Donnerstag, Juni 09, 2011

Parashat Beha'alotcha - פרשת בהעלותך


Eine Nachbildung der Tempelmenorah, welche gegenüber der Kotel (Klagemauer) in Jerusalem ausgestellt ist. Laut dem RAMBAM (Maimonides) schaute die Menorah jedoch SO aus.

Photo: Miriam Woelke

B"H

Die Thoralesung für diesen Schabbat


Wortdefinition:  Beha’alotcha = Wenn Du anzündest

Nachdem die Israeliten in Parashat Ki Tisa das Goldene Kalb (Egel HaZahav) bauten, trug ihnen G - tt auf, das Tabernakel (Mischkan) zu bauen. Vor allem in der Kabbalah wird das Mischkan als ein Tikun (Seelenreparatur) betrachtet. Darüber hinaus wird der Tag der Einweihung des Mischkan sogar als Tag der Welterschaffung kommentiert. Alles im Mischkan vorhandene steht im direkten Bezug auf die Welterschaffung (u.a. Rabbeinu Bachya in seinem Thorakommentar).

Nach der Beschreibung des Mischkans bekamen die Israeliten die Mitzwot (Gebote) für den Tempeldienst.

Am Anfang der Parasha trug G - tt Moshe auf, seinem Bruder Aharon auszurichten, wie die Menorah (der siebenarmige Leuchter im Mischkan) auszusehen habe. Nämlich geformt aus einem einzigen Stück Gold und die Arme sollen sich demjenigen Arm in der Mitte zuwenden. Alle spirituellen und mentalen Kräfte eines Juden sollen sich G - tt (symbolisch in der Mitte der Menorah) zuwenden. Die Levi'im (Leviten) nehmen einen Sonderstatus im Tempeldienst ein. Einen Status, der sich im Dritten Tempel und nach der Ankunft des Meschiach fortsetzen wird.

Hätte es nicht den Bau des Goldenen Kalbs und somit einen Rückfall in den Götzendienst gegeben, die Welt täte heute anders ausschauen. G - ttes ursprünglicher Plan war es nämlich, die Israeliten direkt in das "Gelobte Land" zu führen, in dem sie die gesamte Thora sofort hätten einhalten können. Die Juden hätten sich auf dem höchsten spirituellen Level befunden und wären ab sofort eine Vorbild für alle anderen Nationen gewesen (Rabbi Samson Raphael Hirsch). Aber leider kam alles anders und bis heute sind wir mit verschiedenen Tikkunim (Seelenkorrekturen) beschäftigt, um den Meschiach zu bringen.

In dieser Thoraparasha finden wir schon allein optisch etwas ganz Außergewöhnliches. Die Sätze in 10:35 sowie 11:1 sind in recht seltsamen Klammer gefaßt, welche aussehen wie der Buchstabe NUN ( ) im Hebräischen. Der Inhalt der zwei Verse sind Moshes Aussprüche sobald sich die Israeliten samt Bundeslade in Bewegung setzten oder sobald sie ein neues Lager aufschlugen.

Unzählige Thora - Kommentatoren lassen uns ihre Auslegungen über die Bedeutung der beiden Klammern wissen. Laut Raschi, dem Chizkuni sowie Rabbeinu Bachya zeigen uns die Klammern an, dass die Sätze Moshes eigentlich falsch platziert sind. Rabbeinu Bachya sagt, dass der Klammerinhalt ursprünglich in BaMidbar (Numbers) 2:17 hätte stehen müssen. Auch Raschi und der Chizkuni sehen die Sätze innerhalb der Klammern besser in BaMidbar platziert, wo beschrieben wird, wie die Stämme durch verschiedene Flaggen repräsentiert waren.

Alle Kommentatoren sind sich einige darüber, dass diese Verse ein separates Buch in der Thora darstellen. Diese Meinung basiert auf einer Gemara im Talmud Traktat Shabbat 116a. Dort heißt es, dass sämtliche Kapitel vor den Klammern eigene Bücher darstellt genauso wie die der Thorainhalt nach dem Text in den Klammern. Demnach gibt es nicht nur die fünf Bücher Moshes, sondern sieben Bücher in der Thora. Darüber hinaus geben das kabbalistische Buch Zohar und die Chassidut in Beer Moshe exzellente Erklärungen für den Text in den zwei Klammern. Laut Zohar stehen die Klammern für die Schechinah (Anwesenheits G - ttes), welche immer mit Israel verbunden ist. Und der Beer Moshe schreibt, dass eine besondere Einheit gebildet wird. Juden und G - tt wenden sich immer gegenseitig zu, genau wie die Klammern.

Nach all den Wundern, die G - tt für die Israeliten seit dem Auszug aus Ägypten vollbracht hatte, begannen erneut die Beschwerden. Das Manna (Man) sei keine ausreichende Nahrung und man wolle Fleisch essen.

Zuerst einmal stellt sich die Frage: Wer genau beschwerte sich wirklich ? Wie ich schon in einigen Parashot zuvor erklärte, zogen nicht nur die Juden aus Ägypten aus, sondern mit ihnen eine Bevölkerungsgruppe, die Erev Rav (Mixed Multitude) genannt wird. Die Erev Rav waren ägyptische Konvertiten zum Judentum, die nur aus Eigennutz den jüdischen Glauben annahmen. Viele von ihnen waren einfach nur Sklaven und da sie gehört hatten, dass G - tt die Juden einmal aus Ägypten herausführen wird, schlossen sie sich dem jüdischen Volk an. Religiöse Motive gab es keine. Diese Erev Rav hatten in der Wüste nicht den gleichen Status wie die Israeliten und begannen jederzeit neu das Volk aufzuwiegeln. Erst mit dem Bau des Goldenen Kalbes und nun wurde sich über das Essen beschwert.

G - tt gab den Israeliten das Manna als eine Art spirituelles Essen für die Seele (Neshama), welches sie auf einen höheren Level bringen sollte (Rabbi Yitzchak Luria in "Likutei Torah"). Das Manna repräsentiert die spirituelle Nahrung in "Olam Habah, der Kommenden Welt" (Sha'arei LeShem) .

Im Judentum haben wir das Konzept der Olam Habah nach dem Tod, aber auch nach der Ankunft des Meschiach. Nach dem Tod steigt eine jede Seele auf zu G - tt, wird gerichtet und bekommt ihren Platz in der Seelenwelt. Die einen näher bei G - tt und andere wiederum sind weiter entfernt. Das Judentum schließt niemanden aus der Olam Habah aus, wie andere Religionen, wo es heißt, dass nur der, der glaubt, einen Platz bei G - tt findet. Laut Talmud Sanhedrin kann jeder Mensch seinen Platz in Olam Habah erreichen und wir lernen dies von Bilam, wo die Gemara fragt, warum er keinen Platz bekommt. Heißt, wenn die Frage überhaupt erst aufkommt, dann gibt es auch für Nichtjuden eine Olam Habah (Kommende Welt).

In unserer heutigen Zeit ist Olam Habah eine reine Seelenwelt und nach der Ankunft des Meschiach wird diese auch hier in unserer Welt stattfinden, wenn sich die Menschen auf einem perfekten spirituellen Level befinden. Vor allem der Ramban (Nachmanides, 1194 - 1270) sowie der Rambam (Maimonides, 1135 - 1204) streiten sich um die Bedeutung der Olam Habah. Sind wird nur noch rein spirituell oder eher materiell ? Der Rambam sagt, dass wir genauso essen und trinken wie immer, der Ramban sagt das Gegenteil. In einer Gemara (rabbinischen Diskussion) im Talmud Traktat Berachot lehrt Rav, dass in Olam Habah weder gegessen noch getrunken wird. Es gibt keine Eifersucht, keinen Hass oder Rivalitäten, sondern alle wenden sich nur noch der Anwesenheit G - ttes (der Schechinah) zu.

Das Manna selbst war ein weißer Koriander - Flaum, der den jeweiligen Geschmack annahm, welchen der Verzehrende sich gerade erträumte. Allmorgentlich lag das Manna auf dem Tau und die Leute mußten es nur einsammeln (außer am Shabbat). Für die Gerechten fiel das Manna genau vor ihrem Zelt, für die regulären Leute fiel es außerhalb des Lagers und die Schlechten mußten weit hinausgehen, um ihr Manna aufzulesen (Gemara im Talmud Traktat Yoma 75a).

Wie weiß eine Person, welches ihr Manna ist ? Warum gehen die Schlechten nicht einfach zu den Zelten der Gerechten und lesen das Manna auf ? Es heißt, dass nur derjenige das Stück Manna aufsammeln konnte, für den es bestimmt war. Ergriff jemand das falsche Manna, blieb es am Boden kleben. Das Manna war ein reines Wunder, denn es wurde vollkommen vom Körper absorbiert und es gab keine auszuscheidenden Überreste (Gemara im Talmud Yoma 75b).

Für Halacha - Interessierte: Der Segen über das Manna hieß nicht "HaMozi Lechem Min Ha'Aretz, sondern HaMozi Lechem Min HaShamaim".

Warum schlossen sich die Israeliten der Erev Rav an und beschwerten sich ständig ? Warum weinten sie zu G - tt ?
Nachdem sie gerade die Thora bekommen hatten, begannen sie einige Dinge im Leben zu vermissen, die laut Thora von nun an verboten waren. Zum Beispiel war es zuvor üblich gewesen, dass jeder jeden in der Familie heiraten konnte und plötzlich war das verboten. Die Israeliten jedoch hatten sich an gewissen Perversitäten der ägyptischen Kultur gewöhnt und sahen nicht unbedingt ein, warum sie jetzt auf alle Freuden im Leben verzichten sollten.
Sie begannen zu trauern und sahen sich als eine Art lebender Toter, die von nun an auf alles verzichten müssen. Kein unkoscheres Essen mehr, keine Perversitäten und viele andere halachische Regeln. Plötzlich sahen sie ihr Leben als vertan und beschuldigten G - tt sie darum beraubt zu haben.

Bis heute kommen immer wieder die gleichen Missinterpretationen auf. Wenn jemand religiös wird und sich entschließt, nach der Thora zu leben, dann betrachten ihn seine Mitmenschen als ob er alle Lebensfreuden verliert und von nun an nur noch ein einseitiges langweiliges Leben führt. Aus irgendeinem Grund denken viele Leute, dass Religiöse auf ein tolles Leben verzichten und die Religion sie einzwänge. Jeder, der religiös lebt, weiss, dass dem nicht so ist. Sobald ein Jude nach der Thora lebt und deren Sinn zu verstehen lernt, sieht er sein Leben als bedeutungsvoller an als jemals zuvor und versteht nicht mehr, wie er einmal ohne die Thora leben konnte.

Gegen Ende der Parashat wird uns von der berühmten Begebenheit mit Miriam berichtet. Aharon und seine Schwester Miriam sprachen über ihren jüngeren Bruder Moshe. Kurz gesagt sprachen die Beiden in negativer Art und Weise darüber, dass sich Moshe rein räumlich von seiner Frau Zippora getrennt hatte. Keineswegs haben sie sich scheiden lassen, sondern Moshe trennte sich räumlich von ihr, da sein hochgradiger spiritueller Level (z.B. sprach er ständig mit G - tt) nicht mehr in weltliche Belange wie ehelicher Sex passte). Raschi kommentiert hierzu, dass Miriam das Gespräch mit Aharon BEGANN, denn die Thora listet sie als erstes auf:

"Va'tedaber Miriam veAharon be'Moshe …"

"Miriam und Aharon sprachen über Moshe …"


Was veranlasste Raschi zu der Schlußfolgerung ?
Obwohl Miriam eine Prophetin war, so war Aharon aufgrund seiner Cohen HaGadol (Hohepriester) - Stellung wesentlich wichtiger als seine Schwester. Weiterhin lautet das Verb im Thoratext "Va'tedaber". Diese Verbform im Hebräischen weist auf eine Frau im Singular hin. Hätte sich die Thora auf beide Geschwister bezogen, so wäre die korrekte Verbform "Va'idabru" gewesen. Hier jedoch bezieht sich das Verb "sprachen" auf ein einziges weibliches Wesen; in diesem Falle auf Miriam.

Sowohl Miriam als auch Aharon stimmten Moshes Verhalten gegenüber Zippora nicht gerade zu. Er (Moshe) hätte sich nicht von seiner Frau trennen dürfen. Immerhin spreche Moshe nicht nur mit G - tt, sondern ebenso mit seinen weltlichen Geschwistern. Ergo, sei er sehr wohl in dieser materiellen Welt. Wieso sich dann also von Zipporah aufgrund der hohen Spritualität trennen ?

G - tt sah die Diskussion der Geschwister als "Laschon HaRah - üble Nachrede" und bestrafte Miriam, die das ganze inszeniert hatte, mit "Tzarah - einer besonderen Form von Aussatz".
Die berühmte Frage hierbei ist, WARUM G - tt das tat, denn die Geschwister Moshes hatten es im Grunde nur gut gemeint. Keineswegs verfolgten sie mit ihrer Diskussion böse nachteilige Absichten. Warum also wurde Miriam mit dem Aussatz bestraft und warum war es "Laschon Harah" ? Auf dem israelischen haredischen (ultra - orthodoxen) Radiosender "Kol BaRamah" hörte ich einen Rabbiner folgendes sagen:
Wenn wir in die Parashat Bereschit (Genesis) im Buch Genesis und damit auf die Erschaffung von Adam und Eva (Chava) schauen, berichtet uns die Thora:

"Va'izer A - do - nai E - lo - him et Ha'Adam Afar min Ha'Adamah va'ipach be'afaw Nishmat Chaim va'yihi HaAdam le'Nefesh Chaya".

"Und G - tt (der Originaltext listet zwei Namen G - ttes auf) formte den Menschen aus dem Staub der Erde und blies in seine Nasenlöcher die Seele des Lebens. Und der Mensch wurde zur lebenden Seele".

Kurz gesagt, der Mensch erhielt seine Seele direkt von G - tt eingehaucht. Somit ist die Seele quasi ein Teil G - ttes in uns und wir sollten sie nicht mit unseren Vergehen negativ beeinflussen.

Es heißt, dass jeder Mensch in seinem Leben nur eine gewisse Anzahl an Worten von G - tt zur Verfügung gestellt bekommt. Danach muss er sterben. Dieses Statement soll, mit anderen Worten zum Ausdruck bringen, dass wir alle unsere Worte sorgsam nutzen und nichts Überflüssiges (Lästereien) von uns geben, denn so nutzen wir unsere Wortanzahl im Leben ab. Andererseits gibt es "Laschon HaRah", die gesagt werden muss und andere, auf die man verzichten sollte.

Rabbi Yaakov Kuli schreibt in seinem Kommentar "Yilkut Me'am Lo'ez":
Warum erzählt uns die Thora von der Begebenheit Miriam ? Um uns aufzuzeigen, was üble Nachrede alles verursachen kann.

Miriam sprach mit Aharon, da sie hoffte, dieser werde mit Moshe reden und diesen auf sein inkorrektes Verhalten (Miriam nannte es "inkorrekt") hinweisen. Allerdings machte Miriam hierbei den Fehler, Moshes Prophezeihungsfähigkeiten mit jenen unserer Vorväter zu vergleichen. A la "Avraham habe sich ja auch nicht von Sarah getrennt. Moshe Prophezeihungen und seine Art, mit G - tt zu kommunizieren, waren wesentlich anderer Natur und bis dahin, sowie seither, nie mehr existent. Moshe bewegte sich auf dem allerhöchsten Level bezüglich der Kommunikation mit G - tt. Wie die Vorväter erhielt er G - ttes Anweisungen nicht nur im Schlaf, sondern real von Angesicht zu Angesicht und zu jeder Tageszeit. Viele Thorakommentatoren wie Rabbeinu Bachya listen auf, wie genau sich die Prophezeihungen des Moshe von denen der Vorväter sowie späterer Propheten unterschieden.

Es gibt Dinge im Leben, die müssen gesagt werden und man kann nicht nur laut herausschreien "Laschon HaRah, Laschon HaRah", weil sich manche weigert, zuzuhören. Kriminelle müssen der Polizei gemeldet werden, etc. Dennoch gibt es anderweitige Angelegenheiten, bei denen der Moment etwas zu sagen eher unpassend oder im dem Moment Schaden hervorrufen kann.

Woher wussten eigentlich Moshe und Bezalel, wie das Mischkan oder, in diesem Fall, die Menorah, auszusehen hatten. Zwar erfahren wir, dass G – tt ihnen die Gegenstände sowie das Tempelbesteck beschrieb, doch woher wussten Moshe und Bezalel die Herstellungsdetails ? Die Antwort darauf lautet, dass beide im Moment der Beschreibung G – ttes die Gegenstände als eine Art Vision oder Prophezeihung vor sich sahen.

Schabbat Schalom

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen