Mittwoch, Dezember 28, 2011

“Dein Vater heiratete eine Schickse ?”

B”H  

Wortdefinition: SCHICKSE = nichtjüdische Frau, normalerweise so richtig knallblond 

Vor fast genau 15 Jahren lernte ich, mehr oder weniger zufällig, eine junge Frau aus einem deutschsprachigen europäischen Land kennen. Sie befand sich für ein paar Wochen in Israel auf Besuch. A., so will ich sie hier nennen, erzählte mir, dass ihr Vater zwar Jude sein, ihre Mutter hingegen nicht. Ergo, war sie laut der jüdischen Halacha keine Jüdin. Diesen Zustand wollte sie ändern und hatte bereits einige Jahre lang an einem orthodoxen Konversionskurs in ihrem Heimatland teilgenommen. Nun war sie in Israel, um bei einem Beit Din (rabbinischem Gericht) vorzusprechen und zu konvertieren. Bei welchem Beit Din das war, weiss ich nicht. Noch interessierte es mich jemals. 

Ich dagegen befand mich gerade in meiner Outreach – Laune und fragte A., ob sie nicht mit zu einem Schabbatessen bei Freunden von mir im ultra – orthodoxen Mea Shearim / Jerusalem teilnehmen will. Bei einer chassidischen Familie, deren Jiddisch mehr Deutsch klang. A. war sofort begeistert, denn normalerweise kommt man nicht eben mal so zum Schabbatessen nach Mea Shearim. 

A. hatte in ihrem Heimatland einen guten Job und war Akademikerin. Allerdings war sie behindert, denn eine Hand war, von Geburt an, verkrüppelt. Es ist schwer zu erklären, doch wusste ich im voraus, dass man sie in Mea Shearim anstarren wird. Nichtsdestotrotz nahm ich A. mit, stellte sie meinen Freunden vor und die freuten sich aufrichtig über den Besuch. Obwohl alle Art der Behinderung sahen, verlor niemand ein böses Wort. Das alles ging solange gut bis A. erzählte, dass ihr Vater Jude sei, ihre Mutter jedoch nicht. “Was ? Dein Vater hat eine Schickse geheiratet ?” schnaufte die Gastgeberin entsetzt. Dabei schaute sie auf die Hand von A. und ich wusste sofort, welche Gedanken in dem Moment gehegt wurden. A. bemerkte dies offensichtlich auch, sagte aber nichts und bald darauf machten wir uns auf den Heimweg.

“Da gehe ich nie wieder hin”, sagte sie mir draussen verärgert. Ich wiederum versuchte, die hochgekochten Emotionen zu glätten; doch vergebens. A. redete sich in Rage und sagte, dass dies eh nicht ihr Land sei. Niemals würde sie nach Israel auswandern, denn das sei hier nicht ihre Mentalität. Ungehobelte, freche Leute, die einen offen angaffen und dumme Bemerkungen machen. Ohne jeglichen Takt. Da gehe sie lieber wieder in ihre Heimat zurück, anstatt sich mit Israelis herumzuärgern. Mich nervten ihre anti – israelischen Ausfälle, ganz verübeln kann man es ihr, so gesehen, auch wieder nicht; wenn man sich einmal in ihre Lage versetzt. 

Viele Jahre sind seither vergangen und ich habe sie seit damals nicht mehr gesehen. Sie bestand den Test beim Beit Din und zog kurz darauf zurück nach Europa. Trotzdem hoffe ich, dass sie in der Zwischenzeit vielleicht ihre negative Meinung in eine etwas positivere änderte.

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