Dienstag, April 24, 2007

Religioese Kinder

B"H

Niemals hatte ich mit Religioesen soviel Auseinandersetzungen wie ueber das Thema Kinder. Mit Haredim (Ultra - Orthod.) sicher mehr als mit Nationalreligioesen.
Was mich persoenlich stoert, ist die teilweise Abschottung religioeser Kinder von der "realen" israelischen Gesellschaft. Wer meint, dies sei nur bei Haredim der Fall, der irrt.

Jede Woche unterrichte ich eine kleine Gruppe nationalreligioeser Kinder der Schule NOAM (eine nationalrelig. Schule mit landesweiten Niederlassungen). Um bei NOAM aufgenommen zu werden, muss das Kind aus einem relig. Haushalt kommen, wobei es keine so grosse Rolle spielt, ob die Eltern relig. geboren oder im Verlauf ihres Lebens relig. wurden. Die Schueler, egal ob Maedchen oder Jungen, mussen sich natuerlich religioes anziehen. Keine unanstaendige Kleidung wie Shorts oder zu kurze Aermel. Bei den Maedels kommt hinzu, dass sie einen langen Rock anziehen muessen.
Gelernt wird in getrennten Gebaeuden, nach Geschlechtern getrennt. Dieses schon allein daher, dass der Lernstoff voellig unterschiedlich ist. Neben Mathe, Physik, Englisch etc. lernen die Maedels Torah und Halachot, wobei bei den Jungen der Talmud hinzukommt.
Allgemein gilt NOAM als eine sehr gute sowie teure Schule, mit dessen Abschluss man auf die Uni wechseln koennte. Ich sage koennte, denn die Mehrheit tut dies leider nicht, da schon frueh Ehen eingegangen werden oder die Maenner auf Yeshivot wechseln.

Bei haredischen (egel ob litvish oder chassidisch) Kindern schaut die Erziehung wesentlich anders aus. Es gibt Ausnahmen, aber allgemein lernen die Jungen auf dem Talmud Thora und die Maedels im Beit Yaakov. Fuer Talmud Thora sollte der Junge eine schwarze Hose und ein weisses Hemd tragen. Bei Chassidim vielfach ein kariertes Hemd.
Auf Beit Yaakov ist eine blaue Schuluniform Pflicht. Dunkelblauer Rock und hellblaue langaermlige Bluse, niemals kurze Aermel. Auch muessen die Maedels ihr langes Haar als Zopf zusammen gebunden haben, damit ein eventueller maennlicher Lehrer nicht durch offen getragenes Haar "negativ beeinflusst wird". Turnschuhe sind nicht gestattet und ich kenne ein chassidisches Maedchen, welches vor ein paar Jahren von der Lehrerin heimgeschickt wurde, weil sie Turnschuhe trug.
Unterrichtet wird auf Hebraeisch, wobei einige Talmud Thora - Schulen der Chassidim auf Yiddish lehren. Jungen lernen schon von kleinauf Talmud und koennen ganze Auszuege daraus auswendig sagen, worum ich sie sehr beneide. Maedels haben einen anderen Stundenplan. Sie werden auf die spaetere Heirat und Haushaltsfuehrung vorbereitet und sie lernen Thora und Halachot. Die Jungen lernen manchmal bis zum Abend, die Maedels dagegen kommen mittags aus der Schule, um daheim im Haushalt zu helfen.

Was ich bei Nationalreligioesen und bei Haredim kritisiere ist, dass die Kinder erst meistens im Teenageralter in Kontakt mit der Aussenwelt bzw. anderen Teenagern kommen. Natuerlich sehen relig. Kinder die Aussenwelt, haben jedoch keinen naehren Kontakt mit ihr. Freundschaften zwischen haredischen und nationalreligioesen Kindern sind so gut wie unmoeglich. Genauso wie Freundschaften zwischen chassidischen und litvishen Kindern. Ganz zu schweigen von Freundschaften zwischen relig. und nichtrelig. Kindern.
Im Verlauf des spaeteren Lebens muessen sich relig. Kinder, aus denen Erwachsene wurden, ersteinmal an den alltaeglichen Umgang mit Nichtreligioesen zu gewoehnen. Viele chassidische Kinder wie die von Satmar in Mea Shearim lernen erst mit 15 Jahren die hebraeische Sprache. Bis zu dem Alter sprechen sie nur Yiddish, da sie von negativen Einfluessen ferngehalten werden sollen. Im Teenageralter haelt man sie fuer reifer, diesen Gefahren ausweichen zu koennen. Nicht das ein chassidisches Kind in der Jerusalemer Innenstadt von Nichtreligioesen angesprochen und beeinflusst werden kann. Der normale Israeli kann kein Yiddish und somit findet keinerlei Kommunikation statt.

Ich kann sehr gut verstehen, dass relig. Eltern ihre Kinder nicht unbedingt zusammen mit nichtrelig. Kindern sehen wollen. Der eine redet von Thora und der andere vom Cheeseburger, um es einmal uebertrieben auszudruecken. Was viele relig. Schulen meiner Ansicht nach falsch machen ist, dass sie den Kindern eine falsche Welt in bezug auf die israel. Gesellschaft lehren. Da werden Nichtreligioese in haredischen Schulen teilweise nur als Drogenabhaengige dargestellt.
Vor einigen Jahren kannte ich einen Aussteiger aus der Chassidut Gur und er meinte nach seinem Ausstieg unbedingt Drogen nehmen zu muessen, weil er gelernt hatte, dass Nichtreligioese den ganzen Tag nur vollgedroehnt herumlaufen.

Einige Chassidim bestaetigten meine Meinung, doch aendern wird sich im Schulsystem deshalb nicht. Jeder will natuerlich seine Kinder in relig. gleichwertiger Gesellschaft sehen, um ihnen ein gutes spaeteres Leben zu ermoeglichen. Wer eine gute Erziehung hatte und auf einer guten Schule war, der sollte einen gelungenen Shidduch (Ehepartner) finden und in der relig. Gesellschaft anerkannt sein. Wer zur relig. Gesellschaft gehoeren will, der geht keine eigenen Wege.

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