Dienstag, April 26, 2011

Leserfrage: Darf ein Nichtjude an einer jüdischen Schabbatfeier teilnehmen ?

B”H

“Darf ein Nichtjude an einer jüdischen Schabbatfeier teilnehmen ?” – So eine Leserfrage.

Da ich einen jüdisch – orthodoxen Blog führe, gibt es auch eine dementsprechende Antwort, die da eindeutig JA lautet. Ein Nichtjude darf an einer Schabbatfeier teilnehmen. Ob das in der Synagoge oder bei Juden daheim stattfindet, ist irrelevant.

Soweit ich das in einer deutsch – jüdischen Gemeinde in meinem einstigen Wohnort Fürth mitbekommen habe, gab es immer wieder Befürchtungen, dass eventuell zuviele Nichtjuden an einem Synagogeng – ttesdienst teilnehmen. Dies stellte sich jedoch als unbegründet heraus, da eh kaum jemand antrabte. Das war vor elf Jahren und vielleicht ist das heute anders.

Andere deutsch – jüdische Gemeinden verlangen, dass ein Nichtjude sich zum Schabbatg – ttesdienst in der Synagoge anmeldet, weil man die Anzahl der Nichtjuden begrenzt halten will. Dieses Vorgehen ist nicht gegen den besucherwilligen Nichtjuden gerichtet, sondern es wird ganz einfach befürchtet, dass sich sogenannte Gutmenschen, Philosemiten und anderweitige “Ach es tut uns ja so leid” Leute sich breitmachen. Die Annahme ist berechtigt, denn solche Leute wird man hinterher nur ganz schwer los.

Klar, fühlen sich einige Nichtjuden, die einen G – ttesdienst besuchen wollen, genervt und sogar abgewimmelt. Andererseits muss man aber auch die jeweiligen Gemeinden verstehen, denn es gibt leider zuviele nichtjüdische Gutmenschen, die sich als lästige Plage erweisen. Zum Schluss traben sie an, wollen bestimmen und den Juden ja zeigen, wo es langgeht. Klingt komisch, aber das ist alles schon dagewesen.

Nehmen wir Positives an und Ihr gehört nicht in die Kategorie “Gutmensch mit ewig aufgesetztem Lächeln”, sondern seid ganz normal und an einem jüdischen G – ttesdienst interessiert. Setzt Euch mit der Gemeinde in Verbindung und dort wird man Euch alles weitere vermitteln.

Ein Schabbatessen daheim bei einer jüdischen Familie ?
Wenn Ihr eingeladen seid, warum nicht ? Halachische Bedenken gibt es keine und ein Nichtjude kann genauso beim Kiddusch (Segnung des Weines) zuhören wie alle anderen Anwesenden. Es kommt darauf an als wie relig. sich der Hausherr erweist und all die Prozeduren, wie das rituelle Händewaschen vor dem Challah (Schabbatbrot) essen, wird man Euch erklären.

Grundsätzlich besteht das Schabbatessen aus zwei Liedern vor dem Kiddusch (“Schalom Aleichem” sowie “Eshet Chayil”), danach wird der Wein gesegnet, dann werden die Hände rituell gewaschen und die Challah verzehrt. Dann kommt der wichtigste Teil: Das Mahl wird aufgetragen. 

Bei sephardischen Juden schaut das Schabbatessen zumeist etwas anders aus und wer Gelegenheit hat, der sollte sich von solchen Juden einladen lassen.:-) 
Bei aschkenazischen Juden ist das Essen mitunter ebenso verschieden, wobei manche sephardischen Juden auch ab und an den Gefillten Fisch auftragen. Immer ganz wie die Hausfrau Lust hat und ob der der sephardische Hausherr nicht eine aschkenazische Frau heiratete oder umgekehrt. Selbst bei einem iranischen Juden in Jerusalem bekam ich einmal den Gefillten Fisch vorgesetzt, obwohl ich mich eher auf die sephardische Küche gefreut hatte.

Worauf ein Nichtjude bei einem orthodoxen Schabbatessen achten sollte ist, die Weinflasche nicht anzufassen, sondern sich den Wein von den Gastgebern einschenken zu lassen. Dies gilt jedoch nur bei einer bereits geöffneten Weinflasche und nicht bei einer, wo der Korken noch unangetastet draufsitzt !

Normalerweise weiss ein relig. orthodoxer Jude um diese Halacha, dass ein Nichtjude keine geöffnete koschere Weinflasche anfassen darf, um sich Wein einzuschenken. Der Hausherr wird dies umgehen, indem er dem Nichtjuden den Wein einschenkt und die Flasche nicht gerade vor den Nichtjuden platziert. Will der Nichtjude noch mehr Wein, braucht er sich nicht zu schämen und kann den Hausherrn um mehr Wein bitten. Das ist absolut kein Problem !

Ansonsten darf der Nichtjude das Essen sowie das Geschirr anfassen. Sephardische Juden lassen dies oft nicht unbedingt zu und geben Nichtjuden Plastikgeschirr, doch das muss nicht immer sein. Hierbei kommt es auf den Brauch der Gastgeber an, denn halachisch ist es nicht verboten, einen Nichtjuden Geschirr benutzen zu lassen. Das einzige Problem (siehe die Mischna (mündliche Gesetzesüberlieferung G – ttes an Moshe am Berg Sinai imTalmud Schabbat sowie Avodah Zarah) ist der Wein. Nichtjuden ist es verboten ein Glas bzw. eine geöffnete koschere Weinflasche anzufassen.

Warum ?

Dies geht auf eine alte Überlieferung zurück, nach welcher die antiken Götzendiener ihren Göttern ein opferten. Ferner wird gesagt, dass das gemeinsame Weintrinken zwischen Juden und Nichtjuden nicht gerade positiv ist, denn man könnte sich theoretisch besaufen, die Kontrolle verlieren und mit dem Nichtjuden ein Verhältnis eingehen.

Viele jüdische Gastgeber kaufen, wenn sie wissen, dass nichtjüdische Gäste kommen “gekochten Wein – Yein Mewuschal”. Bei diesem, vom Hersteller gekochten Wein, gibt es keinerlei Bedenken und es ist einem Nichtjuden erlaubt, die Flasche anzufassen. Ohne jegliche Beschränkungen.

Fazit: Ein Nichtjude darf sowohl die Synagoge besuchen als auch an einer Schabbatmahlzeit teilnehmen. Die Gastgeber werden Euch mit Sicherheit einiges erklären und sollte etwas unklar sein, fragt. Scheut Euch bloss nicht zu fragen ! Benehmt Euch einfach ganz normal und nicht verkrampft.

Nach bzw. während des Essens werden zwischendurch Schabbatlieder (Zemirot) gesungen und / oder es gibt eine Derascha (kleine Rede) zur jeweiligen Thoralesung des Schabbats.

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