Donnerstag, Oktober 18, 2007

Zweifelhafte Konversionshilfe

B"H

Mehr als vierzig nationalreligiöse Rabbiner sollen bereit sein, ein vom Rabbanut (Oberrabbinat) unabhängiges Beit Din (rabbinisches Gericht) zu bilden, um so den Massenandrang der potentiellen Konvertiten zum Judentum in Israel voranzutreiben.

Das Oberrabbinat konvertiere im Höchstfall jährlich 2000 Kandidaten und den Rest setze es aus unterschiedlichen Gründen auf lange Wartelisten. Die Gründe dafür sind vielfältig, doch sei die Mehrheit der Konversionskandiaten nicht bereit, nach ihrem Giur (Konversion) ein religiöses Leben laut der Halacha zu führen.
Das haredisch geleitete Rabbanut erwarte dies jedoch von einem ernsthaften Kandidaten und daher gehe die Mehrheit der Kandidaten schon gar keine Verpflichtungen mit dem Rabbanut mehr ein.

Die mehr als vierzig nationalreligiösen Rabbiner sollen dies nun ändern. Ein etwaiges eigenes Beit Din solle Konversionen durchführen, aber das Resultat wäre, daß diese NICHT vom Rabbanut anerkannt werden. Die Auswirkungen kann sich jeder vorstellen: Immer mehr kommt es in Israel zu einem Giur unterschiedlicher Klassen.

Hier die Konvertiten aus haredischen Kursen (z.B. Rabbi Nissim Karelitz), welche die erste Garde bilden. Ein Karelitz - Giur ist unumstritten, auch in der haredischen Gesellschaft.

Die zweite Klasse bilden die Konvertiten aus anerkannten nationalreligiösen Kursen, wobei sich die Absolventen in jene aufteilen, die ein halachisches Leben führen und jene, die dies nach dem Giur nicht mehr tun.

Alles andere fällt in die dritte Kategorie: nicht anerkannt und äußerst fragwürdig.

Schon lange kritisieren haredische Tageszeitungen das Vorgehen der Nationalreligiösen. Und dies auf allen Gebieten und nicht nur zum Thema "Giur". Die Nationalen driften immer mehr ab und sind national, aber das religiös sei einmal in Frage gestellt.

Ich kenne die Namen deren, die sich zu dem Projekt bereiterklärt haben nicht, doch möchte ich einen Rabbiner, der dem Projekt nahesteht, erwähnen. Es ist unbestreitbar, daß orthod. Rabbiner einigen Konvertiten helfen müssen, die immer unüberwindbarer werdenden Hürden des Rabbanutes zu passieren, doch rate ich jedem Kandidaten, sich vorher gründlichst über den helfenden Rabbi zu informieren.

Ich nenne hier nur einen Fall, in dem ein Rabbi hilft, doch andererseits halachisch zweifelhafte Ansichten vertritt. Als mir vor wenigen Tagen ein Buch mit zweifelhaftem relig. Inhalt von einem mehr als zweifelhaftem Autor (das Buch würde niemals von einem relig. Verlag gedruckt werden und wurde privat gedruckt) in die Hände fiel, sah ich voll Erstaunen, daß der so hilfsbereite Rabbi ein Vorwort für eben jenes Buch schrieb. Als ich es weiteren Leuten zeigte, waren diese entsetzt, vor allem jene, denen der Rabbi hilft. Mit solchen Leuten will man sich auch als Konversionskandidat lieber nicht identifizieren und hält Abstand.

Die Regierung sowie der sephardische Oberrabbiner, Rabbi Shlomo Amar, haben noch nicht entschieden, ob diese vierzig Nationalreligiösen grünes Licht erhalten oder nicht. Die Rabbiner selbst sehen sich als orthodox und planen ihre rabbischen Gerichte auch so zu führen. Staatliche Stellen dagegen sind der Ansicht, daß irgendwelche Volontäre keine Berechtigung haben, rabbinische Entscheidungen zu treffen.

2 Kommentare:

  1. Anonym9:17 AM

    An anderer Stelle hast du dich, wenn ich mich recht erinnere, über das korrupte Oberrabbinat ausgelassen. Da du nun schreibst, dass das Oberrabbinat charedisch geleitet wird, heißt das logischerweise, daß die Korruption durch Charedim zu verantworten ist. Du hast ja auch vielleicht nicht ganz unrecht: Ein Oberrabbiner, der sich kostenlos in teuren Hotels einquartiert, ein anderer, der von einer Schlägerei im eigenen Haus nichts mitbekommen haben will, wieder ein anderer, der sein bestimmt nicht kleines Gehalt mit Hochzeiten aufbessert - das spricht nicht gerade für die Charedim.

    In diesem Sinne kann es nur gut sein, wenn nun ein paar wenige Rabbiner den Popo in der Hose haben und offen den Widerspruch wagen.

    Deine Behauptung, dass es verschiedene Klassen von Giurim gibt, lässt vermuten, daß du auch sonst die jüdische Welt in Klassen aufteilst. Ganz oben die Charedim und ganz unten der Jude am Strand von Tel Aviv. Irgendwo habe ich den Kommentar eines Chabad-Rabbiners gelesen: Ein Jude ist ein Jude ist ein Jude.

    Einer großen Bevölkerungsgruppe, nämlich den Nationalreligiösen, das religiös abzusprechen oder in Frage zu stellen halte ich für sehr verletzend. Und zu schreiben, daß die Nationalreligiösen immer mehr abdriften (wohin denn?) ist wahrscheinlich auch von der Position des Betrachters abhängig. Könnte es nicht auch sein, daß die Nationalreligiösen da stehen, wo sie schon immer stehen und die Charedim sich, wohin auch immer, bewegen?

    Das, was die Rabbiner da ankündigen, halte ich für sehr richtig und längst überfällig. Es geht darum, einen Giur nach Regeln der Halacha durchzuführen und nicht nach Ansichten zu gehen, die irgendwelche radikale Rabbiner einmal geäussert haben. Ich kann dir nur raten, wirklich einmal gute Bücher zum Thema Giur zu lesen bzw. die Quellen zu studieren und nicht nach irgendwelchen Charedizeitungen zu gehen, deren Qualität manchmal zu wünschen übrig lässt.

    Was soll denn eigentlich der Satz, daß ein Rabbiner mit zweifelhaften Ansichten (welche?) ein Vorwort für ein Buch mit zweifelhaftem Inhalt (welcher?) geschrieben hat, das ein zweifelhafter Autor privat gedruckt hat? Und zu allen Zweifeln hilft dieser Rabbiner dann auch noch Gerim. Au weia!

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  2. B"H

    Hi Michael,

    in Deinem Kommentar wuerfelst Du so ziemlich alles durcheinander, was ich aber keinem, der die gesamte israel. relig. Welt nicht kennt, verdenken kann.

    Das Rabbinat ist nach wie vor in diversen Angelegenheiten korrupt und ich behaupte nicht, dass Haredim nicht korrupt sind. Jeder ist nur ein Mensch.
    Das Rabbinat ist fuer viele haredisch, fuer andere weniger und dann wieder gar nicht. Im grossen und ganzen wird es von litvishen Haredim geleitet (egal, ob aschkenazi oder sepharadi). Ausserdem gibt es den Einfluss der Nationalreligioesen.

    Insgesamt ist es ein Mischmasch und wird aus verschiedenen Gruenden nicht oder nicht immer von der Harediwelt anerkannt. Wobei sich sogar die nationalrelig. Welt manchmal auch zurueckzieht.

    Also, ueber das Rabbanut koennte man stundenlang diskutieren, ohne zu einem generellen Ergebnis zu kommen.

    Allgemein ist die Einrichtung aber notwendig. Vor allem in buerokratischen Angelegenheiten wie Registrierungen von Hochzeiten, Geburten und Konversionen.

    Die israel. Gesellschaft teilt sich grundsaetzlich in Klassen auf. Wer hier lebt, der wird automatisch von seiner Umwelt zu etwas zugeordnet, was nicht immer etwas mit der Religion zu tun hat. In Deutschland ist solch ein Verhalten etwas unbekannter, aber in IL ist es Gang und Gebe.

    Zum relig. Bereich: Natuerlich unterteilen sich Religioese, wobei ich es nicht unbedingt Klassen nennen wuerde.
    Ich habe nationalrelig. und haredische Freunde und untereinander kommen wir alle sehr gut miteinander aus.

    Ich spreche den Nationalrelig. nicht ihre Religiositaet ab, sondern bestimmte Ansichten, die sich in letzter Zeit zu ihrem Nachteil auswirken. Damit meine ich die Nationalreligioese Partei, die inzwischen selbst von vielen Nationalrelig. selber gemieden wird.

    Das Problem bei den neuen Giur - Plaenen ist, dass eventuell Leute konvertiert werden sollen, die beim Rabbanut, aus welchen Gruenden auch immer, durchfielen. Und allein diese Tatsache laesst schon an der Ernsthaftigkeit jener Volontaersrabbiner zweifeln.

    Du beschraenkst Dich hier auf die "Radikalen" und die doch so "liberalen" nationalrelig. Rabbiner, die allen nur helfen wollen. Anzumerken ist, dass gewiss nicht ALLE Nationalrelig. so toll liberal sind, sondern manchmal schlimmer als die Haredim.

    Falsche Schluesse, ohne die israel. Sachlagen zu kennen, rate ich jedem ab.
    Genauso wenig, wie Du die Zweifelhaftigkeit gewisser Rabbiner beurteilen kannst.

    Wahrscheinlich bin ich nicht ganz unschuldig, dass solche falschen Schluesse wie die Deinen herauskommen. Es faellt mir schwer, die israel. relig. Welt einem Aussenstehenden real zu vermitteln und man muss schon hier leben, um etwas zu verstehen.

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