Montag, November 02, 2009

Darf der Sohn aus einer "Mischehe" bei seiner Bar Mitzwah aus der Thora lesen ?

B"H

Rabbi Moshe Feinstein (1895 - 1986) war weltbekannt für seine halachischen Entscheidungen. Er war der "Posek HaDor - der Halachaexperte der Generation" und mir ist niemand bekannt, der an seinen Entscheidungen zu rütteln wagte. In Weissrussland geboren, zog Rabbi Feinstein im Jahre 1936 nach New York und lebte dort bis zu seinem Tode.

Seine Sammlung halachischer Entscheidungen ist in dem Buchband "Iggerot Moshe" einzusehen.
Hier ein kleiner Auszug daraus, in welchem es um die Frage geht, ob ein Sohn aus einer "Mischehe", in dem Fall ist eine Jüdin mit einem nichtjüdischen Mann verheiratet, an seiner Bar Mitzwah aus der Thora lesen darf.
Die halachische Entscheidung Rabbi Moshe Feinsteins dazu ist im Paragraphen (Siman) 73 zu finden.

Rabbi Moshe Feinstein:
Ich wurde von einem Rabbiner gefragt, ob der Sohn einer Jüdin, die mit einem Nichtjuden verheiratet ist, auf seiner Bar Mitzwah aus der Thora lesen darf.

Anmerkung: Es ist allgemein üblich, dass ein Bar Mitzwah - Junge (bei Vollendung des 13. Lebensjahres) bei der Feier zur Thora aufgerufen wird und einen bestimmten Abschnitt daraus liest.

Der Sohn einer Jüdin ist einwandfrei Jude, selbst wenn der Vater Nichtjude sein sollte. Daher hat er bei seiner Bar Mitzwah die Aufgabe, aus der Thora vorzulesen. In diesem Falle aber ist die Mutter noch mit dem Nichtjuden verheiratet, und somit besteht eine andere Regelung für den Jungen. Solange die Eltern in einer Mischehe leben und sich die Mutter noch nicht von dem nichtjüdischen Gatten getrennt hat, darf der Sohn, selbst wenn er Jude ist, bei seiner Bar Mitzwah - Feier NICHT zur Thora aufgerufen werden.
Begründung: Es könnte bei solch einer Feier Freude aufkommen und diese ist in dem Fall kaum gegeben, solange die Mutter noch in einem solch zweifelhaften Verhältnis lebt. Außerdem wäre ein Thoraaufruf kein gutes Beispiel für andere jüdische Kinder, die entweder auch Bar Mitzwah feiern oder aus anderem Grund anwesend sind.

24 Kommentare:

  1. Schoschana3:25 PM

    sehr interessant.
    wenn sich in deutschland die gemeinden ernsthaft an die rulings von r' moshe halten würden, dürfte wohl bald so ziemlich niemand mehr zur tora aufgerufen werden...

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  2. Ich kenne keine Gemeinde, die das tatsächlich so praktiziert.
    Es wäre auch reichlich unklug, wenn man bedenkt, dass sich ein jüdisches Kind durch eine solche Praxis diskriminiert fühlt und letztendlich die Verbindung zu seinem Judentum verliert.
    Wie lange soll es denn ein solches Aufruf-Tabu geben? Was ist, wenn der junge Mann über das Bar Mizwah-Alter schon lange hinaus ist und die Mutter noch immer in der Mischehe lebt, der Sohn sich aber für ein observantes Leben entschieden hat?

    PS: Jude ist, wer eine jüdische Mamme hat. Ohne Wenn und Aber. Diese halachische Entscheidung von Feinstein finde ich schon ziemlich unsinnig. Die Meinung eines Rabbiners, die zum Glück nicht verbindlich ist, denn die Gesetze macht noch immer G'tt allein.

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  3. B"H

    Manchmal sind Halachot ein knallharter Fakt und danach geht R. Feinstein hier. Obwohl dies nicht in all seinen Entscheidungen so ist.

    Ich beziehe mich jetzt einfach einmal auf die haredische bzw. nationalrelig. Gesellschaft:
    Falls der beschriebene Fall auf eine dieser Richtungen bzw. deren Gemeinden zutraefe, wuerde man den Jungen nicht zur Thora aufrufen.

    Das Problem ist natuerlich, dass der Junge nichst fuer seine Eltern kann, doch die Mutter eine gewisse Verantwortung zeigen sollte. Und das schon vor der Ehe.

    Gute Frage, wie lange das Tabu gilt ? Keine Ahnung.

    Wie ich in einem vorherigen Artikel sagte: Die Thora wurde im Himmel gemacht, doch bedarf es fachgerechter Interpretation der Gesetze. Siehe die Gemara und die folgenden Halachot.

    Rabbi Feinsteins Entscheidung ist vollkommen richtig, denn seine Gruende sind eindeutig. Ob nun die Leute zustimmen oder nicht.
    Und nebenbei gesagt, R. Feinstein war und ist. neben R. Zalman Auerbach, einer DER Poskim.

    http://hamantaschen.blogspot.com/2008/03/die-thora-ist-nicht-im-himmel.html

    http://hamantaschen.blogspot.com/2009/11/biblische-und-rabbinische-gesetzgebung.html

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  4. Schoschana8:07 PM

    wir haben einen unserer rabbiner dazu befragt - seine antwort:
    jeder fall wird einzeln betrachtet. man könne nie generalisieren und zu jeder gemachten halacha, selbst wenn sie von r' feinstein gemacht wurde. und in obiger entscheidung wäre die barmizwa letztendlich in gegenwart rav feinstein in israel gemacht worden!!

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  5. Gib's ihm, gib's ihm
    oder eher
    Gib's ihr, gib's ihr?

    Wem gibt man es da eigentlich: der Mutter oder dem Kind?

    Auf jeden Fall: es lebe die Scheidung!

    DAs ist es, glaube ich, was man aus dieser Antwort herauslesen kann...

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  6. B"H

    @ Schoschana

    Vielleicht sorgte ja Rabbi Feinstein persoenlich dafuer, dass niemand negatov beeinflusst worden ist.:-))))


    @ Gib

    Dass, was man aus derlei Faellen herauslesen sollte ist, dass man sich vorher ueberlegen sollte, wen man heiratet. Das Kind traegt keine Schuld, doch die Mutter.
    Derjenige Jude, der einen nichtjued. Partner heiratet, ist schuld und nicht der nichtjued. Partner oder die spaeteren Kinder.

    Aus solchen Ehen entsteht vielfach ein riesiges Chaos, wenn es um halachische Fragen geht. Selbst dann, wenn die Mutter Juedin und das Kind somit Jude ist.
    Beispiel: Spaetere Ehepertner sind eventuell nicht bereit, dass Kind aus solch einer Ehe zu heiraten.

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  7. Anonym10:39 AM

    Eine Frage
    an “ Reb Ron Yitzchak“:
    “Und mit welchem Namen wird so ein Sohn, der nur eine jüdische Mutter hat, zur Thora gerufen?“

    Rachel

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  8. Schoschana11:42 AM

    "
    Aus solchen Ehen entsteht vielfach ein riesiges Chaos, wenn es um halachische Fragen geht. Selbst dann, wenn die Mutter Juedin und das Kind somit Jude ist.
    Beispiel: Spaetere Ehepertner sind eventuell nicht bereit, dass Kind aus solch einer Ehe zu heiraten."

    das ist eine übertreibung. es gibt soooo viele faktoren für eine eheschliessung, dass vielfach sogar über einen solchen "makel" hinweggesehen wird. wenn der zukünftige schiegersohn ein hochem ist oder wenn er geld hat oder anderes. wenn er passt, dann passt er auch mit einem makel. schliesslich gibt es in den familien, die zwar super jiches haben, auch diverse makel: krankheiten, scheidungen, unverheiratete, was auch immer. nobody is perfect.
    also auch hier kann man nicht generalisieren und orakel an die wand malen. natürlich ist es besser, wenn von vorneherein jüdische ehen geschlossen werden. im fall aber, dass es eben nicht so war und aus dieser ehe ein immerhin halachisch jüdisches kind hervorgeht (wie im obigen fall), welches ins judentum zurück will, gibt es nicht wenige rabbiner, die hier dann auch vernünftige, lebenszugewandte hilfestellung leisten. nicht alle sind so grausam, wie es nun suggeriert wurde. da wird ja ein ganz furchtbares bild von der orthodoxie gemalt.

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  9. Anonym12:41 PM

    @rachel

    in der regel mit "ben awraham".

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  10. B"H

    Ich male kein Bild von der allgemeinen Orthodoxie bzw. Juden, die sich darin wiederfinden. Vielmehr beziehe ich mich auf haredische oder auch einige nationalrelig. Kreise, wo solch ein Schidduch nicht in Frage kommen taete. Selbst nicht mit Cash.

    Von vornherein taete ein Schadchan solch einen Schidduch gar nicht erst vermitteln. Unter anderem spielt eine Rolle, dass man keine nichtjuedischen Verwandten haben will. Ferner ist es auch wieder eine Angelegenheit des Einflusses auf die Seele.

    Bezogen auf Krankheiten: In vielen haredischen Ausrichtungen ist es seit vielen Jahren ueblich, vor der Hochzeit oder ueberhaupt erst der Zustimmung, einen DNA - Test zu machen.

    Genau genommen landen Kinder mit einem nichtjued. Elternteil immer bei gleichartigen Schidduchpartnern.

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  11. Anonym2:53 PM

    @ anonym

    Ich hätte meine Frage gerne von “ Reb Ron Yitzchak“ beantwortet gehabt.

    Du magst zwar Recht haben , anonym - aber auch da gibt es wieder die Möglichkeit einer Scheijle... und somit eine andere Lösung.

    Rachel

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  12. Ich kenne nur den Fall, dass es dann "ben Awraham" heißt. Manch ein Rabbiner hört auch gern "ben Awraham Awinu"(habe ich mal gehört), aber das würde wohl für Verwirrung sorgen, da man den Aufgerufenen dann womöglich für einen Konvertiten hält.

    Ich weiß es nicht genau, denn ich habe einen jüdischen Vater und werde als Yitzchak ben Yisrael aufgerufen ;)

    Wie auch immer. Ich sehe einfach das Problem, dass man Kinder verprellt und ihnen den Höhepunkt einer besonderen Feier nimmt. Und gerade die Bar Mitzwah-Feier sollte eigentlich die Verbindung des Kindes zum Judentum festigen. Stattdessen wird bei dieser "Halachah" der Vater mit ins Spiel gebracht, obwohl dieser für den jüdischen Status eines Menschen vollkommen irrelevant ist.Tut mir leid, aber das wirkt einfach rassistisch und diskriminiert jüdische Kinder, weil ihre Mütter einen Lebensweg gewählt haben, der in religiösen jüdischen Kreisen nicht unbedingt erwünscht ist. Nennen wird es einfach ungerecht...

    PS: Wenn die Mutter schon in einer Mischehe lebt, das Kind aber trotzdem seine Bar Mitzwah feiern soll, finde ich das seitens der Eltern sehr vorbildlich und es zeigt, dass ihnen das Judentum nicht gerade egal ist ;) Schade für das Kind, wenn es dann so behandelt würde...

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  13. B"H

    @ Ron

    Abgesehen von all den Emotionen, die involviert sind: Es gibt eine Halacha und nicht jeder kann einfach nur aus Emotionen heraus handeln.

    Natuerlich kann das Kind nichts dafuer, aber, und das hoert sich furchtbar buerokratisch an, es bestehen Regeln.

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  14. Anna Nym5:27 PM

    Ja, weil Menschen, und wenn sie ein noch so hohes Ansehen als Gelehrte haben, in ihrer menschlichen Ignoranz noch immer jedes gesunde Leben in Bürokratie erstickt haben! Die Tora wäre besser im Himmel geblieben, die Menschen treten nur auf ihr herum und nehmen ihr damit ihren Sinn! Ich bin komplett dagegen, daß irgendein Mensch irgendeine religiöse Autorität hat, Menschen mit all ihren Voruteilen und Fehlern sind einfach von Natur aus nicht für ein solches Amt befähigt.

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  15. B"H

    Ich glaube kaum, dass jemand, der da interpretiert, die menschliche Seite ignoriert. Dennnoch sollte er auch die halachischen Richtlinien nicht ignorieren.

    Uebrigens, Rabbi Feinstein war nicht gerade der Typ, der Gefuehle ignorierte.

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  16. Auf dem Blog "Daas Torah" findet zum selben Thema eine Diskussion statt.

    http://daattorah.blogspot.com/2009/11/rav-moshesanctions-against-intemarried.html

    Was man dort an hasserfüllten Kommentaren (gegen Kinder aus "Mischehen") liest, könnte einem glatt den Appetit verderben.

    Klingt ganz ähnlich wie der primitive Ausländerhass in unseren Breitengraden. Daraus ziehe ich das Fazit: Offensichtlich ist es nicth gut, in einer zu homogenen Gesellschaft zu leben, es kann passieren dass sich ein Bodensatz von dummen und intoleranten Menschen bildet.

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  17. B"H

    Ist ja interessant, dass andere das Thema zur gleichen Zeit aufnehmen.

    Ich bin gestern lediglich darauf gekommen, weil ich einen der "Iggerot Moshe" Baende zur Hand nahm und nach einem Thema suchte, ueber das ich zu schreiben beabsichtigte.
    Irgendwie kam ich auf das obige Thema beim Blattern und da es nicht uninteressant ist, stellte ich es in den Blog.

    In der jued. relig. Welt gibt es allerlei Vorbehalte und oft werden Kinder aus solchen "Mischehen" schlechter angegangen als Konvertiten zum Judentum.

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  18. Schoschana6:21 PM

    @ ron

    "Manch ein Rabbiner hört auch gern "ben Awraham Awinu"(habe ich mal gehört), aber das würde wohl für Verwirrung sorgen, da man den Aufgerufenen dann womöglich für einen Konvertiten hält."

    hups, "ben avraham avinu"?!? wo gibt's denn sowas?
    pittoreske rabbiner... eigentlich gehört so etwas nur in die dokumente, z.b. in die ketubbah - als aufruf habe ich das noch nie gehört (und so jung bin ich nun auch nicht mehr ;).

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  19. Anonym7:32 PM

    Ben oder Bat awraham avinu steht in Giurdokumenten.

    "da man den Aufgerufenen dann womöglich für einen Konvertiten hält."

    Was wäre daran schlimm oder anders gefragt, gibt es da doch zweierlei Maß?

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  20. Das wäre nicht schlimm, aber da wir hier letztendlich über den Status eines Juden reden, hielt ich das zumindest für diese Diskussion für nicht gerade irrelevant.

    Als Aufruf habe ich es auch noch nicht gehört, aber ich kenne nun mal die Meinung eines Rabbiners, der - wenn er es genau nimmt - Awraham Awinu sagen würde. Und ich gehe einfach mal davon aus, dass er nicht der einzige Rabbiner ist, der diese Meinung vertritt, auch wenn es eine eigentlich zweitrangige Frage ist.

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  21. Schoschana10:13 AM

    "
    Was wäre daran schlimm oder anders gefragt, gibt es da doch zweierlei Maß?"

    es ist überhaupt ! nicht schlimm, nur ist es überhaupt nicht üblich, so aufzurufen. weil wir eben keine unterscheidung machen, nur in den legalen papieren muss das festgehalten sein - nicht zuletzt, um manchmal zu prüfen, was für ein giur gemacht wurde.

    warum der rabbiner von ron nun unbedingt die gerim als gerim erkennbar haben will im alltag, entzieht sich meinem verständnis. ich verstehe einfach nicht, was das an klarheit bringen soll... scheint mir ein persönliches steckenpferd zu sein und ist definitiv hinterfragbar.

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  22. Ich habe an keiner Stelle geschrieben, dass mein Rabbiner darauf besteht. Gerim gibt es in unserer Gemeinde sowieso nicht. Unser Rabbiner wäre außerdem der letzte, der irgendwelche Unterschiede machen würde.

    Ich fragte ihn einfach mal, welchen hebräischen Namen ein Jude bekommt, der einen gojischen Vater hat und er sagte "Awraham Awinu", that's it. Gut möglich, dass er beim Aufruf auf das Awinu verzichten würde. Zum offiziellen Namen soll es aber dazugehören.

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  23. Anonym1:33 PM

    Wenn ich mich nicht gerade irre, würde man dann auch die für Konvertiten halten, die doch überhaupt keine sind, wenn sie so aufgerufen werden, nur weil sie allein eine jüdische Mutter haben.

    Schlimm zwar nicht, aber doch auch irgendwie falsch (?).

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  24. Schoschana4:35 PM

    "Wenn ich mich nicht gerade irre, würde man dann auch die für Konvertiten halten, die doch überhaupt keine sind, wenn sie so aufgerufen werden, nur weil sie allein eine jüdische Mutter haben"

    genau so ist es. so wird es bei uns in der gmeinde z.b. so praktiziert und wir sind ziemlich orthodox.
    aber so what?
    bei aufrufen hat das doch überhaupt keine relevanz! wir rufen ja nicht auf "cohen, levi, israel, ger" ;)

    wie schon gesagt: relevant ist das bei legalen prozessen wie eheschliessung, scheidung, zeugenschaften (edim) - da also wo papiere anfallen.

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