Samstag, Mai 05, 2007

Fragen an den Posek

B"H

Vor sechs Jahren arbeitete ich bei einer Gesellschaft fuer Poskim (Experten in Halacha - Jued. Gesetz). Wir waren u.a. fuer die Orthodox Union im Internet vertreten und beantworteten Online alle moeglichen Fragen, die aus aller Welt an uns gestellt wurden. Die Poskim waren nationalreligioese Rabbiner aus Hesder - Yeshivot, was bedeutet, dass sie mehr oder weniger Chardalnikim (fast Haredim) waren.
Vor allem bei dem Rabbiner, mit dem ich meistens zusammenarbeitete, fragte ich mich, warum er nationalreligioes und kein Haredi war. Noch dazu, weil er in einem Haredi - Stadtteil wohnte.

Ich moechte hier zwei Fragen, die an uns gestellt worden, naeher erlaeutern. Erstere erscheint recht einfach und koennte viele von euch betreffen. Die zweite Frage dagegen ist heikel und kam nur einmal vor. Obwohl sie eher seltsam klingen mag, wurde sie dennoch ernsthaft halachisch beantwortet. Ich moechte hier vor allem zeigen, dass Orthodoxe manchmal als konservativ eingestuft werden, was aber nicht immer so ganz den Tatsachen entspricht.
Die erste Frage kam aus den USA und lautete, ob jemand der Aliyah (Einwanderung nach Israel) macht, kurz vor seiner Abreise aus dem Heimatland noch 9 Tage Sukkot (Laubhuettenfest) feiern muss. Wenn derjenige einen festen Termin fuer seine Aliyah hat, ist er daher immer noch verpflichtet, die auslaendischen laengeren Feiertage wie an Pessach, Shavuot und Sukkot einzuhalten ?
Die halachische Antwort lautete, dass sobald jemand seine Aliyah - Papiere von der Jewish Agency in der Hand haelt, er die angehaengten zusaetzlichen Tage an den genannten Feiertagen nicht mehr einhalten muss, sondern er kann als Israeli betrachtet werden.

Die zweite Frage war, wie gesagt, aeusserst ungewoehnlich und ich hoffe sehr, dass die Antwort des Rabbis nicht missinterpretiert wird.
Die Frage an uns kam von einem orthod. Rabbiner aus England. Wie er in seiner e-mail schrieb, schaemte er sich, sich an lokale Rabbiner zu wenden und fragte daher uns. Anonym. Er beschrieb, dass zwei Jahre zuvor eine Frau, mit der Bitte zum Judentum zu konvertieren, in sein Buero kam. Da er wenig Zeit hatte, vereinbarte er einen anderen Termin mit ihr, zu dem die Dame aber nie erschien.
Nach zwei Jahren kam ein Mann mit der gleichen Bitte in sein Buero. Der Mann sagte ausserdem, dass er die Frau von damals gewesen sei. Zwischenzeitlich haette er sich zum Mann umoperieren lassen, da er psychische Probleme damit hatte, eine Frau zu sein, sich aber als Mann fuehlte. Dies koenne er aerztlich belegen.

Die Frage des orthod. Rabbis an uns lautete, ob er den Mann (die ehemalige Frau) in den Konversionskurs aufnehmen koenne und ob er nach dem Konversion (Giur) zu einer Minyan gehoert. Der Mann erschiene ihm mit seinem Konversionswunsch sehr ernsthaft.
Nun im Buero dachten wir alle die Antwort zu wissen, welche NEIN heissen sollte.
Nach einigen Tagen bekam ich die Antwort des Rabbis, mit dem ich zusammenarbeitete. Ich las sie und mir standen die Haare zu Berge. Mit dem Zettel ging ich zu ihm und fragte ihn, warum er dem engl. Rabbi folgende Antwort gab:

Sie koennen den Mann konvertieren, aber zu einer Minyan kann er nie dazu gehoeren.

Ich fragte Rabbi M. nach der Begruendung seiner Antwort, die er mir aber nicht nennen wollte. Das wiederum war aussergewoehnlich, denn ich hatte mit ihm viele tolle halachische Gespraeche. Hier aber weigerte er sich hartnaeckig mir eine Begruendung zu geben. Abends ging ich zu einem Vortrag bei einem befreundeten Chabad - Rabbi und erzaehlte ihm von dem Fall. Ob er denn eine Begruendung wuesste.
Ja, meinte er, aber er koenne nicht sagen, ob die mit der des Rabbi M. uebereinstimme.

Der Chabad - Rabbi sagte folgendes: In den Zeiten vor der Ankunft des Meschiach muessen wir vorsichtig mit Reinkarnationen sein. Im Judentum glauben wir, dass Menschen aus verschiedenen Gruenden reinkarniert werden, um ihre Seele zu reparieren (Tikun). Dabei kann es geschehen, dass eine maennl. Seele in eine weibl. Person reinkarniert wird oder umgekehrt. Unsere Aufgabe ist es, dieser Person zu helfen. Viel ausfuehrlicher werde ich dies vielleicht demnaechst erklaeren, doch soweit erst einmal zu seiner Erklaerung.
Es kann also sein, dass in dem umoperierten Mann von Beginn an eine maennl. Seele steckte und daher koennen wir ihm eine Konversion nicht verweigern, weil er seinen Tikun erfuellen muss.

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