Dienstag, Oktober 28, 2008
Die ungarischen Juden und der "Kastner Zug"
B"H
Obwohl in Deutschland geboren, fühlte ich mich nie besonders zum Schicksal der deutschen Juden während des Holocaustes hingezogen. In der Schule sowohl als auch privat lernte ich unendlich viel über den Holocaust. All das jedoch geriet in den Hintergrund bzw. verschwand fast ganz aus meinem Leben, da ich mit dem Lernen auf verschiedenen Yeshivot (relig. Schulen) begann. Das Thema "Holocaust" hatte sich sozusagen abgenutzt und stattdessen lernte ich die jüdische Religion.
Aber selbst in der Religion stößt man unweigerlich auf den Holocaust, denn nicht selten kommen Fragen auf wie "Wo war G - tt?" , "Warum hat er sein Volk umkommen lassen und nichts getan ?"
Wer sich ausgiebig mit der jüdischen Religion auseinandersetzt, der hört ganz unterschiedliche Meinungen hierzu. Die Kabbalah hält zusätzlich sämtliche Seelenerklärungen bereit und der Chassidismus legt ganz besonderen Wert auf das "Meschiach - Konzept".
Leitet ein kollektives jüdisches Leiden die Ankunft des Meschiach ein, wobei das Leiden selber als Tikun (Reparatur) der eigenen Seele dient ?
Die Konzepte sind vielfältig und kompliziert, aber zurück zum Ausgangspunkt.
Da ich mich seit Jahren mit dem Chassidismus eingehend auseinandersetzte (meine Blogs sind voll von chassidischen Themen), bin ich seit jeher an dem Schicksal der Juden in Osteuropa interessiert. Wie reagierte die Chassidut auf den Holocaust und wie sieht sie ihn heute ? Hunderttausende Chassidim kamen um, was heute leider nur allzu selten Erwähnung findet. Deutsche setzten sich vorwiegend mit dem Schicksal des eigenen Judentums auseinander und vergessen dabei häufig die chassidische Bevölkerung Osteuropas oder Osteuropa als Ganzes.
Eine Auseinandersetzung mit der chassidischen Geschichte bedeutet unweigerlich auch eine Auseinandersetzung mit dem Holocaust, und aufgrund vieler Blogartikel bekam ich vor allem aus den USA viele Hinweise, doch einmal genauer über Rudolf Kastner sowie seinen Zug zu berichten. All die Zeit zuvor hatte ich mich weder mit Kastner noch dessen Prozeß in Israel auseinandergesetzt. Klar, kennen wir alle Oskar Schindler oder Raoul Wallenberg, aber was ist mit Kastner oder einer Hannah Senes ? Wer befasst sich mit diesen Leuten, wenn er nicht gerade ein professioneller Historiker ist ?
In Israel ist Rudolf Kasztner (Kastner) nach wie vor ein Begriff und seinem negativen oder positiven Mythos wurde nie ein Ende gesetzt. In Israel wegen Nazikollaboration verurteilt und im Jahre 1957 aus einem angeblichen Racheakt heraus erschossen, ist es nie gelungen, den "Fall Kastner" tatsächlich zu klären. Kastner, selbst ungarischer Jude, der einen "Pakt mit dem Teufel Eichmann" einging, um ca. 1700 ungarische Juden in die Schweiz zu befördern. Die Juden auf dem Kastner Zug wurden gerettet, doch warum wurden all die anderen (ca. 450.000 ungarischen Juden) nicht oder kaum gewarnt ? Wieso zahlten Reiche Geld und Diamanten, um ihre Freiheit zu erkaufen und der Rest wurde in die Gaskammern von Auschwitz deportiert ?
War Kastner ein Held wie Schindler oder ging es ihm einzig und allein um Geld und Macht ?
Welche Rolle spielte das Judentum selber und ist nicht stetig die Rede von den religiösen Zionisten, die sich da selbst in Sicherheit brachten und die Chassidim zurückliessen ? Welche Rolle spielten die chassidischen Rebbes und was ist dran an den bis heute anhaltenden Behauptungen ?
Der "Fall Kastner" ist mehr als hintergründig, denn in Israel führte er während des besagten Prozesses auch zu einem Politikum. Das Jerusalemer Holocaust Museum "Yad VaShem" befasst sich bis heute noch mit Kastner, das Haifaer Folmfestival bietet demnächst einen Film über die Ermordung Kastners an etc. Und auch ich werde auch viele Quellen bezüglich des ungarischen, des chassidischen Judentums sowie auf Kastner eingehen. Noch sammele ich viele Informationen zusammen und erhielt dabei einige Mithilfe von Chassidim sowie einem Kommentator auf meinem engl. Blog SHEARIM.
Wer noch mehr Informationen beisteuern kann, ist dazu eingeladen. Vornehmlich über Kastner, das ungarische Judentum, religiöse Zionisten sowie unter anderem über die Rabbiner Chaim Michael Dov Weissmandl oder Rabbi Yissachar Teichtal.
Eines jedoch sollte ganz klar herausgestellt werden:
Weder Rudolf Kastner noch das Judentum trifft die Schuld am Holocaust. Es darf niemals übersehen werden, dass einzig und allein Deutschland (inclusive seiner hilfreichen Verbündeten und das angeschlossene Österreich) für die Ausrottung von sechs Millionen Juden verantwortlich ist. Wie die Berichte auch immer ausfallen mögen, einen Freispruch für Deutschland wird es niemals geben !
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Meine Berichte werde ich von meinem chassidischen Blog aus auf Hamantaschen verlinken. Ebenso wird alles in Englisch einzusehen sein.
Links:
"Rebbe Teitelbaum und der Kastner Transport"
"Rebbe Teitelbaum and the Kastner Transport"
In englischer Sprache, doch beachte man die interessanten Kommentare des Mikey, der sich da als Pro - Kastner erweist.
"Der Sinneswandel des Rabbi Yissachar Shlomo Teichtal"
Die kontroverse Unantastbarkeit
Die chassidische Reaktion auf den Holocaust
Das "Yad Vashem" in deutscher Sprache
Zur Hilfe von Spuren - Infosuche gründete ich auf FACEBOOK eine Gruppe: "Hungarian Jewry and the Kastner Train".
Und wer sich nicht gerade besonders für den Chassidismus interessiert, der kann immerhin so einiges über das einstige ungarische Judentum lernen.
Labels:
Chassidut,
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Interessanter blog. ..and ein interessantes Leben, das Sie haben...
AntwortenLöschenB"H
AntwortenLöschenThanks for the compliment.
Mein Leben ist definitiv niemals langweilig.:-)))
Gruesse aus Jerusalem !