B"H
Die Thoralesung fuer diesen Shabbat
Die allererste Frage, die sich uns aufdraengt ist, warum diese Parasha ausgerechnet nach Balak benannt wurde. Balak, jemand, der die Israeliten verflucht wissen wollte, bekommt eine eigene Thoraparasha ?
Balak war der Koenig der Moabiter und zugleich der Grossvater von Eglon (Gemara im Talmud Traktat Sanhedrin 105a). Eglon wiederum war der Vater von Ruth, die spaeter Boaz heiraten sollte und somit zu den Vorfahren Koenig Davids gehoert. Genau genommen wird einmal der Meschiach im weitesten Sinne von Balak abstammen.
Rabbi Simcha Bunim von Peshis'cha war der Meinung, dass Bilam von groesserem Judenhass befallen war als sein Auftraggeber Balak, was nun keineswegs als Entschuldigung fuer Balak gelten soll. Vielmehr wurde Balaks Ansehen durch Ruth wiederhergestellt, denn sie erwies sich als Gerechte und konvertierte zum Judentum.
Die Parasha nennt ihn Balak ben Zipor, was uebersetzt "Balak, der Sohn des Vogels" heisst. Der biologische Sohn eines Vogels war er nicht, sondern betrieb seine Zaubereien anhand eines Vogels. Bilam war beruehmt fuer seine wirksamen Flueche, aber Balak war der groessere Magier von beiden. Er hatte einen Vogel so abgerichtet, dass dieser ihm alles Gesehene erzaehlte (Ohr HaChaim und das Buch Zohar) und so kam Balak zu seiner Allwissenheit.
Bilam war der groesste nichtjuedische Prophet, der jemals gelebt hat. Er war theoretisch auf dem gleichen Level wie Moshe und haette die nichtjuedischen Voelker auf einen sehr hohen Level bringen koennen, wenn er nicht zu sehr auf sein eigens Wohl ausgewesen waere und schliesslich ueber seine Arroganz stolperte.
Balak sendete Boten zu Bilam, um diesen zu ueberzeugen, die Israeliten zu verfluchen, um so sein und andere Koenigreiche wie die Moabiter oder die Midianiter zu schuetzen. Die siegreichen Kriege der Israeliten hatten sich schnell herumgesprochen und Balak war unter Druck geraten. Einen militaerischen Schlag gegen die Israeliten wagte er nicht, sondern wandte sich eher der Fluechen zu. Er wusste, dass G - tt die Juden beschuetzte und von daher sollte die Meinung G - ttes irgendwie geaendert werden.
Bilam war ein Meister der Flueche und kannte sich in Sternenkonstellationen aus (Yalkut Reuveni). Laut der Gemara in den Talmud Traktaten Avodah Zarah 4a und Berachot 7a, kannte Bilam den genauen Zeitpunkt, an dem G - tt aergerlich war.
Die Beschreibung "aergerlich" dient an dieser Stelle als Metaphor und meint vielmehr, dass G - tt zu diesem Zeitpunkt richtete. Wer auch immer den Zeitpunkt kennt, kann eventuell G - ttes Meinung beeinflussen. Ausser Bilam ist und war seither niemand in der Lage, diese Zeit zu berechnen.
Im Talmud, s.o., wird gefragt, wie lange denn dieser Zeitpunkt dauert. Einen Moment, so die Antwort. Und wie lange ist das, ein Moment ? Genau 1 / 58.888 einer Stunde, was genau 1 / 16 einer Sekunde entspricht.
Als die Boten das erste Mal zu Bilam kamen, lehnte der ab. G - tt sprach zu ihm in der Nacht und verweigerte ihm die Reise zu Balak. Als Bilam den Boten seine Ablehnung verkuendete, zeigte er seinen wahren Charakter. Auch wenn Balak ihm Gold und Silber biete, koenne er nicht reisen.
Was sagt uns Bilams Andeutung von Gold und Silber ? Er war ein grosser Prophet und auf einem aeusserst hohen Level, doch ueberfiel ihn die Gier. Er sah, dass Balak von ihm abhing und war so ueberwaeltigt von seiner Wichtigkeit, dass schnell eine Arroganz aufkam (Sefat Emet). Als ihn G - tt spaeter anwies, doch noch zu Balak zu reisen, war Bilam so von sich eingenommen, dass er meinte, er ware imstande, G - ttes Meinung bezueglich der Israeliten noch aendern zu koennen (Rabbi Samson Raphael Hirsch).
Aber jemand, der G - tt so nahe ist und seine Faehigkeiten in destruktiver Art und Weise nutzt, begibt sich automatisch in den freien Fall. Negative und destruktive Charaktaere koennen keine Devekut (Naehe zu G - tt) mehr erhoffen und ihre Taten rufen eine Entfernung von G - tt hervor (Rabbi Yaakov Yosef von Polonoye - Schueler des Baal Shem Tov).
Nach G - ttes Anweisung machte sich Bilam gleich morgens auf den Weg. Schnell sattelte er seine Eselin selbst, ohne seinen Bediensteten dafuer Zeit zu lassen (Rashi). Allerdings hatte er weniger seinen Sattel vor Augen als Ansehen und Gold.
Ein schneller Fall folgte schnell. Als seine Eselin den Engel sah und ihm jedesmal neu auswich, schlug Bilam auf die Eselin ein. Sie war die einzige der beiden, die faehig war, den Esel zu sehen. Er dachte die Gabe zu haben, G - ttes Plaene noch zu kippen, doch sah noch nicht einmal den Engel (Rabbi Samson Raphael Hirsch).
G - tt hatte ihm zwar aufgetragen zu Balak zu gehen und genau die Worte zu sagen, die G - tt ihm in den Mund legte, doch Bilam wollte der Groesste werden. Das Ereignis mit der Eselin und dem Engel haette ihm ein Zeichen sein muessen, doch Bilam war total besessen von seiner Idee des Fluches. Die Gemara im Talmud Traktat Sanhedrin 106b klaert uns auf, dass Bilam zu dem Zeitpunkt ca. 33 Jahre alt war.
Sein spaeteres Schicksal ist ungewiss, denn daruebr gibt es viele unterschiedliche Meinungen im Talmud. Pinchas habe ihn umgebracht oder jemand anderes.
Im alltaeglichen Leben erleben wir viele Menschen, die aufgrund ihrer Faehigkeiten von Arroganz befallen werden. Jeder von uns ist nur ein Mensch und die sogenannte Yetzer HaRah (schlechte Seite) macht sich bei jedem breit. Unsere Aufgabe ist es, sie zu bewaeltigen und positive Dinge zu tun.
Bei Bilam ging alles schief. Er befand sich unter den weisesten Leuten der damaligen Zeit, doch wollte er die Wahrheit einfach nicht wissen (Rabbi Yaakov Yitzchak Horowitz - der Seher von Lublin). Er beharrte auf seiner Meinung wider allen Zeichen und Ratschlaegen.
Der Ishbitzer Rebbe, Rabbi Mordechai Yosef Leiner, bringt diesbezueglich einen interessanten Gedanken auf.
In unzaehligen Quellen heisst es, dass wir gegen unsere Yetzer HaRah ankaempfen und unseren freien Willen zum Ausdruck bringen koennen. Im Judentum ist das Konzept des freien Willens in unserem Leben ein vieldiskutiertes Thema ohne endgueltige Antwort. Wieviel freien Willen besitzen wir wirklich und inwieweit entscheidet G - tt ueber uns ? Es heisst weiter, dass alles in G - ttes Hand liegt ausser ob wir religioese oder nichtreligioese Menschen werden. Alles andere sei uns mit in die Wiege gelegt worden.
Der Ishbitzer Rebbe vertritt eine ganz andere Meinung. Er sieht den freien Willen als eine einzige Illusion. Alles sei von G - tt verbestimmt und wir haben keinen Einfluss. Meiner Meinung ist das eine umstrittene Meinung, denn es faellt schwer zu glauben, dass wir alle unsere Taten auf G - tt schieben koennen. So manch einer koennte das ausnutzen.
Allerdings muss ich zugeben, dass der Ishbitzer nicht ganz unrecht haben koennte. Vielleicht faellt uns diese Meinung deshalb so schwer zu akzeptieren, weil sie uns theoretisch zu Marionetten abstempeln taete.
In wieweit besass Bilam also einen freien Willen das Richtige oder Falsche zu tun ? Ich vertrete immer noch die Auffassung, dass er seine Yetzer haette zum Positiven wenden koennen und G - ttes Willen haette akzeptieren muessen.
Shabbat Shalom
Donnerstag, Juni 28, 2007
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