Montag, Februar 12, 2007

Was bedeutet Judesein in Deutschland ?

B"H

In Jerusalem betrachtet man Christenmission nach wie vor als etwas Aussergewoehnliches und die Mehrheit kuemmert sich nicht darum, wenn sie von Missionaren angesprochen wird. Selbst wer nicht religioes ist, hat dennoch gewisse juedische Traditionen und will G-tt nicht durch einen Menschen ersetzen.

Vor allem sephardische Juden haben sehr stark verankerte Traditionen. Shabbat ja, auch wenn man vielleicht nach dem Kiddush den Fernseher anstellt. Aber Shabbatkerzen, das traditionelle sephardische Shabbatessen (meistens Kube - kleine Teigtaschen mit Fleisch etc. gefuellt) muss schon sein. Auch sollte die Schwiegertochter bzw. der Schwiegersohn schon juedisch sein.
Die Kaschrut (koscher) spielt bei vielen Israelis, egal ob religioes oder nicht, ebenso eine grosse Rolle.
Die juedischen Traditionen sind immer noch da und Kabbalisten nennen fuehren dies auf die juedische Neshama (Seele) zurueck.

Wie aber schaut es in Deutschland aus ? Was bedeutet das Judentum eigentlich noch fuer die deutschen Juden ? Ist es nur eine Identitaet wie jede andere auch ? Schwenke ich nur einmal die Israelfahne am israel. Unabhaengigkeitstag und sage mir dann, dass ich meine Pflicht erfuellt habe ? Wie sehen die deutschen Juden ueberhaupt ihre juedisch - religioese Identitaet ? Was nicht immer heissen muss, dass jemand streng orthodox lebt, doch zumindest sollte ein jeder wissen, was Judentum bedeutet. Vor allem sollten wesentliche Inhalte der Thora bekannt sein.

Ich war immer sehr froh, wenn ich wieder zurueck in Israel war. Vor allem nach meiner Aliyah. Ich geniesse es in einem Land zu leben, wo die Mehrheit juedisch ist, was den Vorteil mit sich bringt, dass ich mich nicht staendig rechtfertigen muss. Und selbstverstaendlich ist es einfacher in jeden Laden gehen zu koennen und koscher einzukaufen. Oder in den naechsten Buchladen und ich habe saemtliche religioesen Buecher vor mir. Ganz zu schweigen vom Shabbat.

Wer sich etwas mehr mit dem Judentum identifiziert und sich bemueht einiges ueber seine eigene Religion bzw. seine Herkunft zu lernen, bei dem haben es Missionare schwer.
Die Jerusalemer Yeshiva Aish HaTorah, welche unzaehlige Filialen in den USA hat, stellte schon vor einige Jahren eine interessante Statistik auf.
Was passiert im Verlauf der Generationen mit Reform - oder orthodoxen Juden ?
Die Statistik besagte, dass ueber 50% der Reformjuden in den USA einen nichtjuedischen Partner heiraten. Bei Orthodoxen lag die Zahl bei 2%.

Deutschland besteht heute ueberwiegend aus Reformgemeinden, welche die grundsaetzlichen Werte der Thora, heisst G-ttes ewig geltendes Gesetz, fuer ihre Zwecke veraendert haben. So wie es mir halt am besten passt. Was weiss denn G-tt schon von meinem Anspruechen ?
Wer so lebt und seine urspruenglichen Werte verliert, bei dem haben Missionare leichteres Spiel. Aber nicht nur das: Was geben denn solche Leute ihren Kindern weiter ? Welche Identitaet ? Nicht nur in den USA verlassen so viele Juden das Judentum ueberhaupt.
Ich sehe das deutsche Judentum eher als etwas Politisches an. Man vertritt seine Rechte als das Judentum insgesamt, doch mit Religion hat alles nichts zu tun. Die Politik hat die Thora eingeholt. Selbst orthodoxe Rabbiner halten Vortraege in Kirchen oder Kloestern und leider schaut die Realitaet so aus, dass auch zu jenen Vortraegen mehr Nichtjuden als Juden kommen. Und so wurschtelt jeder so vor sich hin. Jeder will im Gemeindevorstand sein und dort angekommen, sollte auch gefaelligst schon die Presse warten. Die eigene Selbstdarstellung hat G-tt verdraengt.

29 Kommentare:

  1. Anonym1:14 PM

    In schwarzen Momenten habe auch ich den Eindruck, dass für die meisten Judentum ein politisches Statement ist (und die meisten dieser Leute finden sich in den jeweiligen "Establishments" - Ausnahmen gibt es z.B. bei uns in der Gemeinde, ein paar). Aber es gibt auch noch ein paar, die an religiösen Veranstaltungen i.S. von Shiurim teilnehmen (so zwischen 5 u. 10 Leute bei einer ca. 900 Mann starken Gemeinde) - immer dieselben halt.
    Dazu muß man dann noch ergänzen, das plo. Engagement für das Judentum wichtig ist - ich z.B. es um nichts in der Welt tun wollen würde (auch dann, wenn ich nicht konvertiert wäre, würde ich es nicht mögen - meiner Ansicht nach haben sich Konvertiten aus pol. jued. Angelegenheiten herauszuhalten).

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  2. B"H

    Die "Juedische Allgemeine Wochenzeitung" stellte vor einiger Zeit einmal die Frage, ob Konvertiten Vorstandsvorsitzende einer juedischen Gemeinde werden wollten. Die Reaktionen waren gespalten.
    Ich gebe einfach einmal meine eigene Meinung wieder, die da NEIN lautet. Konvertiten sollten keine juedische Gemeinde leiten.
    Erstens haben sie keinen juedischen Background, sondern muessen sich den erst aufbauen und was erzaehle ich als Vorsitzender zum Holocaust. Wie kann ich als Konvertit eine Rede zum Gedenken an die Kristallnacht halten ?

    Miriam

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  3. Anonym2:10 PM

    @ Miriam und Madbrain:

    Ich denke was Ihr beide ansprecht hat
    nur indirekt was mit konvertiten zu tun.

    Zum Beispiel wurde bei den wahlen für
    den Vorsitz des Zentralrats in Deutschland
    Charlotte Knobloch gewählt, weil sie im
    Gegensatz zu Salomon Korn die Verfolgung
    de NS Zeit direkt miterlebt hat und das
    in Deutschland eben schon eine Rolle
    spielt. Salomon Korn ist kein Konvertit.

    Ich würde diese Frage nicht unbedinngt
    mit Konvertiten in Verbindung bringen.

    Es ist einfach aber so, dass die Glaub-
    würdigkeit einer Person nicht nur, aber
    doch sehr mit ihrer persönlichen
    Geschichte verbunden ist. Deshalb find
    ich dass Du, Miriam, nicht urecht hast,
    aber ich find die Frage ist nicht gut
    gestellt.

    Ich merke zum Beispiel manchmal dass
    ich die ARt zu Denken von den Deutschen
    Juden oftmals nicht richtig verstehe.
    Was könnte ich für ein Repräsentant
    für die Juden in Deutschland sein??
    Und ich bin auch kein Konvertit.

    In der Diasporah sind politische
    Stellungnahmen meistens nach außen
    gerichtet als eine art auf die nicht-
    jüdische umwelt zu reagieren. Das ist
    auch sehr wichtig, aber manchmal hab
    ich auch den Eindruck, dass dieses
    reagieren nach außen von vielen zu
    einer art Lebensinhalt gemacht wird
    und das ist nicht gut.

    Jakobo

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  4. Anonym2:25 PM

    PS.:

    Judentum = politisches Statement

    Ich glaube ich weis was gemeint ist.

    Allerdings ist es für mich bedeutender
    was jemand im Herzen trägt, als was
    er auf seinen Lippen trägt.

    Jakobo

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  5. Anonym2:48 PM

    Ps vom Ps:
    Und was ist wenn jemand in der Zeit
    vor den Pogromen konvertiert ist?

    Oder wenn jemand verfolgt wurde, weil
    er einen jüdischen Vater hatte und
    dann erst Konvertiert ist?

    Was ist mit Konvertiten, aus Ländern in
    denen die Shoah nicht stattgefunden hat?

    Neinnein, mit Konvertit oder nicht
    konvertit hat das nichts zu tun.

    Jakobo

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  6. Judentum ist IMMER Politik - das ist meine Meinung. In Deutschland ist es die Position als Mahner und Opfer, in Israel ist es die Position als Israeli. Daher könnte ich nie in Deutschland leben, da für mich als Konvertitin deutsch-jüdische Identität ein Buch mit sieben Siegeln ist. Die israelische hat vielleicht drei Siegeln oder vier ;)

    Mir ist zu Ohren gekommen, daß es sehr wohl vorkommt, daß Konvertiten Gedenkreden halten. In einer Gijurdiskussionsgruppe war jemand dabei, der Artikel und Aufrufe zum Thema Holocaust veröffentlichte und diese mit dem Namen der Gemeinde zeichnete.

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  7. B"H

    Mein Beitrag im Blog sollte nicht auf Konvertiten bezogen werden, sondern war an alle Juden in Deutschland gerichtet. Dass Medbrain und ich zufaellig auf das "Konvertitenthema" zu sprechen kamen, soll die allgemeine Frage nicht ueber den Haufen werfen.

    @Jakob
    Ich meinte Konvertiten von heute und nicht von der Zeit vor dem Holocaust.
    Uebrigens sagte Charlotte Knobloch einmal von sich selbst in einem Interview, dass ihre Mutter Reformkonvertitin war und demnach waere Charlotte Knobloch keine halachische Juedin.
    Dies sagte sie einmal vor einigen Jahren im STERN oder in der BUNTEN. Woanders habe ich dies ueber sie auch schon einmal gelesen.
    Meiner Meinung nach waere Salomon Korn der bessere Kandidat gewesen, aber er wird wohl seine Gruende haben, nicht zu kandidieren.

    Einen Repraesentanten fuer das Judentum in Deutschland finde ich auch recht seltsam. Ich habe mich nicht vertreten gefuehlt.
    Uebrigens gibt es sowas in den USA nicht. Viele Amerikaner sind recht sauer, dass Eli Wiesel sich als deren Repraesentat aufspielt. Es haette ihn nie einer darum gebeten.

    @Schmetterlingsfrau
    Ich sehe Judentum als erstes als eine Religion und eine Volkszugehoerigkeit an. Jeder sollte sich ersteinmal im Klaren wo er eigentlich herkommt. Vielleicht ist dir das jetzt zu religioes, ist aber meine Meinung.

    Allgemein gesprochen: Ich kann mir bis heute nicht den Grund erklaeren, warum deutsche Juden nicht am relig. Lernen interessiert sind. Amerikaner sagen mir: "Was willst du. Das Reformjudentum kommt doch aus Deutschland. Was erwartest du also ?"

    Ich sprach einmal vor Jahren mit der 1. Vorsitzenden der Gemeinde Magdeburg am Telefon, welche Konvertitin ist. Sie sagte, dass sie den Job als Vorsitzende nur annahm, weil es in der Gemeinden sonst keinen anderen Deutschprachigen gegeben haette.

    Miriam

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  8. Anonym12:00 AM

    "Charlotte Knobloch wurde am 29. Oktober 1932 als Tochter des jüdischen Juristen Siegfried Neuland in München geboren. Ihre Mutter war vor der Heirat zum Judentum übergetreten, ließ sich während der NS-Zeit vom Vater scheiden. Charlotte Knobloch überlebte die Judenverfolgung, weil eine ehemalige katholische Hausangestellte ihres Onkels sie als ihr uneheliches Kind ausgab. Mit 18 heiratete Knobloch den Kaufmann und KZ-Überlebenden Samuel Knobloch, bekam mit ihm drei Kinder. Sie ist verwitwet."

    Soviel dazu.

    Ich denke, man kann nicht allgemein sagen, dass Konvertiten sich nicht als Juden politisch zu betätigen haben. Das ist ein gefährlicher Weg. Hier Täternachfolger, da Opfernachfolger?

    Aber letztendlich gibt es, was das religiöse Leben angeht, so gut wie keine deutschen Juden mehr. Ich persönlich kenne fast nur religiöse Juden und Jüdinnen.

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  9. Anonym11:16 AM

    Das Problem mit der Mission hat nicht nur etwas mit dem vermeintlichen Lebensstil "deutscher Juden", wie Du es wohl meinst, zu tun. Das Problem ist weitaus komplexer. Die Menschen, die aus der GUS zugewandert sind, suchen nach Heimat, Geborgenheit, Judentum, Anbindung, und manchen gehen dabei in die Netze der Missionare. Man könnte nun vorwerfen, daß dies nur passiert, weil von den Gemeinden und den Rabbinern aus zu wenig "Auffangkapazität" da wäre: Integrationsarbeit aber (wozu auch die Aufklärung gegen Mission gehört) in Deutschland ist eine ganz schwere Aufgabe, über die man einen eigenen Blog aufmachen könnte, wollte man ernsthaft darüber diskutieren. Der Mangel an Personal und Geldern ist eklatant, und außer Chabad fühlt sich kaum jemand bemüßigt, hier unter die Arme zu greifen, und zwar im religiösen, nicht im politischen, Sinne. Mit ein paar "Nebensätzen" ist diese Situation leider nicht erklärt.

    Unter welchen Umständen jemand eine Gemeinde leiten kann, ist differenziert zu betrachten - dies hat, meiner Meinung nach, weniger damit zu tun, ob jemand ein Geborener, ein Baal Tshuva oder ein Ger ist. Auch Gerim können sehr wohl zur Shoah sprechen, man muß (selbst Geborene tun dies nicht immer) und sollte vielleicht dazu nicht unbedingt auf die eigene Biographie zurückgreifen, sondern das Gesamt begreifen. Betrachtet werden muß hier wohl jeweils die persönliche Situation des jeweiligen Sprechers, ob man ihn dafür geeignet hält oder nicht. Pauschal kann hier nicht geurteilt werden. Identifikation mit dem Leid in der Shoah kann auch anders stattfinden, auch ohne, daß derjenige die eigene Vergangenheit leugnet oder eben gar nichts zu sagen hätte. Dann könnte so mancher russische Jude ebenfalls kein Gemeindevorsitzender werden, wenn dies der Punkt zur Qualifikation wäre.

    Ich selbst finde es im Allgemeinen ("schwarze Momente" hat wohl jeder hier immer mal wieder, auch ich) derzeit nicht uninteressant, in Deutschland als Jüdin zu leben. Es passiert sehr viel, vieles ist im Umbruch, Aufbar. In den letzten Jahren hat sich vieles zum Positiven hin verändert, es gibt eine größere Anzahl von Menschen, die religiös leben wollen und sich die Strukturen, um ein solches Leben zu leben, schaffen (dazu darf man allerdings nicht in Fürth leben, sondern muß in die großen Städte ziehen), so in Frankfurt, so in Berlin. Um "Inhalte der Tora" vermittelt zu bekommen, bedarf es jüdischer Kindergärten und Schulen, die diesen Erziehungsauftrag ernst nehmen. In vielen deutschen Städten gibt es diese aber (noch) gar nicht, aber was nicht ist, kann ja noch werden. Oder es wird in Zukunft einfach religiöses Leben nur in den Zentren geben.

    Alles in allem denke ich, muß - vor allem vom Ausland aus - vorsichtig mit einer Beurteilung hiesigen Lebens umgegangen werden. Alles ist im Fluß, und ich bin momentan recht optimistisch - vor allem im Vergleich zu der Zeit bis in die 90er Jahre hinein (ganz zu schweigen von den 80ern) -, daß sich weiterhin Einiges zum Besseren verändern wird.

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  10. B"H

    Mein Anliegen war, dass Missionare es immer leichter bei Juden haben, die fast gar keine Ahnung von ihrer Religion haben. Solche Leute koennen oft leicht ueberzeugt werden. Bei den Russen kommen, wie du schon sagtest, noch andere Probleme dazu.

    Bei meinen Beschreibungen bezog ich mich auf eigene Erfahrungen in Deutschland und die Aussagen einiger noch dort verbliebener Freunde.
    Als einzigen Lichtblick dort sehe ich Chabad.

    Miriam

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  11. Anonym12:16 PM

    Ja, sorry jetzt bin ich etwas
    abgewichen.

    Aber auch um wieder zum Thema zu
    kommen. Schmetterlingsfrau hat
    geschrieben, dass für sie Judentum
    immer Politik ist, in Deutschland
    ist es die Position als Mahner und
    Opfer. Das ist sehr reduziert und
    auch sehr nach außen gerichtet. Es
    kann nach innen nicht den Zusammen-
    halt schaffen, wie es die Tora tut.

    Jakobo

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  12. Anonym1:22 PM

    Es gibt auch ein religiöses Leben abseits von Chabad ;-)! Vielleicht musst Du Dich doch mal ein wenig "updaten".

    Ergänzend will ich noch sagen, um doch eine Lanze für "deutsche" Juden zu brechen - auch "traditionelle" deutsche Juden sind von Mission auch nicht bedroht (mögen sie Reform, konservativ oder einheitsorthodox sein). Diese sind zwar im orthodoxen Sinne nicht religiös, erziehen ihre Kinder aber in dem Bewusstsein, daß sie Juden sind, inklusive Bar/Bat-Mizwa etc. Das mag zwar mitunter in das Feld "rein politische" Haltung kommen, aber dennoch.

    Die Missionare sehe ich eben hauptsächlich bei russischen Immigranten als Gefahr - aber die weit größere Gefahr liegt in einer säkularen Assimilation. Ich vermute, in zwei, drei Generationen könnte sich ein größerer Teil der Zuwanderer in die nichtjüdische Gesellschaft vollkommen hinein assimiliert haben, inklusive einer noch weiter ansteigenden Mischehenrate, so wie es in Amerika oft der Fall ist. Dieses Phänomen liegt aber nicht allein an den liberalen Strömungen, sondern ist das Bild eine Krise des Judentums als solches.
    Israel wird vor dieser nur dank des Staates und einiger Gesetze bewahrt (noch). Ich habe sehr viel mit Israelis zu tun, und es ist erschreckend, welches religiöse bzw. kulturelle Unwissen man da - nicht selten! - erleben kann.
    Hoffen wir, daß diese Krise zu etwas Gutem führt.

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  13. Anonym1:49 PM

    PS
    Du schreibst, Deutschland bestünde heute fast nur aus Reformgemeinden.
    Ich weiß nicht genau, wie Du das meinst. Die Einheitsgemeinden sind zwar keine Gemeinden mit einer deutlichen Präsenz von Menschen, die orthodox-observant leben (sondern eher das Gegenteil), aber die grundsätzlichen Fragen (Status, Eheschliessung, Get, Beerdigung) werden immer noch nach orthodoxer Halacha und Praxis ausgelegt.
    In den letzten Jahren haben sich zusätzlich zu den Einheitsgemeinden eine Reihe von Reformgemeinden gebildet, aber bislang sind viele von ihnen noch nicht Teil der Einheitsgemeinden, außer in Berlin, wo traditionell "Einheitsgemeinde" als wirkliche "Dachorganisation" nicht der Begriff für "eigentlich orthodox" war. In Berlin gibt es daher diese und jene, von Chabad und Jeschivisch bis zur Reform, das ganze Spektrum.

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  14. B"H

    Ich habe nie den Begriff Einheitsgemeinde verstanden, woran sich bis heute nichts geaendert hat.
    Klar, besteht die dt. Orthodoxie nicht nur aus Chabad, aber ich habe mit meiner damaligen orthod. dt. Gemeinde, besser gesagt mit dem Rabbiner, so schlechte Erfahrungen gemacht, dass ich heutzutage auf Deutschlandbesuchen nur noch zu Chabad gehen wuerde. Da weiss ich wenigstens, wen ich vor mir habe. Wie gesagt, dies beruht auf meiner eigenen Erfahrung.

    Es ist ueberall erschreckend, wenn Juden kaum etwas ueber ihre eigene Religion wissen. Ich erlebe jued. Amerikaner aus den Birthright - Gruppen, die, wenn sie in die Altstadt gehen, von Missionaren angesprochen und in Gespraeche verwickelt werden.
    Bei den Russen ist es hier auch ein Problem: Am Yaffa - Tor bietet die Kirche Christ Church freies Essen fuer Russen an. Jeden Abend koennen die sich eine grosse Tuete Nudeln, Reis, Kartoffeln und Gemuese (ungekocht) abholen. Sowas kommt an bei denen. Die Kirche verlangt natuerlich, dass die Russen dafuer an Vortraegen teilnehmen.
    Die Haredi - Partei Yahadut HaThora will uebrigens eine Gesetzsverschaerfung durch die Knesset bringen. Hoffentlich klappt das.

    Ich weiss nach meiner Abwesenheit sicher keine Details mehr, was in dt. Gemeinden so ablaeuft. In meiner frueheren Gemeinde uebrigens ist alles noch schlimmer geworden als es frueher schon war.:-)
    Und ich bin andererseits auch froh darum, in Israel zu leben. Schon allein das Anmelden in einem Gemeindebuero faellt hier weg.:-)

    Uebrigens wuerde ich mir wuenschen, dass auch andere Gruppen wie Breslov in Deutschland Fuss fassen.

    Miriam

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  15. Anonym9:54 PM

    Also bevor Breslov hier Fuß fasst, würde ich mir doch vorher so Einiges andere wünschen... zudem kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, daß Breslov hier auch nur einen kleinen Zeh in die Türe bekäme. Wer sollte sich denn für Breslov interessieren? Mir würden ein paar mehr gebildete "Normalorthodoxe" schon reichen.
    Ich kann mich erinnern, daß Du bei HaGalil mal Einiges über Deinen Rabbiner in Deutschland geschrieben hast. Auch Deine Abneigung gegen Vorstände entnehme ich aus Deinen Erfahrungen. Aber so etwas gibt es in Israel sicher auch, einfach, weil gewisse Dinge menschlich sind. In Israel ist es nur etwas leichter, seiner Nische zu finden. Und darum beneiden wir ja euch Israelis auch manchmal ;-).

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  16. B"H

    Vor allem in Jerusalem gibt es die freie Auswahl; passt mir die eine Synagoge nicht, gehe ich in die naechste um die Ecke. Irgendwo finde ich dann schon mein Plaetzchen und sei es auch jeden Shabbat woanders. Kommt immer ganz auf die Stimmung drauf an.:-) Und ich weiss zu schaetzen, was wir hier haben. Ob du es glaubst oder nicht, ich denke oftmals an deutsche Juden am Shabbat und den Feiertagen.

    Ich koennte mir Breslov schon in Deutschland vorstellen. Morgen werde ich einen Beitrag ueber deren Philosophie schreiben, doch soviel schon einmal vorweg, nicht alles Breslover huepfen zu Songs auf und ab. Es gibt auch Intellektuelle, die man vielleicht nicht so oeffentlich sieht. Und Chassidut Breslov ist an sich intellektuell.
    Klar, zieht vor allem Breslov auch viele Gestalten an, wie Ex - Junkies, Noch - Junkies oder andere Freaks.
    Immerhin sind nicht alle so.:-)
    Aber wieso nicht mal auf dem Kudamm zu Rabbi Nachman Songs etc. herumhuepfen ?

    Breslov hat ganz gute Konzepte, die es eventuellen Neueinsteigern in die Chassidut sehr leicht machen koennen. Und sowas kommt an.

    Miriam

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  17. Anonym11:54 AM

    Ich verstehe nicht richtig welche
    Bedeutung Ihr dem Wissen gibt. Ich
    denke dass Unwissen genauso ein
    schutzschild gegen Missionare sein
    kann wie das Wissen und Kenntniss.

    Wenn ich zum Beispiel meine, dass nur
    die Torah uns als Juden zusammenhält,
    und nicht Politik oder andere Mahnen
    oder Opfer sein, dann dann meine ich
    vor allem die Freude die man zu ihr
    empfinden kann. Das ist etwas sehr
    umfassendes, jenseits davon ob man
    viel oder wenig Zeit für das Studium
    aufbringt und auch jenseits davon ob
    man mehr oder weniger Fromm lebt.

    Wenn ich mich zum Beispiel mich erinnere
    als Kind war Simchat Torah immer mein
    Lieblingsfeiertag und überhaubt war
    der Moment als die Torah herausgeholt
    wurde immer ein sehr wichtiger Moment
    für ich. Mit gefühlen die man mit
    Worten nicht beschreiben kann. Als Kinder haben wir meistens gespielt wenn
    die Erwachsenen beim Dawenen waren.
    Irgendwann hat dann die Mutter von einem
    von uns Kindern uns gesagt dass jetzt die Thoralesung kommt. Wir haben alles
    stehen lassen udn sind sofort
    reingerannt, alles um uns vergessen.
    Die Erwachsenen haben oft mit uns
    geschimpft weil wir uns gedrängelt haben
    und oft allen auf die Füße getreten sind
    nur um möglichst nahe an der Torah zu
    sein.

    Ich glaube, dass wenn jemand anfällig
    für Missionare ist dass das vor allem
    deswegen ist weil er dieses Gefühl nicht
    erleben durfte oder konnte, nicht so
    sehr am Wissen und auch nicht wie Fromm
    er lebt.

    Ich denke dass keine Versprechung von
    Missionaren so stark sein kann wie diese
    Freude. Und ich denke auch dass kein
    Wissen sich diesen Versprechungen so gut
    entgegenstellen kann wie diese Freude.

    Im Bezug auf die russischen Einwanderer
    bedeutet das aber auch, dass es wichtig
    ist ihnen eben diese Freude zu zeigen,
    damit sie sie auch erleben und sich von
    ihr anstecken lassen.

    Ich hoffe das ist nicth zu lang geworden.

    Jakobo

    Ich hab einen kurzen Text auf der
    chabat seite gefunden, der mir da genau
    aus dem Herzen spricht.

    Man erzählt, ein einfacher Mensch sei einmal an Simchat Torah besonders fröhlich gewesen. Man fragte ihn, ob er im vergangenen Jahr viel in der Torah gelesen habe, und er antwortete: „Mein Bruder verheiratet seine Tochter - muss ich mich nicht mit ihm freuen?“

    Das ist die Antwort eines einfachen Menschen. Aber Simchat Torah ist keine „Hochzeit beim Bruder“, und es ist nicht die Freude eines anderen, sondern es ist die Freude jedes einzelnen Juden. Diese Freude ist nicht von der Weisheit der Torah abgeleitet, in der es Unterschiede zwischen Juden gibt, sondern von der Essenz der Torah, die für alle Juden gleichermaßen gilt.

    Würden wir Simchat Torah durch Gelehrsamkeit feiern, wäre der Unterschied zwischen einem Gelehrten und einem einfachen Juden offensichtlich. Wenn wir jedoch gemeinsam tanzen, sind der größte Gelehrte und der einfachste Mensch gleich.

    Würden wir mit der Torah durch Gelehrtheit und Analyse feiern, wäre unsere Freude durch den Umfang unseres Verständnisses begrenzt. Wenn wir dagegen mit der Essenz der Torah feiern, kennt unsere Freude keine Grenzen.

    (Sichat Leil Simchat Torah 5722)

    http://www.chabad.org/holidays/JewishNewYear/template.asp?AID=5405

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  18. B"H

    Meiner Erfahrung nach schreckt Thorawissen die Missionare schon von vornherein an. Sobald sie merken, du weisst was, ziehen sie sich schnell zurueck.

    Miriam

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  19. Anonym1:19 PM

    Mit so organisierten Missionaren hatte
    ich noch nciht zu tun. Aber allgemein
    hatte ich auch die umgekehrte erfahrung,
    dass wenn ein Nichtjude anfängt aus der
    Torah zu zittieren und er den eindruck
    bekommt "der hat eh keine ahnung wovon
    ich rede" dann wird ihm schnell
    langweilig :-)

    Jakobo

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  20. B"H

    Das stimmt auch wieder.:-)

    Aber allgemein: Etwas Thorawissen gehoert doch zu jedem Juden dazu, weil es Teil der Identitaet und der eigenen Geschichte ist. Es erwartet ja jetzt niemand, dass jeder gleich ein super Talmid Chacham ist, doch sollte ein gewisses Basiswissen vorhanden sein.
    Nur so Politik halt und Judesein reicht nicht aus, um das Judentum an die naechsten Generationen weiterzugeben. Wenn ich schon nichts weiss, was wird dann aus den Kindern ?

    Miriam

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  21. Anonym3:59 PM

    Das kann auch ganz lustig sein, mich hat
    mal jemand gefragt warum Juden Joisl nicht
    anerkannt haben und hat dann groß das
    Zitieren angefangen. Ich hab ihm natürlich
    immer recht gegeben bis ihm die Worte
    ausgegangen sind :-)

    Ich finde schon auch das lernen sehr
    wichtig ist es ist ja auch eine Mitzwe.
    Die Neugierde ist auch wichtig. Warum
    tun wir das, warum erinnern wir uns
    an jenes. Das wollte ich ja nicht in
    Frage stellen.

    Ich denke aber auch, dass wenn man
    es schaft einfach diese Freude von
    der ich geschrieben habe an seine
    Kinder weiterzugeben dass man dann
    schon sehr viel erreicht hat.

    Was ich sagen wollte ist, du hattest
    ja im blog und auch in den Kommentaren
    Kritisiert, dass Judentum für viele
    nur aus Politik besteht, diese Kritik
    teile ich auch mit dir.

    Aber ich denke auch was du beschreibst
    mit einfach "Jude sein". Ich denke es
    gibt einen Unterschied ob sich jemand
    selbst als Jude sieht, oder als jemand
    der jüdische Vorfahren hat. Und der
    Unterschied liegt eben in dieser Freude.

    Vielleicht klingt das sehr vereinfachend
    für dich.. hmm.. aber Du kannst diese
    Freude ja auch wie einen Samen sehen
    den man gießen kann und dann kommen die
    Zweige raus. Und der eine Zweig heißt
    Neugierde und der andere ist das Bedrüftniss diese Freude gemeinsam mit
    anderen zu erleben oder sie weiter an
    die nächste Generation zu geben.

    Und deshalb denke ich auch sie das
    wichtigste Schutzschild gegen
    Mesianics sind. Hab aber auch den
    Eindruck das das oftmals in Deutschland
    ignoriert wird, deshalb hab ich eigentlich auch damit angefangen.

    Jakobo

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  22. B"H

    Mit der Freude hast du auch recht; wer einmal Sukkot in Jerusalem miterlebt hat, der geht nicht mehr zu Missionaren.:-)

    Miriam

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  23. Anonym9:48 PM

    puh.. das glaube ich dir gerne :-)

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  24. Anonym12:03 AM

    Ich nochmal... :-)

    Wissen braucht denke ich immer auch
    Herz, aber ist es möglich dass Wissen eine persönliche Reife verlangt? Und das
    das dann in diesem Zusammenhang bedeutet,
    dass wenn man diese Reife nicht hat es
    manchmal sogar besser ist, nicth zu Wissen?

    Du musst dir ja auch überlegen, dass
    Wissen einen auch dazu verleiten kann
    Argumenten mit Gegenargumenten zu
    begegnen wenn man das tut, dann ist man
    ja auch schon in die Missionarsfalle
    getappt.

    Jakobo

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  25. B"H

    Die meisten Missionare sehen schon von weitem, auf wen sie zugehen koennen. Sie suchen sich schwaechere Charaktaere aus oder Leute, denen man einfach ansieht, dass sie kein Wissen ueber das Judentum haben.
    Vor wenigen Wochen erlebte ich einmal von der Klagemauer kommend eine Szene am Yaffa - Tor:
    Dort ging ein Amerikaner mit Suedstaatenakzent (seit 4 Jahren illegal in Israel und auf dem Oelberg lebend) auf ein junges jued. Paerchen zu und fing an zu quatschen. Zufaellig stand ich daneben, weil ich auf jemanden wartete und der Suedstaatentyp ist in der Gegend schon beruehmt. Da er ziemlich heruntergekommen ausschaut, hatte er mit besten Argumenten keine Chance bei dem Paerchen. Das Paerchen wusste zwar nicht viel ueber die Thora, aber wegen seiner Art und Weise hatte der Missionar schon von vornherein keine Chance. Vor allem deren penetrante freche Art geht vielen Intellektuellen sofort auf die Nerven.

    Shabbat Shalom
    Miriam

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  26. Anonym11:30 AM

    Naja.. wie gesagt, mit "Wissen" kann man
    mir nicht beikommen.. obwohl ich weis auch
    einiges, wenn so ein Missionar ankommt
    und glaubt zu Wissen warum Joisl der
    Maschiach sein soll.. Dann kann ich sagen:
    Weist Du warum er gekreuzigt wurde?
    Weil wäre er ertrunken müsste in jeder
    Kirche ein Aquarium stehen :-)

    Yes, Yes.. Jakobo is a realy wise man

    Jakobo

    PS.: Ich finde Deinen Blog wirklich
    sehr gelungen und ich lese wirklich
    gerne darin. Man merkt dass du dir viel
    mühe gibst. Gutn Schabes

    Jakobo

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  27. B"H

    @Jakob

    Ich habe einen viel besseren Witz erzaehlt von einem meiner Rabbis, Rabbi Meir Weiner:

    Stellt euch mal vor, J. waere auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet worden; dann wuerden jetzt alle einen elektrischen Stuhl als Kette am Hals tragen.:-)

    Danke fuer das Kompliment. Ich versuche mir wirklich Muehe mit dem Blog zu geben.
    Shabbat Shalom
    Miriam

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  28. Anonym2:12 PM

    Es gibt schlimmeres...
    Es hätte ihm auch ein Schrank auf
    den Kopf fallen können...
    Oder er hätte von einem Ochsen überrannt
    werden können....

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  29. Anonym2:14 PM

    PS.:

    Die Kreuzzüge würden dann Ochsenrennen
    heißen :-)

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