Donnerstag, Januar 04, 2007

Parashat Vayechi

B"H

Die Thoralesung fuer diesen Shabbat

In dieser Parasha sterben zwei unserer Vorvaeter und aus dem Grund moechte ich naeher auf das Thema Tod und dessen Bedeutung im Judentum eingehen. Es ist eine Mitzwa (Gebot) am Shabbat nicht zu trauern und ich will hier niemanden in Depressionen stuerzen. Dennoch will ich zu diesem wichtigen Thema einige Erklaerungen geben.

Seit Yaakovs Ankunft in Aegypten sind 17 Jahre vergangen. Diese 17 Jahre werden als die Bluetezeit seines Lebens gesehen. Die 17 steht laut der hebraeischen Zahlenbedeutung der Buchstaben (Gematria) fuer das Wort TOV (gut).
In den 130 Jahre zuvor hatte Yaakov alles andere als ein erfuelltes Leben gehabt; die Streitereien mit Esav, das Exil bei Lavan, seine Tochter Dinah wurde vergewaltigt, seine geliebte Frau Rachel starb und schliesslich der angebliche Tod Yosefs.

In den Segen die Yaakov den 12 Staemmen Israels hinterliess, wird eine messianische Botschaft gesehen. Eigentlich wollte Yaakov seinen Soehnen noch mitteilen, wann genau die Diaspora in Aegypten beendet sein wird, aber urploetzlich verlor er dieses Wissen.
Yaakob starb im Alter von 146 Jahren und Yosef im Alter von 110 Jahren. Beide wurden vor ihrer Beerdigung einbalsamiert und beide bestanden darauf, in Eretz Israel beigesetzt zu werden. Sowohl Yaakov als auch sein Sohn Yosef sahen zu keinem Zeitpunkt Aegypten als ihre Heimat an, sondern nur als zeitweiligen Wohnsitz. Ihre Herzen waren immer in Israel (Rabbi Samson Raphael Hirsch).
Genauso sollten auch heute alle Diasporajuden denken. Der Wohnsitz im Ausland ist nur zeitweilig, doch die wahre Heimat ist Israel.

Yaakov bat Yosef ihn in Israel in der Cave of Machpelah in Hebron zu bestatten. Warum bat er gerade Yosef darum und nicht seine anderen Soehne ? Yosef war der Maechtigste von allen und nur er allein wuerde von Pharao eine Erlaubnis erhalten (Zohar).
Sobald Yaakov tot war, begann fuer das Volk Israel die wahre Diaspora. Ploetzlich mussten Steuern gezahlt werden und die Privilegien begannen nach und nach zu verschwinden (Rokeach).

Yosef selbst wurde in Aegypten beerdigt, liess aber seine Nachfahren schwoeren, seine Leiche beim Auszug aus Aegypten mitzunehmen. Sein Wunsch wurde spaeter von Moshe (Moses) erfuellt.
Den Aegyptern war nicht unbekannt, dass eines Tages die Israeliten ausziehen wuerden. Aberglaeubisch wie sie waren dachten sie, dass solange Yosefs Leiche bei ihnen im Land ist, Aegypten reich und erfolgreich sein wird. Aus diesem Grund beerdigten sie Yosef im Nil und nicht auf dem Land. Nach einigen Generationen wuerde sich eh keiner mehr an die genaue Stelle im Nil erinnern und keiner koenne dann seine Leiche entfernen (Rabbeinu Bachya). So glaubten sie.

Sobald jemand stirbt laeuft sein gesamtes Leben nochmals vor seinen Augen ab (Zohar). Es gibt unterschiedliche Interpretationen darueber, ob die Seele fuer 12 weitere Monate im Koerper bleibt (Zohar) oder gleich nach dem Tod den Koerper verlaesst (Maharsha zum Talmud Traktat Berachot 17a). Allerdings ist die Seele waehrend dieser 12 Monate immer noch mit dem Koerper verbunden und sieht dessen Verfall. Auch sieht die Seele die Leiden der Angehoerigen, doch schreitet nicht ein (Zohar).
In kabbalistischer sowohl als auch talmudischer Literatur gibt es Interpretationen, wie lange und ob der Verstorbene noch weiss, was um ihn herum geschieht. Ueberhaupt nicht, bis zu seiner Beerdigung oder eventuell noch fuer die 11 Monate in denen wir taeglich das Kaddish - Gebet sagen. Im skelettierten Koerper aber bleibt immer noch ein Teil der Seele zurueck welches bei der Wiederauferstehung der Toten den Koerper reaktiviert. Auch hierzu gibt es unterschiedliche Meinungen, wer denn genau wiederaufersteht. Alle oder nur gerechte Leute.

Die Wiederauferstehung findet nach dem Kommen des Meschiach statt. Die Gemara im Talmud Traktat Ketubot 111a lehrt hierzu: Nur jene, die in Eretz Israel beerdigt sind, werden wieder auferstehen. Alle anderen, so heisst es weiter, werden nach Israel "rollen": Ihre Knochen werden metaphorisch betrachtet durch Tunnel nach Israel rollen.
Warum dann wollten Yaakov und Yosef unbedingt in Israel beerdigt werden ?
Beide befuerchteten nicht wuerdig zu sein, durch diese Tunnel zu rollen (Yalkut Shimoni).

Rabbi Shneur Zalman von Liadi schreibt in seinem Buch Likutei Amarim, Kapitel 36: Die messianische Zeit und besonders die Zeit der Wiederauferstehung der Toten ist die Zweckerfuellung der Erschaffung der Welt.

Zum Schluss moechte ich noch eine kurze perseonliche Geschichte erzaehlen:
Am Abend des 19. August 2003 sprengte sich ein palaestinensischer Selbstmordattentaeter in der Jerusalemer Buslinie 2 in die Luft und toetete dabei 22 Menschen.
Am darauffolgenden Shabbat passierte ich zusammen mit Rabbi Machlis und einigen weiteren Leuten diese Stelle. Wir waren auf dem Weg zum Haus des Rabbis und es stellte sich die Frage, ob wir einfach weitergehen oder an jener Stelle Psalmen (Tehillim) sagen sollten. Eigentlich ist es am Shabbat verboten zu trauern, doch kamen Rabbi Machlis und ein weiterer Rabbiner zu dem Entschluss, dass die Seele eines Toten immer mir dem Sterbeort verbunden ist. Somit sagten wir an der Stelle Psalmen.

Dieses war die letzte Parasha aus Bereshit (Genesis). Kommenden Shabbat beginnen wir mit dem Buch Shemot (Exodus).

Shabbat Shalom

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Rabbi Samson Raphael Hirsch: geboren 1808 in Hamburg und verstorben 1888 in Frankfurt / Main, wo er Rabbiner war.

Rokeach: Rabbi Elazar Rokeach oder Rabbi Eliezer von Worms. 1176 - 1238, Talmudist, Kabbalist, litt unter den Kreuzrittern, welche auch seine Familie ermordeten (1196).

Rabbeinu Bachya: Rabbi Bachya ben Asher, geboren ca. Mitte des 13. Jahrhunderts und verstorben 1340 in Saragossa. Thora - Kommentator

Maharsha: Rabbi Samuel Eidels, 1555 - 1631, beruehmter Talmud - Kommentator. Geboren in Krakau. Seine Mutter Gitel war eine Cousine des Maharal von Prag.

Rabbi Shneur Zalman von Liadi: 1745 - 1813, Weissrussland, Gruender der Chassidut Chabad, lernte unter dem Maggid von Mezritch (Nachfolger des Baal Shem Tov)

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