Montag, August 20, 2007

Jerusalem - Bnei Brak

B"H

Es ist Mitte August und Tausende Israelis befinden sich derzeit im Urlaub. Die Haredim vielleicht weniger, denn bei ihnen war schon vergangene Woche, am Rosh Chodesh Elul (Beginn des Monat Elul), Schul - bzw. Yeshivabeginn.

Auch bei mir ist es diese Woche so, dass ich mich mehr oder weniger im Urlaub befinde, trotzdem ich einige relig. Artikel fuer andere Zwecke vorzubereiten habe. Beides kann ich ganz gut miteinander verbinden; das Herumreisen und das Schreiben.
Gestern begann ich mit Bnei Brak und fuer den Rest der Woche sind verschiedene Orte in Gush Etzion (Hebron, Kiryat Arba und die Gegend) geplant. Garantiert wird es sehr interessant werden, mit den dortigen Bewohnern, ueberwiegend nationalreligioesen Siedlern, zu sprechen.

Es ist bekannt, dass Jerusalem und Tel Aviv zwei voellig verschiedene Welten sind. Hier das meist unreligioese Party und Strand - Tel Aviv gegenueber dem provinzionellen religioesen Jerusalem. So jedenfalls lauten die stereotypen Meinungen. Wer sich dagegen etwas laenger in beiden Staedten aufhaelt, wird erkennen, dass beide Meinungen der Richtigkeit entsprechen und auch wieder nicht. Beide Staedte koennen sehr gegensetzlich sein.

Wie zu erwarten, schlug uns in Tel Aviv gleich die feucht heisse Mittelmeerluft entgegen. Was soll man schon grosses im August in Tel Aviv anstellen ausser zum Strand zu gehen ? Und so sassen wir einige Stunden am ueberfuellten Strand. Danach ging es weiter durch Ramat Gan in das haredische Bnei Brak, unserem eigentlichen Ziel. Die vier Staedte Tel Aviv, Ramat Gan, Bnei Brak und Petach Tikwa liegen alle sehr eng aneinander und wer gut zufuss ist braucht keine Busse.

Ramat Gan hat sich innerhalb der letzten zehn Jahre veraendert. Waren damals noch die zwei Hochhaeuser der Diamantenboerse das Wahrzeichen der Stadt, so sieht man bei der Einfahrt nach Ramat Gan fast nur noch riesige Gebaeudekomplexe, die dem Azrieli - Tower in Tel Aviv Konkurrenz zu machen scheinen. Kommt man wiederum nach Bnei Brak, so geht alles wieder gemaechlicher zu. Bnei Brak ist die aermste Stadt Israels und ein weiteres Wahrzeichen der Haredim (Ultra - Orthod.). Obwohl es doch tatsaechlich ein paar nichtrelig. Bewohner gibt, herrschen in Bnei Brak die litvishen Juden mit ihren Yeshivot Ponibezh, der Yeshiva des Chazon Ish und andere. Aber auch die Chassidim sind allgegenwaertig mit Gur, Vishnitz, Shomrei Emunim, Munkatch, Zhvil, Sadigora, Nadvorna und vielen anderen.

Als wir am spaeten Nachmittag in Bnei Brak ankamen, hatte sich das Wetter schon abgekuehlt, was fuer uns von Vorteil war, wie sich herausstellte. Nicht nur, dass uns das Wasser weniger herunterlief, sondern auch die haredischen Strassen wurden nun mehr bevoelkert. Wir liefen die endlos lange Flaniermeile Bnei Braks, der Rabbi Akiva Street, auf und ab und schauten uns die bunte haredische Menge an. Ausserdem liefen wir durch die Nebenstrassen und fanden viele der beruehmten Yeshivot und Synagogen chassidischer Gruppen.

Bei Jerusalemer Haredim geniessen ihre Bnei Braker Kollegen nicht selten ein schlechtes Image. Wenn es einen Shidduch (Hochzeit) zwischen einer Bnei Brakerin und einem Jerusalemer Haredi gibt, hoert man die Leute sarkastische Bemerkungen machen. Bnei Brak gilt als etwas zurueckgeblieben und schmutzig. Tatsaechlich schienen sich die Haredim in Jerusalem und Bnei Brak zu unterscheiden. Die Chassidim vielleicht etwas weniger als die litvishen Haredim. Aber die Litvishen waren ja gewoehnlich schon immer anders.

So waren wir dann auch ueberrascht, dass 80 % der Laeden in der Rabbi Akiva nur Bekleidungsgeschaefte sind. Haredischer Stil, aber hypermodern. Kein Wunder, dass sich fuehrende litvishe Rabbiner wie Rabbi Steinmann und Rabbi Eliyashiv dauernd ueber litvishe Frauen aufregen. Ihre Roecke seien zu kurz und reichen nur ganz knapp bis ueber die Knie. Seit gestern kann ich dies bestaetigen. Wow, was die Laeden alles anbieten und was sich die Frauen erlauben zu tragen, waere etwas unmoeglich in Jerusalem. Von Mea Shearim ganz zu Schweigen. Absolut verpoent und undenkbar. Aber jeder kennt halt seinen eigenen Stil selbst.

Leider ist die Jerusalemer Flaniermeile der Haredim wesentlich kuerzer, aber es gibt weniger Kleidung und stattdessen mehr Restaurants. Die Malchei Israel Street befindet sich im Stadtteil Ge'ulah und ist immer gerammelt voll. Die Hauptverkehrsader Ge'ulahs und viele Busse durchqueren sie. Die Malchei Israel fuehrt in eine Richtung fast bis zum Zentralen Busbahnhof und die entgegengesetzte Richtung bringt uns zum Kikar Shabbat (Shabbat Platz) hinein die die Mea Shearim Street.

Als Jerusalemer ziehe ich natuerlich unsere Stadt gegenueber Bnei Brak vor, aber dennoch muss ich sagen, dass wir unseren Kurzbesuch sehr genossen haben. Wer sich beide Zentren als Tourist anschauen will, der sollte sowohl in Mea Shearim als auch in Bnei Brak anstaendige Kleidung tragen. Keine Shorts, sondern lange Hosen und fuer Frauen sind lange Roecke angesagt. Und die Shirts der Frauen und Maenner sollten Aermellaenge bis mind. zum Ellbogen haben.

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