Montag, Januar 19, 2009

Und wo wart "Ihr" ? - Die haredische Gesellschaft und der Krieg

B"H

Zu Kriegszeiten wird es allen besonders augenscheinlich. Der jüdischen nicht - haredischen (ultra - orthod.) Bevölkerungsgruppe genauso wie den Haredim selber: Man lernt in der Yeshiva (relig. Schule) und geht nicht zur Armee.

Insgeheim widerstrebt es mir, immer auf dem gleichen Thema herumzukauen, denn, erstens wird sich eh derweil nichts an der bestehenden Realität ändern und zweitens mag der ein oder andere die Fakten für seine eigenen ganz spezifischen Zwecke ausnutzen, die da den Fingerzeig bedeuten. "Schaut her, die Orthodoxen gehen nicht zur Armee und hängen nur faul herum". Letzteren sei gesagt, dass ihre negative Kategorie in diesem aktuellen Gazakrieg innerhalb der israelischen Bevölkerung keinerlei Diskussionspunkt darstellte.

Heute bestimmt das "Chok Tal - das Tal Gesetz", dass jene Haredim, welche in einer Yeshiva eingeschrieben sind, vom Armeedienst befreit sind. Wehrpflichtige Männer absolvieren in der israelischen Armee einen dreijährigen und Frauen einen zweijährigen Pflichtdienst. Wer sich weigert, muss mit Gefängnis rechnen.
Bei nationalrelig. Frauen schaut es so aus, dass sie zwar nicht an der Armee teilnehmen, dennoch einen sozialen Volontärsjob ausüben, was allgemein "Scherut Le'umit" genannt wird. Die jungen Mädchen können hierbei zwischen mehreren nationalrelig. Freiwilligenorganisationen wählen und sich eine Stelle heraussuchen. Die Dauer ist nicht immer gleich und kann manchmal kürzer oder länger sein. Ihre haredischen Kolleginnen heiraten meist im Alter von 18 - 20 Jahren und grundsätzlich befreit eine Heirat vom Armeedienst.

Während unzählige Israelis mit den Soldaten mitfieberten und Angst um Verletzte oder Gefallene zeigten, stand die haredische Seite etwas einsam und verlassen da. Sollte man Solidarität zeigen und wenn ja, wie ? Und da besonders Haredim stets nach dem Sinn und Grund eines Geschehens fragen und alles analysieren, wie also sollte intern mit dem Gazakrieg umgegangen werden ?

Viele litvisch - haredische Yeshivot setzten extra Thorastudium sowie Gebete für die kämpfenden Soldaten an. Keine Frage, es gab und gibt sehr viel Solidarität. Wer sich haredische Foren anschaute, der konnte sich leicht davon überzeugen, dass sehr viel diskutiert und mitgefiebert worden ist.

Andererseits jedoch - wie gehen Haredim mit dem Krieg als Solches um ?

Chabad und Breslov scheinen immer an vorderster Front und helfen den Soldaten beim Anlegen der Tefillin (Gebetsriemen) und überhaupt gab es eine immense Hilfsaktion ALLER Haredim, die Soldaten mit Zizit (Schaufäden) auszustatten. Jeder Soldat hatte so seine Bedenken, ob er denn heil wieder heimkehre und nahm, selbst wenn säkuler, dankend die Schaufäden. Insgeheim als eigenen privaten Schutzschild.

In der letzten Woche berichtete mir eine Arbeitskollegin eine angeblich wahre Geschichte. Die gleiche Story las ich einen Tag später in einer säkuleren Tageszeitung, wobei es in dem Artikel ebenso darum ging, wie die Haredim mit dem krieg umgehen.
Die Story besagt, dass eine Gruppe von Soldaten zu einem Haus in Gaza kam und dieses nach Terroristen durchsuchen wollte. Bevor die Soldaten jedoch ins Haus traten, erschien, wie aus dem Nichts, eine in Weiß gekleidete Frau und warnte die Soldaten, dass das Haus eine Falle sei. Die Soldaten gingen hinüber zum nächsten Haus und auch hier erschien sofort die gleiche Frau mit demselben Argument.
Nun begannen die Soldaten die Frau zu fragen, wer sie denn eigentlich sei. "Rachel Ime'nu - Eure Mutter Rachel (die Frau des biblischen Yaakov)" lautete die Antwort.

Keine Frage, in haredischer Gesellschaft wird auf Wunder gesetzt. Wunder und das Einschreiten G - ttes werden stets gesucht. Zu gleicher Zeit ebenso nach den Gründen für den Krieg und warum uns die Nationen hassen bzw. warum uns die Palis das Leben so schwer machen. Geschieht dies alles nur aus den uns rational erscheinenden Gründen ? Nein, denn alles auf Erden ist G - ttgewollt und Er herrscht und bestimmt alles. Nichts geschieht, ohne das G - tt es will. Und warum geht er dann gegen uns vor ? Wieso gibt es überhaupt Böses auf der Welt ? Wieso läßt er israelische Soldaten sterben und die Hamas kommt vielfach ungeschoren davon. Sollte alles nicht umgekehrt sein ?

Als G - tt die Welt erschuf, so tat er dies in einer Art und Weise, die uns Bewohnern einen "Freien Willen" ermöglichte. Und um diesen Freien Willen ausleben zu können, muss es folglich Gut und Böse geben. Beides wurde von G - tt erschaffen, das Gute genauso wie das Böse und erst nach der Ankunft des Meschiach wird es das Böse abgeschafft werden.

Im Judentum lautet es, was uns der Verlauf der jüdischen Geschichte ebenfalls bestätigt, dass sobald sich die Juden von G - tt entfernen, Er sie bestrafen wird. Und genau hier kommen wir zum Punkt der Haredim: Da sich immer mehr Juden dem Säkularismus verschreiben oder sogar Mischehen mit Nichtjuden eingehen, werden wir kollektiv bestraft.

Zur Kollektivbestrafung der Juden durch G - tt vielleicht noch soviel, das dies ein wesentliches Konzept im Judentum darstellt. Der Einzelne wird ebenso bestraft, dennoch findet oftmals genauso eine Kollektivbestrafung (wie z.B. Diaspora) statt. Wer also den Schabbat nicht hält, schadet nicht nur sich selber, sondern seinem ganzen Volk.

Viele Haredim meinen, dass das säkulere Verhalten den Auslöser gibt, das unsere Feinde derzeit oben auf sind und nicht wir. Führen wir G - ttes Willen aus, so leben wir in Frieden und völlig problemlos und beschützt. Andere Völker können uns nichts anhaben. Dreht sich der Mitzwot - Spiess aber erstmal um, befinden wir Juden uns im Freien Fall. Auch wieder nicht ganz,denn G - tt verläßt uns bekanntlich nie.

Was also tut G -tt in solch einem Fall ?
Er bestraft uns, gibt uns jedoch gleichzeitig die Gelegenheit umzukehren. Umkehren, indem wir uns bessern bzw. ändern. Unsere Fehler einsehen und alles doch noch zum Guten wenden.
Dies ist Sinn und Zweck allen Übels auf der Welt. Wir haben die Aufgabe alles zu meistern und uns zur selben Zeit dadurch zu perfektionieren. Dann nämlich wird G - tt wieder auf der Seite der Juden sein und irgendwann den Meschiach bringen.

Und nun lenkte unsere korrupte Regierung abermals ein und gab dem Willen der Völker nach. Wie also lautet in dem Falle die Interpretation ? Dass wir es wieder nicht geschaffte haben, auf G - tt zu vertrauen und sich auf unsere Stärken zu besinnen. In diesem Falle scheint Meschiach also noch weit entfernt.
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Ich persönlich stimme den Weihsagungen, warum und wieso etwas von G - tt veranlasst wird, nicht immer zu, denn nur G - tt kennt die Antwort und zu oft verlieren wir uns in wilden Spekulationen.

Noch eine Statistik:
Als Premier David Ben Gurion in den 50iger Jahren die Haredim vom Wehrdienst befreite, handelte es sich seinerzeit um ganze 400 Betroffene. Heutzutage jedoch finden wir 35.000 Haredim auf der Liste.

Anzumerken sei, dass mittlerweile viele Haredim doch zur Armee gehen. Eine Spezialeinheit (Nachal HaCharedi) wurde eigens für sie eingerichtet. Jene, die sich weigern zu gehen, haben oftmals Angst, in ihrer eigenen Gesellschaft verspottet zu werden oder Nachteilen ins Auge sehen zu müssen.

2 Kommentare:

  1. Anonym12:29 AM

    Hallo Miriam,
    und, waren die Häuser tatsächlich Fallen, oder nicht? Hat man das später herausgefunden?
    K.

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  2. B"H

    Der Erzaehlung nach waren die Haeuser tatsaechlich Fallen. Ob die Erzaehlung aber an sich stimmt, kann ich nicht bestaetigen.

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