Mittwoch, Mai 02, 2007

Parashat Emor

B"H

Die Thoralesung fuer diesen Shabbat

Und abermals erhalten wir in dieser Parasha mehrere Mitzwot (Gebote) auf einmal. Gleich zu Beginn wird den Cohanim (Tempelpriestern) aufgetragen, keine Leichen anzufassen, um nicht unrein zu werden.
Zuerst macht G-tt mit der Gabe der Thora an das juedische Volk klar, dass Er zwischen Juden und Nichtjuden unterscheidet. Beide haben bestimmte Aufgaben im Leben und die der Juden ist es, nach der Thora zu leben.
In Parashat Emor jedoch macht G-tt einen weiteren Unterschied. Naemlich den zwischen den regulaeren Juden und dem der Cohanim (Tempelpriester) und Nachkommen Aharons. Diese unterscheiden sich von den regulaeren Juden insofern als das sie zusaetzliche Gesetze bekommen. Sowohl fuer den Tempeldienst als auch fuer das Privatleben. Cohanim sollen ein Vorbild fuer andere Juden sein und G-tt sieht sie fuer sich selbst als heilig an.

Was mich immer am Inhalt dieser Parasha stoerte war die Mitzwa (Gebot), dass Cohanim mit bestimmten koerperlichen Defekten keine Opferungen bringen duerfen. Ich betrachtete das immer als etwas rassistisch, suchte aber nie richtig nach dem Sinn dieses Gebotes und vergass die Angelegenheit jedesmal wieder. Bis zu einem Shabbatessen bei Rabbi Mordechai Machlis, bei dem jener ploetzlich auf das Thema zu sprechen kam und genau meine Gedanken vortrug. Er, der Rabbi, selbst haette genauso Probleme den Sinn dafuer zu verstehen. In seiner Rede erzaehlte er, dass er diesbezueglich einen Freund befragte, der ihm folgende Antwort gab:
Vielleicht ist das Gelaende um das Allerheiligste (Kodesh HaKedoshim) und den sich davor befindenden Opferplatz Teil einer hoeheren Welt, in der die vollkommene Perfektion herrscht und nichts Imperfektes erlaubt ist.
Diese Antwort gab mir sehr zu denken und bis heute halte ich sie fuer eine sehr gute Erklaerung.

Aber nicht nur die Cohanim bekamen neue Mitzwot, sondern auch wir. Die Einhaltung des Shabbats wird erneut erwaehnt. Ausserdem die Zaehlung des Omer (Sefirat HaOmer), in der wird uns gerade befinden. Danach folgen Rosh HaShana (jued. Neujahrsfest), Yom Kippur, Sukkot (das Laubhuettenfest) und Shemini Atzeret, bei denen es sich um meine bevorzugten Feiertage handelt.
An Rosh HaShana sowie Yom Kippur verbringe ich die meiste Zeit in der Synagoge. Vielleicht an Rosh HaShana etwas weniger, denn Essen ist ja erlaubt und erwuenscht.
Rosh HaShana wird in der Torah nicht bei diesem Namen genannt, sondern der Tag gilt als Yom HaTeruah - ein Tag an dem der Sound eines Hornes zu vernehmen ist. Leider spiegeln weder die deutsche noch die englische Uebersetzung die eigentliche Bedeutung des Hebraeischen wieder.
Fuer viele mag Rosh HaShana als juedischer Feiertag gelten, was allerdings nicht richtig ist. An Rosh HaShana werden nicht nur Juden von G-tt gerichtet, sondern sie ganze Welt. Wie wird die Zukunft der Welt und der unserigen fuer das neue Jahr aussehen ? Werden wir Erfolg haben, Krisen erleiden, G-tt behuete krank werden etc. Alles, was uns im neuen Jahr erwartet, wird an Rosh HaShana entschieden.
Einen Unterschied gibt es dennoch: Die Welt wird an den zwei Tagen des Festes gerichtet und bei Juden wird das endgueltige G-ttesurteil am Yom Kippur gefaellt (Gemara im Talmud Traktat Rosh HaShana 16a). Einige chassidische Kommentatoren sagen, dass Juden sogar bis Chanukkah Zeit haben Teshuva zu begehen (zu G-tt umkehren).

Wer sich also gut auf Rosh HaShana vorbereiten will, der sollte seine guten und schlechten Taten im derzeitigen Jahr ueberdenken und sich vornehmen, dieses oder jenes vielleicht anders handzuhaben. Sephardische Juden beginnen mit den traditionellen Selichot - Gebeten schon am Rosh Chodesh (Monatsbeginn) Elul und ashkenazische Juden beten Selichot am Shabbatausgang vor Rosh HaShana. Selichot sind vorgeschriebene Gebete, die einen zur Umkehr bewegen sollen und gleichzeitig gestehen wir ein, dass wir gesuendigt haben. Das bekannteste Gebet darin ist wohl Avinu Malkeinu.
Der Monat Elul, vor dem 1. Tishrei (Rosh HaShana) ist dafuer beruehmt, dass G-tt fuer alle ein offenes Ohr hat, welche ihre schlechten Taten ernsthaft bereuen.
Besonders die Chassidut Chabad pflegt hier das Konzept "The King is in the Fields" - Der Koenig ist im Feld, heisst, zu der Zeit ist G-tt naeher bei uns als zu anderen Zeitpunkten im Jahr. Die Klagemauer (Kotel) ist im Elul zu jeder Tageszeit voll Leute.
Anmerkung: Elul beginnt meistens im August und Tishrei im September.

Fast am Schluss der Parasha wird uns kurz von einem seltsamen Ereignis berichtet. Der Sohn einer israelitischen Mutter und eines aegyptischen Vaters kommt in das israelitische Lager in der Wueste. Nachdem der Sohn, dessen Namen nie genannt wird, G-tt verfluchte, brachten ihn die Israeliten zu Moshe, damit er ueber ihn richte. Zu dem Zeitpunkt nennt die Thora ploetzlich den Namen der Mutter, welcher Shlomit Bat Dibri lautet.
G-tt befiehlt Moshe den Sohn zu steinigen und gleichzeitig soll jeder, der in der Zukunft G-tt verflucht, gesteinigt werden.
Im vorherigen Paragraph war noch vom Shabbat die Rede und aus heiterem Himmel wird das Thema gewechselt. Wie wir aber wissen, steht nichts Ueberfluessiges oder Bedeutungsloses in der Thora und alles Erwaehnte will uns etwas sagen bzw. lehren.
Der Rokeach und der Arizal (Rabbi Yitzchak Luria) sehen zwischen dem zuvor erwaehnten Shabbat und den darauffolgenden Fluechen des Sohnes den Zusammenhang, dass sich das Ereignis am Shabbat selbst zutrug.

Doch woher kam dieser Sohn genau ?
Erinnern wir uns zurueck an die Parashat Shemot (Exodus), in der Moshe einen Aegypter toetete. Die Mehrheit der Thorakommentatoren (u.a. Rabbi Yitzchak Luria in Shaar HaPesukim) ist sich einig, dass dieser Aegypter der Vater des Sohnes war und damals ein Verhaeltnis mit Shlomit Bat Dibri fuehrte. Diese betrug ihren israelitischen Ehemann, der sie nach der Entdeckung des Verhaeltnisses verliess. Doch Shlomit war schwanger vom Aegypter und bekam einen Sohn, welcher der Halacha (jued. Gesetz) nach Jude war, da er eine juedische Mutter hatte. Gleichzeitig aber betrachten die Midrash Rabbah, Yalkut Reuveni und der Ramban ihn jedoch als Mamzer. Mamzer deshalb, weil seine israelitische Mutter ein aussereheliches Verhaeltnis eingegangen war.
Die Mishna im Talmud Traktat Yevamot 49a legt fest, was ein Mamzer ist. Jemand der aus einem in der Thora verbotenen Verhaeltnis abstammt.
Ramban und Rabbeinu Bachya kommentieren, dass der Sohn ueberraschend im Lager der Israeliten auftauchte. Rashi faehrt fort, dass er sein Zelt im Lager des Stammes Dan aufschlug und die Mitglieder des Stammes Dan ihm sagten, dass er nicht zu ihnen gehoere.
Die Mitgliedschaft eines Stammes richtet sich nach dem Stamm des Vaters und somit hatte der Sohn Shlomits keine Mitgliedschaft in irgendeinem der Staemme, was er wusste. Dennoch meinte er, sein Zelt bei Dan aufschlagen zu koennen, da seine Mutter vom Stamm Dan kam. Als das alles fehlschlug, begann er G-tt zu verfluchen.
Des weiteren misst Rashi dem Namen der Shlomit wichtige Bedeutung bei. Bat Dibri heisst, dass sie gerne viel redete. Sie achtete nicht unbedingt auf Anstand, sondern redete die Maenner gleich obszoen an.
Rabbi Moshe Alshich sieht den Vorfall mit dem Sohn als den einzigen Fall ueberhaupt, indem eine israelitische Frau ein Verhaeltnis mit einem aegyptischen Mann eingegangen war, da in der hebraeischen Grammatik in der Einzahl gesprochen wird (in der Thora). Ansonsten haette sich niemand mit dem Feind eingelassen.

Um nochmals auf Rosh HaShana zurueckzukommen: Ein Tag des Soundes. Den Sound lassen wir aus dem Shofar erklingen, was laut dem Shulchan Aruch - Orach Chaim § 586 und dem TUR ein Widderhorn sein sollte. Ausserdem leiten wir diese Tatsache von der Opferung des Yitzchak durch seinen Vater Avraham ab. Der Sound des Shofar, welches waehrend des Rosh HaShana Synagogendienstes zweimal geblasen wird (in der Shemona Esrei) sowie im Mussaf, soll uns zur Teshuva (Umkehr) bewegen und gleichzeitig bei G-tt Gnade erwecken. Taete G-tt und jedesmal gnadenlos richten, dann oi va voi lanu (dann gnade uns wirklich). Unser Leben waere somit vorzeitig beendet.
Manchmal allerdings geschieht es doch, dass jemand von G-tt fuer das kommende Jahr negativ gerichtet wurde. Fuer solch einen Fall gibt die Gemara in Rosh HaShana 16b vier Loesungen: Derjenige sollte viel Zedakah (Spenden) geben, seinen Namen aendern, beten oder seine Taten aendern.

Was aber, wenn ich mich bessere, aber G-tt Seinerseits meine Reue nur am Rosh HaShana anerkennt ?
Jeder kann sich taeglich aendern und muss nicht erst bis zu den hohen Feiertagen warten. Hierzu die beruehmte Aussage des Rabbi Nachman von Breslov, dass jeder Mensch taeglich eine neue Chance hat alles zum Guten zu wenden.

An Rosh HaShana bete ich in einer litvish - haredischen Gemeinde und erlebe es jedes Jahr wieder, dass waehrend des Shofarblasens eine ganz besondere Atmosphaere herrscht. Normalerweise stehen wir dabei (man koennte theoretisch auch sitzen) und es wird nicht gesprochen. Jeder konzentriert sich voll und ganz auf die erklingenden Toene und ist mit sich, seinen Gedanken und G-tt allein.

Shabbat Shalom

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