B"H
Wilde Demonstrationen gegen alles Moegliche und seltsame Traditionen und Braeuche. Alles in allem ein paar irre Fanatiker aus Mea Shearim.
So lauten die Berichte in unserer Lokalpresse, im TV und selbst andere chassidische Gruppen verbreiten solche Meinungen.
Entsprechen diese Meinungen der Realitaet oder ist alles nur Bluff ? Wie sind sie wirklich, die Mitglieder der Chassidut Toldot Aharon, welche ueberwiegend im Jerusalemer ultra - orthod. Stadtteil Mea Shearim wohnen ? Wie denken diese Leute, ueber die der "Normalbuerger" fast gar nichts weiss ?
Wer durchs Internet surft oder anderweitig Details ueber sie sucht, der findet kaum etwas Brauchbares. Ein wenig historische Beschreibung und das war es. Nichts.
Toldot Aharon igelt sich ein und gibt nichts nach aussen weiter. Kaum jemand kommt an sie heran.
Ist das alles wirklich unmoeglich ?
Aus vielerlei Gruenden schreibe ich ueber chassidische Gruppen. Das Thema zieht mich magisch an, ich selber halte viele chassidische Braeuche und alles Chassidische interessiert mich brennend. Ein weiterer Faktor ist, dass es ueber viele Dinge einfach kaum noch Infos gibt, da aufgrund des Holocaustes viel vernichtet wurde. Osteuropa und die ehemaligen chassidischen Shtetl...ein einziger Friedhof.
Ich bin gerade mittendrin, einen ausfuehrlichen Bericht ueber Toldot Aharon zu verfassen. Fuer mich ist es sehr wichtig, nicht nur Buecher zu lesen, sondern auch vor Ort zu sein und mit den Menschen persoenlich zu sprechen.
Ueber Toldot Aharon hatte ich viel gehoert. Von Negativem bis hin zu Positiven. Sie seinen grossartige Leute mit hohen Wertevorstellungen.
Als ich begann, die Buecher des ersten Rebbes und Gruenders zu lesen, verstand ich ihre Vorstellungen und warum sie gewisse interne Gesetze haben. Zugegeben, es ist nicht fuer jedermann, doch lernte ich sie zu akzeptieren und vor allem zu respektieren.
Auf meinem engl. sprachigen Shearim - Blog veroeffentlichte ich einen der Artikel des ersten Rebbes, Rabbi Aharon Roth. Fuer Yiddish - Fans sicher etwas Besonderes. Es handelt sich um einen Artikel, der mir persoenlich sehr viel zu denken gegeben hat.
Gestern Abend nun war es soweit und ich ging mit einer Freundin zur Hauptsynagoge der Chassidut. Uns beiden war recht flau in der Magengegend und wir hatten keine Ahnung, was uns erwarten wuerde. Immerhin waren wir anstaendig angezogen. Langer Rock und lange Aermel.
Als wir in die Synagoge gingen, hoerten wir zwar die Shabbat - Gesaenge der Maenner, doch fanden wir nirgendwo Frauen. Die Maenner darf man aus Anstandgruenden nicht ansprechen und so schlug ich meiner Freudin vor, zurueck auf die Strasse zu gehen und eine Frau zu fragen.
Gesagt, getan. Genau gegenueber sah ich eine Toldot - Aharon Frau mit ihren kleinen Kindern stehen. Ohne zu zoegern sprach ich sie an. "Shabbat Shalom" und ob wir den richtigen Fraueneingang in die Synagoge gewaehlt haetten.
"Ja, sagte sie, aber weisst du, wir haben den Brauch, dass unsere Frauen am Freitag abend nicht am Synagogeng-ttesdienst teilnehmen. Aber du kannst zu unserem Tisch des Rebben kommen, denn da sind alle versammelt. Und heute hast du Glueck, denn der Rebbe verheiratete diese Woche seine Tochter und wir machen Sheva Berachot (fuer die sieben Tage nach der Hochzeit werden bei einem extra Abendessen Segen fuer das Brautpaar gesagt). Also, kommt in ein paar Stunden wieder."
Des weiteren gab sie uns den Tip, dass wir zu ihrer Splittergruppe Toldot Avraham Yitzchak, auch in Mea Shearim gelegen, in die Synagoge gehen koennten.
Nichts da von Extremismus, sondern eine freundliche junge Frau gab uns Tips und sprach zu uns respektvoll.
Meine Freundin und ich waren begeistert. Wir entschlossen uns vorerst nicht zu Avraham Yitzchak, sondern erst zu Rabbi Mordechai Machlis zum Kiddush und Essen zu gehen und spaeter zum Tisch wiederzukommen.
Um 23.40 Uhr waren wir zurueck in der Toldot Aharon Synagoge. Dort erwartete uns eine verschlossene Tuer. Allerdings waren viele Frauen in Richtung Rueckseite des Gebaeudes unterwegs und wir folgten ihnen.
Rein in die schmale Gasse zwischen Synagoge und Wohnblocks. Chassidische Maenner, Frauen und Kinder saeumten die Gasse und gingen eilig auf und ab. Keiner nahm Notiz von uns.
Ich fragte eine andere Frau und sie deutete auf eine Tuer, die ebenso in die Frauenabteilung der Synagoge fuehrte. Auch diese junge Frau war sehr freundlich und wird stiegen die Treppe hinauf. Keine Steine flogen auf uns und beschimpft wurden wir auch nicht.
Durch einen langen Korridor kamen wir in den Raum, wo die Frauen beten. Unten sahen wir eine grosse Halle gefuellt mit chassidischen Maennern.
Der Frauenraum war im 1. Stock und die Mechitza bestand aus drei Fenster, durch die man nach unten blicken konnte.
Noch immer nahm niemand Notiz von uns. Emsig waren Frauen und Kinder damit beschaeftigt, sich die besten Stehplaetze am Fenster zu sichern und wir schlossen uns ihnen an.
Wer nicht gerade am Fester stand, der konnte auf eine Art Tribuene klettern und auf den Stufen stehen, was wir spaeter taten.
Nach ein paar Minuten gerieten die Maenner unten in Aufruhr, denn der Rebbe, Rabbi David Kahn, trat ein. Gesaenge begannen und die Frauen neben uns hoben ihre Kinder hoch, damit auch diese den Rebben sehen konnten. Alles stuerzte auf die Fenster zu und wir stuermten mit.
Mittendrin kamen noch drei sephardische nichtrelig. Israelinnen herein und begannen sofort an die Fenster zu stuermen.
Der Rebbe selbst sah wesentlich aelter aus als auf den Photos, die ich im Internet sah. Hoheitlich sass er da in seinem seidenen blauen Kaftan und sprach Gebete. Die Chassidim sangen.
Kurz danach machte er Kiddush und sprach den Segen ueber die riesigen Challot (Shabbat - Brote). Er zerschnitt sie in Scheiben und teilte sie an seine Chassidim aus. Spaeter reichte er Kuchen und jeder Chassid nahm sich ein paar Broesel.
Unter den Frauen wurde Soda - Wasser verteilt, doch alle Augen klebten nur am Rebben. Auch unsere Augen.
Er gab eine kleine Rede (Drasha), die wir leider nicht hoerten, da seine Stimme leise ist und wir durch die Fenster kaum etwas hoerten.
Wir blieben ueber eine Stunde und kamen mit recht vielen Frauen in Kontakt. Alle Fragen wurden geduldig beantwortet.
Als wir aus der Synagoge gingen, trafen wir im Korridor eine Frau der Chassidut Breslov, die offensichtlich erleichtert war, jemanden zu sehen, der nicht Toldot Aharon war. Sie sprach uns an und ich merkte, dass sie genauso viel Aufregung zeigte, wie wir am Anfang. Ich sagte ihr, dass alles schon okay sei und wies ihr den Weg in die Frauenabteilung.
Fazit: Wir trafen auf total nette hilfsbereite Menschen, die uns mit Respekt behandelten und wir sie. Kein Extremismus, sondern sie empfingen jedermann. Anstatt das die Presse diverse Vorurteile verbreitet, sollte sie vorher mit den Leuten selbst sprechen und nicht nur stereotype Geruechte verbreiten.
Uebrigens wird mir ein Toldot Aharon Mitglied demnaechst persoenlich alle meine Fragen beantworten. Auch haben wir jemanden kennen gelernt, der uns zur zweiten Splittergruppe "Shomrei Emunim" (die Hueter des Glaubens) mitnimmt.
Diesen Freitag Abend werden meine Freundin und ich zur Synagoge der Splittergruppe Toldot Avraham Yitzchak gehen, doch kommen wir jederzeit und gerne wieder zum Tisch des Rebben David Kahn von Toldot Aharon. Beide kamen wir begeistert aus der Synagoge.
Wer auch einmal an deren Tisch teilnehmen will, der sollte hebraeisch sprechen, Jude sein und sich standesgemaess anziehen und benehmen.
Wer Adressen braucht oder naehere Infos, kann mir eine Mail senden.
Adressen der chassidischen Tische gebe ich grundsaetzlich nicht oeffentlich weiter.
Samstag, Juni 02, 2007
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liebe miriam,
AntwortenLöschenvielen dank fuer den interessanten bericht :-)
er ist sehr spannend zu lesen, zeigt mir aber auch das ich mich in dieser schul nicht wohlgefuehlt haette.
aber das ist nicht wichtig, jeder soll da hingehen wo er sich zuhause fuehlt !
herzliche gruesse, schavua tov,
grenzgaenger
Danke für den interessanten Beitrag! Ich würde diese Welt auch gerne mal persönlich kennenlernen :-)
AntwortenLöschenEine gute Woche!
Anna
B"H
AntwortenLöschen@Anna
Du kannst gerne kommen.:-)
B"H
AntwortenLöschenIch hoerte, dass der Braeutigam der Tochter des Toldot Aharon Rebben der Chassidut Spinka angehoert.