Freitag, September 03, 2010

Zweifel am Gebet

B"H

Vor weit mehr als zehn Jahre als ich in die haredische (ultra - orthodoxe) Welt einstieg, stiegen in mir so mancherlei Zweifel an vielen Gebetssätzen auf und in diesen Tagen als ich einige Texte zum Rosh HaShana vorbereitete, stiess ich auf ein Buch mit ähnlichem Inhalt. Eine Episode wurde mir besonders in Erinnerung gerufen.

Zu jenen Gebetsinhalten, die mich verwirrten, gehörte der Satz aus dem Morgengebet "Schacharit", in welchem wir G - tt danken, uns erschaffen zu haben. Dieser Satz ist für Männer und Frauen verschieden:

- Männer danken G - tt, dass Er sie nicht als Frau erschuf.

- Frauen danken G - tt, dass dieser sie in Seinem Ebenbild erschuf.

Ohne Zweifel klingen die beiden, nach Geschlechtern getrennten, Versionen, seltsam. Und wieso wird da überhaupt ein Unterschied gemacht ? Ein Mann dankt G - tt, nicht als Frau erschaffen worden zu sein. Hört sich das nicht so an als sei die Frau irgendein Aussatz ?

Damals befragte ich einige Rabbiner und mir wurde erklärt, dass Frauen aufgrund von diversen Tageszeiten und der Kinderversorgung nicht immer an alle Mitzwot gebunden sind. Unter anderem brauchen sie nicht ständig in der Synagoge erscheinen wie der Mann. Tefillin (Gebetsriemen) sind keine Verpflichtung für eine Frau, obwohl es ihnen nicht offiziell verboten ist. Dennoch ist es in orthodoxen Kreisen heutzutage unüblich für eine Frau, Tefillin anzulegen. Die Kabbalah ist absolut gegen eine Frau mit Tefillin.

Kurz gesagt, die Frau ist durch die Kindererziehung und den Haushalt von einigen Mitzwot befreit bzw. kann diese später ausführen. Und genau hierauf bezieht sich der Gebetssatz des Mannes, wenn er G - tt dankt als Mann erschaffen worden zu sein. Bedeutet: Der Mann dankt G - tt für die breite Vielfalt der Mitzwahausübung und nicht, wie eine Frau, eingeschränkt zu sein.

In der Vergangenheit hatte ich ständig Fragen zu den Gebeten und war oftmals obzessiv auf der Suche nach Antworten.

Nach wie vor befinden wir uns im Monat ELUL und Juden sind angehalten, eine "Cheschbon Nefesch" durchzuführen. In sich selbst zu gehen, seine Sünden / Fehlverhalten / Fehler zu analysieren und versuchen, in der Zukunft alles ins Positive umzuleiten. Nichtsdestotrotz ist die "Cheschbon Nefesch" nicht nur für den Elul reserviert, sondern sollte während des gesamten Jahres stattfinden.

Im Chabad Buch "Shaarei HaMoadim", dass wir uns nicht tagtäglich ausführlich mit unseren privaten Vergehen auseinandersetzen können, da sich dies als störend bei Thorastudium und im relig. Leben insgesamt auswirkt. In dem Falle konzentrierten wir uns auf alles Negative, vergessen oftmals den positiven Aspekt und werden dadurch depressiv. Genau das ist nicht der Sinn der Sache, denn wir sollen zwar unsere Fehler erkennen und diese bewältigen; ebenso aber gilt es positiv vorwärts zu denken und nicht in negativen Gedanken steckenzubleiben.

Besagtes Buch führt dazu das "Kriat Shema - Bedtime Shema - Das Gebet direkt vor dem Zu Bett gehen" an. Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, in welcher ich mich weigerte, den ersten Paragraphen des aus mehreren Teilen bestehenden Gebetes zu sagen. Im ersten Abschnitt lautet es unter anderem, dass wir jenen Menschen vergeben, welche uns tagsüber beleidigt oder die uns etwas angetan haben. Dabei beten wir, dass wir all jenem vergeben. Was aber geschieht, wenn ich nicht vergebe ? Jedenfalls noch nicht am selben Abend ? Soll ich entsprechenden Abschnitt in dem Fall überhaupt erst sagen ? Ich jedenfalls entschied mich, ihn auszulassen. Heute dagegen sage ich ihn, habe aber dennoch Zweifel ob es richtig ist, etwas zu beten, bei dem man nicht so ganz dahintersteht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen