Mittwoch, Juni 27, 2007

Die "neuen" Religioesen

B"H

Ich muss zugeben, dass meine Ueberschrift vielleicht etwas zu allgemein klingt und falsch verstanden werden koennte. Ich spreche in diesem Beitrag ein Thema an, welches ich schon zuvor einige Male oeberflaechlich erwaehnte. Auf keinen Fall meine ich an dieser Stelle ALLE neuen Religioesen. Allerdings gibt es viele Faelle der hier beschriebenen Problematik. Ob dies unbedingt auf Deutschland, Oesterreich oder unbedingt Europa (ausser Gross Britannien) zutrifft, weiss ich nicht. Ich schreibe hier aus meiner Jerusalemer Sicht und die Betroffenen sind ueberwiegend Amerikaner oder Israelis.

Innerhalb der vergangenen zehn Jahre lernte ich in Israel viele Leute kennen, die religioes wurden. Juden aus sekulaerem Hause entschlossen sich religioes zu werden. Nationalreligioes oder Haredi. Die meisten, die ich traf, entschlossen sich allerdings fuer den Haredi - Weg. Viele von ihnen kamen aus New York, New Jersey, Detroit etc. und ihre Eltern hatten sie urspruenglich auf eines der beruehmten Ein - Jahr - Lernprogramme von Aish HaTorah oder Ohr Sameach geschickt. Maedels waren natuerlich auch dabei, welche Programme fuer Frauen besuchen.

In Israel ist es nicht unbekannt, dass viele der amerikanischen Kids daheim Probleme (oftmals Drogen) hatten und von ihren Eltern nach Jerusalem geschickt werden, um vielleicht aus dem Problemen heraus zukommen. Nicht immer ist das der Fall und viele Kids enden auf israelischen Polizeiwachen.
Aber es gibt auch ganz andere Faelle, in denen junge Leute sehr daran interessiert sind, ein religioeses Leben zu fuehren, und diese bleiben dann laenger als nur ein Jahr. Nicht wenige heiraten und machen Aliyah.

Wer sich als frueherer sekulaerer Jude entscheidet, den haredischen Weg einzuschlagen, der sollte sich darueber im klaren sein, dass viele geborene Haredim ihn ablehnen oder belaecheln werden. Ein Problem, welches im israelischen Alltag leider allzu haeufig vorkommt. Die sogenannten Chozrei Be' Teshuva (spaeter religioes gewordene Juden) haben teilweise einen schweren Stand. Beginnen tut es bei den Shidduchim (vereinbarte Hochzeiten), geht weiter ueber die Schulauswahl der Kinder bis hinein ins tiefste Privatleben. Vielmals bleibt ein bitterer Beigeschmack bei manchen Kommentaren oder wenn die Kinder nicht gerade auf den gewuenschten Beit Yaakov (fuer Maedchen) oder Talmud Torah - Schulen angenommen werden. Hierzu gibt es gerade einen ganz aktuellen Fall im Stadtteil Kiryat Moshe, wo die Kinder einer solchen Familie von Haredi - Schulen abgelehnt worden waren und der Vater sich durch alle Instanzen klagt.

Ich traf viele Teenager oder Leute in den Zwanziger, Dreissigern oder Vierzigern, die ploetzlich religioes wurden. Bei den Teens macht sich haeufig das Verhalten breit, dass sie bei jeder Gelegenheit allen moeglichen Leuten mitteilen muessen, was diese zu tun oder zu lassen haben. Staendig verbreiten sie ihre neu gelernten Halachot (Gesetze). Damit wiederum gehen sie manchen so auf die Nerven, dass diese von den Neu - Religioesen Abstand nehmen. Hiermit meine ich vor allem religioese Juden, die sich ploetzlich von einem, der gerade mal einen Monat Thora lernt, Belehrungen anhoeren muessen.
Bei geborenen Haredim dagegen habe ich diese Art von Verhalten ganz ganz selten erlebt. Wenn ueberhaupt…

Wenn solche Teenies wieder zurueck in die Staaten gehen, dann tun mir deren Eltern leid. Rabbi Mordechai Machlis sagte einmal, dass bei den Teenies die Gefahr bestehe, dass sie in ihre alten Gemeinden kommen und dem Rabbi alles aus dem Shulchan Aruch (Zusammenfassung aller Halachot) diktieren, woraufhin der Rabbi antworten koennte, dass sich seine Gemeinde nicht nach dem Shulchan Aruch, sondern nach dem Aruch HaShulchan (Zusammenfassung von Halachot, aber etwas anders als der Shulchan Aruch) richtet. Dann steht der Teenie blamiert da.

Im Gegensatz zu den amerikanischen Teenies kommt bei den Israelis ein anderes Problem dazu, denn die werden haeufig mit ihrer gesamten Familie religioes und begehen daher haeufig den Fehler, ihre Kinder sofort in haredischen Schulen anzumelden, was oftmals so endet, dass die Kids von daheim weglaufen, weil sie den Lebensstil ihrer Eltern nicht wollen.
Auch kommt hinzu, dass die neuen Religioesen akzeptiert und besser sein wollen als alle anderen. Somit passiert es nicht selten, dass sich die Leute zuviel Druck selbst auferlegen und scheitern. Religioes werden heisst, sich Zeit lassen und nichts ueber den Zaum brechen. Bestes Beispiel hierfuer ist Rabbi Akiva, der im Alter von 40 Jahren religioes wurde und alles von Beginn an lernen musste.

Mein Rat ist, dass diejenigen, die sich fuer den Haredi - Weg entscheiden, einfach akzeptieren sollten, dass sie nicht so sind wie geborene Haredim, was keine Schande ist. Anstatt sich abzumuehen und selber unter Druck zu setzen auch ja alles richtig machen zu muessen, um die Aussenwelt zu beeindrucken, sollten sie lieber all ihre Energien in das Lernen investieren und ihre Familien zusammenhalten. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, seine nicht - religioesen jued. nicht Freunde einfach fallenzulassen und die Eltern schon gar nicht. Natuerlich kann man nicht mehr in unkoscheren Haushalten essen, aber schliesslich gibt es einen Weg, andere freundlich darauf aufmerksam zu machen.

1 Kommentar:

  1. Anonym7:01 AM

    Ich stimme Dir voll und ganz zu ,christliche Eltern lassen sich nun mal nicht in jüdische nachtraglich ummodellieren. Aber ich bin bemüht einer dieser jetzt heissbegehrten jüdischen Grossmütter in meiner Familie zu finden.
    Calltec

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