Donnerstag, Mai 24, 2007

Parashat Nasso

B"H

Die Thoralesung fuer diesen Shabbat

Parashat Nasso ist ungewoehnlich lang und enthaelt viele verschiedene Mitzwot (Gesetze). In der Regel wird Nasso entweder am Shabbat vor oder nach Shavuot gelesen.

Zu Beginn der Parasha wird Moshe von G - tt angewiesen, die Gershoniter zu zaehlen. Levi hatte drei Soehne, Gershon, Kehat und Merari. Die Nachfahren der Drei wurden mit unterschiedlichen Aufgaben bezueglich des Auf - u. Abbau des Mischkans (Tabernakel) betraut. Die Kehaniter trugen die besonders heilige Objekte wie die Menorah oder die Bundeslade (Aron) durch die Wueste. Dagegen trugen die Geshoniter saemtlich Vorhaenge aus dem Mishkan, aufgrunddessen man annehmen koennte, dass die Kehaniter wichtiger waren.
Rabbi Moshe Feinstein kommentierte hierzu, dass kein Mensch eine niedrigere Aufgabe oder Bedeutung hat als andere. Manager sind nicht wichtiger als Hausmeister oder Bueroangestellte. Jeder hat seine bestimmte Aufgabe im Getriebe, ohne die nichts funktionieren koennte. Genauso ist die hiesige Welt zu betrachten. Wir alle wurden von G - tt individuell mit unseren ganz bestimmten eigenen Aufgaben erschaffen.

Die Thora faehrt fort mit der Beschreibung, dass unreine Personen fuer eine gewisse Zeit ausserhalb des israelitischen Camps verweilen muessen. Danach folgt die Beschreibung der ehebrecherischen Ehefrau (Sotah), des Nazir und der Segen der Cohanim (Tempelpriester), um nur einige der vielen Mitzwot zu nennen.
Die Parasha erzaehlt uns von einer fuer uns heute recht seltsam klingenden Prozedur. Eine Ehefrau, welche ihren Mann betrogen hat, soll das sogenannte Mei Sotah, das bittere Wasser trinken.

Der Talmud Traktat Sotah geht sehr ausfuehrlich auf das Thema ein. Wenn eine Ehemann seine Frau verdaechtigt, eine Affaere mit einem anderen Mann zu haben, dann muss er sie zuvor warnen, nicht mehr mit diesem Mann zu sprechen, geschweige denn ihn zu teffen. Die Warnung muss in der Anwesenheit von mindestens zwei Zeugen erfolgen (Talmud Sotah 2a). Ignoriert die Frau die Warnung ihres Mannes und faehrt mit ihren Vergehen fort, werden Zeugen geladen. Bestaetigen die Zeugen, dass Frau Sowieso sich mit jenem Mann trifft, so kann der Ehemann seine Frau nach Jerusalem zum Tempel bringen lassen. Entweder gesteht sie vor dem Sanhedrin (71 Richter) ihre Vergehen oder sie streitet alles ab. Gesteht sie den Ehebruch, so kann sich der Mann scheiden lassen. Streitet sie alles ab, verabreichen ihr die Cohanim (Tempelpriester) das bittere Wasser (Talmud Sotah 7a).
Sollte sich die Frau von vornherein ganz weigern nach Jerusalem zu gehen, hat der Ehemann das Recht sich scheiden zu lassen. Allerdings besteht dabei der Nachteil fuer die Frau, dass sie ggf. niemals ihre Unschuld beweisen kann.

Angenommen die Frau brach die Ehe, streitet jedoch vor den Sanhedrin alles ab und ihr wird das bittere Wasser verabreicht. Wie genau sah die Prozedur aus ?
Die Frau wurde von den Cohanim an eine bestimmte Stelle im Tempel gefuehrt, sie musste ihre Kopfbedeckung vom Haar nehmen und ihr Kleider wurden zerrissen. Dieses Verfahren allein war schon beschaemend fuer die Frau.
Auf einen Zettel wurde zweimal der gleiche Name G - ttes geschrieben (Zohar) und sobald einer der beiden verschwand oder auch nicht, zeigte das u.a. die Schuld bzw. Unschuld der Frau an.

Bei dem bitteren Wasser handelte es sich um Wasser aus dem Kiyor (Becken im Tempel) vermischt mit etwas Erde vom Boden vor dem Allerheiligsten (Azarah). Die Frau trank es aus einer neuen Tonschale. Wenn die Frau das Wasser trank und es stellte sich keinerlei Wirkung ein und sie blieb am Leben, bedeutete dies ihre Unschuld. Wenn sie schuldig war, blaehte sich ihr Magen auf und sie starb einen qualvollen Tod.
Das bittere Wasser war die einzige g - ttliche uebernatuerliche Strafe in dieser Welt. Alle anderen Vergehen wurden halachisch durch die Sanhedrin geahndet und auch bestraft.
Im Talmud gibt es die beruehmte Story von der ehebrecherischen Frau, die versuchte, die Sanhedrin zu betruegen. Sie schickte einfach ihre Zwillingsschwester um das bittere Wasser zu trinken. Wie erwartet, starb diese nicht, denn sie war unschuldig. Als die Zwillingsschwester mit der guten Nachricht zu ihrer ehebrecherischen Schwester heimkam, kuesste sie sie vor Freude. Das bittere Wasser, was noch auf ihren Lippen war, toetete die schuldige Schwester.
Warum gibt uns G - tt in seiner Thora solch ein Gesetz und was bedeuten unsere Vergehen fuer uns und Ihn ? Im Falle des Ehebruchs sieht das kabbalistische Buch Shushan Sodot einen Bruch zwischen G - ttes Willen und dem menschlichen Handeln. G - tt hat ein bestimmtes Ehepaar zusammengefuehrt, welches eine Einheit bildet, und ein Ehepartner zerstoert diese Einheit.

Mit unseren halachischen Vergehen beschaedigen wir nicht nur unsere Neshama (Seele), sondern genauso die "oberen spirituellen Welten". Jedes einzelne Vergehen entfernt uns immer mehr von G -tt. Im Talmud Sotah 3a lesen wir, dass kein Mensch suendigt bis ihn ein Ruach Schtut (dummer Gedanke) ueberkommt. Manches wollen wir eigentlich gar nicht tun, da wir genau wissen, dass es falsch ist, doch irgendwie ueberfaellt uns ein Gedanke, dass alles nicht so schlimm waere und wir es eh nie wieder tun.

Im Judentum heisst es, das ein Vergehen schon das andere nach sich zieht (Averah goreret Averah). Sobald wir einmal beginnen, hoeren wir nicht mehr auf und denken, dass es ja eigentlich erlaubt sei (Talmud Sotah 22a). Hat man sich erst einmal an ein Vergehen gewoehnt, so wird alles als erlaubt angesehen und es kommt kaum noch zu einer Teshuvah (Umkehr), so die Talmudkommentatoren Rashi und Rif. Das Schlimme dabei ist, dass ich Aussenstehende auch noch dazu verleiten kann, etwas zu tun, was sie gar nicht wollen.
Der Ishbitzer Rebbe sagt, dass wir nicht zulassen sollen, dass fremde Gedanken unser Leben beherrschen. Wie der Nazir schwoert, sich von diversen Unreinheiten und vom Alkohol fernzuhalten, so sollten wir nicht allen Verfuehrungen des Lebens erliegen und uns in niedrige spirituelle Level katapultieren.

Natuerlich heisst es im Judentum immer wieder, dass jeder Mensch die Moeglichkeit zur Teshuva (Umkehr) nutzen kann. Manchmal muss man sehr tief fallen, um danach viel hoeher aufzusteigen (so die Chassidut). Doch ein ganz tiefer Fall verursacht haeufig so tiefe Depressionen, dass derjenige sich fuer unwuerdig zur Teshuva fuehlt und er erst recht abstuerzt.
Hoffen wir, dass uns das nicht passiert und auch andere Menschen jeden Tag als eine neue Chance betrachten (Rabbi Nachman von Breslov).

Shabbat Shalom

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen