B"H
Die Gruendung der chassidischen Gruppe Toldot Avraham Yitzchak und ihre Abspaltung von Toldot Aharon erklaerte ich schon im vorherigen Beitrag. Nun folgt Teil 2 unseres Erlebnisses vom letzten Shabbat.
Nachdem meine Freundin und ich gegen 23.30 Uhr zum Tisch von Avraham Yitzchak kamen, hatte Rebbe Shmuel Yaakov Kahn schon Kiddush gemacht.
Erneut waren wir nach Mea Shearim gekommen und als wir in der Frauenempore der grossen Synagoge der Chassidut eintrafen, waren dieses Mal nicht nur vier Frauen, sondern ueber Hundert anwesend. Genauso wie letzte Woche beim Tisch von Toldot Aharon kamen auch hier die Frauen mit ihren Kindern.
Zuerst gingen wir in den Vorraum, in dem die Frauen von den Maennern durch geflochtene Metallstaebe getrennt sind, die sich ueber die gesamte Sichtflaeche ziehen. Es ist moeglich durchzuschauen, aber nicht besonders gut.
Nach einigen Minuten jedoch wurden wir stutzig, denn wir sahen viele Frauen um die Ecke verschwinden. Neugierig folgten wir und siehe da, es gab eine zweite Frauenempore mit drei riesigen Fenstern. Hier konnte man bequem auf einem tribuenenartigen Geruest sitzen und alles beobachten. Rebbe Shmuel Yaakov Kahn und seine Chassidim hatten wir bestens im Blick.
Anders als bei Toldot Aharon isst hier der Rebbe eine richtige Mahlzeit. Ein Chassid, der als Kellner fungiert, bringt ihm das Essen und giesst Sodawasser in einen Silberbecher. Mindestens 200 Chassidim waren anwesend sowie eine Gruppe junger naionalreligioeser Yeshiva - Studenten. Hier und da sah man auch einen litvishen Haredi stehen.
Immer mehr Frauen draengten sich in die Empore und gegen 1.00 Uhr frueh waren mindestens 200 Frauen im Raum. Sehr viele darunter gehoerten der chassidischen Gruppe Satmar an, die auf Besuch vorbei kamen. Bei Toldot Aharon stehen die Frauen still auf dem Geruest und schauen dem Rebben und den Chassidim zu. Kein Mensch fuehrt Gespraeche. Nicht so bei Toldot Avraham Yitzchak, wo die Frauen den Tisch eher als gesellschaftliches Ereignis betrachten. Man geniesst die tolle Atmosphaere, aber sitzt auch mit anderen Frauen zusammen und unterhaelt sich.
Bei einem chassidischen Tisch ist es ueblich, dass die Maenner stehen. Auch sie sind ueber tribuenenartige Gerueste verteilt und stehen so auf mehreren Etagen. Vor dem Tisch des Rebben befindet sich immer eine querstehende lange Tafel, an der die aelteren Chassidim und wichtige Rabbiner der Chassidut sitzen. Der Rebbe Shmuel Yaakov Kahn sitzt auf einer Art Thron, einem grossen hellbrauen Holzstuhl mit Verzierungen und einer weichen ebenso hellbrauen Polsterung. Er ass seine Mahlzeit, die, wie am Shabbat ueblich, aus mehreren Gaengen bestand und was nicht verzehrt wurde, verteilte der Kellner an die Chassidim.
Die Frauen bekamen nichts, doch sandten einige ihre Soehne hinunter, die Essen in die Frauenempore brachten. Aber leider nur gekochte Karotten, die ich nicht mag.
Bei Toldot Aharon gab es eine tolle Atmosphaere, aber im Gegensatz zu ihrer kleinen Abspaltung Avraham Yitzchak, ging es etwas kuehl zu. Was mir am besten gefiel waren die melodischen Lieder bei Avraham Yitzchak. Melodien, die ich noch nie zuvor gehoert hatte. Begeistert sangen alle Chassidim mit, wobei sie ihr hauseigenes blaues Liederbuch mit den Zemirot in der Hand hielten. Der Rebbe stimmte kraeftig mit ein oder dirigierte. Es war ein unglaubliches Schauspiel.
Die Synagoge ist verhaeltnismaessig gross und fuer Chassidim typisch, mit einigen grossen Bildern ausgestattet. Schraeg ueber dem Rebben kam stand ein 3D - Modell der Synagoge, was sehr schoen anzuschauen war. Darueber prangte eine riesige Uhr mit hebraeischen Ziffern. Mittlerweile haben wir schon gelernt, dass die Uhren bei der Mitgliedern der anti - zionistischen Organisation, Edah HaHaredit, und deren chassidische Mitgliedergruppen anders gehen. Auch Avraham Yitzchak hat die Uhr nicht auf die Sommerzeit eine Stunde umgestellt, sondern die "normale" Zeit beibehalten. Was der Staat Israel entscheidet, muss noch lange nicht auf religioese Juden zutreffen.
In der Zwischenzeit hatte der Rebbe seine Mahlzeit beendet und es wurden immer mehr Lieder gesungen. Von seiner Ansprache (Drasha) verstanden wir nicht viel, was nicht seine Schuld war. Er verfuegt ueber eine sehr energische und laute Stimme, doch um uns herum redeten die Frauen wie ein Wasserfall. Er sprach auf Yiddish und leider bekamen wir nur mit, dass das Thema "Shabbat" hiess.
Nach einiger Zeit wurde ein noch ein weiterer "Thron" hereingetragen. Dunkelbraunes Holz mit dunkelblauer Polsterung. Ein ehrwuerdiger aelterer Herr in seidenem hellbraunem Samtgewand nahm darin Platz. Zuerst dachten wir, es handele sich bei ihm um einen Verwandten des Rebben, doch um auf Nummer sicher zu gehen, fragte ich eine der umherstehenden Frauen.
"Nein, sagte sie, dies sei der Kalover Rebbe aus New York. Ein Ehrengast am heutigen Tisch."
Der Kalover Rebbe heisst eigentlich Rabbi Moshe Taub. Die Chassidut Kalov hat zwei Rebben, wovon einer in Jerusalem und einer in New York lebt. Den Jerusalemer Rebben (frueher lebte er in Bnei Brak) nennen alle nur den Kaliver Rebben. Bekannt ist vor allem, dass er von den Nazis schwer gefoltert wurde. Kalov wie die Chassidut Karlin sind vor allem fuer ihre beruehmten chassidischen Melodien und Gesaenge bekannt und meine Freundin und ich werden auch noch bei ihnen vorbeischauen.
Wie schon zuvor bei Toldot Aharon hatten wir keinerlei Probleme mit den Frauen ins Gespraech zu kommen. Fragen werden freundlich beantwortet. Auf Hebraeisch oder Yiddish, denn Englisch spricht niemand. Wir blieben bis 2.00 Uhr frueh und genossen jede Minuten. Diesen Freitag Abend planen wir einen weiteren Tisch bei Avraham Yitzchak. Es war ein aufregendes Erlebnis und wer sich ernsthaft fuer Chassidut interessiert, der kommt bei Toldot Avraham Yitzchak voll und ganz auf seine Kosten.
Vorher hatte man uns gesagt, dass auch in der riesigen Breslov - Synagoge eine grosse Feier stattfindet, denn dort beendete man das Buch "Likutei Moharan" des Rabbi Nachman von Breslov (Sium). Doch Breslov muss noch etwas auf unseren Besuch warten.
Ich erwaehnte schon, dass ich zwar die Inhalte der chassidischen Gruppen beschreibe und mit ihnen persoenlich spreche, doch gebe ich keine genauen Adressen weiter. Wer an solch einem Tisch teilnehmen bzw. in eine chassidische Synagoge gehen will und ernsthaft bei der Sache ist, der weiss genau, wo er ansetzen und suchen muss. Auch wir mussten beim ersten Mal suchen, bekommen aber jedesmal viele neue Infos hinzu.
Sonntag, Juni 10, 2007
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