Donnerstag, Dezember 23, 2010

Parashat Schmot (Exodus)


B"H

Die Thoralesung für diesen
Schabbat

Kaum jemand dürfte Probleme haben, sich mit der Paraschat Schemot (Exodus) etwas zu identifizieren. Zumindest weiß fast jeder, worum es eigentlich geht: Moshe betritt die Bühne.
Die Tochter Pharaos (lt. der Midrasch lautet ihr Name "Batya") fischt ihn samt einem Körbchen aus dem Nil, Moshe wächst im Hause Pharaos auf, erschlägt im Alter von 18 Jahren einen ägyptischen Aufseher, muß fliegen, heiratet Zippora, die Tochter Yitros, sieht den "Brennenden Dornenbusch" und kommt auf G - ttes Geheiß wieder zurück nach Ägypten, um die Israeliten heim ins Gelobte Land zu führen.

Mit der Thoralesung von Schemot - Exodus beginnen wir also das 2. Buch Moshe. Seltsamerweise wird dieses Buch in anderen Sprachen "Exodus - Auszug" genannt. Im hebräischen Original jedoch heißt das Buch sowie die dieswöchige Parasha "Schemot - Namen". Namen deshalb, weil gleich zu Beginn die Namen jener 70 Israeliten genannt werden, welche mit Yaakov nach Ägypten kamen. Alle seine Familienmitglieder.



Antikes Ägypten

Das erste Buch Genesis (Bereschit) berichtete uns über die Welterschaffung durch G - tt sowie über die Geburt des jüdischen Volkes. Die Geschichte unserer Vorväter ist von immenser Wichtigkeit für uns und das gesamte Buch Genesis gilt als Gründungsstein für das jüdische Volk (Ramban). Das nächsten Buch Exodus beschreibt die Geschichte der Israeliten als Volk (Rabbi Samson Raphael Hirsch).

Bei einem Vortrag hörte ich einmal, dass der derzeitige Papst Benedikt einen Kommentar zum Buch Genesis schrieb und man wunderte sich gewaltig über dessen komplette Fehlinterpretation des gesamten "Buches Genesis". Da sah der Papst Genesis einzig und allein verbunden mit dem Vergehen Adam und Evas (Chava) im Paradies (Gan Eden). Dies verdeutlicht, dass man heutzutage wirklich alles verkaufen kann, auch wenn man völlig falsche Zusammenhänge veröffentlicht. In Genesis geht es um die Geburt des jüdischen Volkes und im Buch Exodus kommt es mit der Vergabe der Thora zum Höhepunkt. Die Juden und die Thora gehen gemeinsam Hand in Hand und beide sind auf ewig miteinander verbunden.

Über die Parashat Schemot zu schreiben ist alles andere als einfach, denn zuviele Themen stehen zur Auswahl. Ich will mich daher auf drei kleine Punkte beschränken und all das, was ich darüber schreibe, ist nur ein kleiner Bruchteil von dem, was es an weiteren Informationen, Kommentaren, Büchern und dergleichen gibt. Die Punkte sind die 70 Familienangehörigen Yaakovs, die nach Ägypten kamen, ein "neuer Pharao" und der "Brennende Busch".

Der mittelalterliche Kabbalist aus dem nordisraelischen Safed, Rabbi Moshe Alshich, stellt in seinem Thorakommentar "Torat Moshe" die Frage, warum die Thora uns zu Beginn dieser Parasha nochmals die Namen der 70 Familienmitglieder auflistet. Seine Antwort lautet, wie zu erwarten, höchst kabbalistisch. Rabbi Alshich nämlich berichtet von bestimmten Kräften in einer jeden jüdischen Seele (Neschama), welche von Generation zu Generation weitervererbt werden. Als die Familienmitglieder Yaakovs nach Ägypten kamen, gaben diese jene Kräfte an ihre Nachfahren weiter. Daher kam es, dass die Mehrheit der Israeliten sich bis zum Schluß ihres Aufenthaltes in Ägyoten niemals assimilierten. Sie behielten ihre Sprache, Namen und ihren Kleidungsstil bei und schämten sich dessen nicht (siehe Midrasch).

Aber nichtsdestotrotz wurden gewissen ägyptische Riten im Lebensstil unternommen und insbesondere in der Chassidut heißt es, dass wenn G - tt sie nicht nach den 210 Jahren in der Diaspora aus Ägypten herausgeführt hätte, die Israeliten komplett in der Versenkung verschwunden wären.

Was aber macht diese bestimmte Kraft in der Seele aus, fragt Rabbi Moshe Alshich weiter. G - tt hatte den Vorvätern angekündigt, dass in jedem Exil der Israeliten, Er selbst (G - tt) mit ihnen ziehen wird. Als die Israeliten mit Yaakov nach Ägypten zogen, zog die Schechinah (Anwesenheit G - ttes) automatisch mit ihnen mit. Egal, wo sich ein Jude befindet, die Schechinah wird immer mit ihm in seiner Seele sein und diese ist es, welche die Seelenkraft ausmacht.

Zum Thema "Diaspora" kommentierte der Baal Shem Tov:

Es gibt zweierlei Arten der Diaspora; die physische und die spirituelle.
Bei der physischen wollen sich die Juden unbedingt den anderen Völkern anpassen, bei der spirituellen aber vergessen sie auch noch ihre Thora. Von daher wiegt die spirituelle Diaspora umso schwerer, was wir in den kommenden Parashot der Thora sehen. Selbst nach vielen Jahren in der Wüste kam in vielen Israeliten immer wieder die spirituelle Diaspora auf und ließ sie an Ägypten denken.

130 Jahre nach der Ankunft der Israeliten in Ägypten wurde Moshe geboren. Kurz zuvor hieß es in der Thora, dass ein neuer König aufkam, der Yosef nicht mehr kannt. Dieser Satz gibt vielen Kommentatoren Stoff zum Nachdenken. Im Talmud Traktat Sotah 11a vertreten die Rabbiner Rav und Shmuel zwei unterschiedliche Meinungen. Einer von ihnen war der Meinung, dass ein gänzlich neuer König regierte und der andere vertrat die Meinung, dass nur seine Erlasse neue Gestalt annahmen. 

Bei der letzteren Stellungnahme sollte nicht davon ausgegangen werden, dass immer noch der gleiche König wie zu Yosefs Zeiten herrschte. Zeitlich wäre dies unmöglich. Vielmehr herrsche dessen Sohn oder Enkel und interessiere sich nicht mehr für Yosef und seine Nachfahren (der Maharal von Prag).

Gehen wir jedoch in die damalige Geschichte des Landes, dann fällt uns etwas ganz Gravierendes auf: Genau zu der Zeit herrschten in Ägypten nicht die Ägypter selbst, sondern ein semitischer Stamm namens HYKSOS. Viele Jahre zuvor hatten die Hyksos das Land überrannt und ihrer Herrschaft unterworfen. So war es möglich, dass Yosef überhaupt erst Vizekanzler werden konnte. Gebürtige Ägypter hätten einen jüdischen Vizekanzler niemals zugelassen, da sie alles aus dem Lande Kanaan abgrundtief hassten und auf dessen Bewohner mit Abscheu herabschauten. Jahre später besiegten die Ägypter die Hyksos und die Zeit der relig. Toleranz war wieder vorbei. Ein neuer Pharao übernahm das Zepter und somit begann die Zeit der Peinigung.

Jahre danach fand sich Moshe vor einem "Brennenden Dornenbusch" wieder. G - tt hatte die Aufschreie der Israeliten unter der ägyptischen Herrschaft erhört und wollte sie aus dem Lande herausführen.

Eine Stelle in der Thora sorgt immer wieder für neue Verwirrung. Nämlich das ein Engel G - ttes dem Moshe in dem "Brennenden Dornenbusch" erschien. Wieso ein Engel und nicht G - tt selbst, wenn dieser eh mit Moshe reden will ?

Den Verlauf der folgenden Handlungen in kürze zu beschreiben, ist fast unmöglich. Moshe stand keinesfalls physisch vor einem "Brennenden Dornenbusch", sondern vielmehr handelt es sich hier um eine Vision, die sich in seinem Kopf abspielte. Moshe war der größte Prophet, den wir jemals hatten und seine Art zu prophezeihen bzw. mit G - tt zu kommunizieren, war einzigartig. Niemand war und ist auf so einem hohen Level wie Moshe. Die Vorväter erhielten ihre Visionen überwiegend in Träumen, nachfolgende Propheten sahen Visionen nur durch einen Vorhang und niemals so klar und deutlich. "Vorhang" ist an dieser Stelle metaphorisch zu betrachten und bedeutet, dass sie Prophezeihungen manchmal nur "verschwommen" aufnahmen. Moshe dagegen sprach mit G - tt zu jeder Zeit von Angesicht zu Angesicht.

Die "Namen G - ttes" sind ein weiteres Thema, was man kaum in wenigen Worten abhandeln kann. Anhand Seiner Namen erfahren wir, was er von uns will und dieses Wissen läßt uns die Mitzwot (Gebote) erfüllen und so eine Verbindung mit ihm eingehen (Rabbi Samson Raphael Hirsch). Ebenso repräsentieren die Namen G - ttes dessen Handlungen, wie z.B. bei der Welterschaffung oder der Beziehung zu Seiner Erschaffung.

G - tt nennt Moshe einige Seiner Namen, wobei dieses selbstverständlich nicht Seine wahren Namen sind, sondern nur eine Angabe, dies es uns ermöglicht, mit einem ansonsten unzugänglichen und für uns unbegreifbaren Wesen wie G - tt eine Verbindung aufzunehmen. Zusätzlich deuten Seine Namen auf die Vergangenheit, die Gegenwart sowie die Zukunft hin und der erste aschkenazische Oberrabbiner Israels, Rabbi Avraham Yitzchak HaCohen Kook, kommentiert hierzu, dass dies eine Andeutung auf die Gültigkeit der Thora mit sich bringt. Die Thora war, ist und wird immer Gültigkeit haben, genauso wie G - tt Seine Vorgehensweisen niemals ändern wird.

Was wir aus dieser Parasha lernen sollen, ist nur allzu offensichtlich. Selbst wenn wir in der Diaspora leben, sollen wir niemals Israel die jüdische Identität aus den Augen verlieren. Gerade die ägyptische Diaspora macht uns klar, wie schnell sich das Blatt wenden kann. Erst geht es den Juden gut und plötzlich finden Pogrome statt und die Bürgerrechte werden drastisch eingeschränkt. Das damalige Ägypten ist ein bis heute aktuelles Beispiel des Antisemitismus.

Schabbat Schalom aus Israel !

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