Donnerstag, Oktober 11, 2007

Parashat Noach

B"H

Die Thoralesung für diesen Shabbat

An diesem Shabbat lesen wir weltweit in den Synagogen die Thoraparashat Noach (Noah) aus dem 1. Buch Genesis. Und wie in jedem Jahr gehen die Meinungen über die Person Noach weit auseinander. Viele sehen ihn als einen Zaddik, guten gerechten Menschen, andere, und nicht wenige, betrachten ihn als das genaue Gegenteil. Dabei heißt es doch im Buch Genesis 6:9 selbst, daß Noach ein Zaddik (ein Gerechter) war.

Vielleicht sollten wir Noach und seine Zeitgenossen erst einmal kennen lernen und uns dann selbst ein Urteil bilden.

Noach wurde im Jahre 1056 des jued. Kalenders geboren. Sein Großvater Metusalem (Metushelach) war als frommer Gerechter bekannt. Er folgte G - tt und nahm nicht an dem lasterhaften Leben seiner Zeitgenossen teil. Noachs Vater Lamech war da schon nachlässiger, doch Noach folgte den Pfaden seines Großvaters. Wie schon die Generationen zuvor betrieben Noachs Zeitgenossen Götzendienst und beteten zur Sonne und den Sternen. G-tt war für sie überflüssig geworden.

Das Leben vor der Flut hatte viele Vorteile:
Krankheiten waren unbekannt, es gab keine Jahreszeiten und demzufolge war das Wetter immer gleich warm, die Menschen hatten aufgrund eines anderen DNA und einer anderen Luft eine verhältnismässig hohe Lebenserwartung. Eine einzige Ernte reichte fuer 40 Jahre, wobei diese nicht verrottete.

Ihr gutes Leben sahen die Leute als selbstverständlich an. Wer braucht G-tt, wenn alles vorhanden ist ?
So wurde gestohlen, gemordet, betrogen und vergewaltigt. Selbst die Tiere sahen die sexuellen Perversitäten der Generation und nahmen daran teil. Die Gemara im Talmud Traktat Sanhedrin 108, verfügt über eine ganze Liste des sündhaften Lebens der Generation der Flut.

Noach beteiligte sich nicht an diesen Aktivitäten. Er heiratet Na'ama und gemeinsam hatten sie drei Soehne: Schem, Cham und Yafed. Im Alter von 480 Jahren begann er die Arche zu bauen, wie G-tt es ihm aufgetragen hatte.

Und nun kommen wir zu dem Punkt, wo die Meinungen auseinandergehen. Hat Noach die Menschen davor gewarnt, daß G - tt sie mit Hilfe einer Flut vernichten will ? Die Gemara in Sanhedrin sagt, dass Noach die Menschen warnte, doch diese ihn nur auslachten. Er wurde als alter verwirrter Trottel beschimpft.
Wahrscheinlich gab er aufgrunddessen nach einiger Zeit auf und kümmerte sich lieber nur noch um den Bau der Arche. Der Bau dauerte 120 Jahre in all jener Zeit hatten die Menschen Gelegenheit, ihr Schicksal zu verändern. Hätten sie zu G-tt gebetet und ihr Lotterleben aufgegeben, dann wäre es nie zu einer Flut gekommen. Aber wie das so ist im Leben, wenn es einem gutgeht, dann denkt man nicht an ein Ende.

Erst als die Flut begann, welche aus kalten und kochend heißem Wasser zugleich bestand, änderten sie ihre Meinung und sahen, daß es nur einen G-tt gibt. Zu spät. Im Jahre 1656 des jüd. Kalenders oder 2104 BCE wurde alles Leben außerhalb der Arche vernichtet. Von den Tieren (außerhalb der Arche) überlebten nur die Fische, welche sich nie am perversen Leben beteiligt hatten.

Sämtliche Nachfahren Kains kamen bei der Flut ums Leben. Kain selbst wird in kabbalistischer Literatur als die Verkörperung des Bösen gesehen, denn laut vielen Thorakommentatoren hatte Chava (Eva) in Gan Eden (dem Paradies) Sex mit der Schlange und Kain war nicht Adams Sohn, sondern stammte vom Samen der Schlange.
Wie ist das möglich, Sex mit einer Schlange ?

Im Paradies liefen die Schlangen auf zwei Beinen, konnten sprechen und hatten einen hohen Intellekt. Allerdings muß an dieser Stelle gesagt sein, dass es zwiespältige Meinungen darüber gibt, wer oder was die Schlange wirklich war.

Sollen wir Noach nun danach beurteilen, ob er die Menschen hätte mehr warnen sollen oder nicht ? Hätte er vor G-tt für die Generation beten sollen, wie dieses später Avraham (im Falle Sodoms) oder Moshe (im Falle des Goldenen Kalbes) taten ?
Für mich ist Noach ein Zaddik (Gerechter), denn er und seine Familie waren die einzigen, die sich nicht an den Taten einer gesamten Generation beteilgten. Wer seine Meinung vor Tausenden von Menschen vertritt und dabei verspottet wird, dem gehört Anerkennung. Somit wird Noach zurecht von G - tt als Zaddik (Gerechter) bezeichnet.

Und was können wir von Noach lernen ?

Auch zur heutigen Zeit sollten wir uns nicht zu sicher fühlen, daß G-tt uns nicht sieht. Im Gegenteil, alles wird registriert. Demnach sollten wir nach einem besseren perfekterem Leben streben.

Nachtrag:

1. Es gibt im Talmud unterschiedliche Meinungen ob die Flut auf der gesamten Welt, nur in Israel oder überall nur nicht in Israel stattfand.

2. Die Parashat Noach besteht aus zwei Teilen: Noach und am Ende wird kurz ueber die Begebenheit des Turmes von Bavel berichtet.



Die Kabbalah betrachtet die folgende Generation, die Dor Haflagah – Generation of Dispersion mit Nimrod als Oberhaupt als Reinkarnation der Generation Noachs. Abermals wurden den Seelen (Neshamot) Gelegenheit gegeben, ihre vorherigen Vergehen zu bereinigen, was, wie wir heute alle wissen, wieder nicht gelang.

Nach der Flut zogen die Söhne Noachs, Yafed und Cham, aus in die Welt. Cham zog es nach Afrika und Yafed zog es Richtung Europa. Aus diesem Grund betrachtet das Judentum die heutigen Europäer als Nachfahren Yafeds. Mit Schem und dessen Nachkommen Avraham haben sie keinerlei Verbindung.

340 Jahre nach der Flut begannen die Menschen auf Befehl Nimrods einen Turm zu bauen. Die Gemara im Talmud Sanhedrin 109a nennt drei Gruppen von Leuten, die aus unterschiedlichen Motiven am Bau des Turmes teilnahmen und im Nachhinein je ihrer Absicht nach unterschiedliche Strafen erhielten.

Nach der Flut erholten sich die Menschen für sehr lange Zeit nicht von dem Schock und selbst 340 Jahre später hatten sie eine panische Angst davor, daß sie das gleiche Schicksal ereilen könnte. Aus dem Fehlverhalten der Generation der Flut hatten sie absolut nichts gelernt und sie fuhren fort mit dem Lotterleben. Auch dem Götzendienst hatten sie nicht abgeschworen und außerdem waren sie, wie die Generationen zuvor, in der Lage mit Dämonen und Engeln zu kommunizieren.

Um einem weiteren G – ttesurteil zu entfliehen, bauten sie den Turm, der sie gleichzeitig vor einer neuen Flut schützen sollte. Auf dem Turm installierten sie eine Statue mit einem Schwert in der Hand, welche G – tt andeuteten sollte, dass sie den Turm bis in den Himmel bauen werden, um Ihn zu bekämpfen.

Die gesamte Generation Nimrods bediente sich der "Praktischen Kabbalah" und verwendete G – ttes Namen zu negativen Zwecken. Kabbalistische Literatur beschreibt sehr eindeutig, was genau sich im Inneren des Turmes abspielte.

Die Strafe ließ nicht lange auf sich warten und das Ergebnis ist uns bekannt.

Was jedoch war das Vergehen, was G – tt zu einer harschen Bestrafung veranlaßte ?

Nur einen Turm zu bauen, um sich vor einer Flut zu schützen ist noch lange kein schwerwiegendes Vergehen. Viele Kommentatoren sind der Meinung, daß Nimrod und seine Untertanen nicht unbedingt für das bestraft wurden, was sie taten, sondern für etwas, was daraus hätte folgen können.

Für uns mag die Idee eines Turmbaues heute lächerlich erscheinen, aber vielleicht sollten wir nicht vergessen, daß die damaligen Menschen sich auf einem wesentlich höheren geistigen Niveau befanden als wir dies jemals sein werden.

Und wir sollten nicht dem Fehlschluß unterliegen, daß wir heutzutage soviel besser sind. Auch wir bauen aus Arroganz unsere eigenen Türme, die da Besitz und Macht heißen und durch die wir G – tt nur allzu schnell und gerne vergessen. Von Nimrod & Co. sollten wir lernen, daß unser selbst erbautes Kartenhaus jederzeit zusammenfallen kann.

Shabbat Shalom




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