Thorakommentar des "Sefat Emet"
Photo: Miriam Woelke
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Die Thoralesung für diesen Schabbat
Die Thora berichtete uns in der vergangenen Parashat Shemini (am letzten Schabbat) von allen möglichen Unreinheiten. So sind unkoschere Tiere unrein, das Anfassen einer Leiche macht unrein, das unberechtigte Essen von TERUMAH (Abgaben von der Ernte an die Cohanim – Tempelpriester, siehe Numeri – Sefer BaMidbar” 18:12, 25 – 30) das Anfassen bestimmter Tiere (Bsp.: Scheretz = Wiesel, Maulwurf, Bieber, Eidechse, Igel, etc. Dazu mehr Details in einem eigenen Blogartikel !) machen unrein. Gegenstände wie Kleidung oder Geschirr können ebenso unrein werden wie der Mensch selber. Wie aber kann man diese Unreinheit loswerden ? Anhand des Eintauchens in die Mikweh (Ritualbad), zum Beispiel.
Kurz zur Grammatik: Das Wort TAZRIA stammt vom hebräischen Wort ZERA (Samen, Samenkorn zum Pflanzen). Tazria in diesem Zusammenhang bedeutet die "Empfängnis". Das Schwangerwerden einer Frau und somit wächst der Embryo heran.
Sämtliche Details zur Geburt eines Kindes und der nachfolgenden Unreinheit der Frau finden wir im Talmud Traktat Nidah !
In Parshat Tazria wird uns gelehrt, wie wir durch menschliche Körper unrein werden. Der Maharal von Prag stellt in seinem Thorakommentar Gur Aryeh (siehe hierzu auch Rabbi Yehonatan Eibeschütz) die Frage, warum uns zuerst von der tierischen und danach erst von der menschlichen Unreinheit berichtet wurde. Hätte G - tt uns Menschen nicht vorziehen müssen ?
Wenn wir auf die Erschaffung der Welt zurückschauen sehen wir, dass Tiere vor den Menschen erschaffen worden sind. Sollte jemand von uns zu arrogant werden, dürfen wir nie vergessen, dass selbst die kleinste Mücke vor uns erschaffen wurde.
Im Buch "Likutei Sichot" von Chabad heißt es, dass G - tt zuerst über Kaschrut (Koscher Gesetze) sprach, denn schon vor der Geburt eines Kindes ist die Mutter für den Embryo verantwortlich. Verantwortung hierbei heißt, dass sie nur koschere Nahrung zu sich nimmt, um das Kind positiv zu beeinflussen.
Gleich zu Beginn geht es um das Thema Geburt. Das kabbalistische Buch Zohar beschreibt welche Stationen eine Seele (Neschama) durchläuft, bevor sie in unserer Welt in einen menschlichen Körper kommt. Zuerst geht die Seele in das Paradies (Gan Eden) und sieht dort die Seelen der Gerechten (Zaddikim). Danach geht sie ins Gehinnom, wo sie die Schreie der schlechten Menschen vernimmt. Schließlich kommt die Seele mit einem männlichen und weiblichen Part in diese Welt und spaltet sich auf in einen Mann und eine Frau. Unsere Aufgabe im Leben besteht darin, unsere "Soulmate - Seelenverwandten" zu finden und zu heiraten.
Im Paradies sieht die Seele den perfekten Zustand und eine heile Welt. Im Gehinnom hingegen wird ihr das Gegenteil gezeigt. Gehinnom im Judentum bedeutet nicht Hölle, sondern ein spiritueller Reiningungsprozeß. Rabbi Me'ir Weiner aus Jerusalem beschrieb den Zustand einmal sehr treffend: Gehinnom ist, wenn die Seele den Körper verläßt und in einer Art Twilight - Zone hängenbleibt. Ihr erklärtes Ziel ist es, zu G - tt aufzusteigen um so an ihren eigentlichen Ursprung zurückzukehren. Allerdings bleibt auf der Strecke bis zum Ende des Reinigungsprozesses stecken. Sie sieht das Licht, aber kann es vorläufig nicht erreichen. Bevor die Seele in unsere Welt in einen menschlichen Körper kommt, weiß sie also genau, was sie nach dem Tod des Menschen erwartet. Entweder Gan Eden oder Gehinnom.
Die Gemara im Talmud Niddah 30b fährt mit der Beschreibung der Geschehnisse vor der Geburt fort. In den Monaten der Schwangerschaft wird dem Embryo die gesamte Thora gelehrt. Sobald das Baby bei der Geburt das Licht unserer Welt erblickt und den Körper der Mutter verläßt, kommt ein Engel und gibt ihm einen Klaps auf den Mund, was das Baby die Thora wieder vergessen läßt. Ziel ist es daher, zur Thora zurückzufinden.
Nach der Geburt eines Kindes ist die Frau für gewisse Zeiten unrein. Danach fährt die Thora fort mit der Beschreibung einer weiteren Unreinheit, nämlich dem Hautaussatz. "Tzaarah" wird gerne als "Aussatz" übersetzt und medizinisch auch als solches betrachtet. Der biblische Aussatz (Tzaarah) hat aber ganz andere Ursachen und hat absolut nichts mit den heutigen medizinischen Erkenntnissen von Aussatz zu tun.
Bei "Tzaarah" handelt es sich um eine g - ttliche Strafe und es hat spirituelle Wurzeln. Hervorgerufen wird sie durch Arroganz, sexuelle Perversion, Blutvergiessen, Egoismus und vor allem durch Lashon HaRah, der üblen Nachrede. Welche katastrophalen Folgen Lashon HaRah haben kann, werden wir in ca. zwei Monaten in der Parasha Shelach erfahren, wenn Moshe die Spione nach Israel schickt, um das Land auszukundschaften (Talmud Traktat Arachin 15a). Bei ihrer Rückkehr sprechen diese Lashon HaRah über Israel und bis heute leiden wir unter den Auswirkungen.
Die Zeit der Unreinheit bei Tzaarah dient für den Menschen als Zeit der Besinnung. Man soll zu G - tt zurückfinden und in dem Moment, in dem man Einsicht zeigt, wird die Unreinheit von einem genommen. Als sozusagen neuer Mensch kommt derjenige in die Gesellschaft zurück und beginnt ein neues Leben (Rabbi Samson Raphael Hirsch). Niemand anders kann ihn heilen als G - tt selbst (Rabbi Moshe Alshich).
Der Baal Shem Tov sowie sein Freund und Schüler Rabbi Yaakov Yosef von Polenoye (Polna) raten jedem, sich von der Arroganz im Leben fernzuhalten. Wer arrogant wird, der sieht keinen G - tt mehr, sondern glaubt, selbst alles bestens im Griff zu haben. Und wie, u.a., der Maharal von Prag (s.o.) schon sagte, sollen wir nie vergessen, dass die Tiere vor dem Menschen erschaffen worden sind.
Thorakommentar des "Sefat Emet"
Photo: Miriam Woelke
Der Sefat Emet bringt bezüglich der Arroganz des Menschen einen vortrefflichen Kommentar: Jeder dem bewusst ist, dass ALLES auf dieser Welt von G – tt kommt und in G – tt seine Wurzeln hat, dem sollte klar sein, dass keinerlei Arroganz angebracht ist. Wieso sich etwas einbilden, wenn eigentlich alles von G – tt kommt, dem alles gehört und der alles erschuf ? Dem arroganten Menschen selbst gehört doch eigentlich gar nichts !
Dieser Schabbat ist der Schabbat vor dem Beginn des jüdischen Monat Nissan und daher wird ebenso die Parashat HaChodesh (eine zusätzliche Lesung aus der Thora) gelesen. Der Monat Nissan beginnt am kommenden Dienstag und es handelt sich bei ihm um einen äußerst wichtigen Monat, da wir in ca. zwei Wochen Pessach feiern.
Schabbat Schalom
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