Donnerstag, Januar 19, 2012

Parashat Va'era - פרשת וארא


 Gesehen in der Altstadt von Jerusalem

Photo: Miriam Woelke
B"H

Die Thoralesung für diesen Schabbat

Definition: Va'era = Ich erschien, Ich zeigte mich. 
G - tt spricht zu Moshe und sagt ihm, dass Er sich Avraham, Yitzchak und Yaakov mit Seinem Namen E - L SHAD - DAI zeigte, nicht jedoch mit dem Namen Y - H - V - H.


G – ttes Namen drücken IMMER eine bestimmte Eigenschaft oder Aktion von Ihm aus. Wie wird Er handeln ?

Der berühmte chassidische Rabbiner Elimelech von Lejansk schreibt in seinem Buch "Noam Elimelech", dass G – tt sich dem Menschen gemäss dessen individuellem Level zeigt. So auch im Falle des Moshe. Dies bedeutet wiederum NICHT, dass G – tt plötzlich ein anderer ist, nur weil Er unter anderem Namen erscheint. G – tt bleibt immer der Gleiche, nur handelt Er anders. Und der Level eines Menschen hängt in diesem Falle von der Erfüllung der Thoragebote ab.

Was aber genau unterscheidet den Namen E"l Shadda"i von dem Namen, der Moshe genannt wurde, Y – H – V – H ? 

Der Ramban (Nachmanides) vertrat die Ansicht, dass der Name E – l Shad – dai jenen G – tt beschreibt, welcher Wunder vollbringt. Jedoch nur solche Wunder, welche nicht den üblichen Verlauf der Natur beeinflussen. So jedenfalls nahmen unsere Vorväter Avraham, Yitzchak und Yaakov G – tt war. Wenn dieser ihnen in Zeiten der Hungersnot oder einer mehrheitlichen Überlegenheit der Feinde Sicherheit und Überleben gewährte. 

In seinen Kommentaren unterscheidet der Ramban sehr stark zwischen den einzelnen Wundern. Ob diese die Natur beeinträchtigen bzw. außer kraft setzten oder nicht. G – tt unter dem Namen E – l Shad – dai vollbrachte Wunder, die wir nicht unbedingt als solche wahrnehmen; und die jüdischen Vorväter genau so wenig. Moshe hingegen, dem sich G – tt unter dem höchsten Namen Y – H – V – H zeigte, erlebte da eine ganz andere Art von Wundern. Zu der Zeit nämlich veränderte G – tt die Natur, um Wunder stattfinden zu lassen. Wunder also, die für jedermann als Wunder galten und sich nicht mehr im verborgenen der Natur abspielten. 

Wir Menschen tendieren wohl damals genau so wie heute eher dazu, einzig jene Wunder wahrzunehmen, welche wir mit eigenen Augen sehen und die eben etwas Unfassbares ausdrücken. Ein richtiges tolles Wunder, was ist das für uns ? Ein Kranker wird plötzlich und für alle sichtbar geheilt. Die Sonne steht still, Regen fällt von unten nach oben; kurz gesagt, etwas Außergewöhnliches muss her. Etwas, das sonst nie passiert und unglaublich erscheint. Lässt G – tt etwas Derartiges geschehen, ja, dann ist das für uns ein Wunder. Dabei aber vergessen wir die kleinen Wunder des Alltags. Wer von uns fast es schon als Wunder auf, wenn er, trotz wenig Geld doch ausreichend zu Essen kaufen kann. Wen nein Mensch ohne ernsthafte Krankheiten durchs Leben geht. Wen nuns das näherkommende Auto doch noch ausweichen kann und wir nicht angefahren werden. Wer sieht all die kleinen Dinge im Leben als G – ttes Wunder ? Die Vorväter gaben sich damit zufrieden, aber die Frage ist: Tun wir das auch oder suchen wir ständig nur nach der Super Power. Dem Unfassbaren Gewaltigen, was uns zu beeindrucken in der Lage ist.  

Im kabbalistischen Buch ZOHAR lesen wir, dass G – tt anhand Seines höchsten Namens Y – H – V - H die Welt erschuf. Außerdem zeigte sich G – tt den Vorvätern in Seinen Prophezeihungen nur des nachts (Ibn Ezra) und nicht zu jeder Tageszeit wie dem Moshe. Seit Moshe gab es nie wieder einen Menschen, der mit G – tt von "Angesicht zu Angesicht" sprach und sich auf solch höchstem Level der Prophezeihung befand. Von "Angesicht zu Angesicht" deutet symbolisch auf einen extrem hohen Level hin. Ferner war G - tt für Moshe IMMER ansprechbar bzw. zugänglich. Die hier gezeigte Symbolik darf keinesfalls wörtlich genommen werden, denn niemand sieht G –tt auch nur annähernd. Vielmehr wird uns hier eine Metapher in vermenschlichter Sprache gegeben, zu der unser begrenztes Fassungsvermögen einen Zugang haben kann.

Der erste aschkenazische Oberrabbiner, Rabbi Avraham Yitzchak HaCohen Kook (Kuk), kommentierte, dass sich G – tt nun mit Seinem höchsten Namen präsentieren konnte, denn Israel war auf einem hohen Level, da sie in Ägypten zu einer Nation herangewachsen waren. Unsere Vorväter hatten gar keinen Bedarf für diesen hohen Namen Y – H – V – H, da ihnen keine offenen Wunder, welche die Natur verändern sollten, wiederfuhren. Bei den Israeliten aber sollte dies anders sein, denn G – tt vollbrachte für sie offene Wunder; zuerst beim Auszug aus Ägypten und später in der Wüste (Ramban sowie Sforno). Des weiteren vertrauten die Vorväter ganz einfach auf G – tt und fragten nie nach oder beschwerten sich. Moshe hingegen war nur auf eine schnelle Lösung aus a la:
"Ich war bei Pharao, der tut nichts, also G – tt tu was".

Aufgrund ihres blinden G – ttvertrauens benötigten die Vorväter niemals den Namen Y – H – V – H (der chassidische Kommentator Kli Yakar). Dies wiederum aber bedeutet nicht, dass sie den Namen nicht kannten. Laut dem Ramban wußten die Vorväter sehr wohl von dem Namen, gaben sich aber dennoch mit E'l Shadda'i zufrieden.

Der derzeitige Rebbe der chassidischen Gruppe Slonim in Jerusalem, Rabbi Bozorowsky, verfasste meiner Meinung nach brilliante Thorakommentare und auch an dieser Stelle halt er eine exzellente Meinung bereit: Die Israeliten hatten in der äyptischen Diaspora schweren spirituellen Schaden erlitten und waren dabei, G – tt zu vergessen. Sie hatten andere Probleme als die Religion und waren vom täglichen Arbeitspensum so müde, dass sie abends heimkamen, aßen und sich schlafen legten. Wen interessierte da groß G – tt ? Die Diaspora in Ägypten jedoch war, laut Kabbalah, eine Diaspora des "Wissens - Da'at", was voraussetzte, dass alle G – tt kennen mußten. Deswegen benutzte G – tt Seinen höchsten Namen, denn nach all den Jahren besassen die Israeliten nicht mehr das Wissen ihrer Vorväter, das da EIN G – tt ist, der die Welt erschuf.


Die "Zehn Plagen"

Was mich bei der Aufzählung der "Zehn Plagen - עשר מכות - Esser Makkot" immer störte war, wenn es da in der Thora heißt, dass G – tt Pharaos Herz erhärtete. Was genau soll das bedeuten ? War es nicht Pharaos Entscheidung, die Israeliten gehen zu lassen ? Was hat G – tt mit dessen Entscheidung zu tun ? 

An dieser Stelle stellt sich einmal wieder mehr die Frage, inwieweit die Menschen einen "Freien Willen" haben und inwieweit G – tt alles beeinflußt. Es heißt, dass Pharao bis zur fünften Plage über einen freien Willen verfügte und danach nicht mehr. Ab der sechsten Plage sorgte G – tt dafür, dass Pharao keinerlei freie Entscheidungen mehr treffen konnte und dementsprechend die Israeliten nicht gehen liess. 

Wieso tat G – tt das ?
Der Ramban sowie Ibn Ezra geben eine einfache kurze Antwort, welche genauer definiert werden muß: G – tt wollte verhindern, dass Pharao Teschuva macht. Teschuva bedeutet eine Umkehr zu G – tt. Wenn jemand sündigt bzw. etwas Falsches tut, dann läßt G – tt normalerweise Gnade walten, wenn derjenige Reue zeigt und Besserung verspricht. 

Laut dem Rambam (Maimonides) und seiner Mischna Thora – Hilchot Teshuva 5:6, kann G – tt einem Menschen die Teshuva bzw. Gnade verweigern, selbst wenn dieser Reue zeigen täte.
In diesem Fall gibt G – tt dem Sünder vorher unzählige Zeichen, die auf eine eventuelle Reue hindeuten sollen. Erkennt derjenige G – ttes Signale nicht und fährt mit seinem Verhalten fort, richtet G – tt es ein, dass derjenige sein Leben genauso verendet und mit seinen Vergehen stirbt. Bestes Beispiel ist, wenn Hitler plötzlich Reue gezeigt und sich entschuldigt hätte. Ab einem gewissen Zeitpunkt war der Zeitpunkt der Reue für Hitler absolut unmöglich und die Kabbalah könnte mit einbringen, dass nach dessen Tode sogar dessen Seele zerstört wurde. 

Nicht in allen Fällen dürfen wir uns immer auf G – ttes Gnade verlassen und sollten daher zusehen, es nie zu weit kommen zu lassen. Aber nicht alle sind Pharao oder Hitler und von daher ist Otto Normalverbraucher nicht unbedingt in irgendeiner Gefahr. Die Worte des Rambams sind immer kurz und präzise und bilden für das Verhalten Pharaos eine ausreichende Erklärung. 

Schon in der vorherigen Parasha rechtfertigte sich Moshe damit, dass er Probleme beim Sprechen habe. Kommentatoren sagen, dass Moshe gestottert hat. Auch Rabbi Machlis aus Jerusalem fragte einmal, warum G – tt gerade jemanden, der stottert, zur Rettung des Volkes Israel auserkoren hatte. Hätte er nicht jemanden finden können, der gut spricht und ein Charisma hat ? Anscheinend soll hier gelehrt werden, dass es manchmal Menschen gibt, die in unseren Augen als unwichtig sind oder wir meinen, dass sie auf einem niedrigen Stand sind und eh keine Chancen haben. Das genaue Gegenteil aber beweist uns Moshe, der trotz seiner Behinderung zum größten Propheten aufstieg. 

Schabbat Schalom

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