Sonntag, Oktober 07, 2007

Feierhöhepunkte im ultra - orthod. Mea Shearim

B"H

Wie zuvor angekündigt, verbrachte ich den Grossteil der Sukkot - Feierlichkeiten im ultra - orthod. Mea Shearim. Dort nahm man an den Zwischenfeiertagen Chol HaMoed alle Besucher auf und es war eine Menge geboten. Da die chassidischen Rebbes einstimmig versammelt waren, gab es chassidische Tische, Feiern mit Tanz und die hauseigene Klezmer - Kapelle durfte dabei auch nicht fehlen.

Rabbi Mordechai Machlis lud zum Essen an den Feiertagen und die Mahlzeiten bei einem Gerer Chassid, dessen Tochter mit einem Bobover Chassid aus Boro Park - New York verheiratet ist, waren auch nicht zu verachten. Die Tochter sprach ich übrigens sogleich auf die Spaltung der Chassidut Bobov an. Bei Bobov streiten sich nämlich seit dem Tod des letzten grossen Rebben zwei Verwandte um dessen Erbschaft bzw. Führungsposition.

Neulich las ich in der israel. Tageszeitung Haaretz einen Artikel, in dem aufgeführt wurde, dass demnächst bei Bobov demokratische Wahlen stattfinden werden und somit der "richtige" Rebbe bestimmt wird. Von der Tochter des Gerer Chassid jedoch erhielt ich ganz andere Informationen und Haaretz hat einmal wieder mehr in religiösen Angelegenheiten daneben gelangt.

Ja, es werden Wahlen stattfinden, doch geht es darum eher um ein Beit Din (rabbinisches Gericht), welches sich die Meinungen vieler Bobover Chassidim anhört und danach festlegt, welcher der beiden Kandidaten welchen Grundbesitz aus dem Bobov - Besitz bekommt. Beide Kandidaten werden allerdings weiterhin ihre Anhänger anführen und es wird somit automatisch zur Spaltung bei der Chassidut Bobov kommen.

Wo man in Mea Shearim in den vergangenen Tagen auch hinschaute, überall wurde mächtig gefeiert. Aus fast jeder Synagoge dröhnte chassidische Musik und manchmal fiel die Entscheidung schon schwer, wo man teilnehmen sollte. Die besten Feiern fanden natürlich bei den chassidischen Gruppen Toldot Aharon und Avraham Yitzchak statt. Nur war es für Frauen äusserst schwer, dorthin zu gelangen. Der Kampf um die Frauenemporen im ersten Stock war eröffnet. Es wurde gedrängelt, aber dennoch brach keinerlei Panik aus. Tausende von Menschen waren auf den Strassen unterwegs und es war schon schwer genug, überhaupt zu einer der Synagogen zu gelangen. Ganz zu schweigen von der damit verbundenen Schwierigkeit, dass an den Feiertagen die Strassen in Frauen - u. Männerseiten unterteilt waren. Damit das auch alles richtig eingehalten wurde, war eine private Wachfirma engagiert worden und die regelte sozusagen den Anstand.

Einer der Wachleute rief auf der Frauenseite, dass die Frauen endlich einmal etwas schneller gehen sollen, da daheim die Küche auf sie warte. Dies brüllte der Wachmann auch noch so richtig schön durch sein Megaphon und ich war die einzige, die ihm etwas sagte. Baff schaute er mich an und war erst einmal ruhig. Später jedoch hörte ich ihn wieder dumme Bemerkungen machen.

Beliebtester Treffpunkt für Feiern ist die Synagoge der Chassidut Karlin, im Herzen Mea Shearims. Karlin zeichnet sich dadurch aus, dass die Chassidut sehr offen ist, obwohl man beim Anblick der Chassidim ganz anderes vermuten könnte. Chassidut Strokov und die Shomrei Emunim standen jedoch nicht nach und auch bei ihnen gab es eigene Bands mit Klezmer und wild tanzenden Chassidim.

Bei Toldot Aharon wurden an einem Abend kleine Päckchen mit Info - Blättern an die Mitglieder ausgeteilt. Nur an die Frauen wohlgemerkt. Selbstverständlich liess ich mir das Info - Material nicht entgehen und siehe da, die anti - zionistische Dachorganisation in Mea Shearim, die Edah HaCharedit, erliess zusammen mit dem Oberrabbiner der Stadt Bnei Brak, Rabbi Nissim Karelitz, neue Erlässe darüber, wie sich die anständige haredische (ultra - orthod.) Frau zu kleiden hat. Zuvor waren mir Poster aufgefallen, in denen diverse haredische Frauen als "Prostituierte" bezeichnet wurden. "Genug mit der Prostitution der haredischen Frau" so hiess es auf den Plakaten.

In dem Info - Material befand sich unter anderem ein Schreiben der Edah, in dem auf einem Bild der absolute "Anstandsrock" erklärt wurde. Der Rock muss in der Taille mind. 10 cm vom Körper abstehen, heisst, er darf nicht zu eng am Körper anliegen. Von der Taillenhöhe abwärts bis hin zu den Knien muss der Mindestabstand zum Körper mind. 42 cm betragen. Der Rock muss insgesamt so lang sein, dass der Abstand zwischen Rock und Fussboden nur 18 cm beträgt. Wer sich für die genauen Masse mit Grösse und Gewicht der Frau interessiert, dem kann ich alle Details gerne zukommen lassen.

Den Feierlichkeiten tat das alles keinen Abbruch und es ging recht wild zu. Im Erdgeschoss hatten die Männer mehr Platz zu stehen, doch auf der Frauenempore ging alles im Gedränge unter. Auf der Treppe zu Avraham Yitzchak traf ich eine Frau der chassidischen Satmar - Gruppe, die ihre zwei kleinen Kinder die Treppe hinaufzerrte. Die Kleinen habe sie nicht allein daheim lassen wollen, so erzählte sie mir im Gedränge. Oben angekommen gab sie auf und machte sich wieder auf den Weg nach unten. Hunderte von Frauen und jungen Mädels hingen im wahrsten Sinne des Wortes an den Glasscheiben, durch welche man hinunter zu den Männern schauen konnte. Alle versuchten sich irgendwie am Eisengerüst hinaufzuhangeln, um einen kurzen Blick zu erhaschen. Ich hangelte nicht, sah aber zumindest die chassidische Klezmer Band bei Avraham Yitzchak.

Bei Toldot Aharon ging es noch wilder zu und um allem vorzubeugen, liess man an Simchat Thora nur Mitglieder in die Synagoge. Bei den Satmarer Chassidim machte man schon einmal eine Ausnahme, denn die reichen Satmarer unterstützen Toldot Aharon finanziell. Da ich niemanden finanziell unterstützte, kam ich leider nicht hinein.

Bei der Chassidut Strokov mussten gleich alle Frauen draussen bleiben und gaben sich mit den Blicken durch die Fenster zufrieden. Als Frau über die haredische Gesellschaft zu schreiben, ist nicht immer einfach.

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