B"H
Die Vishnitzer Chassidim sind immer gut fuer eine Schlagzeile und so auch wieder in diesen Tagen. In Monsey, ausserhalb New Yorks gelegen, soll eine neue Filiale des amerikanischen Discounters Wal – Mart eroeffnet werden. Allerdings hat Monsey die hoechste Konzentration von Vishnitzer Chassidim und gerade die sind gegen die Eroeffnung des neuen Discounter - Marktes. Koennten doch so Tausende von Leuten in Monsey einfallen und die religioese Atmosphaere vernichten. Vor allem Nichtjuden, unreligioese Juden und der unkoschere Wal – Mart machen den Vishnitzer Chassidim zu schaffen. Wir werden sehen, wie sich die Angelegenheit weiterentwickelt.
Aber nicht nur in Monsey gibt es diese Art von Schlagzeilen. Auch im israelischen Bnei Brak sorgte Vishnitz fuer Aufsehen; wollte man dort getrennte Gehsteige (nach Geschlechtern getrennt) einfuehren. Ob das heute Realitaet ist, weiss ich nicht, denn ich komme selten nach Bnei Brak.
Ueber Vishnitz wird viel geredet und geschrieben, doch kaum eine chassidische Gruppe bleibt der Oeffentlichkeit, selbst anderen Chassidim, so verschlossen und unbekannt wie die Vishnitzer. Ich kenne keinen einzigen Vishnitzer Chassid und fragte deshalb andere Chassidim nach dem Leben bzw. den Braeuchen der Vishnitzer, doch was kam war meistens nur ein Schulterzucken. Wissen wir auch nicht, keine Ahnung. So begnuegte ich mich damit, zwei von den Vishnitzern selbst verfasste Buecher als Quelle zu benutzen. Heraus kam nicht soviel wie ich mir gewuenscht haette, doch immerhin einiges, worueber ich berichten kann. Man empahl mir sogar einfach einmal bei den Hagers, der Familien des Rebben der Vishnitzer, anzurufen und nachzufragen. Das war mir dann doch etwas zu unangenehm, denn wenn Gruppen wie Vishnitz oder Toldot Aharon das Wort Internet bzw. Schreiben im Internet auch nur hoeren, kommt ihnen schon alles verdaechtig vor.
Die Chassidut Vishnitz existiert seit ca. 200 Jahren. Die Kleinstadt Vishnitz liegt in der Bukowina, welche zur damaligen Zeit das Zentrum des Chassidismus ueberhaupt war. Damals gehoerte die Region zu Rumaenien und heute ist sie Teil der Ukraine.
Natuerlich basiert auch die Chassidut Vishnitz auf der Lehre des Baal Shem Tov (dem Gruender des Chassidismus). Rabbi Yaakov Koppel (Kopul) war ein Schueler des Baal Shem Tov. Ein spaeterer Nachfahre Rabbi Koppels wurde der erste Vishnitzer Rebbe. Daher sehen sich die Vishnitzer direkt mit dem Baal Shem Tov verbunden.
Der erste Vishnitzer Rebbe war Rabbi Menachem Mendel Hager, der Autor des Buches Zemach Zadik. Rabbi Hager kam in die Stadt Vishnitz und wurde von der dortigen juedischen Bevoelkerung als deren Rabbi gewaehlt. Sofort nach seiner Wahl wurde Vishnitz zu einem wichtigen Zentrum des Chassidismus.
Familie Hager und die gesamte Chassidut Vishnitz erlitten sehr grosse Verluste im Holocaust. Viele Chassidim und Angehoerige des Rebben wurden von den Nazis ermordet. Schliesslich, im Jahre 1947, kam der Vishnitzer Rebbe Chaim Meir Hager nach Israel. Sofort eroeffnete er ein Lernzentrum (Yeshiva) in Tel Aviv und spaeter in Bnei Brak, nahe Tel Aviv.
Bnei Brak ist bis heute die wichtigste Gemeinde der Vishnitzer mit dem derzeitigen Rebben Moshe Yehoshua Hager als Oberhaupt. Sein Bruder Rabbi Mordechai Hager ist Rebbe der Vishnitzer in Monsey und deren Cousin Rabbi Eliezer Hager ist Rebbe der Seret – Vishnitz in Haifa.
Eine Chassidut mit drei Rebben ist mir etwas raetselhaft und ich habe noch nicht herausgefunden, wie genau diese drei zusammenarbeiten.
Das Schlimmste, was einer chassidischen Gruppe ueberhaupt passieren kann ist, dass wenn ein Rebbe stirbt, sich seine Soehne um die Nachfolge streiten. Oftmals kommt es dann zu Spaltungen innerhalb der Gruppe, wie wir spaeter noch bei Satmar und Toldot Aharon bzw. Avraham Yitzchak sehen werden.
Die zwei wichtigsten Inhalte der Chassidut Vishnitz sind Ahavat Israel (die Liebe zum Volk Israel) und das Thorastudium. Schon Jungen im Alter von drei Jahren gehen in den Cheder und beginnen Thora zu lernen. Die religioese Erziehung wird bei Vishnitz ganz gross geschrieben und es gibt unzaehlige Schulen. Fuer Jungen der Talmud Thora und fuer Maedchen das Beit Yaakov. Allerdings hat Vishnitz, wie so viele weiter chassidische Gruppen auch, ein spezielles Beit Yaakov, welches Banot Vishnitz genannt wird.
Gelernt wird auf Yiddish, selbst bei den Maedchen. Einige davon trifft man im Jerusalemer Stadtteil Kiryat Mattersdorf, wo die Maedchen eine ihrer Schulen haben.
Normalerweise tragen Beit Yaakov – Maedchen blaue Schuluniformen. Die Vishnitzer aber haben rote Uniformen.
Bei der Suche nach einem Ehepartner (Shidduch) ist der wichtigste Punkt, dass der Mann ein Ben Thora (ein guter Thoraschueler) ist. Wer Thora lernt, wird von aussen nicht negativ beeinflusst.
Schon ca. zwei Stunden vor dem Morgengebet beginnen die Vishnitzer Chassidim mit dem Thorastudium. Dies gilt allgemein als Vorbereitung fuer ein tiefes inniges Gebet. Ausserdem gehen die Maenner, wie viele andere Chassidim auch, taeglich in die Mikwe (Ritualbad).
Jeder chassidische Rebbe legt Wert auf seine eigens erlassenen Braeuche. Bei Vishnitz ist dies u.a. das grosser Wert auf saubere Kleidung gelegt wird. Wer saubere Kleidung traegt, dessen Seele ist rein.
Beruehmt ist bei Vishitz der Tisch des Rebben, wo viele seiner Chassidim am Shabbat sitzen und den Thoraauslegungen lauschen. Des weiteren gibt es an jedem Monatsbeginn (Rosh Chodesh) eine extra Seudah (ein Essen).
Es versteht sich von selbst, dass Vishnitz auch das Studium der Halachot (Shulchan Aruch) und des Talmud ganz gross schreibt. Was mich etws ueberrascht hat zu hoeren war, dass u.a. auch sehr viel Wert auf das Studium des Buches Mesillat Yesharim (The Path of the Just) von Rabbi Moshe Chaim Luzzatto gelegt wird. Ein reines Mussar – Buch. Wie perfektioniere ich mich um G-tt am besten dienen zu koennen.
Richtig beruehmt ist Vishnitz fuer seine hauseigenen Niggunim (Melodien), welche sogar via Internet erhaeltlich sind. Leute, die ich nach Vishnitz fragte sagten, sie wuessten keine Details, aber die Niggunim wuerden sie mir sofort vorsingen koennen.
Wie wir spaeter bei den Satmarer Chassidim sehen werden, ist man auch bei Vishnitz sehr sozial engagiert. Gemilut Chassadim (Gemach). Wer Hilfe in jeglicher Form benoetigt, sei es nun finanziell, materiell oder was auch immer, der geht in ein Gemach. Eine Sozialstation in der alles erhaeltlich ist. Von Kleidung, ueber Brillen, Geschirr bis hin zu gewissen Geldsummen.
Wenn ich bisher dachte, dass Chabad oder Belz strenge Regeln fuer Pessach hatte, wurde ich bei Vishnitz eines besseren belehrt:
Die Vishnitzer trinken keine Milch an Pessach und rauchen auch nicht. Ich las, dass es einmal den Brauch gab, an Pessach keinen Fisch zu essen. Ob dieses heute noch gueltig ist weiss ich nicht. Auch sieben sie das Wasser an Pessach. Heisst, wie Belz und Chabad haengen sie einen kleinen Lappen um den Wasserhahn, um so sicher zu gehen, dass kein Chametz (Getreidereste) im Wasser vorhanden ist. Zu diesem chassidischen Brauch gibt es sehr viele unterschiedliche Erzaehlungen. Man mag das entweder fuer uebertrieben oder altmodisch halten, aber aufgrund meiner Beziehungen zu Belz halte ich selbst diesen Brauch.
Wo wir gerade beim Thema Pessach sind: Keine chassidische Gruppe isst an Pessach Gebrochts. Gebrochts sind z.B. Mazzeknoedel aus Mazzemehl. Litvishe Haredim und andere Relgioese lieben es an der Pessach – Seder Mazzeknoedelsuppe zu essen. Fuer Chassidim dagegen ist das unvorstellbar und Chametz. Nicht koscher fuer Pessach. Auch diesem Brauch halte ich seit Jahren ein und eine nicht – chassidische Seder kommt nicht in Frage.
Was vielleicht viele Aussenstehende interessieren duerfte: In die Chassidut Vishnitz muss man hineingeboren werden. Anders kommt niemand hinein. Sicher hat jemand von aussen bestimmt die Moeglichkeit in diversen Instituten der Chassidut zu lernen oder sich so zu kleiden. In den engeren Zirkel aber kommt so niemand.
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Ein guter Bekannter von mir teilte mir mit, dass er ein Treffen zwischen mir und einem Vishnitzer Chassid arrangieren will. Den kann ich dann ausfuehrlichst befragen. Ich hoffe, dass das zustande kommt. Wenn ja, werde ich noch einen weiteren Beitrag ueber Vishnitz schreiben.
Ansonsten werde ich als naechstes die Chassidut Toldot Aharon erklaeren. Toldot Aharon, die fundamentalistischste Gruppe ueberhaupt.
Dienstag, Februar 20, 2007
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Jeschekoach
AntwortenLöschenIch habe viel dazugelernt.
Liebe Grüsse
Margalit
B"H
AntwortenLöschenDanke, das freut mich.
Aber insgesamt koennte und sollte ich ueber Vishnitz noch viel mehr schreiben, denn ich kenne zwei Vishnitzer Chassidim sehr gut. Das Problem ist nur immer, dass der Tag leider nur 24 Stunden hat.:-))))
Viele Gruesse zurueck.
Miriam