Sonntag, Februar 18, 2007

Orthodoxe Frauen und ihre Kopfbedeckungen

B"H

Im orthodoxen Judentum ist es ueblich, dass verheiratete und geschiedene Frauen sowie Witwen ihr Haar bedecken und Kopfbedeckungen tragen.
Ich lernte einmal, dass die Kopfbedeckung auf die Episode zurueckgeht, in der Rebekka (Rivka) zum ersten Mal ihren zukuenftigen Ehemann Yitzchak trifft und vorher ihr Haar bedeckt (Thora Parashat Chaye Sarah).
Allerdings gibt es fuer die Kopfbedeckung der verheirateten Frau noch andere Quellen: den Talmud Traktat Ketubot 72a, den Shulchan Aruch - Orach Chaim 75:2 und die Thora in Numbers 5:18.
Dort naemlich geht es um Ehefrauen, die verdaechtigt werden, Ehebruch begangen zu haben und zum Beweis von Schuld oder Unschuld das "Sotahwasser" (Mei Sotah) vom Cohen (Tempelpriester) verabreicht bekommen. Dazu mussten sie ihre Kopfbedeckung absetzen (siehe Thora Parasha Nasso).
Soweit erst einmal zur Herkunft und Halacha der Kopfbedeckungen fuer verheiratete Frauen.

Dies alles geschieht aus Anstandsgruenden (Zniut). Kein fremder Mann soll das Haar einer verheirateten Frau sehen und sich deshalb zu ihr hingezogen fuehlen. Das Haar der Frau gehoert zur Intimssphaere einer Ehe.

Jede Gruppe im orthodoxen Judentum hat ihre eigenen Regeln wie die Kopfbedeckung der Frau aussehen soll. Bei Nationalreligioesen reichen meistens Hut oder die sogenannte Midpachat (eine Art Netz, welches das gesamte Haar bedeckt).
Eine Midpachat ist jedoch auch unter haredischen Frauen sehr gelaeufig.

Litvishe Frauen tragen normalerweise Peruecke oder eine Midpachat. Bei chassidischen Frauen ist dies genauso, doch kommt es gewoehnlich auf den Brauch jeder chassidischen Gruppe an.
Die Frauen von Chabad und Ger (Gur) tragen normale Peruecken, wogegen die Peruecke bei Breslov gemieden wird.
Chassidische Gruppen aus Ungarn / Rumaenien (Satmar oder Toldot Aharon) haben den Brauch, dass verheiratete Frauen sofort nach der Hochzeit ihr gesamtes Haar abrasieren. Diesen Brauch gibt es auch bei Vishnitz und teilweise bei Belz.

Doch niemals habe ich Gruppen kennen gelernt, in denen das Abrasieren des Haares eine so grosse Rolle spielt wie bei Satmar oder Toldot Aharon. Eine Bekannte (Satmar) erklaerte mir, dass die Mikwe (Ritualbad) der Grund sei. Schliesslich solle das Wasser an jede Koerperstelle gelangen, um eine koschere Mikwe zu gewaehrleisten.

Allerdings gibt es noch einen weiteren Grund:
Zur Zeit der Chashmonaim (Maccabim) wurde das Recht der ersten Nacht nach der Hochzeit von den griechischen Besatzern eingefuehrt. Jeder griech. Stadthalter konnte damit jede juedische Braut in der ersten Nacht fuer sich beanspruchen. Dies war einer der Gruende fuer den Aufstand der Maccabim. Um die Griechen abzuschrecken, rasierten sich die Frauen die Haare ab. Der Brauch hat sich bis heute erhalten, aber nicht mehr, um die Maenner abzuschrecken.

Bei Satmar traegt die Frau ueber dem kurzgeschorenen Haar eine Peruecke und am Shabbat ein sogenanntes Tichel (kleines weisses Tuechlein) auf der Peruecke.
Bei Toldot Aharon werden keine Peruecken getragen, sondern es wird immer nur ein schwarzes Tuch um den Kopf gewickelt. Auch am Shabbat.

Zusaetzlich gibt es unendlich viele Diskussionen zu dem Thema. Jede chassidische Gruppe entscheidet, was koscher genug fuer sie ist. Vor ca. drei Jahren kam es zu einem weiteren Eklat, da Peruecken mit echtem Haar aus Indien importiert wurden, welche spaeter als nicht koscher eingestuft und verbrannt wurden.
Manche sind gegen Peruecken und andere nur gegen Kunsthaar oder echtes Haar.

Wer in chassidische Traditionen hineingeboren wurde, der stellt all diese Vorschriften nicht in Frage. Fuer Aussenstehende dagegen mag das fremd und nach Unterdrueckung klingen. Jedenfalls habe ich noch keinen haredische Frau getroffen, die die Peruecke als Unterdrueckung empfand.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen