Donnerstag, Oktober 02, 2008

Parashat VaYeilech



B"H

Die Thoralesung für diesen Schabbat

Dieser anstehende Schabbat wird ebenso "Schabbat Teshuva" genannt. Der Schabbat zwischen Rosh HaShana und Yom Kippur steht wieder einmal mehr für die Gelegenheit der "Teshuva - Umkehr" zu G - tt".

Am Rosh HaShana (Jüdischem Neujahr) an diesem Dienstag und Mittwoch wurde die gesamte Welt von G – tt gerichtet. Juden sowie Nichtjuden, wobei ein kleiner Unterschied besteht; nämlich der, dass das Schicksal der Juden erst am Yom Kippur (Beginn: am kommenden Mittwoch abend, Ende: Donnerstag abend) endgültig von G – tt entschieden wird. Bis nächste Woche also haben Juden noch Zeit, G – tt zu einem eventuell milderen Urteil umzustimmen.
Während dieser zehn Tage zwischen Rosh HaShana und Yom Kippur befinden wir uns in den "Aseret Yamei Teshuva", in den Tagen, in denen wir G – tt durch etwaige gute Taten unsererseits gnädig stimmen können.

Rosh HaShana ist vorüber und das Fest selbst verlebte ich mit sämtlichen "Ups and Down", die man nur haben kann.
Schon einen Monat zuvor, am Rosh Chodesh Elul, beginnen die Vorbereitungen. Man soll G – tt um Vergebung bitten, ggf. versprechen, sich zu besser und und und. Als aschkenazische Juden vor dem Fest selbst mit den Selichot – Gebeten begannen, nahm ich mir natürlich auch vor, zur Klagemauer (Kotel) zu gehen. Allerdings endete mein Vorhaben so, dass ich absolut keine Zeit fand und zu gar nichts kam. Das soll nun keine Ausrede sein, aber ich hatte, ehrlich gesagt, keine Zeit irgendetwas nach Mitternacht zu beten. Täglich sah ich Tausende Menschen aus allen Landesteilen zur Kotel strömen und ich selbst fühlte mich dabei miserabel, denn ich stand mehr als unter Zeitdruck. Und wenn ich denn einmal Zeit hatte, schlief ich glattweg ein.

Am letzten Sonntag abend vor Rosh HaShana wollte ich dann unbedingt an der Kotel Selichot beten. Und dann kam wieder etwas dazwischen und es wurde nichts. So begann ich das Fest ohne jegliche Selichot.
Am ersten Tag von Rosh HaShana sollte dann alles nachgeholt werden: Synagoge, intensive Gebete, Schiurim (Vorträge zwischendurch), eben alles nur Erdenkliche.
Und wieder war es nichts. Beim "Schema Israel" schlief ich halb ein und beim nachfolgenden Schiur dann tatsächlich ganz.
Nicht aus Langerweile, sondern einfach vor Erschöpfung. Plötzlich war ich nicht mehr am herumstressen, sondern hatte Ruhe; und dann kam die Müdigkeit zum Vorschein. Ich sah mein Rosh HaShana schon ruiniert. Nichts gelang und ich war deprimiert, gab jedoch die Hoffnung noch nicht auf.

Beim Essen bei Rabbi Machlis schlief ich fast genauso ein und in wachen Momenten aß ich soviel, dass danach alles vorbei war.
So dümpelte der erste Feiertag so vor sich hin und am Abend wollte ich einfach nur noch ins Bett und nicht mehr zurück zu den Machlises. Freunde zogen mich dennoch mit und dann traf ich auch noch auf eine weitere Bekannte beim Festtagsschmaus. Sarah Shirel hörte sich meine Klagen an; dass mir nichts gelang und so. Das Fest schien gelaufen. Um mich herum waren alle tüchtig am Beten und ich saß nur platt daneben.

"Du mußt an die Sache anders herangehen", meinte Sarah Shirel. "Nimm das alles als Zeichen von G – tt. Vielleicht will Er ja verdeutlichen, dass Du zuviel arbeitest und einfach einmal eine Ruhepause einlegen solltest. Und was ist schon mit all den Leuten, denen die Beterei gelingt ? Sind die wirklich immer so toll und fromm ? Verursacht die ständige, vielleicht sogar erfolgreiche Beterei, nicht eine gewisse Arroganz derjenigen ?

Sarahs Bemerkungen mögen pathetisch klingen, doch mir halfen sie ungemein. Da hängt man sich vor Rosh HaShana so hinein; G – tt um Verzeihung bitten oder nicht, sein Leben verbessern zu wollen oder nicht … Bei vielen Leuten, auch bei mir, kommt dann streß auf und sobald der Tag da ist, geht alles schief. Nichts mehr mit Intension und so, sondern nur noch das Gefühl der Ausgelaugtheit. Muß man sich deswegen jetzt schämen ? Ich denke nicht, denn trotz Halachot hat jeder Einzelne seinen eigenen individuellen Zugang zu G – tt und nicht immer funktioniert alles so perfekt, wie wir uns das vorstellen.

Einer der Rabbiner, welche das AISH HATORAH Programm am Rosh HaShana leitete war Rabbi Yaakov Marcus. Und Rabbi Marcus war es dann, der den Sinn Rosh HaShanas in einfachen Worten definierte:

"Es geht nicht nur darum, unsere Perfektheit zu beweisen. Eine Perfektheit, die niemand von uns besitzt und gar nicht haben kann. Viemehr schaut G – tt in diesen Tagen darauf, ob wir Ihm näher kommen oder uns von Ihm abwenden bzw. entfernen".

All diese Beispiele sind gewiß keine Entschuldigung für ein eventuell verkorkstes Rosh HaShana; vielmehr sollen sie denjenigen Mut machen, die auch einmal einen schlechten Tag haben, obwohl sie eigentlich mit soviel Enthusiasmus an die Sache gegangen waren. Nicht immer verläuft im Endeffekt alles so, wie wir uns das vorgestellten hatten und damit wir in keine Krise rutschen, sollten wir uns lieber darauf auf Positives konzentrieren. Auf das, was uns gelingt.

Ich denke, dass diese Erkenntnis zum Rosh HaShana und Yom Kippur sehr wichtig sind. G – ttes Gebote sind nicht dazu da, uns in Depressionen und unnötigen Streß zu treiben, sondern wir sollen sie aus Freude erfüllen. Und falls es einmal nicht so klappt, ist es besser das mitzunehmen, was übrigbleibt, anstatt sich völlig hängen zu lassen.


Die perfekte Teshuva ?


Die dieswöchige Thoralesung ist sehr kurz und hier noch ein paar knappe Worte dazu:

In Parashat VaYeilech findet das Hakhel Erwähnung, welches alle sieben Jahren und ein Jahr nach dem Schemittah - Jahr am ersten Tag des Chol HaMoed Sukkot (der erste Zwischenfeiertag des Laubhüttenfestes) gelesen wird. Hierbei wird das gesamte Buch Deutoronomy (Sefer Devarim) gelesen. Früher las es der König dem Jüdischen Volk im Tempel vor und heute findet die Hakhel - Zeremonie vor der Klagemauer statt. Beim letzten Mal, im Jahre 2001, war ich anwesend und es war ein überwältigendes Ereignis gewesen. Nachgebaute Trompeten aus dem Tempel wurden geblasen und leiteten die Zeremonie ein. Danach lasen abwechselnd sephardische und ashkenazische Rabbiner die Thoraabschnitte vor. Der Platz vor der Kotel (Klagemauer) war komplett überfuellt und jeder wollte dabeisein.

An den Feiertagen, vor allem am Yom Kippur, werden wir mit Gebeten nur so überflutet. In dem Moment, in dem wir inmitten des Gebets nachdenken und es intellektuell analysieren wollen, verlieren wir total den Faden. Wir denken nach und nichts kommt mehr vom Herzen. Aber es ist äußerst wichtig, dass das Gebet vom Herzen kommt und daher sollte der Gebetsinhalt vielleicht daheim zu einem späteren Zeitpunkt intellektuell analysiert werden.

Schabbat Schalom

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