Dienstag, September 21, 2010

SUKKOT - Das Laubüttenfest

B"H


Sukkot ist neben Pessach und Schavuot der dritte Feiertag, an dem Juden die Mitzwah (Gebot) haben, nach Jerusalem zu pilgern und ein Opfer im Tempel darzubringen. Auch zu unserer Zeit, in der es momentan keinen Tempel gibt, fahren Juden aus aller Welt nach Jerusalem, um an den berühmten Sukkot - Feierlichkeiten teilzunehmen.


Sukkot beginnt in diesem Jahr am Mittwoch abend (22. / 23. September) und wird bis zum 30. September gefeiert.
Bei meinen Zeitangaben ist zu beachten, dass diese NUR für ISRAEL gelten, denn ausserhalb Israels wird neun Tage gefeiert und nicht "nur" acht.


In der jüdischen Mystik sowie in der Chassidut (Chassidismus) heißt es, dass die Spiritualität in Israel aufgrund G - ttes allgegenwärtiger Schechinah (Präsenz) höher ist als im Ausland und damit die Juden in der Diaspora auch ein wenig davon abbekommen, müssen sie noch einen zusätzlichen neunten Tag anhängen.


Dem jüdischen Kalender zufolge beginnt Sukkot am 15. Tischrei. Das Fest ist ein biblisch verankerter Feiertag, an dem wir verpflichtet sind, sieben Tage lang ausserhalb unseres Hauses in Laubhütten (den Sukkot) zu wohnen (siehe Leviticus - Vayikra 23:34, 23:42 + Deuteronomy - Devarim 16:13). G - tt will uns mit diesem Gebot immer vor Augen halten, wie unsere Vorfahren nach dem Auszug aus Ägypten in der Wüste gelebt haben.


Aber warum läßt Er uns ausgerechnet im herbstlichen Monat Tishrei in den Sukkot leben und nicht im frühlingshaften Nissan (April) ?
Im Monat Tishrei ist der nahende Winter schon zu spüren und vor allem im Ausland ist die Mitzwa für sieben bzw. acht Tage in der Laubhütte (der Sukkah) zu leben aufgrund der Wetterlage nicht immer einfach. Zweck ist es, dass wir die Mitzwa aus der Liebe zu G - tt erfüllen und nicht, weil es vielleicht im April wegen des frühlingshaften Wetters ein größeres Vergnügen zu sein scheint.


In Gebieten, in denen kaum Juden leben, sieht man sie seltener: die Sukkah. Meistens eine kleine Hütte mit Wänden aus Holz oder Plastikplane und einem Stroh - bzw. Palmenzweigdach. Wer dagegen nach Israel kommt oder Sukkot im Londoner Golders Green oder Hampstead geschweige denn im New Yorker Boro Park, Monsey, Williamsburgh oder Crown Heights verbringt, dem bietet sich ein immenses Schauspiel. Ein Schauspiel, welches sogar die israel. Presse beeindruckt, denn heute werden in fast allen Tageszeitungen Bilder aus dem Jerusalemer Stadtteil Mea Shearim gezeigt. Dort reiht sich Sukkah an Sukkah. Auf den Dächern, in Höfen oder auf Balkons, keine Fläche bleibt ungenutzt.


Für den Bau einer Sukkah sind gewisse Halachot (Gesetze) zu beachten, welche im Talmud Traktat Sukkah sowie im Shulchan Aruch (Code of Jewish Law) verankert sind. Kurz gesagt darf eine Laubhütte nicht zu niedrige oder nicht zu hohe Wände haben, durch das Dach, dem so genannten S' chach müssen die Sterne am Himmel sichtbar sein und es müssen mindestens drei Wände vorhanden sein.


Die erste Nacht an Sukkot ist das Sitzen, Essen und Trinken in der Sukkah ein uneingeschränktes MUSS. Ausserdem wird ein bestimmter Segen sowie der "Sche Hechiyanu - Segen" gesagt.


Es besteht ein halachisches Gebot in der Sukkah zu schlafen. Gewöhnlich befolgen das die Männer, wohingegen es bei Frauen nicht zu verbreitet ist. Aber natürlich können Frauen genauso in der Sukkah übernachten, keine Frage.


Bei der chassidischen Gruppe Chabad bestehen diesbezüglich andere Regeln, denn Chabad richtet sich hier keineswegs nach dem Schulchan Aruch. Im hauseigenen Chabad - Shulchan Aruch wird erklärt, warum Chabadnikkim NUR in einer Sukkah essen und trinken, jedoch nicht in ihr schlafen:


"In der Sukkah strahlt das Licht G - ttes mit solch eines Kraft, dass es unmöglich ist, in ihr zu schlafen".
Heisst in anderen Worten, dass die g - ttliche Spiritualität dermassen hoch ist, dass wir keinesfalls an solch einem Ort schlafen können".



Wer bei Chabad eingeladen sein sollte, der mache sich darauf gefasst, dass Chabadnikkim selbst den kleinsten Schluck Wasser nur in einer Sukkah zu sich nehmen.


Die Sukkah symbolisiert G - ttes uneingeschränkte Herrlichkeit, welche die Israeliten bei der Wanderung in der Wüste beschützte. Seine Schechinah lag über ihnen und bis heute liegt Seine Präsenz über unseren Sukkot.


Der wichtigste Bestandteil der Sukkah ist das S' chach, das Dach. Das S' chach wird meistens nur auf die Wände aufgelegt und nicht befestigt. Im kabbalistischen Buch "Shushan Sodot" heißt es dazu, dass das S' chach die Obere Welt repräsentiert und daher nicht an die Untere Welt, dem Rest der Sukkah, befestigt ist.
Wer es ganz kabbalistisch mag, dem sei hier das Beispiel gegeben, dass am Tempelberg (Har HaBait) in Jerusalem Himmel und Erde aufeinandertreffen.


Die Sukkotfeierlichkeiten in Jerusalem sind jedes Jahr etwas ganz Besonderes. Im Jüdischen Teil der Altstadt gibt es unzählige Attraktionen und ausserdem findet an den Zwischenfeiertagen (Chol HaMoed) der Segen der Cohanim (Tempelpriester) - Birkat HaCohanim beim Morgengebet Schacharit an der Kotel (Klagemauer) statt. Tausende von Menschen werden sich zu diesem Ereignis an der Kotel versammeln, einige wenige Fanatiker werden aufs Neue versuchen, den Tempelberg zu stürmen und die Shops vermelden einen riesen Umsatz.


Die Altstadt riecht nach Zuckerwatte (Searot Savta) und sämtliche Fressalien gehen über die Ladentische. Ein kleiner Tip sei angebracht: Bringt Euch Euer Essen und Trinken selbst mit, denn die Preise werden zu unverschämt sein.


Attraktionen sind Besuche in der Ir David - der Stadt König Davids, innerhalb des arab. Dorfes Silwan ausserhalb des Tempelberges oder der Besuch im Jerusalemer Archäologischen Park gleich neben der Klagemauer.


Die Ir David ist eintrittsfrei, doch wer an den Tunnelführungen teilnehmen will, muß mit einem Unkostenbeitrag von ca. 30 Shekeln rechnen. Der Eintritt in den Archäologischen Park bewegt sich um die 25 Shekel, plus oder minus. Richtig teuer wird es am Jaffa Tor, wenn Ihr plant den "Tower of King David" zu besichtigen. Hier sind mind. 40 Shekel zu zahlen.


Allabendlich sprechen wir in der Sukkah einen besonderen Segen über die Ushpizin. Das Wort "Ushpizin" kommt aus dem Aramäischen und bedeutet "Gäste". Mit den Gästen sind Avraham, Yitzchak, Yaakov, Moshe, Aharon, Yosef und König David gemeint, die unsere Sukkot besuchen. Sephardische Juden plazieren sogar einen extra Stuhl für einen der Gäste in ihre Sukkah.


Eine besonders wichtige Mitzwah an Sukkot ist der Lulav, ein Palmenzweig, Myrtelzweige, Weidenzweige und die gelbe Zitrusfrucht, der Etrog. Die Mitzwa stammt aus der Thora und allmorgentlich schütteln wir den Lulav während des Morgengebetes Shacharit in alle sechs Himmelsrichtungen, was ausdrückt, dass G - tt überall present ist.


Chabad wird mehrere Lulavstände bereithalten, damit auch wirklich alle Juden diese Mitzwa ausführen können. Zwei der Stände werde in der Altstadt am Cardo sowie am Zions Square in der Stadtmitte sein. Auch Frauen schütteln den Lulav und nicht nur Männer !!!

In der naechsten Woche finden die berühmten Simchat Beit HaSchoeva - Feierlichkeiten statt. Zu Tempelzeiten wurde Wasser aus dem Shiloach hinauf in den Tempel gebracht. Eine besonders festliches Event von dem es im Talmud Sukkah 51b heißt: "Wer niemals das Simchat Beit HaShoeva sah, hat noch niemals richtige Freude in seinem Leben empfunden".


Zu Simchat Beit HaShoeva finden in der Altstadt viele Feierlichkeiten statt. Unter anderem ein Chabad - Konzert im Cardo. Wer es dagegen richtig aufregend haben will, der gehe nach Mea Shearim zu den chassidischen Gruppen. Wer dort teilnimmt, der wird wirkliche Freude in seinem Leben empfinden. Bei den Gruppen Toldot Aharon sowie Avraham Yitzchak wird mächtig gefeiert werden und ich werde fast mein gesamtes Sukkot mit diesen Gruppen verbringen ebenso wie mit der Chassiut in Bnei Brak.


Am Morgen des 29. September findet an der Kotel ein für Aussenstehende seltsames Schauspiel statt und es empfiehlt sich, frühmorgens gegen 5.00 Uhr dort zu sein. Nach dem Morgengebet Schacharit werden die Hoschanot - Weidenzweige auf den Fussboden geschlagen. Dieser Tag, Hoschana Rabbah, ist der allerletzte Tag, an dem G - tt uns doch noch in das Buch des Lebens einschreiben kann. Chassidim sowie Kabbalisten wiederum sagen, dass die absolut endgültige Entscheidung erst an Chanukkah fällt.


Hoschana Rabbah ist einer meiner liebsten Feiertage, obwohl ich nicht immer die Hoschanot auf den Boden schlage, um so symbolisch meine Sünden loszuwerden. Dennoch, die Atmosphäre ist einzigartig und ich kann jedem nur raten, der Zeremonie an der Klagemauer beizuwohnen.


Am Abend von Hoschana Rabbah feiern wir Simchat Thora (Shemini Atzeret). In Israel sitzen wir sieben Tage in der Sukkah, im Ausland dagegen acht. Am achten Tag, also an Simchat Thora, tun wir dies in Israel schon nicht mehr.


Shimini Atzeret ist ein biblischer eigenständiger Feiertag, den G - tt, laut Kommentatoren, hinzufügte, weil Er noch einen weiteren Tag mit uns feiern wollte.


In Israel fallen Shemini Atzeret und Simchat Thora auf ein und denselben Tag, an dem wir die die Thora zuende lesen und gleich darauf aufs Neue mit den Lesungen beginnen (mit Genesis - Bereshit). Wir feiern, die Beendigung der Thora und gleichzeitig den Neubeginn.


In allen Synagogen wird Simchat Thora ausgiebig und feuchtfröhlich gefeiert, jedoch nirgends so enthusiastisch wie in Mea Shearim. Der Alkohol fliesst in Strömen und überall tanzen die Leute in den Strassen. In den Synagogen sind die Hakafot, das Tanzen mit den Thorarollen, sehenswert.


Ebenso ist Sukkot dafür berühmt, dass auch Nichtjuden nach Jerusalem kommen. Leider sind deren Feierlichkeiten heutzutage leider fast nur zur Judenmission ausgeartet. Sicher gibt es viele aufrichtige Christen, die kommen, aber wie schon erwähnt, machen sich auch viele Schwarze Schafe breit und meinen, sie müssen sich auf Juden stürzen, um sie zu missionieren. Wir sind immer alle wieder froh, wenn solche Leute ihre sieben Sachen packen und abreisen.


Anmerkung: Die Thoraparasha gibt es erst wieder zum 2. Oktober mit der Parashat Bereshit - Genesis !!!


Trotzdem wünsche ich allen schöne Feiertage, Chag Sameach und für die Zwischentage an Sukkot ein Herzliches Moadim Le' Simcha aus Jerusalem.




Sukkot in Mea Shearim







Eine Sukkah in der Fußgängerzone Ben Yehudah








Eine koschere Sukkah in Auschwitz


An jedem Sukkot (Laubhüttenfest) erzählt Rabbi Mordechai Machlis regelmässig dieselbe Story von der koscheren Sukkah (Laubhütte) in Auschwitz. Dies tut er für seine Familie sowohl als auch für seine vielen vielen Gäste.


Die Story handelt von seinem Freund und Lehrer Rabbi Yitzchak Traube. Rabbi Machlis schließt jedesmal mit den Worten, dass er nicht wisse, ob ein ähnliches Ereignis jemals stattgefunden hat und ob Rabbi Traube das ihm Wiederfahrene je veröffentlichte. Die Zuhörer sind jedesmal aufs Neue erschüttert. Ich möchte die Story hier erzählen, auch im Gedenken an Rabbi Yitzchak Traube.


Rabbi Yitzchak Traube war einige Jahre im Vernichtungslager Auschwitz inhaftiert. Jeden Morgen wurden er und seine Mithäftlinge gezwungen zur Arbeit zu gehen. Dazu mußten sie eine bestimmte Lagerstraße entlang marschieren.


Sukkot stand kurz bevor und als Rabbi Traube die Straße entlang ging, sah er zufällig kleine Zweige am Wegrand liegen. Er schaute zur Seite und sah dort ein ehemaliges Gebäude, doch jetzt nur noch eine Ruine. Nur ein paar Wände ohne dach waren noch vorhanden. Mit dem Fuß trat er kleine Zweige weiter an die Seite. Er mußte dabei sehr vorsichtig vorgehen, denn die Bewacher könnten aufmerksam werden.


Am Abend von Sukkot verließ er unbemerkt seine Baracke und lief an die Stelle, an der sich die Zweige und die Ruine befanden. Er begab sich dadurch in höchste Lebensgefahr, denn seine Entdeckung hätte die sofortige Hinrichtung bedeutet. Er legte die Zweige über die Mauern und baute so eine koschere Sukka. Außerdem hatte er etwas Brot zusammen gespart, welches er aß.


Im Angesicht des Todes mitten in Auschwitz erfüllte er das Gebot, in der ersten Nacht von Sukkot in der Sukkah zu sitzen, den Segen zu sprechen und zu essen.

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