit auftaucht. Niemand will mit ihm die Mikwe teilen, denn er wird als Jude nicht anerkannt."

    Woher hast Du das? In der Regel weiß ich nicht, wer untertaucht, und ich will es auch gar nicht wissen. Ich möchte auch nicht wissen, welchen Status die Personen haben, die am gleichen Abend wie ich gehen.
    Bei aller Kritik am Reformjudentum: auch ein Reformger ist kein Aussätziger.

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  10. B"H

    @Schoschana

    Bei meine Angaben bezog ich mich auf den Link, den ich gab. In dem orthod. Forum beschwerten sich Leute, dass Reformkonvertiten (wo die Identitaet bekannt war) in Mikwaot der orthod. Gemeinde gingen. Das war den Orthodoxen unangenehm.

    Das Problem ist eben genau, wie du sagtest, dass man nicht weiss, wer untertaucht. Doch sollte man als Reformkonvertit nicht gerade in eine Haredi - Mikwe tauchen, wenn ich meinen Status kenne. Das meinte ich mit Pieataet.


    @Schmetterlingsfrau

    Bei Konvertiten, lt. meinem Link, ist es wieder was anderes. Man steigt als Nichtjude in die Mikwe und als Jude wieder raus.:-)

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  11. Anonym10:56 PM

    Anscheinend ist das Untertauchen beim Giur wirklich unterschiedlich.

    Ich musste einmal untertauchen, bei mir klappte es auch nicht, da ich einen Bademantel anhatte und sofort wieder nach oben flutschte. Hier waren die Rabbiner anwesend. Dann bin ich noch einmal untergetaucht, ohne alles und die Rabbiner standen vor der Tür.

    Kontrolliert wurde ich sicher, auch die Finger und Fußnägel und meine Haare waren damals gefärbt, aber daran hat sich niemand gestört.

    Übrigens bin ich in der Männermikwe gelandet;)), da die Frauenmikwe defekt war.

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  12. B"H

    @Yael

    Hoffentlich war das Wasser frisch, denn es gibt eine Halacha nach der erst Frauen in das Wasser gehen und dann die Maenner. Der Mann koennte versehentlich Samen verlieren und eine Frau danach schwanger werden. Einem der Propheten ist es passiert, dass seine Tochter von ihm schwanger wurde (durch Uebertrageung vom Mikwewasser).

    Naja, scheinst ja Glueck gehabt zu haben.:-)

    Miriam

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  13. Also das gehört wohl in die Kategorie urban legends! In der Badewanne kann man nicht schwanger werden. Erstens lebt ein Spermium nicht so lange, und außerdem müßte es denken können "Oh toll, da drüben ist eine Frau, ich schwimme jetzt da hinein". :-)

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  14. B"H

    @Schmetterlingsfrau

    Ich habe keine Ahnung, aber es war Yirmehayu oder Yeshayahu, welcher einen Sohn in der Mikwe zeugte, der spaeter Ben Zera hiess. Dies geschah durch Samenuebertragung in der Mikwe an seine Tochter.

    Miriam

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  15. Anonym10:50 AM

    In der Badewanne - und auch in der Mikwe - kann man nicht schwanger werden. Ebensowenig kann dort HIV übertragen werden - eine ähnliche Panik, die mit der Mikwe immer wieder auftritt und entgegen besseren Wissens immer wieder weitertransportiert wird.

    Bei aller Achtung vor Chasal und unseren Midraschim: manche Erkenntnis ist heute widerlegt und zudem muß man (frau) nicht alles literarisch nehmen ;-)!

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  16. B"H

    Im Falle des Propheten war es so (sein Sohn hiess erst Ben Zera, aenderte aber spaeter seinen Namen) und ich weiss aus verschiedenen Diskussionen mit orthod. Rabbinern, dass der Brauch, dass Frauen vor den Maennern in die Mikwe gehen, auch heute noch eingehalten wird. Kann sein, dass es medizin. widerlegt ist, aber die Halacha gilt noch.

    Miriam

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  17. Anonym9:12 PM

    Mir ging es eher um Deine Ausdrucksweise.
    Natürlich gibt es vielfach noch zwei Mikwaot (aus Tradition, oder wenn die Gemeinde das Geld zum Bau von zweien hat) - zum Glück, denn Männer können leider aus jeder schönen Mikwe im Handumdrehen einen S... stall machen :-(.

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  18. B"H

    Nicht nur Maenner.....

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